Langtitel
Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye vom 10. September 1919.
StF: StGBl. Nr. 303/1920
Änderung
idF: BGBl. Nr. 394/1924
BGBl. II Nr. 154/1934
BGBl. III Nr. 179/2002 (DFB)
Staaten
*Belgien 489/1920 *China/VR StGBl. 303/1920 *Frankreich
StGBl. 303/1920 *Griechenland StGBl. 303/1920 *Großbritannien
StGBl. 303/1920 *Italien StGBl. 303/1920 *Japan 110/1921 *Jugoslawien
StGBl. 303/1920 *Nicaragua 235/1921 *Polen 349/1924 *Portugal
747/1921 *Thailand StGBl. 303/1920 *Tschechoslowakei StGBl. 303/1920
Sonstige Textteile
Nachdem der am 10. September 1919 in Saint-Germain-en-Laye
unterzeichnete Staatsvertrag zwischen der Republik Österreich und
den alliierten und assoziierten Mächten sowie die dazugehörigen am
gleichen Tage unterzeichneten Erklärungen und ein Protokoll, welche
also lauten: ...
mittels Beschlusses vom 17. Oktober 1919 die verfassungsmäßige
Genehmigung der Nationalversammlung der Republik Österreich erhalten
haben, erklärt der Präsident dieser Nationalversammlung, als
oberster, durch die Verfassung der Republik zu deren Vertretung nach
außen berufener Volksbeauftragter, den vorstehenden Vertrag, die
beiden Erklärungen und das Protokoll ihrem ganzen Inhalte nach als
ratifiziert und verspricht im Namen der Republik Österreich, sie
gewissenhaft zu erfüllen.
Zu Urkund dessen ist die vorliegende Ratifikation vom Präsidenten
der Nationalversammlung unterfertigt, vom Staatskanzler, zugleich in
seiner Eigenschaft als Staatssekretär für Äußeres, gegengezeichnet
und mit dem Staatssiegel der Republik Österreich versehen worden.
Geschehen zu Wien, den 25. Oktober 1919.
Ratifikationstext
Der vorstehende Staatsvertrag ist am 16. Juli 1920 in Kraft
getreten.
Der Staatsvertrag wurde bisher außer von der Republik Österreich
von dem Britischen Reich, Frankreich, Italien, China, Griechenland,
Siam, dem Serbisch-kroatisch-slowenischen Staat und der
Tschecho-Slowakei genehmigt.
Wien, am 19. Juli 1920.
Präambel/Promulgationsklausel
Die Vereinigten Staaten von Amerika, das Britische Reich,
Frankreich, Italien und Japan,
die in dem gegenwärtigen Vertrage als die alliierten und
assoziierten Hauptmächte bezeichnet sind;
Belgien, China, Cuba, Griechenland, Nicaragua, Panama, Polen,
Portugal, Rumänien, der serbisch-kroatisch-slowenische Staat, Siam
und die Tschecho-Slowakei,
die mit den oben bezeichneten Hauptmächten die alliierten und
assoziierten Mächte bilden,
einerseits
und Österreich,
andrerseits
in Anbetracht,
daß auf den Antrag der ehemaligen k. u. k.
österreichisch-ungarischen Regierung am 3. November 1918 von den
alliierten und assoziierten Hauptmächten Österreich-Ungarn ein
Waffenstillstand gewährt wurde, damit ein Friedensvertrag
geschlossen werden könne;
daß die alliierten und assoziierten Mächte ebenfalls von dem
Wunsche geleitet werden, an die Stelle des Krieges, in den einige
von ihnen nacheinander unmittelbar oder mittelbar gegen
Österreich-Ungarn hineingezogen worden sind und der in der
Kriegserklärung der ehemaligen k. u. k. österreichisch-ungarischen
Regierung an Serbien vom 28. Juli 1914 und in den von Deutschland,
dem Bundesgenossen Österreich-Ungarns, durchgeführten
Feindseligkeiten seinen Ursprung hat, einen festen, gerechten und
dauerhaften Frieden treten zu lassen;
in Anbetracht, daß die ehemalige Österreichisch-ungarische
Monarchie heute aufgehört hat zu existieren und daß an ihre Stelle
in Österreich eine republikanische Regierung getreten ist;
daß die alliierten und assoziierten Hauptmächte anerkannt haben,
daß der tschecho-slowakische Staat, in dessen Gebiet ein Teil der
Gebiete der erwähnten Monarchie einverleibt ist, einen freien,
unabhängigen und verbündeten Staat bildet;
daß die erwähnten Mächte ebenso die Vereinigung gewisser
Gebietsteile der erwähnten Monarchie mit dem Gebiete des
Königreiches Serbien als freien, unabhängigen und verbündeten Staat
unter dem Namen serbisch-kroatisch-slowenischer Staat anerkannt
haben;
in Anbetracht der Notwendigkeit, bei der Wiederherstellung des
Friedens die Lage, die sich aus der Auflösung der erwähnten
Monarchie und aus der Errichtung der erwähnten Staaten ergeben hat,
zu regeln und der Regierung dieser Länder dauerhafte Grundlagen zu
geben, welche der Gerechtigkeit und Billigkeit entsprechen;
zu diesem Zweck sind die Hohen vertragschließenden Teile, die wie
folgt, vertreten sind:
(Anm.: Es folgen die Namen der Unterzeichnungsberechtigten.)
Mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages nimmt der
Kriegszustand ein Ende.
Von diesem Augenblick an und unter Vorbehalt der Bestimmungen des
gegenwärtigen Vertrages werden amtliche Beziehungen der alliierten
und assoziierten Mächte mit der Republik Österreich bestehen.
II. Teil.
Österreichs Grenzen.
Artikel 27.
Die Grenzen Österreichs werden wie folgt festgesetzt (vergleiche
die beigefügte Karte).
1. Gegen die Schweiz und gegen Liechtenstein:
Die gegenwärtige Grenze.
2. Gegen Italien:
Von der Kote 2645 (Gruben-J.) ostwärts bis zur Kote 2915 (Klopaier
Spitze):
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die über die Kote 1483
verläuft, welche sich auf der Straße von Reschen nach Nauders
befindet;
von dort ostwärts bis zum Gipfel der Dreiherrnspitze (Kote 3505):
die Linie der Wasserscheide zwischen den Becken des Inn im Norden
und der Etsch im Süden;
von dort im allgemeinen gegen Südsüdost bis zur Kote 2545
(Marchkinkele):
die Linie der Wasserscheide zwischen den Becken der Drau im Osten
und der Etsch im Westen;
von dort gegen Südosten bis zur Kote 2483 (Helmspitze):
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche die Drau
zwischen den Ortschaften Winnbach und Arnbach übersetzt;
von dort gegen Ostsüdost bis zur Kote 2050 (Osternig), ungefähr
neun Kilometer nordwestlich von Tarvis:
die Linie der Wasserscheide zwischen dem Draubecken im Norden und
den einander folgenden Becken des Sextenbaches, der Piave und des
Tagliamento;
von dort gegen Ostsüdost bis zur Kote 1492 (ungefähr zwei
Kilometer westlich von Thörl):
die Linie der Wasserscheide zwischen dem Fluß Gail im Norden und
dem Fluß Gailitz im Süden;
von dort gegen Osten bis zur Kote 1509 (Petsch):
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche die Gailitz
südlich der Stadt und des Bahnhofes von Thörl schneidet und über die
Kote 1270 (Cabinberg) verläuft.
3. Im Süden sodann mit dem Gebiete von Klagenfurt, unter Vorbehalt
der Bestimmungen des II. Abschnittes des III. Teiles (Politische
Bestimmungen über Europa):
vom Petsch ostwärts bis zur Kote 1817 (Malestiger):
die Kammlinie der Karawanken;
von der Kote 1817 (Malestiger und nordwärts bis zur Drau an einem
Punkt ungefähr einen Kilometer südöstlich von der Eisenbahnbrücke
über den Ostarm der Schlinge, die jener Fluß etwa sechs Kilometer
östlich von Villach bildet:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche die Eisenbahn
zwischen Malestig und Faak schneidet und über die Kote 666 (Polana)
verläuft;
von dort südostwärts bis zu einem Punkt ungefähr zwei Kilometer
flußaufwärts von St. Martin:
der Lauf der Drau;
von dort nordwärts bis zur Kote 871, etwa zehn Kilometer
ostnordöstlich von Villach:
eine im Gelände noch zu bestimmende ungefähre Richtungslinie von
Süd nach Norden;
von dort ostnordostwärts bis zu einem bei der Kote 725, etwa zehn
Kilometer nordwestlich von Klagenfurt zu wählenden Punkte der Grenze
zwischen den politischen Bezirken von St. Veit und Klagenfurt:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche über die
Koten 1069 (Taubenbühel), 1045 (Gallinberg), 815 (Freudenberg)
verläuft;
von dort ostwärts bis zu einem im Gelände noch zu wählenden Punkt
westlich der Kote 1075 (Steinbruchkogel):
die Grenze zwischen den politischen Bezirken St. Veit und
Klagenfurt;
von dort nordostwärts bis zur Gurk bis zu dem Punkt, wo sich die
Grenze des politischen Bezirkes Völkermarkt von diesem Flusse
entfernt:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche über die
Kote 1076 verläuft;
von dort nordostwärts bis zur Kote 1899 (Speikkogel):
die Grenze zwischen den politischen Bezirken St. Veit und
Völkermarkt;
von dort südostwärts bis zur Kote 842 (1 Kilometer westlich
Kasparstein):
die nordöstliche Grenze des politischen Bezirkes Völkermarkt;
von dort ostwärts bis zur Kote 1522 (Hühnerkogel):
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die im Norden von
Lavamünd verläuft.
4. Gegen den serbisch-kroatisch-slowenischen Staat, unter
Vorbehalt der Bestimmungen des II. Abschnittes, Teil III (Politische
Bestimmungen über Europa):
von der Kote 1522 (Hühnerkogel) ostwärts bis zur Kote 917
(St. Lorenzen):
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche über die
Kote 1330 verläuft;
von dort ostwärts bis zu ihrem Treffpunkt mit der Grenze zwischen
den politischen Bezirken Marburg und Leibnitz:
die Linie der Wasserscheide zwischen den Becken der Drau im Süden
und der Saggau im Norden;
von dort gegen Nordosten, und bis zu dem Treffpunkte der
politischen Grenze zwischen den Bezirken Marburg und Leibnitz mit
der Mur:
diese Verwaltungsgrenze;
von dort zu ihrem Treffpunkt mit der früheren Grenze von 1867
zwischen Österreich und Ungarn, ungefähr 5 Kilometer südöstlich von
Radkersburg:
der Hauptlauf der Mur stromabwärts;
von dort gegen Norden und bis zu einem noch zu bestimmenden Punkt
im Osten der Kote 400, ungefähr 16 Kilometer nördlich von
Radkersburg:
die alte Grenze von 1867 zwischen Österreich und Ungarn;
von dort gegen Nordosten und bis zu einem auf der Wasserscheide
zwischen den Flußgebieten der Raab und der Mur noch zu bestimmenden
Punkte, ungefähr 2 Kilometer östlich von Toka (Tanka), dem
Treffpunkte der drei Grenzen Österreichs, Ungarns und des
serbisch-kroatisch-slowenischen Staates:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche zwischen den
Dörfern Bonissalva (Bonisdorf) und Gedöudvar (Guitzenhof) verläuft.
5. Gegen Ungarn:
Von dem vorbezeichneten Punkte nordöstlich und bis zur Kote 353,
ungefähr 6 Kilometer nordnordöstlich von Szentgotthard:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche über die
Kote 353 (Jankeberg), hierauf westlich der Straße
Radkersburg-Szentgotthard und östlich der Dörfer Nagysalva
(Mogersdorf), Nemetlak (Deutsch-Minihof) und Rabakcresztur
(Heiligenkreuz) verläuft;
von dort in einer allgemeinen nordöstlichen Richtung und bis zur
Kote 234, ungefähr 7 Kilometer nordnordöstlich von Pinkamindszent:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die über die Kote 322
(Hochkogel), dann südlich der Dörfer Zsamand (Reinersdorf),
Nemetbükkös (Deutsch-Biding), Karacsfa (Hagendorf) und zwischen
Nagyfaroslak (Moschendorf) und Pinkamindszent verläuft;
von dort nordwärts und bis zur Kote 883 (Jrott Kö -
Gschriebenstein) ungefähr 9 Kilometer südwestlich von Köszeg:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die über die Koten 241,
260, 273, dann östlich von Nagyarda (Groß-Nahring) und Rohoncz
(Rechnitz) und westlich von Dozmat und Butsching verläuft;
von dort nordostwärts und bis zur Kote 265 (Kamenje), ungefähr
2 Kilometer südöstlich von Nikitsch:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche südöstlich von
Liebing, Olmod (Bleigraben) und Locsmand (Lutzmannsburg) und
nordwestlich von Köszeg und der von diesem Orte nach Salmonfa
führenden Straße verläuft;
von dort gegen Norden und bis zu einem auf dem Südufer des
Neusiedlersees zwischen Holling und Hidegseg zu wählenden Punkte:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die östlich von
Nikitsch und Zinkendorf und westlich von Kövesd und Nemetpereszteg
verläuft;
von dort gegen Osten und bis zu der ungefähr 8 Kilometer
südwestlich von St. Johann gelegenen Kote 115:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die den Neusiedlersee
kreuzt und südlich der Insel, auf der sich die Kote 117 befindet,
verläuft, die von der Station Mexiko nach Nordwesten führende
Sekundärbahnlinie ebenso wie den ganzen Einserkanal bei Ungarn
beläßt, und südlich von Pamhagen verläuft;
von dort nach Norden bis zu einem Punkte, der ungefähr einen
Kilometer westlich von Antonienhof (östlich von Kittsee) zu wählen
ist und den Treffpunkt der drei Grenzen Österreichs, Ungarns und des
tschecho-slowakischen Staates bildet:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche die
Eisenbahnlinie Csorna-Karlburg ganz auf ungarischem Gebiete läßt und
westlich von Wüst-Sommerein und Kr. Jahrndorf und östlich von Andau,
Nickelsdorf, D. Jahrndorf und Kittsee verläuft.
6. Gegen den tschecho-slowakischen Staat:
Von dem vorbezeichneten Punkte bis zur Biegung der alten Grenze
von 1867 zwischen Österreich und Ungarn, ungefähr 2.5 Kilometer
nordöstlich von Berg:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche die Straße von
Kittsee nach Preßburg ungefähr 2 Kilometer nördlich von Kittsee
schneidet;
von dort gegen Norden bis zu einem in der Hauptfahrrinne der
Donau, etwa 4.5 Kilometer stromaufwärts von der Preßburger Brücke zu
wählenden Punkte:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die möglichst der alten
Grenze von 1867 zwischen Österreich und Ungarn folgt;
von dort gegen Westen bis zum Zusammenfluß von March und Donau:
die Hauptfahrrinne der Donau;
von dort der Lauf der March, dann jener der Thaya aufwärts bis zu
einem ungefähr 2 Kilometer südöstlich von der Stelle, wo die Straße
von Rabensburg durch Themenau die Eisenbahn Rabensburg-Lunensburg
kreuzt, zu bestimmenden Punkte;
von dort gegen Westnordwesten bis zu einem Punkte der alten
politischen Grenze zwischen Niederösterreich und Mähren, der
ungefähr 400 Meter südlich ihres Schnittpunktes mit der Eisenbahn
Nikolsburg-Feldsberg gelegen ist:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die über die Koten 187
(Dlouhy vrch), 221 (Rosenbergen), 223 (Wolfsberg), 291
(Raistenberg), 249 und 279 (Kallerhaide) verläuft;
von dort gegen Westnordwesten die bezeichnete politische Grenze;
weiters gegen Westen bis zu einem ungefähr 3 Kilometer östlich der
Ortschaft Franzensthal zu wählenden Punkte:
die alte Grenze zwischen Niederösterreich und Böhmen;
von dort nach Süden bis zur Kote 498 (Gelsenberg), ungefähr
5 Kilometer nordnordwestlich von Gmünd:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche östlich der
Straße von Rottenschachen nach Zuggers und über die Koten 537 und
522 (Großer Nagelberg) verläuft;
von dort nach Süden, dann nach Westnordwesten bis zur alten
Verwaltungsgrenze zwischen Niederösterreich und Böhmen an einem
ungefähr 200 Meter nordöstlich des Schnittpunktes mit der Straße von
Gratzen nach Weitra gelegenen Punkte;
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die zwischen Zuggers
und Breitensee und hierauf über den südsüdöstlichen Punkt der
Eisenbahnbrücke über die Lainsitz verläuft, die Stadt Gmünd bei
Österreich, den Bahnhof und die Eisenbahnwerkstätten von Gmünd
(Wolfshof) und die Gabelung der Eisenbahnstrecken Gmünd-Budweis und
Gmünd-Wittingau beim tschecho-slowakischen Staate beläßt, und
weiters über die Koten 524 (Grundbühel), 577 (nördlich von
Hohenberg) und 681 (Lagerberg) verläuft;
von dort nach Südwesten die bezeichnete politische Grenze;
dann nach Nordwesten die alte Verwaltungsgrenze zwischen Böhmen
und Oberösterreich bis zu ihrem Treffpunkte mit der deutschen
Grenze.
7. Gegen Deutschland:
Die Grenze vom 3. August 1914.
Artikel 28.
Die im gegenwärtigen Vertrage beschriebenen Grenzen sind, soweit
sie bestimmt sind, auf einer Karte im Maßstabe 1 : 1,000.000
eingezeichnet, die dem gegenwärtigen Vertrage beigeschlossen ist. Im
Falle von Abweichungen zwischen Text und Karte ist der Text
maßgebend.
Artikel 29.
Den Grenzregelungsausschüssen, deren Zusammensetzung durch den
gegenwärtigen Vertrag bestimmt ist oder durch einen Vertrag zwischen
den alliierten und assoziierten Hauptmächten und den oder einem der
interessierten Staaten, bestimmt werden wird, obliegt es, diese
Grenzlinien im Gelände zu ziehen.
Sie besitzen jegliche Machtbefugnis, nicht nur zur Bestimmung der
als "im Gelände noch zu bestimmende Linie" bezeichneten
Teilstrecken, sondern auch zur Revision der durch Verwaltungsgrenzen
bestimmten Teilstrecken (außer hinsichtlich der im August 1914
bestandenen internationalen Grenzen, wo sich die Rolle der
Ausschüsse auf die Überprüfung der Grenzpfähle und Grenzsteine
beschränken wird), sofern einer der beteiligten Staaten eine solche
Revision verlangt und der Ausschuß sie als zweckdienlich anerkennt.
In diesen beiden Fällen werden sie es sich angelegen sein lassen,
unter tunlichster Berücksichtigung der politischen Grenzen und der
örtlichen wirtschaftlichen Interessen den in den Verträgen gegebenen
Festlegungen nach Möglichkeit zu folgen.
Die Ausschüsse entscheiden mit Stimmenmehrheit. Ihre
Entscheidungen sind für die Beteiligten bindend.
Die Kosten der Grenzregelungsausschüsse werden zu gleichen Teilen
von den beiden beteiligten Staaten getragen.
Artikel 30.
Wenn die Grenzen durch einen Wasserweg bezeichnet sind, so
bedeuten die in den Beschreibungen des gegenwärtigen Vertrages
gebrauchten Ausdrücke "Lauf" oder "Fahrrinne" bei nicht schiffbaren
Flüssen die Mittellinie des Wasserlaufes oder seines Hauptarmes und
bei schiffbaren Flüssen die Mittellinie der Hauptschiffahrtsrinne.
Jedoch bleibt es den durch den gegenwärtigen Vertrag vorgesehenen
Grenzregelungsausschüssen überlassen, im einzelnen festzusetzen, ob
die Grenzlinie den jeweiligen Veränderungen des so bezeichneten
Wasserlaufes oder der so bezeichneten Fahrrinne folgen oder
endgültig durch die Lage des Wasserlaufes oder der Fahrrinne bei
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages bestimmt werden soll.
Artikel 31.
Die verschiedenen beteiligten Staaten verpflichten sich, den
Ausschüssen alle für ihre Arbeiten nötigen Belege zu liefern,
insbesondere authentische Abschriften der Protokolle über die
Absteckung gegenwärtiger oder früherer Grenzen, alle vorhandenen
Karten im großen Maßstab, die geodätischen Daten, die durchgeführten
und nicht veröffentlichen Aufnahmen, die Auskünfte über das
Austreten der Grenzflußläufe.
Sie verpflichten sich überdies, die Lokalbehörden anzuweisen, den
Ausschüssen alle Dokumente zu übermitteln, insbesondere die Pläne,
Kataster und Grundbücher, und ihnen auf Verlangen alle Auskünfte
über das Eigentum, die wirtschaftlichen Strömungen und andere nötige
Informationen zu liefern.
Artikel 32.
Die verschiedenen beteiligten Staaten verpflichten sich, den
Grenzregelungsausschüssen, sei es direkt, sei es durch Vermittlung
der Ortsbehörden, in allem behilflich zu sein, was die zur
Ausführung ihrer Aufgabe nötigen Transporte, Bequartierung,
Arbeitskräfte und Materialien (Grenzpfähle, Grenzsteine) betrifft.
Artikel 33.
Die verschiedenen beteiligten Staaten verpflichten sich, den vom
Ausschusse aufgestellten trigonometrischen Zeichen, Signalstangen,
Grenzpfählen oder Grenzsteinen Achtung zu verschaffen.
Artikel 34.
Die Grenzsteine werden auf Sehweite voneinander aufgestellt; sie
werden numeriert und mit ihrem Aufstellungsort und ihrer Nummer auf
einem kartographischen Dokument verzeichnet.
Artikel 35.
Die endgültigen Grenzregelungsprotokolle, die Karten und Beilagen
werden in drei Urschriften ausgefertigt, von denen zwei den
Regierungen der Grenzstaaten, die dritte der Regierung der
französischen Republik übergeben werden, welch letztere authentische
Ausfertigungen derselben den Signatarmächten des gegenwärtigen
Vertrages zugehen lassen wird.
III. Teil.
Politische Bestimmungen über Europa.
Abschnitt I.
Italien.
Artikel 36.
Österreich verzichtet, soweit es in Betracht kommt, zugunsten
Italiens auf alle Rechte und Ansprüche auf die Gebiete der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, die jenseits der in
Artikel 27, Punkt 2, des II. Teiles (Österreichs Grenzen) bestimmten
Grenzen, und zwar zwischen diesen Grenzen, der ehemaligen Grenze
Österreich-Ungarns mit Italien, dann dem adriatischen Meere und der
später zu bestimmenden Ostgrenze Italiens liegen.
Österreich verzichtet gleichfalls, soweit es in Betracht kommt,
zugunsten Italiens auf alle Rechte und Ansprüche auf die übrigen
Gebiete der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, die in
irgend einem der zur Regelung der gegenwärtigen Angelegenheiten
geschlossenen Verträge als Teile Italiens anerkannt werden.
Binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
wird ein Ausschuß von fünf Mitgliedern, deren eines von Italien,
drei von den übrigen alliierten und assoziierten Hauptmächten und
eines von Österreich ernannt werden, eingesetzt, um die Grenzlinie
zwischen Italien und Österreich an Ort und Stelle festzusetzen.
Der Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen
sind für die Beteiligten bindend.
Artikel 37.
In Abänderung des Artikels 269 des X. Teiles (Wirtschaftliche
Bestimmungen) genießen diejenigen Personen, die ihren ordentlichen
Wohnsitz in den an Italien überwiesenen Gebieten der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie haben und sich während des
Krieges außerhalb der Gebiete der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie aufhielten oder in
Gefangenschaft, interniert oder evakuiert waren, in vollem Maße die
in den Artikeln 252 und 253 des X. Teiles (Wirtschaftliche
Bestimmungen) vorgesehenen Rechte.
Artikel 38.
Ein besonderes Abkommen setzt die Bedingungen der
Rückerstattung - in österreichischer Währung - der außerordentlichen
Kriegsausgaben fest, die von den an Italien überwiesenen Gebieten
der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie oder von
öffentlichen Körperschaften der genannten Gebiete für Rechnung der
genannten Monarchie und gemäß deren Gesetzgebung im Verlaufe des
Krieges vorgestreckt worden sind, wie: Unterhaltsbeiträge für die
Familien der Mobilisierten, Requisitationen, Truppenbequartierungen,
Hilfeleistungen für Evakuierte.
Bei Festsetzung obiger Summen wird zugunsten Österreichs derjenige
Anteil in Anrechnung gebracht, den die genannten Gebiete gegenüber
Österreich-Ungarn nach Maßgabe des Verhältnisses ihrer Einkünfte im
Jahre 1913 zu den Einkünften der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie beizutragen gehabt hätten.
Artikel 39.
Der italienische Staat zieht die Steuern, Gebühren und Abgaben
aller Art, die in den an Italien überwiesenen Gebieten fällig und am
3. November 1918 noch nicht eingehoben waren, für eigene Rechnung
ein.
Artikel 40.
Italien hat aus dem Titel der Besitznahme des "Palazzo Venezia" in
Rom keinerlei Zahlung zu leisten.
Artikel 41.
Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 208 des IX. Teiles
(Finanzielle Bestimmungen) bezüglich des Erwerbes und der Bezahlung
des Staatsbesitzes und des Staatseigentums, tritt die italienische
Regierung in alle Rechte des österreichischen Staates auf allen von
einer Eisenbahnverwaltung geleiteten, derzeit in Betrieb oder Bau
befindlichen Eisenbahnlinien in den an Italien überwiesenen Gebieten
ein.
Dasselbe gilt für Rechte der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie hinsichtlich der Eisenbahn- und Straßenbahnkonzessionen in
den obgenannten Gebieten.
Die Grenzbahnhöfe werden durch ein späteres Abkommen festgelegt.
Artikel 42.
Österreich stellt innerhalb einer Frist von drei Monaten an
Italien sämtliche den italienischen Eisenbahnen gehörige Wagen
zurück, die vor Beginn des Krieges nach Österreich gelangt waren und
nicht nach Italien zurückgekehrt sind.
Artikel 43.
Bezüglich der an Italien überwiesenen Gebiete verzichtet
Österreich für sich und seine Staatsangehörigen darauf, ab
3. November 1918 Übereinkommen, Bestimmungen und Gesetze geltend zu
machen, welche sich auf Errichtung von Trusts, Kartellen und anderen
ähnlichen Organisationen beziehen und die etwa zu seinem Vorteile in
Ansehung der Erzeugnisse der genannten Gebiete bestehen.
Artikel 44.
Während eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages haben die auf österreichischem Gebiete
liegenden Kraftwerke, die früher die an Italien überwiesenen Gebiete
oder irgendwelche Anstalten, deren Betrieb an Italien übergeht, mit
Elektrizität versorgten, diese Lieferung im Ausmaße des Verbrauches
fortzusetzen, der den am 3. November 1918 in Geltung gewesenen
Lieferungsabkommen und Vereinbarungen entspricht.
Österreich anerkennt außerdem das Recht Italiens, freien Gebrauch
vom Wasser des Raiblsees und seines Abflusses zu machen, sowie
auch das genannte Wasser zum Korinitzabecken abzuleiten.
Artikel 45.
1. Urteile, welche seit 4. August 1914 von den Gerichten der an
Italien überwiesenen Gebiete in Zivil- und Handelssachen zwischen
Einwohnern der obbezeichneten Gebiete und anderen Angehörigen des
ehemaligen Kaisertums Österreich oder zwischen obgenannten
Einwohnern und Untertanen der mit der österreichisch-ungarischen
Monarchie verbündeten Mächte gefällt wurden, sind erst
vollstreckbar, nachdem das entsprechende neue Gericht der genannten
Gebiete ein Vollstreckungserkenntnis erlassen hat.
2. Alle Urteile, welche seit 4. August 1914 von den
Gerichtsbehörden der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie
gegen italienische Staatsangehörige, einschließlich derjenigen,
welche die italienische Staatsangehörigkeit auf Grund des
gegenwärtigen Vertrages erlangen, wegen politischer Verbrechen oder
Vergehen gefällt wurden, sind nichtig.
3. Bezüglich der vor dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
bei den zuständigen Behörden der an Italien überwiesenen Gebiete
begonnenen Verfahren und bis zum Inkrafttreten eines
diesbezüglichen besonderen Abkommens sind die italienischen und
österreichischen Behörden wechselseitig befugt, direkt miteinander
zu verkehren, und es wird dem bezüglichen Ersuchen Folge gegeben,
jedoch unter Berücksichtigung der öffentlich-rechtlichen
gesetzlichen Bestimmungen des Landes, an dessen Behörden das
Ersuchen gerichtet ist.
4. Alle Rechtsmittel, welche bei den höheren österreichischen -
außerhalb der an Italien überwiesenen Gebiete befindlichen -
Gerichts- und Verwaltungsbehörden gegen Entscheidungen der Gerichts-
oder Verwaltungsbehörden der genannten Gebiete anhängig gemacht
wurden, werden nicht mehr erledigt. Die Akten sind den Behörden,
gegen deren Entscheidung das Rechtsmittel ergriffen wurde,
zurückzustellen; diese haben sie unverzüglich der zuständigen
italienischen Behörde zu übermitteln.
5. Alle anderen Fragen der richterlichen Zuständigkeit, des
gerichtlichen Verfahrens oder der gerichtlichen Verwaltung werden
durch ein besonderes Abkommen zwischen Italien und Österreich
geregelt.
Abschnitt II.
Serbisch-kroatisch-slowenischer Staat.
Artikel 46.
Österreich erkennt, wie es bereits die alliierten und assoziierten
Mächte getan haben, die volle Unabhängigkeit des
serbisch-kroatisch-slowenischen Staates an.
Artikel 47.
Österreich verzichtet für seinen Teil zugunsten des
serbisch-kroatisch-slowenischen Staates auf alle Rechte und
Ansprüche auf die Gebiete der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie, die jenseits der Grenzen Österreichs, wie sie in
Artikel 27 des II. Teiles (Österreichs Grenzen) beschrieben sind,
liegen und durch den gegenwärtigen Vertrag oder irgendwelche andere
zur Regelung der einschlägigen Angelegenheiten abgeschlossenen
Verträge, als zum serbisch-kroatisch-slowenischen Staat gehörig
anerkannt sind.
Artikel 48.
Innerhalb von zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages wird ein Ausschuß aus sieben Mitgliedern gebildet, von
denen fünf durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte, eines
durch den serbisch-kroatisch-slowenischen Staat und eines durch
Österreich ernannt werden, um an Ort und Stelle den Verlauf der im
Artikel 27 (4.) des II. Teiles (Grenzen Österreichs) beschriebenen
Grenzlinie festzulegen.
Der Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen
sind für die Beteiligten bindend.
Artikel 49.
Die Einwohner des Gebietes von Klagenfurt werden nach Maßgabe des
Folgenden berufen werden, durch Abstimmung den Staat zu bezeichnen,
an den ihrem Wunsche nach dieses Gebiet angegliedert werden soll.
Die Grenzen des Gebietes von Klagenfurt sind folgende:
Von Kote 871, ungefähr 10 Kilometer ostnordöstlich von Villach,
nach Süden bis zu einem Punkte des Laufes der Drau ungefähr
2 Kilometer oberhalb von St. Martin:
eine annähernd in nordsüdlicher Richtung verlaufende, im Gelände
noch zu bestimmende Linie;
von dort nach Nordwesten bis zu einem Punkte ungefähr 1 Kilometer
südöstlich der Eisenbahnbrücke über den östlichen Teil der Schleife,
welche die Drau ungefähr 6 Kilometer östlich von Villach macht:
der Lauf der Drau;
von dort nach Südwesten bis zur Kote 1817 (Malestiger):
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche über Kote 666
(Polana) verläuft und die Eisenbahn zwischen Malestig und Faak
schneidet;
von dort nach Ostsüdosten, dann gegen Nordosten bis zur Kote 1929
(Guschowa):
die Wasserscheide zwischen dem Flußgebiet der Drau im Norden und
dem der Save im Süden;
von dort nach Nordosten bis zur Kote 1054 (Strojna):
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die im großen und
ganzen der Westgrenze des Flußgebietes der Mies folgt und über die
Koten 1558, 2124, 1185 verläuft;
von dort nach Nordosten bis zur Kote 1522 (Hühnerkogel):
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche die Drau südlich
von Lavamünd schneidet;
von dort nach Westen bis zur Kote 8421 Kilometer westlich vom
Kasparstein:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche nördlich von
Lavamünd verläuft;
von dort bis zur Kote 1899 (Speikkogel):
die Nordostgrenze des politischen Bezirkes Völkermarkt;
von dort nach Südwesten bis zum Flusse Gurk:
die Nordwestgrenze des politischen Bezirkes Völkermarkt;
von dort nach Südwesten bis zu einem Punkte der politischen Grenze
westlich der Kote 1075 (Steinbruchkogel):
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, welche über die
Kote 1076 verläuft;
von dort nach Westen bis zu einem in der Nähe der Kote 715
ungefähr 10 Kilometer nordwestlich von Klagenfurt zu wählenden
Punkt:
die Grenze zwischen den politischen Bezirken St. Veit und
Klagenfurt;
von dort bis zur Kote 871, welche den Ausgangspunkt dieser
Beschreibung gebildet hat:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die über die Koten 815
(Freudenberg), 1045 (Gallinberg) und 1069 (Taubenbühel) verläuft.
Artikel 50.
Zum Zwecke der Veranstaltung einer Volksabstimmung wird das Gebiet
von Klagenfurt in zwei Zonen geteilt: eine erste Zone im Süden und
eine zweite nördlich einer Querlinie, deren Verlauf im folgenden
dargestellt wird:
Von dem Punkte, wo die Westgrenze des Gebietes von der Drau nach
Norden abzweigt, bis zu einem Punkte ungefähr 1 Kilometer östlich
von Rosegg (St. Michael):
der Lauf der Drau abwärts;
von da nach Nordosten bis zum Westende des Wörthersees südlich von
Velden:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie;
von dort nach Osten bis zu dem Punkte, wo der Fluß Glanfurt den
Wörthersee verläßt:
die Mittellinie dieses Sees;
von dort nach Osten bis ihrem Zusammenfluß mit dem Flusse Glan:
der Lauf der Glanfurt abwärts;
dann nach Osten bis zu ihren Zusammenfluß mit der Gurk:
der Lauf der Glan abwärts;
von dort nach Nordosten bis zum Schnittpunkte der Nordgrenze des
Gebietes von Klagenfurt mit der Gurk:
der Lauf der Gurk.
Das Gebiet von Klagenfurt wird der Aufsicht eines Ausschusses
unterworfen, welcher beauftragt ist, dortselbst die Volksabstimmung
vorzubereiten und eine unparteiische Verwaltung sicherzustellen.
Dieser Ausschuß setzt sich folgendermaßen zusammen: vier Mitglieder
werden von den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und
Italien, je ein Mitglied von Österreich und dem
serbisch-kroatisch-slowenischen Staate ernannt. Das österreichische
Mitglied nimmt an den Beratungen des Ausschusses nur teil, wenn sie
die zweite Zone betreffen; das serbisch-kroatisch-slowenische
Mitglied nimmt nur dann daran teil, wenn sie die erste Zone
betreffen. Der Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit.
Die zweite Zone wird von den österreichischen Truppen besetzt und
nach den allgemeinen Bestimmungen der österreichischen Gesetzgebung
verwaltet.
Die erste Zone wird von den Truppen des
serbisch-kroatisch-slowenischen Staates besetzt und nach den
allgemeinen Bestimmungen der Gesetzgebung dieses Staates verwaltet.
In beiden Zonen sind sowohl die österreichischen wie die
serbisch-kroatisch-slowenischen Truppen auf den Stand herabzusetzen,
den der Ausschuß für notwendig erachtet, um die Ordnung aufrecht zu
erhalten; sie sichern die Durchführung ihrer Aufgabe unter Aufsicht
des genannten Ausschusses. Diese Truppen sind so schnell als nur
möglich durch Polizeikräfte, welche an Ort und Stelle ausgehoben
werden, zu ersetzen.
Der Ausschuß wird beauftragt, die Abstimmung zu veranstalten und
alle Maßnahmen zu treffen, die er zur Sicherung einer freien,
unbeeinflußten und geheimen Stimmenabgabe für notwendig erachtet.
In der ersten Zone wird die Volksabstimmung innerhalb dreier
Monate nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages und zu
einem vom Ausschuß festgesetzten Zeitpunkt stattfinden.
Fällt die Abstimmung zugunsten des serbisch-kroatisch-slowenischen
Staates aus, so wird in der zweiten Zone eine Volksabstimmung -
innerhalb von drei Wochen nach Kundmachung des Ergebnisses der
Volksabstimmung in der ersten Zone und zu einem vom Ausschusse
festgesetzten Zeitpunkt - stattfinden.
Fällt hingegen die Abstimmung in der ersten Zone zugunsten
Österreichs aus, so wird in der zweiten Zone zu keiner
Volksabstimmung mehr geschritten werden und das gesamte Gebiet wird
endgültig unter österreichischer Staatsgewalt bleiben.
Stimmberechtigt ist jede Person ohne Unterschied des Geschlechtes,
die den nachstehenden Bedingungen genügt:
a) vollendetes 20. Lebensjahr am 1. Jänner 1919
b) ständiger Wohnsitz am 1. Jänner 1919 in der Zone, in der die
Volksabstimmung stattfindet;
c) Geburt in der genannten Zone oder seit wenigstens
1. Jänner 1912 ständiger Wohnsitz oder Zuständigkeit
dortselbst.
Das Abstimmungsergebnis wird durch Stimmenmehrheit in einer jeden
Zone als Ganzes genommen bestimmt.
Nach Schluß jeder Abstimmung teilt der Ausschuß ihr Ergebnis den
alliierten und assoziierten Hauptmächten gleichzeitig mit einem
eingehenden Bericht über die Vorgänge der Abstimmung mit und macht
es kund.
Lautet das Abstimmungsergebnis auf Einverleibung, sei es der
ersten oder der beiden Zonen in den serbisch-kroatisch-slowenischen
Staat, so verzichtet Österreich, soweit es in Betracht kommt, schon
jetzt zugunsten des serbisch-kroatisch-slowenischen Staates in dem
Ausmaß, das dem Abstimmungsergebnis entspricht, auf alle Rechte und
Ansprüche auf diese Gebiete. Nach Einvernehmung mit dem Ausschusse
ist dann die serbisch-kroatisch-slowenische Regierung berechtigt,
ihre Staatsgewalt endgültig auf diese Gebiete zu erstrecken.
Fällt die Abstimmung in der ersten oder in der zweiten Zone
zugunsten Österreichs aus, so ist die österreichische Regierung nach
Einvernehmen mit dem Ausschuß berechtigt, ihre Gewalt wieder
endgültig über das ganze Gebiet von Klagenfurt oder nur über die
zweite Zone derselben zu erstrecken.
Sobald die Verwaltung des Landes auf diese Art je nachdem, sei es
durch den serbisch-kroatisch-slowenischen Staat oder durch
Österreich, sichergestellt ist, erlöschen die Befugnisse des
Ausschusses.
Die Kosten des Ausschusses werden zur Hälfte vom österreichischen,
zur Hälfte vom serbisch-kroatisch-slowenischen Staat getragen.
Artikel 51.
Der serbisch-kroatisch-slowenische Staat ist damit einverstanden,
daß die alliierten und assoziierten Hauptmächte in einem mit ihm zu
schließenden Vertrage die Bestimmungen aufnehmen, die sie zum
Schutz der Interessen der nationalen, sprachlichen und religiösen
Minderheiten im serbisch-kroatisch-slowenischen Staate für notwendig
erachten und genehmigt damit diese Bestimmungen.
Auch ist der serbisch-kroatisch-slowenische Staat damit
einverstanden, daß die alliierten und assoziierten Hauptmächte in
einen mit ihm zu schließenden Vertrag die Bestimmungen aufnehmen,
die sie zur Sicherung der freien Durchfuhr und einer gerechten
Regelung des Handelsverkehrs der anderen Völker für notwendig
erachten.
Artikel 52.
Umfang und Art der finanziellen Lasten des ehemaligen Kaisertums
Österreich, die der serbisch-kroatisch-slowenische Staat mit
Rücksicht auf das unter seine Staatsgewalt gestellte Gebiet zu
übernehmen hat, werden nach Artikel 203, IX. Teil (Finanzielle
Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrages festgesetzt.
Alle nicht durch den gegenwärtigen Vertrag geregelten Fragen, die
sich aus der Abtretung des bezeichneten Gebietes ergeben, werden in
späteren Übereinkommen geregelt.
Abschnitt III.
Tschecho-slowakischer Staat.
Artikel 53.
Österreich erkennt, wie es bereits die alliierten und assoziierten
Mächte getan haben, die vollständige Unabhängigkeit der
Tschecho-Slowakei an, die das autonome Gebiet der Ruthenen südlich
der Karpathen mit einbegreift.
Artikel 54.
Österreich verzichtet für sein Teil zugunsten der
Tschecho-Slowakei auf alle Rechte und Ansprüche auf die Gebiete der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, die jenseits der
Grenzen Österreichs, wie sie in Artikel 27 des II. Teiles
(Österreichs Grenzen) festgesetzt sind, liegen und gemäß dem
gegenwärtigen Vertrag als Teile der Tschecho-Slowakei anerkannt
sind.
Artikel 55.
Ein Ausschuß von sieben Mitgliedern, von denen fünf durch die
alliierten und assoziierten Hauptmächte, eines durch die
Tschecho-Slowakei und eines von Österreich anerkannt werden, tritt
binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
zusammen, um den Verlauf der im Artikel 27 (6), II. Teil
(Österreichs Grenzen) des gegenwärtigen Vertrages beschriebenen
Grenzlinie an Ort und Stelle festzulegen.
Dieser Ausschuß entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine
Entscheidungen sind für die Beteiligten bindend.
Artikel 56.
Die Tschecho-Slowakei verpflichtet sich, auf dem Teil ihres
Gebietes, der auf dem rechten Donauufer südlich Bratislava
(Preßburg) gelegen ist, keine militärischen Werke zu errichten.
Artikel 57.
Die Tschecho-Slowakei ist damit einverstanden, daß die alliierten
und assoziierten Hauptmächte in einem mit ihr zu schließenden
Vertrag die Bestimmungen aufnehmen, die sie zum Schutze der
Interessen der nationalen, sprachlichen und religiösen Minderheiten
in der Tschecho-Slowakei für notwendig erachten und genehmigt damit
diese Bestimmungen.
Auch ist die Tschecho-Slowakei damit einverstanden, daß die
alliierten und assoziierten Hauptmächte in einem mit ihr zu
schließenden Vertrag die Bestimmungen aufnehmen, die sie zur
Sicherung der freien Durchfuhr und einer gerechten Regelung des
Handelsverkehrs der anderen Völker für notwendig erachten.
Artikel 58.
Umfang und Art der finanziellen Lasten des ehemaligen Kaisertums
Österreich, die die Tschecho-Slowakei mit Rücksicht auf das unter
ihre Staatsgewalt fallende Gebiet zu übernehmen hat, werden nach
Artikel 203 des IX. Teiles (Finanzielle Bestimmungen) des
gegenwärtigen Vertrages festgesetzt.
Alle nicht durch den gegenwärtigen Vertrag geregelten Fragen, die
sich aus der Abtretung des bezeichneten Gebietes ergeben, werden in
späteren Übereinkommen geregelt.
Abschnitt IV.
Rumänien.
Artikel 59.
Österreich verzichtet für sein Teil zugunsten Rumäniens auf alle
Rechte und Ansprüche auf den diesseits der Grenzen Rumäniens, wie
sie später noch durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte
werden festgesetzt werden, gelegenen Teile des ehemaligen Herzogtums
Bukowina.
Artikel 60.
Rumänien stimmt zu, daß in einem Vertrag mit den alliierten und
assoziierten Hauptmächten Bestimmungen aufgenommen werden, die
diese Mächte zum Schutze der Interessen der nationalen,
sprachlichen und religiösen Minderheiten in Rumänien für notwendig
erachten.
Rumänien stimmt ebenso zu, daß in einem Vertrag mit den alliierten
und assoziierten Hauptmächten Bestimmungen aufgenommen werden, die
sie zur Sicherung der freien Durchfuhr und einer gerechten Regelung
des Handelsverkehrs der anderen Völker für notwendig erachten.
Artikel 61.
Umfang und Art der finanziellen Lasten des ehemaligen Kaisertums
Österreich, die Rumänien mit Rücksicht auf das unter seine
Staatsgewalt fallende Gebiet zu übernehmen hat, werden nach
Artikel 203 des IX. Teiles (Finanzielle Bestimmungen) des
gegenwärtigen Vertrages festgesetzt.
Alle nicht durch den gegenwärtigen Vertrag geregelten Fragen, die
sich aus der Abtretung des bezeichneten Gebietes ergeben, werden in
späteren Übereinkommen geregelt.
Beachte
Verfassungsbestimmung (gem. Art. 149 Abs. 1 B-VG)
Abschnitt V.
Schutz der Minderheiten.
Artikel 62.
Österreich verpflichtet sich, daß die im gegenwärtigen Abschnitt
enthaltenen Bestimmungen als Grundgesetze anerkannt werden, daß kein
Gesetz, keine Verordnung und keine amtliche Handlung mit diesen
Bestimmungen im Widerspruch oder Gegensatz stehe und daß kein
Gesetz, keine Verordnung und keine amtliche Handlung mehr gelte als
jene.
Beachte
Verfassungsbestimmung (gem. Art. 149 Abs. 1 B-VG)
Artikel 63.
Österreich verpflichtet sich, allen Einwohnern Österreichs ohne
Unterschied der Geburt, Staatsangehörigkeit, Sprache, Rasse oder
Religion vollen und ganzen Schutz von Leben und Freiheit zu
gewähren.
Alle Einwohner Österreichs haben das Recht, öffentlich oder privat
jede Art Glauben, Religion oder Bekenntnis frei zu üben, sofern
deren Übung nicht mit der öffentlichen Ordnung oder mit den guten
Sitten unvereinbar ist.
Beachte
Verfassungsbestimmung (gem. Art. 149 Abs. 1 B-VG)
Artikel 64.
Österreich erkennt von Rechts wegen und ohne irgendeine
Förmlichkeit als österreichische Staatsangehörige alle Personen an,
die zur Zeit des Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrages das
Heimatrecht (pertinenza) auf dem österreichischen Staatsgebiete
besitzen und nicht Angehörige eines anderen Staates sind.
Beachte
Verfassungsbestimmung (gem. Art. 149 Abs. B-VG)
Artikel 65.
Die österreichische Staatsangehörigkeit wird von Rechts wegen
durch die bloße Tatsache der Geburt auf österreichischem
Staatsgebiete von jeder Person erworben, die nicht vermöge ihrer
Geburt eine andere Staatsangehörigkeit geltend machen kann.
Beachte
Verfassungsbestimmung (gem. Art. 149 Abs. 1 B-VG)
Artikel 66.
Alle österreichischen Staatsangehörigen ohne Unterschied der
Rasse, der Sprache oder Religion sind vor dem Gesetze gleich und
genießen dieselben bürgerlichen und politischen Rechte.
Unterschiede in Religion, Glauben oder Bekenntnis sollen keinem
österreichischen Staatsangehörigen beim Genuß der bürgerlichen und
politischen Rechte nachteilig sein, wie namentlich bei Zulassung zu
öffentlichen Stellungen, Ämtern und Würden oder bei den
verschiedenen Berufs- und Erwerbstätigkeiten.
Keinem österreichischen Staatsangehörigen werden im freien Gebrauch
irgend einer Sprache im Privat- oder Geschäftsverkehr, in
Angelegenheiten der Religion, der Presse oder irgend einer Art von
Veröffentlichungen oder in öffentlichen Versammlungen, Beschränkungen
auferlegt.
Unbeschadet der Einführung einer Staatssprache durch die
österreichische Regierung werden nicht deutschsprechenden
österreichischen Staatsangehörigen angemessene Erleichterungen beim
Gebrauche ihrer Sprache vor Gericht in Wort oder Schrift geboten
werden.
Beachte
Verfassungsbestimmung (gem. Art. 149 Abs. 1 B-VG)
Artikel 67.
Österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit nach
Rasse, Religion oder Sprache angehören, genießen dieselbe Behandlung
und dieselben Garantien, rechtlich und faktisch, wie die anderen
österreichischen Staatsangehörigen; insbesondere haben sie dasselbe
Recht, auf ihre eigenen Kosten Wohltätigkeits-, religiöse oder
soziale Einrichtungen, Schulen und andere Erziehungsanstalten zu
errichten, zu verwalten und zu beaufsichtigen mit der Berechtigung,
in denselben ihre eigene Sprache nach Belieben zu gebrauchen und
ihre Religion frei zu üben.
Beachte
Verfassungsbestimmung (gem. Art. 149 Abs. 1 B-VG)
Artikel 68.
Was das öffentliche Unterrichtswesen anlangt, wird die
österreichische Regierung in den Städten und Bezirken, wo eine
verhältnismäßig beträchtliche Zahl anderssprachiger als deutscher
österreichischer Staatsangehöriger wohnt, angemessene
Erleichterungen gewähren, um sicherzustellen, daß in den
Volksschulen den Kindern dieser österreichischen Staatsangehörigen
der Unterricht in ihrer eigenen Sprache erteilt werde. Diese
Bestimmung wird die österreichische Regierung nicht hindern, den
Unterricht der deutschen Sprache in den besagten Schulen zu einem
Pflichtgegenstande zu machen.
In Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig beträchtliche
Anzahl österreichischer Staatsangehöriger wohnt, die einer
Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, wird diesen
Minderheiten von allen Beträgen, die etwa für Erziehung, Religions-
oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln in Staats-,
Gemeinde- oder anderen Budgets ausgeworfen werden, ein angemessener
Teil zu Nutzen und Verwendung gesichert.
Beachte
Verfassungsbestimmung (gem. Art. 149 Abs. 1 B-VG)
Artikel 69.
Österreich stimmt zu, daß, soweit die Bestimmungen der
vorstehenden Artikel des gegenwärtigen Abschnittes Personen
berühren, die nach Rasse, Religion oder Sprache Minderheiten
angehören, diese Bestimmungen Verpflichtungen von internationalem
Interesse darstellen und unter die Garantie des Völkerbundes
gestellt werden. Sie können nicht ohne die Zustimmung der Mehrheit
des Rates des Völkerbundes abgeändert werden. Die im Rate
vertretenen alliierten und assoziierten Mächte verpflichten sich
dagegen, keiner Abänderung der erwähnten Artikel ihre Zustimmung zu
verweigern, die durch die Mehrheit des Rates des Völkerbundes in
entsprechender Form gutgeheißen werden sollte.
Österreich stimmt zu, daß jedes Mitglied des Rates des
Völkerbundes das Recht haben soll, die Aufmerksamkeit des Rates auf
jede Verletzung oder Gefahr einer Verletzung irgendeiner dieser
Verpflichtungen zu lenken und daß der Rat in einer Weise vorgehen
und solche Weisungen geben könne, die im gegebenen Falle geeignet
und wirksam erscheinen könnten.
Österreich stimmt außerdem zu, daß im Falle einer
Meinungsverschiedenheit über Rechts- oder Tatfragen, betreffend
diese Artikel, zwischen der österreichischen Regierung und
irgendeiner der alliierten und assoziierten Hauptmächte oder jeder
anderen Macht, welche Mitglied des Rates des Völkerbundes ist, diese
Meinungsverschiedenheit als ein Streitfall anzusehen ist, dem nach
den Bestimmungen des Artikels 14 des Völkerbundvertrages
internationaler Charakter zukommt. Die österreichische Regierung
stimmt zu, daß jeder derartige Streitfall, wenn es der andere Teil
verlangt, dem ständigen internationalen Gerichtshofe unterbreitet
werde. Gegen die Entscheidung des ständigen Gerichtshofes ist eine
Berufung unzulässig und hat die Entscheidung die gleiche Kraft und
denselben Wert wie eine auf Grund des Artikels 13 des Vertrages
getroffene Entscheidung.
Abschnitt VI.
Bestimmungen, betreffend die Staatsangehörigkeit.
Artikel 70.
Alle Personen, die das Heimatrecht (pertinenza) in einem Gebiete
besitzen, das früher zu den Gebieten der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie gehörte, erwerben ohne weiters
und unter Ausschluß der österreichischen Staatsangehörigkeit die
Staatsangehörigkeit desjenigen Staates, der auf dem genannten
Gebiete die Souveränität ausübt.
Artikel 71.
Unbeschadet der Bestimmung des Artikels 70 erwerben nicht ohne
weiteres die italienische Staatsangehörigkeit in dem Falle, wo
Gebiete an Italien übergehen:
1. Personen, die in diesen Gebieten heimatberechtigt, jedoch nicht
daselbst geboren sind;
2. Personen, die das Heimatrecht in den genannten Gebieten nach
dem 24. Mai 1915 erworben haben oder die es nur vermöge ihres
ständigen Amtssitzes erworben haben.
Artikel 72.
Die im Artikel 71 bezeichneten Personen sowie diejenigen:
a) welche früher in an Italien übergegangenen Gebieten
heimatberechtigt waren oder deren Vater oder - wenn der Vater
unbekannt ist - deren Mutter in den genannten Gebieten
heimatberechtigt war;
b) oder welche während des gegenwärtigen Krieges in der
italienischen Armee gedient haben sowie ihre Nachkommen
können unter den im Artikel 78 für das Optionsrecht vorgesehenen
Bedingungen auf die italienische Staatsangehörigkeit Anspruch
erheben.
Artikel 73.
Die Beanspruchung der italienischen Staatsangehörigkeit seitens
der im Artikel 72 bezeichneten Personen kann im Einzelfalle von der
zuständigen italienischen Behörde abschlägig beschieden werden.
Artikel 74.
Wenn der Anspruch auf die italienische Staatsangehörigkeit auf
Grund des Artikels 72 nicht erhoben wurde oder wenn er abgewiesen
wurde, erwerben die Beteiligten ohne weiteres die
Staatsangehörigkeit jenes Staates, der auf dem Gebiete, in welchem
sie vor der Erlangung des Heimatrechtes in dem an Italien
abgetretenen Gebiete das Heimatrecht besaßen, die Souveränität
ausübt.
Artikel 75.
Als italienisch werden angesehen juristische Personen, die in den
an Italien übergegangenen Gebieten bestehen und denen diese
Eigenschaft, sei es durch die italienischen Verwaltungsbehörden, sei
es durch eine italienische gerichtliche Entscheidung, zuerkannt
wurde.
Artikel 76.
Unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 70 erwerben die Personen,
welche das Heimatsrecht in einem Kraft des gegenwärtigen Vertrages
dem serbisch-kroatisch-slowenischen Staat oder dem
tschecho-slowakischen Staat übertragenen Gebiete nach dem
1. Jänner 1910 erworben haben, die serbisch-kroatisch-slowenische
oder die tschechische Staatsangehörigkeit nur unter der Bedingung,
daß sie hierzu die Genehmigung des serbisch-kroatisch-slowenischen
Staates oder des tschecho-slowakischen Staates - je nach dem
Falle - erhalten.
Artikel 77.
Wenn die im Artikel 76 erwähnte Genehmigung nicht angesucht oder
wenn sie verweigert wird, erwerben die Beteiligten von Rechts wegen
die Angehörigkeit des Staates, der die Souveränität auf dem Gebiet
ausübt, in dem sie vorher das Heimatrecht besaßen.
Artikel 78.
Personen über 18 Jahre, die ihre österreichische
Staatsangehörigkeit verlieren und von Rechts wegen eine neue
Staatsangehörigkeit gemäß Artikel 70 erwerben, können innerhalb
eines Zeitraumes von einem Jahre vom Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages an für die Zugehörigkeit zu dem Staate optieren, in dem
sie heimatberechtigt waren, bevor sie das Heimatrecht in dem
übertragenen Gebiet erwarben.
Die Option des Ehemanns erstreckt ihre Wirkung auf die Ehegattin
und die Option der Eltern erstreckt ihre Wirkung auf Kinder unter
18 Jahren.
Personen, die von dem oben vorgesehenen Optionsrecht Gebrauch
gemacht haben, müssen in den folgenden zwölf Monaten ihren Wohnsitz
in den Staat verlegen, für den sie optiert haben;
Es steht ihnen frei, das unbewegliche Vermögen zu behalten, das
sie in dem Gebiete des anderen Staates besitzen, in dem sie vor der
Option wohnten.
Sie dürfen ihr gesamtes bewegliches Vermögen mitnehmen. Es wird
aus diesem Anlasse keinerlei Zoll oder Gebühr für die Aus- oder
Einfuhr von ihnen erhoben.
Artikel 79.
Die gemäß dem gegenwärtigen Vertrage zur Volksabstimmung berufenen
Bewohner sind berechtigt, während eines Zeitraumes von sechs Monaten
nach der endgültigen Zuweisung der Gegend, wo die Volksabstimmung
stattgefunden hat, für die Angehörigkeit zu dem Staate zu optieren,
welchem diese Gegend nicht zugewiesen wird. Die Bestimmungen des
Artikels 78 über das Optionsrecht sind anwendbar auf die Ausübung
des durch den gegenwärtigen Artikel zuerkannten Rechtes.
Artikel 80.
Personen, die in einem zur ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie gehörigen Gebiet heimatberechtigt und dort nach Rasse und
Sprache von der Mehrheit der Bevölkerung verschieden sind, können
innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten
des gegenwärtigen Vertrages für Österreich, Italien, Polen,
Rumänien, den serbisch-kroatisch-slowenischen Staat oder die
Tschecho-Slowakei optieren, je nachdem die Mehrheit der Bevölkerung
dort aus Personen besteht, welche die gleiche Sprache sprechen und
derselben Rasse zugehören wie sie. Die Bestimmungen des Artikels 78,
betreffend die Ausübung des Optionsrechtes, sind auf die Ausübung
des durch den gegenwärtigen Artikel zuerkannten Rechtes anwendbar.
Artikel 81.
Die Hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, in keiner
Weise die Ausübung des Optionsrechtes zu behindern, welches durch
den gegenwärtigen Vertrag oder durch die zwischen den alliierten und
assoziierten Mächten und Deutschland, Ungarn oder Rußland oder
zwischen den besagten alliierten und assoziierten Staaten selbst
abgeschlossenen Verträge vorgesehen ist und den Beteiligten die
Erwerbung jeder anderen, sich ihnen bietenden Staatsangehörigkeit
gestattet.
Artikel 82.
Die verheirateten Frauen folgen dem Stande ihrer Gatten und die
Kinder unter 18 Jahren dem Stande ihrer Eltern in allem, was die
Anwendung der Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnittes anlangt.
Abschnitt VII.
Politische Bestimmungen über gewisse europäische Staaten.
1. Belgien.
Artikel 83.
In Anerkennung der Tatsache, daß die Verträge vom 19. April 1839,
die vor dem Kriege die Rechtslage Belgiens bestimmten, durch die
Verhältnisse überholt sind, stimmt Österreich für sein Teil der
Aufhebung dieser Verträge zu und verpflichtet sich schon jetzt zur
Anerkennung und Beobachtung aller wie auch immer gearteten
Übereinkommen, die die alliierten und assoziierten Hauptmächte oder
einzelne von ihnen mit der belgischen oder der niederländischen
Regierung zum Ersatz der genannten Verträge von 1839 etwa
abschließen. Sollte sein förmlicher Beitritt zu diesen Übereinkommen
oder zu einzelnen ihrer Bestimmungen gefordert werden, so
verpflichtet sich Österreich schon jetzt, diesen Beitritt zu
erklären.
2. Luxemburg.
Artikel 84.
Österreich erklärt für sein Teil der Aufhebung der Neutralität des
Großherzogtums Luxemburg zuzustimmen und nimmt im vorhinein alle
internationalen Abmachungen der alliierten und assoziierten Mächte
hinsichtlich des Großherzogtums an.
3. Schleswig.
Artikel 85.
Österreich erklärt für sein Teil alle Vereinbarungen der
alliierten und assoziierten Mächte mit Deutschland, hinsichtlich
jener Gebiete, deren Abtretung der Vertrag vom 30. Oktober 1864
Dänemark auferlegt hat, anzuerkennen.
Türkei und Bulgarien.
Artikel 86.
Österreich verpflichtet sich für sein Teil alle Vereinbarungen
anzuerkennen und gutzuheißen, die von den alliierten und
assoziierten Mächten mit der Türkei und Bulgarien hinsichtlich aller
Rechte, Interessen und Vorrechte abgeschlossen werden, auf welche
Österreich oder österreichische Staatsangehörige in der Türkei oder
in Bulgarien Anspruch erheben könnten, soweit über sie im
gegenwärtigen Vertrage nichts bestimmt ist.
5. Rußland und russische Staaten.
Artikel 87.
1. - Österreich erkennt die Unabhängigkeit aller Gebiete, die am
1. August 1914 zum ehemaligen russischen Reiche gehörten an, und
verpflichtet sich, diese Unabhängigkeit als dauernd und
unabänderlich zu achten.
Entsprechend den im Artikel 210 des IX. Teiles (Finanzielle
Bestimmungen) und im Artikel 244 des X. Teiles (Wirtschaftliche
Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrages enthaltenen Bestimmungen
anerkennt Österreich, soweit es in Betracht kommt, endgültig die
Aufhebung der Verträge von Brest-Litowsk sowie aller anderen
Verträge, Vereinbarungen und Übereinkommen, welche die ehemalige
österreichisch-ungarische Regierung mit der maximalistischen
Regierung in Rußland abgeschlossen hat.
Die alliierten und assoziierten Mächte behalten ausdrücklich die
Rechte Rußlands vor, von Österreich jede Wiederherstellung und
Wiedergutmachung zu erhalten, die den Grundsätzen des gegenwärtigen
Vertrages entspricht.
2. - Österreich verpflichtet sich, die volle Gültigkeit aller
Verträge und Vereinbarungen anzuerkennen, die von den alliierten und
assoziierten Mächten mit den Staaten abgeschlossen werden, die sich
auf dem Gesamtgebiete des ehemaligen russischen Reiches, wie es am
1. August 1914 bestand, oder einem Teil desselben gebildet haben
oder noch bilden werden. Österreich verpflichtet sich ferner, die
Grenzen dieser Staaten so, wie sie danach festgesetzt werden,
anzuerkennen.
Beachte
Dieser Bestimmung wurde durch Art. 4 des Staatsvertrages betreffend
die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen
Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell derogiert!
Abschnitt VIII.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 88.
Die Unabhängigkeit Österreichs ist unabänderlich, es sei denn, daß
der Rat des Völkerbundes einer Abänderung zustimmt. Daher übernimmt
Österreich die Verpflichtung, sich, außer mit Zustimmung des
gedachten Rates, jeder Handlung zu enthalten, die mittelbar oder
unmittelbar oder auf irgendwelchem Wege, namentlich - bis zu seiner
Zulassung als Mitglied des Völkerbundes - im Wege der Teilnahme an
den Angelegenheiten einer anderen Macht seine Unabhängigkeit
gefährden könnte.
Artikel 89.
Österreich erklärt schon jetzt, daß es die Grenzen Bulgariens,
Griechenlands, Ungarns, Polens, Rumäniens, des
serbisch-kroatisch-slowenischen und des tschecho-slowakischen
Staates, wie sie von den alliierten und assoziierten Hauptmächten
werden festgesetzt werden, anerkennt und annimmt.
Artikel 90.
Österreich verpflichtet sich, die volle Gültigkeit der
Friedensverträge und der Zusatzabkommen anzuerkennen, welche von den
alliierten und assoziierten Mächten mit den Mächten abgeschlossen
sind oder abgeschlossen werden, die an der Seite der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie gekämpft haben, den
Bestimmungen, die über die Gebiete des ehemaligen deutschen
Kaiserreiches, Ungarns, des Königreiches Bulgarien und des
ottomanischen Kaiserreiches getroffen sind oder getroffen werden,
zuzustimmen und die neuen Staaten in den Grenzen anzuerkennen, die
auf diese Weise für sie festgesetzt werden.
Artikel 91.
Österreich verzichtet, soweit es in Betracht kommt, zugunsten der
alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle seine Rechte und
Ansprüche auf die Gebiete, die früher zur ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie gehörten und die, jenseits der
neuen Grenzen Österreichs, so wie diese im Artikel 27 des II. Teiles
(Grenzen Österreichs) beschrieben sind, gelegen, dermalen den
Gegenstand keiner anderen Zuweisung bilden.
Österreich verpflichtet sich, die Bestimmungen anzuerkennen,
welche die alliierten und assoziierten Hauptmächte bezüglich dieser
Gebiete, vor allem mit Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der
Bewohner, treffen werden.
Artikel 92.
Kein Bewohner der Gebiete der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie kann wegen seiner politischen
Haltung seit dem 28. Juli 1914 bis zur endgültigen Anerkennung der
Staatsgewalt auf diesen Gebieten oder wegen der Regelung seiner
Staatsangehörigkeit auf Grund des vorliegenden Vertrages behelligt
oder belästigt werden.
Artikel 93.
Österreich hat den beteiligten alliierten oder assoziierten
Regierungen unverzüglich die Archive, Register, Pläne, Titel und
Urkunden jeder Art zu übergeben, die den Zivil-, Militär-, Finanz-,
Gerichts- oder sonstigen Verwaltungen der abgetretenen Gebiete
gehören. Falls einzelne dieser Urkunden, Archive, Register, Titel
oder Pläne weggeschafft worden wären, werden sie von Österreich auf
Ersuchen der in Betracht kommenden alliierten und assoziierten
Regierungen zurückgestellt.
Falls die im Absatz 1 erwähnten, einen militärischen Charakter
nicht aufweisenden Archive, Register, Pläne, Titel oder Dokumente
gleicherweise die österreichischen Verwaltungen betreffen würden und
falls demzufolge ihre Übergabe nicht ohne Nachteil für letztere
erfolgen könnte, verpflichtet sich Österreich unter der Bedingung
der Gegenseitigkeit, hiervon den in Betracht kommenden alliierten
und assoziierten Regierungen Mitteilung zu machen.
Artikel 94.
Durch abgesonderte Vereinbarungen zwischen Österreich und jedem
der Staaten, denen ein Gebiet des ehemaligen Kaisertums Österreich
übertragen wurde, oder die aus dem Zerfall der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie entstanden sind, wird für die
Regelung der Interessen der Bewohner, insbesondere in Ansehung ihrer
bürgerlichen Rechte, ihres Handels und der Ausübung ihres Berufes,
Sorge getragen werden.
IV. Teil.
Außereuropäische Interessen Österreichs.
Artikel 95.
Außerhalb seiner durch den gegenwärtigen Vertrag festgesetzten
Grenzen verzichtet Österreich, soweit es in Betracht kommt, auf
sämtliche Rechte, Ansprüche oder Vorrechte auf oder betreffend alle
außereuropäischen Gebiete, die der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie oder ihren Verbündeten etwa
gehörten, sowie auf alle Rechte, Ansprüche oder Vorrechte, die ihr
aus irgendwelchen Rechtstiteln den alliierten und assoziierten
Mächten gegenüber etwa zustanden.
Österreich verpflichtet sich bereits jetzt, die Maßnahmen
anzuerkennen und gutzuheißen, die von den alliierten und
assoziierten Hauptmächten, gegebenenfalls auch im Einverständnis mit
dritten Mächten, zur Regelung der sich aus der vorstehenden
Bestimmung ergebenden Folgen getroffen sind oder noch getroffen
werden.
Abschnitt I.
Marokko.
Artikel 96.
Österreich verzichtet, soweit es in Betracht kommt, auf alle
Rechte, Ansprüche und Vorrechte, die ihm auf Grund der Generalakte
von Algeciras vom 7. April 1906, sowie der deutsch-französischen
Abmachungen vom 9. Februar 1909 und vom 4. November 1911 zustehen.
Alle von ihm mit dem Scherifischen Reich abgeschlossenen Verträge,
Abmachungen, Abkommen oder Vereinbarungen gelten als seit dem
12. August 1914 aufgehoben.
Österreich darf sich in keinem Fall auf diese Abkommen berufen und
es verpflichtet sich, in keiner Weise in Verhandlungen zwischen
Frankreich und den anderen Mächten bezüglich Marokkos einzugreifen.
Artikel 97.
Österreich erklärt, alle Folgen der von der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie anerkannten Errichtung des
französischen Protekorates in Marokko anzunehmen und, soweit es in
Betracht kommt, auf die Kapitulationen in Marokko zu verzichten.
Dieser Verzicht hat Wirkung vom 12. August 1914 ab.
Artikel 98.
Die scherifische Regierung hat völlige Handlungsfreiheit
hinsichtlich der Regelung der Rechtsstellung der österreichischen
Staatsangehörigen in Marokko und der Bedingungen, unter denen sie
sich dort niederlassen dürfen.
Die österreichischen Schutzgenossen, die österreichischen Semsare
(censaux) und Mohallaten (associes agricoles) gelten vom
12. August 1914 an als des Genusses aller mit diesen Eigenschaften
verbundenen Vorrechte verlustig und unterstehen dem gemeinen Recht.
Artikel 99.
Alle beweglichen und unbeweglichen Rechte der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie im Scherifischen Reiche gehen
von Rechts wegen ohne irgendwelche Entschädigung auf den Maghzen
über.
Im Sinne dieser Bestimmung gilt das sämtliche Eigentum der Krone
sowie das Privateigentum der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Herrscherfamilie als zu dem Besitz und Eigentum der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie gehörig.
Alle beweglichen und unbeweglichen Rechte österreichischer
Staatsangehöriger im Scherifischen Reiche werden nach Maßgabe der
Abschnitte III und IV des X. Teiles des gegenwärtigen Vertrages
(Wirtschaftliche Bestimmungen) behandelt.
Bergrechte, die etwa österreichischen Staatsangehörigen von dem
auf Grund der marokkanischen Bergwerksordnung eingesetzten
Schiedsgericht zuerkannt werden, werden in gleicher Weise wie der
sonstige österreichischen Staatsangehörigen in Marokko gehörende
Besitz behandelt.
Artikel 100.
Die österreichische Regierung veranlaßt die Übertragung der
Aktien, die den Anteil Österreichs an dem Kapital der marokkanischen
Staatsbank darstellen, auf die von der französischen Regierung zu
bestimmende Persönlichkeit. Letztere wird den Berechtigten den Wert
dieser Aktien in der von der Staatsbank angegebenen Höhe ersetzen.
Diese Übertragung läßt die Verpflichtung zur Rückzahlung
etwaiger Schulden unberührt, die von österreichischen
Staatsangehörigen der marokkanischen Staatsbank gegenüber
eingegangen worden sind.
Artikel 101.
Marokkanische Waren genießen bei ihrer Einfuhr nach Österreich die
gleiche Behandlung wie französische Waren.
Abschnitt II.
Ägypten.
Artikel 102.
Österreich erklärt, das von Großbritannien am 18. Dezember 1914
erklärte Protektorat über Ägypten anzuerkennen und, soweit es in
Betracht kommt, auf die Kapitulationen in Ägypten zu verzichten.
Dieser Verzicht hat Wirkung vom 12. August 1914 ab.
Artikel 103.
Alle von der Regierung der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie mit Ägypten geschlossenen Verträge, Abmachungen, Abkommen
oder Vereinbarungen gelten als seit dem 12. August 1914 aufgehoben.
Österreich darf sich in keinem Falle auf diese Abkommen berufen
und verpflichtet sich, in keiner Weise in Verhandlungen zwischen
Großbritannien und den anderen Mächten hinsichtlich Ägyptens
einzugreifen.
Artikel 104.
Bis zum Inkrafttreten eines ägyptischen
Gerichtsverfassungsgesetzes, durch das Gerichtshöfe mit allgemeiner
Zuständigkeit errichtet werden, wird die Ausübung der
Gerichtsbarkeit über die österreichischen Staatsangehörigen und ihr
Eigentum von den britischen Konsulargerichten auf Grund von Erlässen
Seiner Hoheit des Sultans wahrgenommen.
Artikel 105.
Die ägyptische Regierung hat völlige Handlungsfreiheit
hinsichtlich der Regelung der Rechtsstellung der österreichischen
Staatsangehörigen in Ägypten sowie der Bedingungen, unter denen sie
sich dort niederlassen dürfen.
Artikel 106.
Österreich gibt für sein Teil seine Zustimmung zur Aufhebung der
Verordnung Seiner Hoheit des Khedive vom 28. November 1904,
betreffend die Kommission der ägyptischen öffentlichen Schuld und zu
allen Abänderungen, die die ägyptische Regierung für angebracht
erachtet.
Artikel 107.
Österreich ist für sein Teil damit einverstanden, daß die Seiner
kaiserlichen Majestät dem Sultan durch das zu Konstantinopel am
29. Oktober 1888 unterzeichnete Übereinkommen hinsichtlich der
freien Schiffahrt durch den Suezkanal, zuerkannten Befugnisse auf
die Regierung Seiner britischen Majestät übergehen.
Es verzichtet auf jede Teilnahme an dem Gesundheits-, See- und
Quarantänerat Ägyptens und ist für sein Teil mit dem Übergang der
Befugnisse dieses Rates auf die ägyptischen Behörden einverstanden.
Artikel 108.
Alle Güter und alles Eigentum der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie in Ägypten gehen von Rechts
wegen ohne irgendwelche Entschädigung auf die ägyptische Regierung
über.
Im Sinne dieser Bestimmungen gilt das gesamte Eigentum der Krone
sowie das Privateigentum der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Herrscherfamilie als zum Besitz und Eigentum der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie gehörig.
Alles bewegliche und unbewegliche Gut österreichischer
Staatsangehöriger in Ägypten wird nach Maßgabe der Abschnitte III
und IV des X. Teiles des gegenwärtigen Vertrages (Wirtschaftliche
Bestimmungen) behandelt.
Artikel 109.
Ägyptische Waren genießen bei ihrer Einfuhr nach Österreich die
gleiche Behandlung wie britische Waren.
Abschnitt III.
Siam.
Artikel 110.
Österreich erkennt für sein Teil alle von der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie mit Siam geschlossenen Verträge
Übereinkommen und Vereinbarungen mit Siam samt den daraus etwa
entspringenden Rechten, Ansprüchen oder Vorrechten, sowie jedes
Recht auf die Konsulargerichtsbarkeit in Siam als vom 22. Juli 1917
ab hinfällig an.
Artikel 111.
Österreich tritt für sein Teil alle seine Rechte auf den Besitz
und das Eigentum der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie
in Siam mit Ausnahme der als diplomatische oder konsularische
Wohnungen oder Amtsräume gebrauchten Gebäude sowie mit Ausnahme der
darin enthaltenen Gegenstände und Einrichtungen an Siam ab. Dieser
Besitz und dieses Eigentum gehen ohneweiters, ohne Entschädigung auf
die siamesische Regierung über.
Der private Besitz, das private Eigentum und die Privatrechte der
österreichischen Staatsangehörigen in Siam werden nach den
Bestimmungen des X. Teiles des gegenwärtigen Vertrages
(Wirtschaftliche Bestimmungen) behandelt.
Artikel 112.
Österreich verzichtet für sich und seine Staatsangehörigen auf
alle Ansprüche gegen die siamesische Regierung aus der Liquidierung
österreichischen Besitzes oder der Internierung österreichischer
Staatsangehöriger in Siam. Die Rechte der an dem Erlöse dieser
Liquidationen interessierten Parteien bleiben von dieser Bestimmung
unberührt. Diese Rechte werden in den Bestimmungen des X. Teiles
(Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrages geregelt.
Abschnitt IV.
China.
Artikel 113.
Österreich verzichtet für sein Teil zugunsten Chinas auf alle
Vorrechte und Vorteile, die ihm auf Grund der Bestimmungen des am
7. September 1901 in Peking unterzeichneten Schlußprotokolles nebst
sämtlichen Anlagen, Noten und Ergänzungsurkunden zustehen. Es
verzichtet gleichfalls zugunsten Chinas auf jeden
Entschädigungsanspruch auf Grund des bezeichneten Protokolls für die
Zeit nach dem 14. August 1917.
Artikel 114.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages bringen die Hohen
vertragschließenden Teile, jeder soweit es ihn betrifft:
1. das Abkommen vom 29. August 1902, betreffend die neuen
chinesischen Zolltarife;
2. das Whangpu-Abkommen vom 27. September 1905 und das vorläufige
Zusatzabkommen vom 4. April 1912
zur Anwendung.
Jedoch ist China nicht länger verpflichtet, Österreich die
Vorteile oder Vorrechte zu gewähren, die es der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie in diesen Abkommen zugestanden
hatte.
Artikel 115.
Österreich tritt für sein Teil an China alle seine Rechte an
Gebäuden, Ladestraßen und Landungsbrücken, an Kasernen, Forts,
Kriegswaffen- und Kriegsmunition, Schiffen jeder Art,
Funkspruchanlagen und sonstigem der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie gehörenden öffentlichen
Eigentum ab, die in der österreichisch-ungarischen Niederlassung zu
Tientsin oder in den anderen Teilen des chinesischen Gebietes
gelegen sind oder sich etwa dort vorfinden.
Es versteht sich jedoch, daß die als diplomatische oder
konsularische Wohnungen oder Amtsräume benutzten Gebäude, ebenso wie
die Effekten und Möbel, die sie enthalten, in der obigen Abtretung
nicht mit inbegriffen sind. Außerdem wird die chinesische Regierung
keinerlei Maßnahmen zur Enteignung des in Peking im sogenannten
Gesandtschaftsviertel gelegenen öffentlichen oder privaten Eigentums
der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie ohne Zustimmung
der diplomatischen Vertreter derjenigen Mächte treffen, die bei dem
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages noch Vertragsteilnehmer am
Schlußprotokoll vom 7. September 1901 sind.
Artikel 116.
Österreich erklärt sich für seinen Teil mit der Aufhebung der ihm
von der chinesischen Regierung zugestandenen Verträge einverstanden,
auf denen die österreichisch-ungarische Niederlassung in Tientsin
zur Zeit besteht.
China, das in den Vollbesitz seiner Souveränitätsrechte über die
genannten Gebiete wieder eintritt, erklärt seine Absicht, sie der
internationalen Niederlassung und dem Handel zu öffnen. Es erklärt,
daß die Aufhebung der Verträge, auf denen die besagte Niederlassung
zur Zeit beruht, nicht die Eigentumsrechte von Staatsangehörigen der
alliierten und assoziierten Mächte berühren soll, welche Grundstücke
(lots) in dieser Niederlassung innehaben.
Artikel 117.
Österreich verzichtet auf jeden Anspruch gegen die chinesische
Regierung oder gegen jede alliierte oder assoziierte Regierung aus
der Internierung von österreichischen Staatsangehörigen in China und
ihrer Heimbeförderung. Es verzichtet ebenso für sein Teil auf jeden
Anspruch aus der Beschlagnahme österreichisch-ungarischer Schiffe in
China, der Liquidation, Sequestrierung oder Beschlagnahme
österreichischen Eigentums, österreichischer Rechte oder Interessen
in diesem Lande oder der Verfügung darüber mit Wirkung vom
14. August 1917 ab. Von dieser Bestimmung bleiben jedoch die Rechte
der Parteien unberührt, die an dem Erlös irgendeiner dieser
Liquidationen interessiert sind; diese Rechte werden durch die
Bestimmungen des X. Teiles (Wirtschaftliche Bestimmungen) des
gegenwärtigen Vertrages geregelt.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
V. Teil.
Bestimmungen über Land-, See- und Luftstreitkräfte.
Um die Einleitung einer allgemeinen Rüstungsbeschränkung aller
Nationen zu ermöglichen, verpflichtet sich Österreich, die im
folgenden niedergelegten Bestimmungen über das Landheer, die
Seemacht und die Luftfahrt genau innezuhalten.
Abschnitt I.
Bestimmungen über das Landheer.
Kapitel I.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 118.
Im Verlaufe dreier Monate, gerechnet vom Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages, müssen die Streitkräfte Österreichs in der
nachfolgend festgesetzten Weise demobilisiert sein.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 119.
Die allgemeine Wehrpflicht wird in Österreich abgeschafft. Das
österreichische Heer wird künftighin nur auf dem Wege freiwilliger
Verpflichtung aufgestellt und ergänzt werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Kapitel II.
Stärke und Einteilung des österreichischen Heeres.
Artikel 120.
Die Gesamtstärke der Streitkräfte des österreichischen Heeres darf
30.000 Mann, einschließlich der Offiziere und der Depottruppen
(troupes des depots), nicht überschreiten.
Die das österreichische Heer bildenden Formationen werden nach dem
Belieben Österreichs, jedoch unter den folgenden Einschränkungen
festzusetzen sein:
1. Daß die Stände der gebildeten Einheiten sich unbedingt zwischen
den in Übersicht IV dieses Abschnittes enthaltenen Höchst- und
Mindestziffern halten werden;
2. daß das Verhältnis der Offiziere, einschließlich des Personals
der Stäbe und Spezialdienste, ein Zwanzigstel des
Gesamtpräzensstandes, jener der Unteroffiziere ein Fünfzehntel des
Gesamtpräsenzstandes nicht überschreiten wird;
3. daß die Zahl der Maschinengewehre, Kanonen und Haubitzen nicht
die in Übersicht V dieses Abschnittes für 1000 Mann des
Gesamtpräsenzstandes festgesetzte überschreiten wird.
Das österreichische Heer darf nur zur Erhaltung der Ordnung
innerhalb des österreichischen Gebietes und zum Grenzschutz
verwendet werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 121.
Die Höchststände der Stäbe und aller Formationen, die in
Österreich aufgestellt werden dürfen, sind in den diesem Abschnitte
angeschlossenen Übersichten gegeben. Diese Zahlen müssen nicht genau
eingehalten, dürfen aber nicht überschritten werden.
Jede andere, die Truppenführung oder die Kriegsvorbereitung
betreffende Organisation ist verboten.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 122.
Alle Mobilisierungsmaßnahmen oder auf die Mobilisierung
bezughabenden Maßnahmen sind verboten.
Die Formationen, Verwaltungsdienste und Stäbe dürfen keinesfalls
Ergänzungskader haben.
Vorbereitungsmaßnahmen für die Aufbringung von Tieren oder anderen
militärischen Transportmitteln sind untersagt.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 123.
Die Zahl der Gendarmen, Zollwächter, Forstwächter, Orts- oder
Gemeindepolizisten oder anderen ähnlichen Angestellten darf nicht
die Zahl jener überschreiten, die 1913 einen gleichartigen
Dienstverfahren und die gegenwärtig in den Gebietsgrenzen
Österreichs, wie sie durch den gegenwärtigen Vertrag bestimmt sind,
dienen.
Die Zahl dieser Angestellten darf künftighin nur entsprechend der
Bevölkerungszunahme in den Orten oder Gemeinden, die sie verwenden,
vermehrt werden.
Diese Beamten und Angestellten sowie jene des Eisenbahndienstes
dürfen nicht zur Teilnahme an irgendeiner militärischen Übung
zusammengezogen werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 124.
Jede Truppenformation, die nicht in den diesem Abschnitt
beigefügten Übersichten vorgesehen ist, ist verboten. Jene, die über
die gestattete Präsenzstärke von 30.000 Mann hinaus vorhanden wären,
werden innerhalb der im Artikel 118 vorgesehenen Frist aufgelöst.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Kapitel III.
Heeresergänzung und militärische Ausbildung.
Artikel 125.
Alle Offiziere müssen Berufsoffiziere sein. Die gegenwärtig
dienenden Offiziere, die im Heere verbleiben, müssen sich
verpflichten, wenigstens bis zum Alter von 40 Jahren zu dienen. Die
jetzt dienenden Offiziere, die sich für den Dienst im neuen Heere
nicht verpflichten, werden von jeder militärischen Dienstpflicht
befreit; sie dürfen nicht an irgendeiner theoretischen oder
praktischen militärischen Übung teilnehmen.
Die Offiziere, die neu ernannt werden, müssen sich verpflichten,
wenigstens 20 Jahre hintereinander effektiv zu dienen.
Der Satz an Offizieren, die aus irgendeinem Grunde vor Ablauf
ihrer Dienstverpflichtung aus dem Dienste ausscheiden, darf im Jahre
nicht ein Zwanzigstel des im Artikel 120 vorgesehenen Gesamtstandes
der Offiziere überschreiten. Wird dieses Verhältnis wegen höherer
Gewalt überschritten, so kann der sich hieraus in den Kadern
ergebende Abgang nicht durch Neuernennungen gedeckt werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 126.
Die Gesamtdauer der Verpflichtung der Unteroffiziere und
Mannschaften darf nicht geringer sein als zwölf Jahre
hintereinander, darunter mindestens sechs Jahre Präsenzdienst.
Das Verhältnis der Mannschaften, die aus Gründen der Gesundheit,
durch Disziplinarverfügung oder aus irgendeiner anderen Ursache vor
Ablauf ihrer Dienstzeit verabschiedet werden, darf im Jahre nicht
ein Zwanzigstel des im Artikel 120 vorgesehenen Gesamtstandes
überschreiten. Wird dieses Verhältnis wegen höherer Gewalt
überschritten, so kann der sich hieraus ergebende Abgang nicht durch
Neuanwerbung gedeckt werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Kapitel IV.
Militärische Schulen, Unterrichtsanstalten,
Gesellschaften und Vereine.
Artikel 127.
Die Zahl der Schüler, die zum Lehrgang der Militärschulen
zugelassen werden, muß genau den Abgängen in den Offizierskorps
entsprechen. Die Schüler und die Kaders zählen bei den in
Artikel 120 festgelegten Stärken mit.
Infolgedessen werden alle Militärschulen, die diesem Bedarfe nicht
entsprechen, geschlossen.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 128.
Andere Unterrichtsanstalten als die im Artikel 127 gedachten,
ebenso alle sportlichen oder sonstigen Vereine dürfen sich nicht mit
irgendeiner militärischen Frage beschäftigen.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Kapitel V.
Bewaffnung, Munition, Material und Befestigungen
Artikel 129.
Nach Ablauf dreier Monate, gerechnet vom Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages an, darf die Bewaffnung des österreichischen
Heeres, die in der Übersicht V dieses Abschnittes für 1000 Mann
festgesetzten Ziffern nicht überschreiten.
Die Überschüsse über die Stände werden lediglich zu etwa
notwendigen Ersätzen dienen.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 130.
Die Munitionsvorräte zur Verfügung des österreichischen Heeres
dürfen die in Übersicht V dieses Abschnittes festgesetzten nicht
überschreiten.
In den drei Monaten, die dem Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages folgen, wird die österreichische Regierung den dermalen
bestehenden Überschuß an Waffen und Munition in jenen Orten
deponieren, die ihr die alliierten und assoziierten Hauptmächte
bekanntgeben werden.
Andere Munitionsvorräte, -depots oder -reserven dürfen nicht
angelegt werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 131.
Zahl und Kaliber der Geschütze, die die normale, feststehende
Bewaffnung der gegenwärtig in Österreich bestehenden festen Plätze
bilden, sind sofort den alliierten und assoziierten Hauptmächten zur
Kenntnis zu bringen und bilden Höchstbestände, die nicht
überschritten werden dürfen.
In den drei Monaten nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages sind die Höchstvorräte an Munition für diese Geschütze auf
folgende einheitliche Maße herabzusetzen und auf ihnen zu erhalten:
1500 Schuß pro Geschütz bis zum Kaliber von 105 Millimeter,
500 Schuß pro Geschütz von größerem Kaliber als 105 Millimeter.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 132.
Die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial wird nur in
einer einzigen Fabrik stattfinden. Diese wird in Verwaltung und
Eigentum des Staates sein; ihre Produktion ist strenge auf jene
Erzeugung zu begrenzen, die für die in den Artikeln 120, 123, 129,
130 und 131 angeführten Stände und Waffen nötig ist.
Die Erzeugung von Jagdwaffen wird mit dem Vorbehalt nicht
untersagt, daß keine in Österreich erzeugte Jagdwaffe, die
Kugelladungen verwendet, das gleiche Kaliber hat, wie die in
irgendeinem der europäischen Heere verwendeten Kriegswaffen.
Binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
sind alle anderen Anlagen, die der Erzeugung, Herrichtung, Lagerung
von Waffen, Munition oder Kriegsgerät aller Art oder der Herstellung
von entsprechenden Entwürfen dienen, zu schließen oder für einen
rein wirtschaftlichen Gebrauch umzuwandeln.
In demselben Zeitraume sind ebenso alle Arsenale zu schließen,
ausgenommen jene, die zur Lagerung der erlaubten Munitionsvorräte
dienen werden; ihr Personal ist zu entlassen.
Die Einrichtung der Anlagen oder Arsenale, die die Bedürfnisse der
erlaubten Erzeugung überschreitet, muß außer Gebrauch gesetzt oder
für einen rein wirtschaftlichen Zweck gemäß den Entscheidungen der
in Artikel 153 vorgesehenen interalliierten militärischen
Kontrollkommission umgestaltet werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 133.
In den drei Monaten, die dem Inkrafttreten des vorliegenden
Vertrages folgen, sind ohne Rücksicht auf die Herkunft (de toutes
origines) alle Waffen, alle Munition und alles Kriegsmaterial
einschließlich des wie immer gearteten Materials der Flugzeugabwehr,
die sich in Österreich befinden und die erlaubte Menge
überschreiten, den alliierten und assoziierten Hauptmächten
auszuliefern.
Diese Auslieferung wird an jenen Punkten des österreichischen
Gebietes durchzuführen sein, die von den genannten Mächten
festgesetzt werden. Diese werden auch über die diesem Material zu
gebende Bestimmung entscheiden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 134.
Die Einfuhr von Waffen, Munition und Kriegsmaterial aller Art nach
Österreich ist formell untersagt.
Dasselbe gilt für die Erzeugung von Waffen, Munition und
Kriegsgerät aller Art mit der Bestimmung für das Ausland und für
deren Ausfuhr.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 135.
Mit Rücksicht darauf, daß der Gebrauch von Flammenwerfern,
erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen, ebenso wie von allen
derartigen Flüssigkeiten, Stoffen oder Verfahren verboten ist, wird
ihre Herstellung in Österreich und ihre Einfuhr streng untersagt.
Dasselbe gilt für alles Geräte, das eigens für die Herstellung,
die Erhaltung oder den Gebrauch der genannten Erzeugnisse oder
Verfahren bestimmt ist.
Desgleichen ist die Herstellung in und die Einfuhr nach Österreich
von Panzerwagen, Tanks oder anderen ähnlichen Maschinen (engins),
die Kriegszwecken dienen können, verboten.
Übersicht I
Zusammensetzung und Höchststände einer Infanteriedivision.
---------------------------------------!----------------------------
! Höchststände jeder Einheit
Einheiten !----------------------------
! Offiziere ! Mann
---------------------------------------!--------------!-------------
Stab der Infanteriedivision .......... ! 25 ! 70
Stab der Divisionsinfantrie .......... ! 5 ! 50
Stab der Divisionsartillerie ......... ! 4 ! 30
3 Infanterieregimenter *1) (mit dem ! !
Stande von 65 Offizieren ! !
2000 Mann) ......................... ! 195 ! 6.000
1 Schwadron .......................... ! 6 ! 160
1 Minenwerferbataillon (artillerie do ! !
tranchee) (3 Kompagnien) ........... ! 14 ! 500
1 Pionierbataillon *2) ............... ! 14 ! 500
1 Feldartilleriebataillon *3) ........ ! 80 ! 1.200
1 Radfahrerbataillon zu 3 Kompagnien . ! 18 ! 450
1 Nachrichtenabteilung *4) ............ ! 11 ! 330
Divisionssanitätsabteilung ........... ! 28 ! 550
Parks und Kolonnen ................... ! 14 ! 940
!--------------!-------------
Gesamtstand einer Infanteriedivision ! 414 ! 10.780
---------------------------------------------------------------------
*1) Jedes Regiment hat 3 Infanteriebataillone, jedes Bataillon
3 Infanteriekompagnien und 1 Maschinengewehrkompagnie.
*2) Jedes Bataillon hat 1 Stab, 2 Pionierkompagnien, 1 Brückenzug
und 1 Scheinwerferzug.
*3) Jedes Regiment hat 1 Stab, 3 Feld- oder
Gebirgsartillerieabteilungen mit zusammen 8 Batterien zu je 4 Feld-
oder Gebirgskanonen oder -haubitzen.
*4) Diese Abteilung hat 1 Telephon- und Telegraphenabteilung,
1 Abhorch- und 1 Brieftaubenzug.
Übersicht II.
Zusammensetzung und Höchststände einer Kavalleriedivision.
-----------------------!--------------!----------------------------
! Höchstzahl ! Höchststand jeder
! dieser ! Einheit
Einheiten ! Einheiten !----------------------------
! in einer ! Offiziere ! Mann
! Division ! !
-----------------------!--------------!--------------!-------------
Stab einer Kavallerie- ! ! !
division ........... ! 1 ! 15 ! 50
Kavallerieregiment *1) ! 6 ! 30 ! 720
Feldartillerieabteilung! ! !
(3 Batterien) ...... ! 1 ! 30 ! 430
Auto-Maschinengewehr- ! ! !
und Autokanonen- ! ! !
abteilung *2) ...... ! 1 ! 4 ! 80
Verschiedene Dienste . ! ............ ! 30 ! 500
! !--------------!-------------
Gesamtstand der ! ! !
Kavalleriedivision ! ! !
zu 6 Regimenten ! ............ ! 259 ! 5.380
---------------------------------------------------------------------
*1) Jedes Regiment hat 4 Schwadronen.
*2 ) Jede Abteilung hat 9 Kampfwagen mit je 1 Kanone,
1 Maschinengewehr und 1 Ersatzmaschinengewehr, 4 Verbindungswagen,
2 Verpflegungswagen, 7 Lastautos (darunter 1 Werkstättenauto),
4 Motorräder.
Anmerkung - Die großen Kavalleriekörper können eine verschiedene
Zahl von Regimenten haben und auch aus selbständigen Brigaden
innerhalb der obigen Grenze der Stände zusammengesetzt sein.
Übersicht III.
Zusammensetzung und Höchststände einer gemischten Brigade.
-------------------------------!----------------------------------
! Höchststände jeder Einheit
Einheiten !-----------------!----------------
! Offiziere ! Mann
-------------------------------!-----------------!----------------
Brigadestab .................. ! 10 ! 50
2 Infanterieregimenter *1) ... ! 130 ! 4.000
1 Radfahrerbataillon ......... ! 18 ! 450
1 Schwadron .................. ! 5 ! 100
1 Feldartillerieabteilung .... ! 20 ! 400
1 Minenwerferkomagnie ! !
(artillerie de tranchee) ... ! 5 !
Verschieden Dienste .......... ! 10 ! 200
!-----------------!----------------
Gesamtstand der gemischten ! !
Brigade ..................! 198 ! 5.350
! !
---------------------------------------------------------------------
*1) Jedes Regiment hat 3 Infanteriebataillone, jedes Bataillon
3 Infanteriekompagnien und 1 Maschinengewehrkompagnie.
Übersicht IV.
Mindeststände der Einheiten ohne Rücksichtsnahme auf die im Heere
eingeführte Organisation. (Division, gemischte Brigaden )
-------------------------------!-----------------!-----------------
! Höchststand ! Mindeststand
! (pro memoria) !
Einheiten !-----------------!-----------------
! Offizier! Mann- ! Offizier! Mann-
! ! schaft! ! schaft
-------------------------------!---------!-------!---------!-------
Infanteriedivision ........... ! 414 !10.780 ! 300 ! 8.000
Kavalleriedivision ........... ! 259 ! 5.380 ! 180 ! 3.650
Gemischte Brigade ............ ! 198 ! 5.350 ! 140 ! 4.250
Infanterieregiment ........... ! 65 ! 2.000 ! 52 ! 1.600
Infanterie- oder Maschinen- ! ! ! !
gewehrkompagnie .............. ! 3 ! 160 ! 2 ! 120
Radfahrerabteilung ........... ! 18 ! 450 ! 12 ! 300
Kavallerieregiment ........... ! 30 ! 720 ! 20 ! 450
Kavallerieschwadron .......... ! 6 ! 160 ! 3 ! 100
Artillerieregiment ........... ! 80 ! 1.200 ! 60 ! 1.000
Feldartilleriebatterie ....... ! 4 ! 150 ! 2 ! 120
Minenwerferkompagnie ! ! ! !
(artillerie de tranchee) ... ! 3 ! 150 ! 2 ! 100
Pionierbataillon ............. ! 14 ! 500 ! 8 ! 300
Gebirgsartillerie ............ ! 5 ! 320 ! 3 ! 200
Übersicht V.
Zugelassene Höchststände an Waffen und Munition.
----------------------------------!-----------------!---------------
! ! Munitions-
! Menge ! menge
Material ! für ! pro Waffe
! 1000 Mann ! (Gewehre,
! ! Kanonen, usw.)
----------------------------------!-----------------!---------------
Gewehr oder Karabiner *1) ....... ! 1.150 ! 500 Schuß
Schwere oder leichte Maschinen- ! !
gewehre ....................... ! 15 ! 10.000 "
Leichte Minenwerfer ............. ! > 2 < ! 1.000 "
Mittlere Minenwerfer ............ ! > < ! 500 "
Feld- oder Gebirgskanonen ! !
oder Haubitzen ................ ! 3 ! 1.000 "
! !
---------------------------------------------------------------------
*1) Die selbsttätigen Gewehre oder Karabiner werden als leichte
Maschinengewehre gezählt.
Keine schwere Kanone, das ist mit einem größeren Kaliber als
105 Millimeter, ist zugelassen außer jenen, welche die normale
Armierung der festen Plätze bilden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Abschnitt II.
Bestimmungen über die Seestreitkräfte.
Artikel 136.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an werden alle
österreichisch-ungarischen Kriegsschiffe, einschließlich der
Unterseeboote, als endgültig an die alliierten und assoziierten
Hauptmächte ausgeliefert erklärt.
Alle Monitore, Torpedoboote und bewaffneten Fahrzeuge der
Donauflottillen werden den alliierten und assoziierten Hauptmächten
ausgeliefert.
Österreich hat jedoch das Recht, auf der Donau für die
Strompolizei drei Aufklärungsfahrzeuge (chaloupes eclaireurs) unter
der Bedingung zu halten, daß deren Auswahl durch die im Artikel 154
des gegenwärtigen Vertrages vorgesehene Kommission erfolgt.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 137.
Die nachstehend aufgezählten österreichisch-ungarischen
Hilfskreuzer und Hilfsfahrzeuge werden abgerüstet und wie
Handelsschiffe behandelt werden:
Bosnia, Gablonz, Carolina, Africa, Tirol, Argentinia, Lussin,
Teodo, Nixe, Gigant, Dalmat, Persia, Prinz Hohenlohe, Gastein,
Helouan, Graf Wurmbrand, Pelikan, Herkules, Pola, Najade, Pluto,
Präsident Wilson (ehemals Kaiser Franz Joseph), Trieste, Baron
Bruck, Elisabeth,
Metcovich, Baron Call, Gaea, Cyclop, Vesta,
Nymphe, Büffel.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 138.
Alle Kriegsschiffe, einschließlich der Unterseebote, die sich
gegenwärtig in den Häfen, die zu Österreich gehören oder vormals zur
österreichisch-ungarischen Monarchie gehört haben, im Bau befinden,
werden abgebrochen.
Mit der Arbeit des Abbruches dieser Schiffe ist sobald als möglich
nach Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages zu beginnen.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 139.
Alle Gegenstände, Maschinen und Materalien die von dem Abbruch der
österreichisch-ungarischen Kriegsschiffe jeder Art,
Überwasserschiffe oder Unterseebote herrühren, dürfen nur zu rein
gewerblichen, oder reinen Handelszwecken Verwendung finden.
An das Ausland dürfen sie weder verkauft noch abgetreten werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 140.
Der Bau und der Erwerb aller Unterwasserfahrzeuge, selbst zu
Handelszwecken, ist in Österreich untersagt.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 141.
Alle Waffen, alle Munition und alles Seekriegsmaterial,
einschließlich der Minen und Torpedos, die Österreich-Ungarn zur
Zeit der Unterzeichnung des Waffenstillstandes vom 3. November 1918
gehörten, werden als endgültig den alliierten und assoziierten
Hauptmächten ausgeliefert erklärt.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 142.
Österreich wird für die Lieferung (Artikel 136 und 141), die
Entwaffnung (Artikel 137), den Abbruch (Artikel 138) sowie für die
Art der Behandlung (Artikel 137) oder Verwendung (Artikel 139) der
in den vorstehenden Artikeln bezeichneten Gegenstände nur
hinsichtlich der Gegenstände verantwortlich gemacht, welche sich auf
seinem eigenen Gebiete befinden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 143.
Während einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages darf die österreichische drahtlose
Großstation in Wien ohne Ermächtigung der Regierungen der alliierten
und assoziierten Hauptmächte nicht verwendet werden, um Nachrichten
über Angelegenheiten der Seemacht, des Heeres oder der Politik zu
übermitteln, die für Österreich oder die mit Österreich während des
Krieges verbündet gewesenen Mächte von Belang sind. Diese Stationen
darf Handelstelegramme übermitteln, aber nur unter Überwachung der
genannten Regierungen, welche die zu verwendende Wellenlänge
festsetzen werden.
Während derselben Frist darf Österreich weder auf seinem eigenen
Gebiet noch auf dem Ungarns, Deutschlands, Bulgariens oder der
Türkei drahtlose Großstationen errichten.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Abschnitt III.
Bestimmungen über militärische und Seeluftfahrt.
Artikel 144.
Österreich darf Luftstreitkräfte weder zu Lande noch zu Wasser als
Teil seines Heerwesens unterhalten. Kein Lenkluftschiff darf
beibehalten werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 145.
Binnen zweier Monate vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
an ist das Personal des Luftfahrtwesens, das gegenwärtig in den
Listen der österreichischen Streitkräfte zu Land und zu Wasser
geführt wird, zu demobilisieren.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 146.
Bis zur völligen Räumung des österreichischen Gebietes durch die
alliierten und assoziierten Truppen sollen die Luftfahrzeuge der
alliierten und assoziierten Mächte in Österreich freie Fahrt im
Luftraum sowie Durchflugs- und Landungsfreiheit haben.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 147.
Während einer Frist von sechs Monaten nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages ist die Herstellung, Einfuhr und Ausfuhr von
Luftfahrzeugen und Teilen solcher, ebenso wie von
Luftfahrzeugmotoren und Teilen von solchen für das ganze
österreichische Gebiet verboten.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 148.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages ist das ganze
militärische und Marine-Luftfahrzeug-Material auf Kosten Österreichs
den alliierten und assoziierten Hauptmächten auszuliefern.
Diese Auslieferung hat an den von den Regierungen der genannten
Mächte zu bestimmenden Orten erfolgen; sie muß binnen drei Monaten
beendet sein.
Zu diesem Material gehört im besonderen dasjenige, das für
kriegerische Zwecke im Gebrauch oder bestimmt gewesen ist,
namentlich:
Die vollständigen Land- und Wasserflugzeuge, ebenso solche die
sich in Herstellung, Ausbesserung oder Aufbau befinden. Die
flugfähigen Lenkluftschiffe, ebenso solche, die sich in Herstellung,
Ausbesserung oder Aufbau befinden.
Die flugfähigen Lenkluftschiffe, ebenso solche, die sich in
Herstellung, Ausbesserung oder Aufbau befinden.
Die Geräte für die Herstellung von Wasserstoffgas.
Die Lenkluftschiffhallen und Behausungen aller Art für
Luftfahrzeuge.
Bis zu ihrer Auslieferung sind die Lenkluftschiffe auf Kosten
Österreichs mit Wasserstoffgas gefüllt zu halten. Die Geräte zur
Herstellung von Wasserstoffgas, ebenso wie die Behausungen für
Luftschiffe können nach freiem Ermessen der genannten Mächte
Österreich bis zur Auslieferung der Lenkluftschiffe belassen werden.
Die Luftfahrzeugmotoren.
Die Zellen.
Die Bewaffnung (Kanonen, Maschinengewehre, leichte
Maschinengewehre, Bombenwerfer, Torpedolanciervorrichtungen,
Apparate für Synchronismus, Zielapparate).
Die Munition (Patronen, Granaten, geladene Bomben, Bombenkörper,
Vorräte von Sprengstoffen oder deren Rohstoffe).
Die Bordinstrumente.
Die Apparate für drahtlose Telegraphie, die photographischen und
kinematographischen Apparate für Luftfahrzeuge.
Einzelteile, die einer der vorstehenden Gattungen angehören.
Das vorerwähnte Material darf nicht ohne ausdrückliche
Ermächtigung der genannten Regierungen von Ort und Stelle verbracht
werden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Abschnitt IV.
Interalliierte Überwachungsausschüsse.
Artikel 149.
Alle Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages über Landheer,
Seemacht und Luftfahrt, für deren Durchführung eine zeitliche Grenze
festgesetzt ist, sind von Österreich unter Überwachung
interalliierter Ausschüsse durchzuführen, die zu diesem Zweck von
den alliierten und assoziierten Hauptmächten besonders ernannt
werden.
Die erwähnten Ausschüsse werden bei der österreichischen Regierung
die alliierten und assoziierten Hauptmächte in allem vertreten, was
die Durchführung der Bestimmungen über Landheer, Seemacht und
Luftfahrt betrifft. Sie bringen den österreichischen Behörden die
Entscheidungen zur Kenntnis, welche die Regierungen der alliierten
und assoziierten Hauptmächte sich zu treffen vorbehalten haben oder
welche die Durchführung der erwähnten Bestimmungen nötig machen
könnte.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 150.
Die interalliierten Überwachungsausschüsse dürfen ihre
Dienststellen in Wien einrichten und sind befugt, so oft sie es für
angebracht erachten, sich an einem beliebigen Ort des
österreichischen Staatsgebietes zu begeben, Unterausschüsse dorthin
zu entsenden oder eines oder mehrere ihrer Mitglieder zu
beauftragen, sich dorthin zu verfügen.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 151.
Die österreichische Regierung hat den interalliierten
Überwachungsausschüssen alle Auskünfte und Dokumente zu geben, die
sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendig erachten werden, sowie
alle Mittel, sowohl an Personal als an Material, welche die
erwähnten Ausschüsse benötigen könnten, um die vollständige
Durchführung der Bestimmungen über Landheer, Seemacht und Luftfahrt
zu sichern.
Die österreichische Regierung muß für jeden interalliierten
Überwachungsausschuß einen geeigneten Beauftragten bezeichnen,
dessen Aufgabe es ist, von dem Ausschuß die für die österreichische
Regierung bestimmten Mitteilungen entgegenzunehmen und dem Ausschuß
alle verlangten Auskünfte oder Schriftstücke zu liefern oder zu
beschaffen.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 152.
Der Unterhalt und die Kosten der Überwachungsausschüsse und die
Aufwendungen, die durch ihre Tätigkeit veranlaßt werden, fallen
Österreich zur Last.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 153.
Der militärische interalliierte Überwachungsausschuß hat besonders
die Aufgabe, von der österreichischen Regierung die Mitteilungen
bezüglich des Lagerungsplatzes der Munitionsvorräte und
Munitionslager, bezüglich der Bestückung der Festungswerke,
Festungen und festen Plätze, bezüglich der Lage der Werkstätten und
Fabriken von Waffen, Munition und Kriegsgerät und bezüglich ihres
Betriebes entgegenzunehmen.
Er hat die Ablieferung von Waffen, Munition, Kriegsgerät, Werkzeug
für Kriegsfabrikationen entgegenzunehmen, die Orte, wo diese
Ablieferung stattzufinden hat, festzusetzen und die durch den
gegenwärtigen Vertrag vorgesehenen Zerstörungen,
Außergebrauchsetzungen oder Umwandlungen zu überwachen.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 154.
Der interalliierte Marineüberwachungsausschuß hat besonders die
Aufgabe, sich auf die Bauwerften zu begeben und den Abbruch der
Schiffe zu überwachen, die sich dort in Bau befinden, die
Ablieferung der Waffen, der Munition und des Materials für die
Seekriegsführung entgegenzunehmen und die vorgesehenen Zerstörungen
und Abbrüche zu überwachen.
Die österreichische Regierung hat dem interalliierten
Marineüberwachungsausschuß alle Auskünfte und Schriftstücke zu
liefern, die er für nötig erachtet, um sich über die vollständige
Durchführung der Bestimmungen über die Seemacht zu vergewissern,
namentlich die Pläne der Kriegsschiffe, die Zusammensetzung ihrer
Bestückung, die Einzelheiten und die Modelle von Kanonen, Munition,
Torpedos, Minen, Sprengstoffen, Apparaten für drahtlose Telegraphie
und im allgemeinen von allem was auf das Material für die
Seekriegsführung Bezug hat, ebenso alle Unterlagen, deren Inhalt
gesetzliche, Verwaltungsbestimmungen oder innere Dienstvorschriften
bilden.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 155.
Der interalliierte Luftfahrt-Überwachungsausschuß hat besonders
zur Aufgabe, den Bestand des gegenwärtigen, in den Ländern der
österreichischen Regierung befindlichen Flugzeugmaterials
aufzunehmen, die Werkstätten für Flugzeug, Ballons und
Luftfahrzeugmotoren, die Fabriken für Waffen, Munition und
Sprengstoffe, die von Luftfahrzeugen verwendet werden können, zu
besichtigen, alle auf österreichischen Boden befindlichen
Flugplätze, Hallen, Landungsplätze, Parks und Lager zu besuchen und
gegebenfalls die Verbringung des erwähnten Materials an einen
anderen Ort zu veranlassen und es zu übernehmen.
Die österreichische Regierung hat dem interalliierten
Luftfahrtüberwachungsausschuß alle Auskünfte und Unterlagen, deren
Inhalt gesetzliche, Verwaltungsbestimmungen oder innere
Dienstvorschriften bilden, sowie Unterlagen sonstigen Inhaltes zu
liefern, die er für nötig erachtet, um sich über die vollständige
Durchführung der Bestimmungen über Luftfahrt zu vergewissern,
namentlich eine zahlenmäßige Aufstellung über das Personal im
Dienste aller österreichischen Flugverbände, sowie über das fertig
vorhandene, in Herstellung befindliche oder bestellte Material,
ferner eine vollständige Liste aller für die Flugfahrt arbeitenden
Betriebsstätten nebst Angabe ihrer Lage, sowie aller Hallen und
Landungsplätze.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Abschnitt V.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 156.
Nach Ablauf einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages muß die österreichische Gesetzgebung die
erforderlichen Abänderungen erfahren haben und dann von der
österreichischen Regierung mit diesem Teile des gegenwärtigen
Vertrags in Einklang gehalten werden.
Binnen der gleichen Frist müssen von der österreichischen
Regierung alle Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Ausführung
der Bestimmungen dieses Teiles getroffen worden sein.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 157.
Folgende Bestimmungen des Waffenstillstandes vom 3. November 1918,
nämlich: die §§ 2 und 3 des I. Kapitels (Militärische Bestimmungen),
die §§ 2, 3 und 6 des I. Kapitels des Zusatzprotokolles
(Militärische Bestimmungen), bleiben in Geltung, soweit sie nicht
mit den vorstehenden Bestimmungen im Widerspruche stehen.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 158.
Österreich verpflichtet sich, von dem Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages an in keinem fremden Lande irgendeine
Mission des Landheeres der Seemacht oder der Luftstreitkräfte zu
beglaubigen, keine solche Mission dorthin zu senden oder abreisen zu
lassen; es verpflichtet sich außerdem, durch geeignete Maßnahmen zu
verhindern, daß österreichische Staatsangehörigen sein Gebiet
verlassen, um in das Heer, die Flotte oder den Luftdienst
irgendeiner fremden Macht einzutreten oder in ein
Zugehörigkeitsverhältnis zu ihr zu treten zu dem Zwecke, die
Ausbildung zu fördern oder überhaupt in einem fremden Heere beim
Unterricht im Heer-, Marine- oder Luftwesen mitzuwirken.
Die alliierten und assoziierten Mächte vereinbaren ihrerseits vom
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an keinem österreichischen
Staatsangehörigen in ihr Heer, ihre Flotte oder ihre
Luftstreitkräfte einzureihen oder zur Förderung der militärischen
Ausbildung in ein Zugehörigkeitsverhältnis zu ihnen treten zu
lassen, überhaupt keinen österreichischen Staatsangehörigen als
Lehrer im Heer-, Marine- oder Luftfahrwesen anzustellen.
Von dieser Bestimmung bleibt jedoch das Recht Frankreichs, die
Mannschaft seiner Fremdenlegion gemäß den französischen
militärischen Gesetzen und Vorschriften zu ergänzen, unberührt.
Beachte
Den Bestimmungen des V. Teiles (Art. 118 bis 159) des Staatsvertrages
von St. Germain wurde durch die Bestimmungen des II. Teiles des
Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen
und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, materiell
derogiert!
Artikel 159.
Solange der gegenwärtige Vertrag in Kraft bleibt, verpflichtet
sich Österreich, jede Untersuchung zu dulden die der Rat des
Völkerbundes durch einen Mehrheitsbeschluß für notwendig erachtet.
Teil VI.
Kriegsgefangene und Grabstätten.
Abschnitt I.
Kriegsgefangene.
Artikel 160.
Die Heimschaffung der österreichischen Kriegsgefangenen und
Zivilinternierten soll nach Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages so bald wie möglich stattfinden und mit der größten
Beschleunigung durchgeführt werden.
Artikel 161.
Die Heimschaffung der österreichischen Kriegsgefangenen und
Zivilinternierten wird gemäß den im Artikel 160 festgesetzten
Bedingungen durch einen Ausschuß veranlaßt, der aus Vertretern der
alliierten und assoziierten Mächte einerseits und der
österreichischen Regierung andrerseits besteht.
Für jede der alliierten Mächte regelt ein Unterauschuß, der sich
nur aus Vertretern der beteiligten Macht und Abgeordneten der
österreichischen Regierung zusammensetzt, die Einzelheiten der
Heimschaffung der Kriegsgefangenen.
Artikel 162.
Sobald die Kriegsgefangenen und Zivilinternierten an die
österreichischen Behörden abgeliefert sind, haben diese für ihre
unverzügliche Rücksendung nach dem Heimatsort Sorge zu tragen.
Diejenigen, deren Wohnsitz vor dem Kriege sich in einem von den
Truppen der alliierten und assoziierten Mächte besetzten Gebiet
befand, sind, vorbehaltlich der Zustimmung und Überwachung von
seiten der militärischen Behörden der alliierten und assoziierten
Besatzungsarmeen gleichfalls dorthin zurückzusenden.
Artikel 163.
Sämtliche Kosten der Heimschaffung vom Augenblick der
Abbeförderung an fallen der österreichischen Regierung zur Last;
auch ist diese verpflichtet, die Beförderungsmittel sowie das
technische Personal gemäß Anforderung der im Artikel 161
vorgesehenen Kommission zu stellen.
Artikel 164.
Kriegsgefangene und Zivilinternierte, die wegen Vergehen gegen die
Disziplin eine Strafe verwirkt haben oder verbüßen, werden ohne
Rücksicht auf die Dauer der noch zu verbüßenden Strafe oder auf das
gegen sie schwebende Verfahren heimgeschafft.
Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Kriegsgefangene und
Zivilinternierte, die für Handlungen bestraft worden sind, welche
nach dem 1. Juni 1919 begangen wurden.
Bis zu ihrer Heimschaffung bleiben alle Kriegsgefangenen und
Zivilinternierten den bestehenden Vorschriften, besonders
hinsichtlich der Arbeit und der Disziplin, unterworfen.
Artikel 165.
Kriegsgefangene und Zivilinternierte, die Strafen wegen anderer
Vergehen als solcher gegen die Disziplin verwirkt haben oder
verbüßen, können in Haft behalten werden.
Artikel 166.
Die österreichische Regierung verpflichtet sich, alle
heimzuschaffenden Personen ohne Unterschied in ihr Gebiet
aufzunehmen.
Österreichische Kriegsgefangene oder Staatsbürger, die nicht
heimgeschafft zu werden wünschen, dürfen von der Heimschaffung
ausgeschlossen werden; jedoch behalten sich die alliierten und
assoziierten Regierungen das Recht vor, sie heimzuschaffen oder sie
in ein neutrales Land zu verbringen oder ihnen die Niederlassung im
eigenen Lande zu gestatten.
Die Österreichische Regierung verpflichtet sich, gegen solche
Personen oder ihre Angehörigen keinerlei Ausnahmebestimmungen zu
erlassen, auch nicht aus diesem Grunde sie irgendwelcher Verfolgung
oder Belästigung auszusetzen.
Artikel 167.
Die alliierten und assoziierten Regierungen behalten sich das
Recht vor, die Heimschaffung der österreichischen Kriegsgefangenen
und österreichischen Staatsangehörigen in ihrer Gewalt davon
abhängig zu machen, daß die österreichische Regierung alle
Kriegsgefangenen und sonstigen Staatsangehörigen der alliierten und
assoziierten Mächten unverzüglich angibt und freiläßt, die etwa noch
gegen ihren Willen in Österreich zurückgehalten werden.
Artikel 168.
Österreich verpflichtet sich:
1. den Ausschüssen zur Nachforschung nach Vermißten freien Zutritt
zu gestatten, ihnen jede geeignete Beförderungsgelegenheit zu
verschaffen, ihnen Einlaß in die Gefangenenlager, Gefängnisse,
Lazarette und alle sonstigen Räumlichkeiten zu gewähren sowie ihnen
alle amtlichen oder privaten Urkunden zur Verfügung zu stellen, die
ihnen bei ihren Nachforschungen Aufschluß geben können;
2. strafweise gegen österreichische Beamte oder Privatpersonen
vorzugehen, die einen Staatsangehörigen einer alliierten oder
assoziierten Macht verborgen halten oder es verabsäumen, nach
erlangter Kenntnis von ihm Anzeige zu erstatten.
Artikel 169.
Österreich verpflichtet sich, alle Gegenstände, Werte oder
Urkunden, die Staatsgehörigen der alliierten oder assoziierten
Mächte gehört haben und etwa von den österreichischen Behörden
zurückbehalten sind, unverzüglich nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages zurückzustellen.
Artikel 170.
Die Hohen vertragschließenden Teile verzichten auf die
gegenseitige Erstattung der Aufwendungen für den Unterhalt der
Kriegsgefangenen in ihren Gebieten.
Abschnitt II.
Grabstätten.
Artikel 171.
Die alliierten und assoziierten Regierungen und die
Österreichische Regierung werden dafür Sorge tragen, daß die
Grabstätten der auf ihren Gebieten beerdigten Heeres- und
Marineangehörigen mit Achtung behandelt und instandgehalten werden.
Sie verpflichten sich, jeden Ausschuß, der von irgendeiner der
Regierungen mit der Feststellung, der Verzeichnung, der
Instandhaltung dieser Grabstätten oder der Errichtung würdiger
Denkmäler auf ihnen betraut wird, anzuerkennen und in der Erfüllung
seiner Aufgaben zu unterstützen.
Sie kommen ferner überein, Wünsche wegen Überführung der irdischen
Reste ihrer Heeres- und Marineangehörigen in die Heimat,
vorbehaltlich der Bestimmungen ihrer Landesgesetze und der Gebote
der öffentlichen Gesundheitspflege, gegenseitig nach Möglichkeit zu
erfüllen.
Artikel 172.
Die Grabstätten der in Gefangenschaft verstorbenen, den
verschiedenen kriegführenden Staaten angehörenden Kriegsgefangenen
und Zivilinternierten sind nach Maßgabe der Bestimmungen im
Artikel 171 des gegenwärtigen Vertrages würdig instandzuhalten.
Die alliierten und assoziierten Regierungen einerseits und die
österreichische Regierung andrerseits verpflichten sich weiter
einander:
1. eine vollständige Liste der Verstorbenen mit allen zur
Feststellung der Person dienlichen Angaben,
2. alle Auskünfte über Zahl und Ort der Gräber sämtlicher Toten,
die ohne Feststellung der Person beerdigt worden sind,
zu übermitteln.
Teil VII.
Strafbestimmungen.
Artikel 173.
Die österreichische Regierung räumt den alliierten und
assoziierten Mächten die Befugnis ein, die wegen eines Verstoßes
gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges angeklagten Personen vor
ihre Militärgerichte zu ziehen. Werden sie schuldig befunden, so
finden die gesetzlich vorgesehenen Strafen auf sie Anwendung. Diese
Bestimmung greift ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verfahren oder
eine etwaige Verfolgung vor einem Gerichte Österreichs oder seiner
Verbündeten Platz.
Die österreichische Regierung hat den alliierten und assoziierten
Mächten oder derjenigen Macht von ihnen, die einen entsprechenden
Antrag stellt, alle Personen auszuliefern, die ihr auf Grund der
Anlage, sich gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges vergangen
zu haben, sei es namentlich, sei es nach ihrem Dienstgrade oder nach
der ihnen von den österreichischen Behörden übertragenen
Dienststellung oder sonstigen Verwendung bezeichnet werden.
Artikel 174.
Sind die strafbaren Handlungen gegen Staatsangehörige einer der
alliierten und assoziierten Mächte begangen, so werden die Täter vor
die Militärgerichte dieser Macht gestellt.
Sind die strafbaren Handlungen gegen Staatsangehörige mehrerer
alliierter und assoziierter Mächte begangen, so werden die Täter vor
Militärgerichte gestellt, die sich aus Mitgliedern von
Militärgerichten der beteiligten Mächte zusammensetzen.
In jedem Fall steht dem Angeklagten die freie Wahl seines
Verteidigers zu.
Artikel 175.
Die österreichische Regierung verpflichtet sich, Urkunden und
Auskünfte jeder Art zu liefern, deren Vorlegung zur vollständigen
Aufklärung der verfolgten Taten, zur Ermittlung der Schuldigen und
zur erschöpfenden Würdigung der Schuldfrage für erforderlich
erachtet wird.
Artikel 176.
Die Vorschriften der Artikel 173 bis 175 finden auch auf die
Regierungen derjenigen Staaten Anwendung, denen Gebiete der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie zuerkannt worden
sind, in bezug auf solche Personen, die einer gegen die Gesetze und
Gebräuche des Krieges verstoßenden Handlung beschuldigt sind und sich
im Gebiete oder zur Verfügung der bezeichneten Staaten befinden.
Wenn die betreffenden Personen die Staatsangehörigkeit eines der
bezeichneten Staaten erlangt haben, verpflichtet sich die Regierung
dieses Staates, alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um
über Einschreiten der beteiligten Macht und im Einvernehmen mit ihr
deren Verfolgung und Bestrafung sicherzustellen.
VIII. Teil.
Wiedergutmachungen.
Abschnitt I.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 177.
Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und
Österreich erkennt an, daß Österreich und seine Verbündeten als
Urheber für die Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die
alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen
infolge des ihnen durch den Angriff Österreich-Ungarns und seiner
Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben.
Artikel 178.
Die alliierten und assoziierten Regierungen erkennen an, daß die
Hilfsmittel Österreichs unter Berücksichtigung ihrer dauernden, sich
aus den übrigen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages ergebenden
Verminderung nicht ausreichen, um die volle Wiedergutmachung dieser
Verluste und Schäden sicherzustellen.
Immerhin verlangen die alliierten und assoziierten Regierungen und
Österreich verpflichtet sich dazu, daß unter den nachstehend
bezeichneten Bedingungen die Schäden, welche in der Zeit, während
der jede einzelne der alliierten und assoziierten Mächte im Kriege
mit Österreich war, die Zivilbevölkerung der alliierten und
assoziierten Mächte und deren Eigentum durch den bezeichneten
Angriff zu Lande, zur See und in der Luft erlitten haben, und ferner
überhaupt die Schäden, wie sie in der hier angeschlossenen Anlage I
bestimmt sind, wieder gutgemacht werden.
Artikel 179.
Der Betrag der bezeichneten Schäden, deren Wiedergutmachung
Österreich schuldet, wird durch einen interalliierten Ausschuß
festgesetzt, der den Namen "Wiedergutmachungsausschuß" trägt und in
der Form und mit den Befugnissen zusammengesetzt ist, wie
nachstehend und in der Anlage II-V ausgeführt ist. Der in
Artikel 233 des Vertrages mit Deutschland vorgesehene Ausschuß ist
derselbe wie der gegenwärtige Ausschuß, vorbehaltlich der aus dem
gegenwärtigen Vertrage erwachsenden Abweichungen: er bildet eine
Sektion für die aus der Anwendung des gegenwärtigen Vertrages
hervorgehenden Sonderfragen. Diese Sektion hat nur eine beratende
Funktion mit Ausnahme der Fälle, in denen ihm der
Wiedergutmachungsausschuß Befugnisse übertragen wird, die er für
angemessen erachtet.
Der Wiedergutmachungsausschuß prüft die Ansprüche und gewährt der
österreichischen Regierung nach Billigkeit Gehör.
Zu gleicher Zeit stellt der Ausschuß einen Zahlungsplan auf, der
die Fälligkeitszeiten und die Art und Weise vorschreibt, wie
Österreich binnen dreißig Jahren vom 1. Mai 1921 ab jenen Teil der
Schuld zu tilgen hat, der auf Österreich entfällt, nachdem der
Ausschuß festgestellt haben wird, ob Deutschland in der Lage ist,
den Saldo des gesamten Betrages der gegen Deutschland und seine
Verbündeten gestellten und vom Ausschuß geprüften Forderungen zu
bezahlen. Sollte jedoch im Laufe dieses Zeitraumes Österreich mit
der Begleichung seiner Schuld im Rückstande bleiben, so kann die
Zahlung jeder Restsumme nach Gutdünken des Ausschusses auf spätere
Jahre verschoben werden oder unter Bedingungen, die die alliierten
und assoziierten Regierungen entsprechend dem in diesem Teile des
gegenwärtigen Vertrages vorgesehenen Verfahren festsetzen, eine
anderweitige Behandlung erfahren.
Artikel 180.
Der Wiedergutmachungsausschuß prüft vom 1. Mai 1921 ab von Zeit zu
Zeit die Hilfsmittel und Leistungsfähigkeit Österreichs. Er gewährt
dessen Vertretern nach Billigkeit Gehör und hat Vollmacht, danach
die Frist für die im Artikel 179 vorgesehenen Zahlungen zu
verlängern und die Form der Zahlung abzuändern; ohne besondere
Ermächtigung der verschiedenen im Ausschuß vertretenen Regierungen
darf er jedoch keinerlei Zahlung erlassen.
Artikel 181.
Österreich zahlt während der Jahre 1919 und 1920 und während der
ersten vier Monate von 1921 in so viel Raten und in solcher Form (in
Gold, Waren, Schiffen, Wertpapieren oder anderswie) wie es der
Wiedergutmachungsausschuß festsetzt, eine auf die oberwähnten
Forderungen ansprechbare angemessene Summe, deren Höhe der Ausschuß
festsetzen wird; aus dieser Summe werden zunächst die Kosten für das
Besatzungsheer nach dem Waffenstillstand vom 3. November 1918
bestritten, weiter können diejenigen Mengen von Nahrungsmitteln und
Rohstoffen, die von den Regierungen der alliierten und assoziierten
Hauptmächte etwa für nötig gehalten werden, um Österreich die
Möglichkeit zur Erfüllung seiner Verpflichtung zur Wiedergutmachung
zu gewähren, gleichfalls mit Genehmigung der genannten Regierungen
aus der bezeichneten Summe gezahlt werden. Der Rest ist von
Österreichs Wiedergutmachungsschuld in Abzug zu bringen. Außerdem
hinterlegt Österreich die im Paragraph 12 (c) der Anlage II
vorgesehenen Schatzscheine.
Artikel 182.
Des weiteren willigt Österreich ein, daß seine wirtschaftlichen
Hilfsmittel der Wiedergutmachung unmittelbar dienstbar gemacht
werden, wie in der Anlage III, IV und V, betreffend Handelsflotte,
Wiederherstellung in Natur und Rohstoffe näher bestimmt ist; immer
mit der Maßgabe, daß der Wert der übertragenen Güter und des von
ihnen gemäß den genannten Anlagen gemachten Gebrauchs, nachdem er in
der dort vorgeschriebenen Weise festgestellt ist, Österreich
gutgeschrieben wird und von den in obigen Artikeln festgesetzten
Verpflichtungen in Abzug kommt.
Artikel 183.
Die jeweiligen Zahlungen Österreichs auf obige Ansprüche
einschließlich der in den vorstehenden Artikeln behandelten werden
von den alliierten und assoziierten Regierungen nach einem von ihnen
im voraus festgesetzten, auf Billigkeit und den Rechten jeder
Regierung beruhenden Verhältnis verteilt.
Bei dieser Verteilung wird der Wert der gemäß Artikel 189 und
Anlage III, IV und V angeführten Kredite in derselben Weise in
Rechnung gestellt wie die im gleichen Jahre bewirkten Zahlungen.
Artikel 184.
Außer den oben vorgesehenen Zahlungen bewirkt Österreich gemäß dem
vom Wiedergutmachungsausschuß bestimmten Verfahren die Rücklieferung
in bar des weggeführten, beschlagnahmten oder sequestrierten
Bargeldes, wie auch die Rücklieferung der weggeführten,
beschlagnahmten oder sequestrierten Tiere, Gegenstände aller Art und
Wertpapiere, falls es möglich ist, sie, sei es auf den Gebieten,
welche Österreich oder seinen Verbündeten bis zur vollständigen
Durchführung des gegenwärtigen Vertrages verbleiben, festzustellen.
Artikel 185.
Die österreichische Regierung verpflichtet sich die in obigem
Artikel 184 vorgesehenen Rücklieferungen unverzüglich durchzuführen
und die in Artikel 179, 180, 181 und 182 vorgesehenen Zahlungen und
Lieferungen zu bewirken.
Artikel 186.
Die österreichische Regierung erkennt den durch Artikel 179
vorgesehenen Ausschuß in der Form an, wie er von den alliierten und
assoziierten Regierungen gemäß Anlage II gebildet werden kann. Sie
gesteht ihm durch den gegenwärtigen Vertrag verliehenen Rechte und
Befugnisse zu. Die österreichische Regierung liefert dem Ausschuß
alle Auskünfte über Finanzlage und Finanzgeschäfte, Güter,
Produktionskraft, Vorräte und laufende Erzeugung von Rohstoffen und
gewerblichen Erzeugnissen Österreichs und seiner Staatsangehörigen;
desgleichen liefert sie jede Auskunft über militärische Operationen
des Krieges 1914 - 1919 deren Kenntnis vom Ausschuß für nötig
erachtet wird. Die österreichische Regierung räumt den Mitgliedern
des Ausschusses sowie deren bevollmächtigten Vertretern alle Rechte
und Immunitäten ein, die die ordnungsmäßig beglaubigten
diplomatischen Vertreter befreundeter Mächte in Österreich genießen.
Österreich übernimmt es ferner, die Bezüge und Kosten des
Ausschusses und des von ihm etwa beschäftigten Personals zu
bestreiten.
Artikel 187.
Österreich sagt zu, alle Gesetze, Erlässe und Verordnungen zu
erlassen, in Kraft zu halten und zu veröffentlichen, die für die
vollständige Erfüllung gegenwärtiger Bestimmungen nötig werden.
Artikel 188.
Die Bestimmungen des gegenwärtigen Teiles des gegenwärtigen
Vertrages berühren in keiner Weise die Bestimmungen der
Abschnitte III und IV des X. Teiles (Wirtschaftliche Bestimmungen)
des gegenwärtigen Vertrages.
Artikel 189.
Auf seine Wiedergutmachungsschuld werden Österreich folgende
Posten gutgeschrieben:
a) Jeder endgültige Saldo zugunsten Österreichs gemäß
Abschnitt III und IV des X. Teiles (Wirtschaftliche
Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrages;
b) alle an Österreich auf Grund der im IX. Teil (Finanzielle
Bestimmungen) und im XII. Teil (Häfen, Wasserwege und
Eisenbahnen) vorgesehenen Abtretungen geschuldeten Summen;
c) alle Summen, die nach dem Urteil des
Wiedergutmachungsausschusses Österreich in Anrechnung auf jede
sonstige durch den gegenwärtigen Vertrag vorgesehene
Übertragung von Eigentum, Rechten, Konzessionen oder anderen
Interessen gutzubringen sind.
Keinesfalls können jedoch die auf Grund des Artikels 184 des
gegenwärtigen Vertrages erfolgten Rücklieferungen Österreich
gutgeschrieben werden.
Artikel 190.
Die Abtretung der österreichischen Unterseekabel ist, mangels
einer besonderen Bestimmung des gegenwärtigen Vertrages, durch die
hier angeschlossene Anlage VI geregelt.
II. Abschnitt.
Besondere Bestimmungen.
Artikel 191.
In Anwendung der Bestimmungen des Artikels 184 verpflichtet sich
Österreich, jeder einzelnen der alliierten und assoziierten Mächte
alle Akten, Urkunden, Altertümer und Kunstgegenstände, sowie alles
wissenschaftliche und bibliographische Material, das aus besetzten
Gebieten weggebracht wurde, zurückzustellen, unbekümmert, ob es dem
Staat, Provinz- oder Gemeindeverwaltungen, Spitälern, der Kirche
oder anderen öffentlichen oder privaten Institutionen gehört.
Artikel 192.
Österreich stellt desgleichen alle Gegenstände der im vorigen
Artikel bezeichneten Art zurück, die nach dem 1. Juni 1914 aus den
abgetretenen Gebieten weggebracht worden sind, ausgenommen jedoch
die von privaten Eigentümern gekauften Gegenstände.
Der Wiedergutmachungsausschuß wird gegebenfalls für diese
Gegenstände die Bestimmungen des Artikels 208 des IX. Teiles des
gegenwärtigen Vertrages (Finanzielle Bestimmungen) anwenden.
Artikel 193.
Österreich stellt jeder der in Betracht kommenden alliierten oder
assoziierten Regierungen alle in Besitz eines seiner öffentlichen
Institute befindlichen Akten, Urkunden und historischen
Aufzeichnungen zurück, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der
Geschichte der abgetretenen Gebiete stehen und während der letzten
zehn Jahre von dort entfernt wurden. Die letzterwähnte Frist reicht,
soweit Italien in Betracht kommt, bis zum Zeitpunkt der
Proklamierung des Königreiches (1861) zurück.
Die aus der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie
entstandenen Staaten und jene Staaten, welche einen Teil des
Gebietes dieser Monarchie erhalten, verpflichten sich ihrerseits,
Österreich alle etwa in den alliierten oder assoziierten Mächten
abgetretenen Gebieten befindlichen Akten, Urkunden und
Schriftstücke, die nicht weiter als 20 Jahre zurückreichen und in
unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschichte und der Verwaltung des
neuen österreichischen Gebietes stehen, zurückzustellen.
Artikel 194.
Österreich erkennt an, daß es gegenüber Italien an die volle
Durchführung der Verpflichtungen gebunden bleibt, die in den
folgenden zwischen Italien und Österreich-Ungarn geschlossenen
Verträgen vorgesehen sind, und zwar im Artikel XV des Vertrages von
Zürich vom 10. November 1859, im Artikel XVIII des Vertrages von
Wien vom 3. Oktober 1866 und in dem Abkommen von Florenz vom
14. Juli 1868, insoweit, als die bezeichneten Artikel tatsächlich
noch nicht vollständig ausgeführt worden wären und als sich die
Urkunden und Gegenstände, auf welche sie sich beziehen, auf dem
Gebiete Österreichs oder seiner Verbündeten befinden.
Artikel 195.
Innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten nach Inkrafttreten
des gegenwärtigen Vertrages hat ein Komitee von drei Juristen, das
vom Wiedergutmachungsausschuß ernannt wird, die Umstände zu prüfen,
unter welchen die im Besitze von Österreich befindlichen und im hier
angeschlossenen Anhang I aufgezählten Gegenstände oder Handschriften
vom Hause Habsburg und von den anderen Häusern, die in Italien
geherrscht haben, weggebracht worden sind.
Falls die genannten Gegenstände oder Handschriften in Verletzung
des Rechtes der Provinzen Italiens fortgebracht worden sind, hat der
Wiedergutmachungsausschuß, auf Grund des Berichtes des obgedachten
Komitees, ihre Rückstellung anzuordnen. Italien und Österreich
verpflichten sich, die Entscheidungen des Ausschusses anzuerkennen.
Belgien, Polen und der Tschecho-Slowakei steht es gleicherweise
frei, Ansprüche auf Rückstellung anzumelden, welche dasselbe Komitee
von drei Juristen prüfen wird, und zwar bezüglich der in den hier
angeschlossenen Anhängen II, III und IV aufgezählten Gegenstände und
Urkunden. Belgien, Polen, die Tschecho-Slowakei und Österreich
verpflichten sich, die Entscheidungen, die vom
Wiedergutmachungsausschuß auf Grund des Berichtes des gedachten
Komitees gefällt werden, anzuerkennen.
Artikel 196.
Was alle Gegenstände künstlerischen, archäologischen,
wissenschaftlichen oder historischen Charakters anbelangt, welche
einen Teil von Sammlungen bilden, die einstmals der Regierung oder
der Krone der österreichisch-ungarischen Monarchie gehörten, und
zwar insofern sie nicht etwa Gegenstand einer anderen Verfügung des
gegenwärtigen Vertrages bilden, verpflichtet sich Österreich:
a) mit den beteiligten Staaten, sobald es darum ersucht wird,
Verhandlungen wegen Abschlusses eines gütlichen Übereinkommens
zu führen, kraft dessen alle jene Teile der genannten
Sammlungen oder alle diejenigen unter den oberwähnten
Gegenständen, die etwa zum Kulturbesitz der abgetretenen
Gebiete gehören sollten - auf Grund der Gegenseitigkeit - in
ihr Ursprungsland zurückgebracht werden können, und
b) von den in Rede stehenden Sammlungen während 20 Jahren nichts
zu veräußern oder zu zerstreuen und keine Verfügung über
irgendeinen der genannten Kunstgegenstände zu treffen, es würde
denn vor Ablauf dieser Frist ein besonderes Übereinkommen
abgeschlossen werden; dagegen deren Sicherheit und gute
Erhaltung zu gewährleisten und dieselben ebenso wie die zu den
genannten Sammlungen gehörigen Inventare, Kataloge und
Verwaltungsschriften zur Verfügung der studierenden irgendeiner
der verbündeten und assoziierten Mächte zu halten.
IX. Teil.
Finanzielle Bestimmungen.
Artikel 197.
Vorbehaltlich aufhebender Bestimmungen, die vom
Wiedergutmachungsauschusse zugestanden werden können, haften der
gesamte Besitz und alle Einnahmequellen Österreichs an erster Stelle
für die Bezahlung der Kosten der Wiedergutmachung und aller anderen
Lasten, die sich aus dem gegenwärtigen Vertrag oder aus allen ihn
ergänzenden Verträgen und Übereinkommen oder aus den zwischen
Österreich und den alliierten und assoziierten Mächten während des
Waffenstillstandes vom 3. November 1918 und seinen Verlängerungen
geschlossenen Abmachungen ergeben.
Bis zum 1. Mai 1921 darf die österreichische Regierung ohne
vorherige Zustimmung der durch den Wiedergutmachungsausschuß
vertretenen alliierten und assoziierten Mächte weder Gold ausführen
oder darüber verfügen, noch seine Ausfuhr oder die Verfügung darüber
gestatten.
Artikel 198.
Österreich trägt die gesamten Unterhaltskosten der alliierten und
assoziierten Heere in den besetzten österreichischen Gebieten, so
wie ihre Grenzen im gegenwärtigen Vertrage bestimmt wurden, von der
Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages vom 3. November 1918
an. Darunter fallen: die Ausgaben für die Ernährung der Personen und
Tiere, für die Einquartierung und Unterbringung, für Sold und andere
Nebengebühren, für Gehälter und Löhne, für Nachtlager, Heizung,
Beleuchtung, Bekleidung, Ausrüstung, Geschirr, Bewaffnung und
rollendes Material, für Flugwesen, Kranken- und
Verwundetenbehandlung, Veterinär- und Remontewesen, das gesamte
Beförderungswesen (wie Eisenbahn-, See- und Flußschiffahrt und
Lastkraftfahrzeuge), Verkehrs- und Nachrichtenwesen, überhaupt für
die Verwaltungs- und technischen Dienstzweige, die für die
Ausbildung der Truppen, die Erhaltung ihrer Bestände und ihrer
militärischen Leistungsfähigkeit erforderlich sind.
Die österreichische Regierung hat den alliierten und assoziierten
Regierungen alle Auslagen der obenbezeichneten Art, soweit sie auf
Käufen und Requisitionen der alliierten und assoziierten Regierungen
in den besetzten Gebieten beruhen, in Kronen oder - zum bestehenden
oder angenommenen Wechselkurse - in jeder andern gesetzlichen
Währung zu bezahlen, die an Stelle der Kronen in Österreich getreten
ist.
Alle anderen obenerwähnten Auslagen sind in der Währung des
Gläubigerstaates zu vergüten.
Artikel 199.
Österreich bestätigt die Übergabe des gesamten an die alliierten
und assoziierten Mächte in Ausführung des Waffenstillstandsvertrages
vom 3. November 1918 und aller späteren Waffenstillstandsabkommen
ausgelieferten Materials und erkennt das Recht der alliierten und
assoziierten Regierungen auf dieses Material an.
Der vom Wiedergutmachungsausschuß bestimmte Schätzwert des
obenbezeichneten Materials wird gegen Abrechnung von den alliierten
und assoziierten Mächten geschuldeten Wiedergutmachungsbeträgen
Österreich gutgeschrieben, wenn der Wiedergutmachungsausschuß mit
Rücksicht auf den nichtmilitärischen Charakter dieses Materials die
Gutschrift zugunsten Österreichs für richtig findet.
Nicht gutgeschrieben wird der österreichischen Regierung das Gut
der alliierten und assoziierten Regierungen oder ihrer
Staatsangehörigen, das auf Grund der Waffenstillstandsverträge in
Natur zurückgegeben oder an Stelle von gleichartigem Material
ausgeliefert worden ist.
Artikel 200.
Die Haftung gemäß Artikel 197 besteht unter dem im letzten Absatz
des gegenwärtigen Artikels erwähnten Vorbehalt in folgender
Reihenfolge:
a) die in Artikel 198 näher aufgeführten Kosten der
Besatzungsheere während des Waffenstillstandes;
b) die in Artikel 198 näher aufgeführten Kosten aller
Besatzungsheere nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages;
c) der Betrag der Wiedergutmachungen, der sich aus dem
gegenwärtigen Vertrag oder den ergänzenden Verträgen und
Übereinkommen ergibt;
d) alle anderen Verpflichtungen Österreichs aus den
Waffenstillstandsabkommen, dem gegenwärtigen Vertrag oder den
ergänzenden Verträgen und Übereinkommen.
Die Kosten der Versorgung Österreichs mit Lebensmitteln und
Rohstoffen und alle von Österreich zu leistenden Zahlungen, soweit
sie von den alliierten und assoziierten Hauptmächten für notwendig
erachtet werden, um Österreich die Erfüllung seiner
Wiedergutmachungsverpflichtung zu ermöglichen, haben Vorrang in dem
Maße und unter den Bedingungen, die von den alliierten und
assoziierten Regierungen festgesetzt worden sind oder noch
festgesetzt werden können.
Artikel 201.
Das Verfügungsrecht jeder einzelnen der alliierten und
assoziierten Mächte über die feindlichen Guthaben und das feindliche
Eigentum, die sich bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages im
Bereich ihrer Hoheitsgewalt befinden, wird durch die vorstehenden
Bestimmungen nicht berührt.
Artikel 202.
Die vorausgehenden Bestimmungen können in keiner Weise die Pfänder
und Hypotheken berühren, welche zugunsten der alliierten und
assoziierten Mächte oder ihrer Staatsangehörigen von der ehemaligen
österreichischen Regierung oder von österreichischen Angehörigen des
ehemaligen Kaisertums Österreich auf ihren Vermögen oder ihren
Einkünften ordnungsmäßig errichtet wurden, sofern die Errichtung
dieser Pfänder und Hypotheken dem Ausbruch des Krieges zwischen
Österreich-Ungarn und jeder der beteiligten Mächte vorausging. Eine
Ausnahme besteht nur insoweit, als in den Bestimmungen des
gegenwärtigen Vertrages oder der Zusatzverträge und
Zusatzvereinbarungen Modifikationen dieser Pfänder oder Hypotheken
ausdrücklich vorgesehen sind.
Artikel 203.
1. Jeder der Staaten, denen ein Gebiet der ehemaligen
österreichischen Monarchie übertragen wird oder die aus dem Zerfall
dieser Monarchie entstanden sind, einschließlich Österreichs, muß
einen Teil der auf Eisenbahnen, Salzbergwerken oder anderen Vermögen
besonders sichergestellten Schulden der alten österreichischen
Regierung nach dem Stande vom 28. Juli 1914 übernehmen. Von jedem
Stande ist derjenige Teil der sichergestellten Schuld zu übernehmen,
welcher nach Ansicht des Wiedergutmachungsausschusses auf die
Eisenbahnen, Salzbergwerke und andere Güter entfällt, welche nach
dem gegenwärtigen Vertrage oder nach Zusatzverträgen oder
Zusatzübereinkommen dem betreffenden Staate abgetreten werden.
Der Betrag der Verpflichtung, die von jedem Staate, mit Ausnahme
Österreichs, von der sichergestellten Schuld zu übernehmen ist, wird
vom Wiedergutmachungsausschuß nach Grundsätzen bestimmt, die er für
billig hält. Der derart ermittelte Wertbetrag wird von der Summe
abgezogen, welche der betreffende Staat an Österreich schuldet für
solches Vermögen und Eigentum der ehemaligen oder gegenwärtigen
österreichischen Regierung, das er zugleich mit übertragenem Gebiet
erworben hat. Jeder Staat hat nur für denjenigen Teil der
sichergestellten Schuld aufzukommen, die er im Sinne des
gegenwärtigen Artikels übernimmt. Die Inhaber des von einem Staate
übernommenen Teiles der sichergestellten Schuld haben gegen andere
Staaten keinen Anspruch.
Das Vermögen, welches speziell der Sicherstellung der in diesem
Artikel erwähnten Schulden gewidmet war, bleibt für die
Sicherstellung der neuen Schulden besonders gewidmet. Aber in dem
Falle, in dem der gegenwärtige Vertrag eine Aufteilung dieser
Vermögensstücke unter mehrere Staaten zur Folge hätte, dient der auf
dem Gebiete des einen dieser Staaten gelegene Teil dieses Vermögens
nur für den von dem betreffenden Staate übernommenen Teil der Schuld
mit Ausschluß der übrigen Teile der Schuld als Pfand.
Bei der Anwendung des gegenwärtigen Artikels werden als
sichergestellte Schulden die von der ehemaligen österreichischen
Regierung übernommenen Zahlungsverpflichtungen betrachtet, die sich
auf den Ankauf von Eisenbahnlinien oder von gleichartigem Vermögen
beziehen. Die Verteilung der sich aus diesen Verpflichtungen
ergebenden Lasten wird vom Wiedergutmachungsausschuß in derselben
Weise wie für die sichergestellten Schulden bestimmt werden.
Die Schulden, welche nach dem gegenwärtigen Artikel übertragen
werden, haben in dem Falle als die ursprüngliche Schuld auf
österreichisch-ungarisches Papiergeld lautete, auf die Währung
desjenigen Staates zu lauten, der die Schuld übernimmt. Für die
Konversion wird derjenige Kurs maßgebend sein, zu dem der die Schuld
übernehmende Staat zuerst die österreichisch-ungarischen Kronennoten
gegen seine eigene Währung umgetauscht hat. Die Basis der Umwandlung
der österreichisch-ungarischen Kronennoten in die Währung, auf
welche die Titres lauten werden, ist dem Wiedergutmachungsausschuß
zur Genehmigung mitzuteilen; dieser kann, wenn er es für angemessen
findet, verlangen, daß der Staat, welcher diese Umwandlung vornimmt,
die Bedingungen modifiziert. Eine solche Modifikation wird nur
verlangt werden, wenn der Ausschuß der Ansicht ist, daß der Wert der
Währung oder der Währungen, welche der Nominalwährung der alten
Titres zu substituieren sind, nach den Wechselkursen zum Zeitpunkte
der Konversion erheblich niedriger ist, als der Wert der
ursprünglichen Währung.
Wenn die ursprüngliche österreichische Schuld auf eine oder
mehrere fremde Währungen lautete, hat auch die neue Schuld auf
dieselbe oder auf dieselben Währungen zu lauten.
Wenn die ursprüngliche österreichische Schuld auf
österreichisch-ungarische Goldeinheiten lautete, so hat die neue
Schuld auf äquivalente Beträge in Goldpfunden und Golddollars der
Vereinigten Staaten von Amerika zu lauten, nach Gewicht und
Feingehalt der drei Währungsmünzen gemäß den am 1. Jänner 1914 in
Geltung gestandenen gesetzlichen Bestimmungen.
In dem Falle als die alten Titres ausdrücklich oder
stillschweigend die Wahl eines bestimmten Umrechnungskurses
freistellen oder irgend ein anderes Umrechnungsrecht einräumen,
haben die neuen Titres die gleichen Vorteile zu bieten.
2. Jeder der Staaten, denen ein Gebiet der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen wird oder die aus
dem Zerfall dieser Monarchie entstanden sind, einschließlich
Österreichs, hat einen Teil der nicht sichergestellten und durch
Titres repräsentierten Schuld der alten österreichischen Regierung
nach dem Stande vom 28. Juli 1914 zu übernehmen. Dieser Teil
wird - unter Zugrundelegung des Durchschnittes der drei
Finanzjahre 1911, 1912 und 1913 - auf der Basis des Verhältnisses
berechnet, das sich zwischen bestimmten Einkünften des abgetretenen
Gebietes und den entsprechenden Gesamteinkünften des alten
österreichischen Gesamtgebietes ergibt, und zwar solchen Einkünften,
die nach Ansicht des Wiedergutmachungsausschusses die geeignetsten
sind, um für die betreffende Leistungsfähigkeit dieser Gebiete einen
gerechten Maßstab abzugeben. Die Einkünfte Bosniens und der
Herzegowina werden bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt.
Die im gegenwärtigen Artikel festgesetzte Verpflichtung bezüglich
der durch Titres repräsentierten Schuld ist unter den in der Anlage
festgesetzten Modalitäten zu erfüllen.
Die österreichische Regierung hat allein für alle von der
ehemaligen österreichischen Regierung vor dem 28. Juli 1914
übernommenen Verpflichtungen aufzukommen, die nicht durch die im
gegenwärtigen Vertrage ausdrücklich bezeichneten Rententitres,
Gutscheine, Obligationen, Wertpapiere und Noten repräsentiert
werden.
Keine der Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels und seiner
Anlage finden auf die von der österreichischen Regierung bei der
Oesterreichisch-Ungarischen Bank behufs Deckung der Notenemission
erlegten Schuldtitres der ehemaligen österreichischen Regierung
Anwendung.
Artikel 204.
1. Wenn die neuen Grenzen, so wie sie durch den gegenwärtigen
Vertrag bestimmt werden, einen Verwaltungsbezirk durchschneiden, der
als solcher mit einer ordnungsmäßig begründeten öffentlichen Schuld
belastet war, so übernimmt jeder der neuen Teile des betreffenden
Verwaltungsbezirkes einen Teil dieser Schuld, der durch den
Wiedergutmachungsausschuß nach den durch Artikel 203 für die
Aufteilung der Staatsschulden festgelegten Grundsätzen bestimmt
wird. Die Durchführung wird durch den Wiedergutmachungsausschuß
geregelt.
2. Die öffentliche Schuld Bosniens und der Herzegowina gilt als
Schuld eines Verwaltungsbezirkes und nicht als öffentliche Schuld
der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie.
Artikel 205.
Innerhalb einer zweimonatigen Frist nach Inkraftsetzung des
Vertrages hat jeder der Staaten, welchem ein Gebiet der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen wurde oder welcher
aus dem Zerfalle dieser Monarchie entstanden ist, einschließlich
Österreichs, wenn er es noch nicht getan hat, die verschiedenen
Titres, welche dem auf seinem Gebiete befindlichen Anteil an der vor
dem 31. Oktober 1918 gesetzmäßig begebenen durch Titres
repräsentierten Kriegsschuld der ehemaligen österreichischen
Regierung entsprechen, mit einem besonderen Stempel abzustempeln.
Die derart abgestempelten Wertpapiere sind gegen Zertifikate
einzutauschen und aus dem Verkehre zu ziehen; ihre Nummern sind
festzustellen und sie selbst werden samt allen auf den Umtausch
bezughabenden Akten dem Wiedergutmachungsausschuß übergeben.
Die von einem Staat unter den im gegenwärtigen Artikel
vorgesehenen Bedingungen vorgenommene Abstempelung und Ersetzung der
Titres durch Zertifikate begründet für diesen Staat keine
Verpflichtung, damit irgendeine Last zu übernehmen oder
anzuerkennen, wofern er nicht selber den Abstempelungs- und
Ersatzoperationen ausdrücklich diese Bedeutung gegeben hat.
Die oberwähnten Staaten, ausschließlich Österreichs, sind mit
keinerlei Verpflichtung aus dem Titel der Kriegsschuld der
ehemaligen österreichischen Regierung belastet, wo immer sich die
Titres dieser Schuld befinden; jedoch können weder die Regierungen
noch die Angehörigen dieser Staaten in keinem Falle aus Titres der
Kriegsschuld, die ihnen oder ihren Staatsangehörigen gehören,
Ansprüche gegen andere Staaten, einschließlich Österreichs, stellen.
Die österreichische Regierung allein hat für denjenigen Teil der
Kriegsschuld der ehemaligen österreichischen Regierung aufzukommen,
der vor der Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrages den
Angehörigen oder den Regierungen von Staaten gehörte, denen kein
Gebiet der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie
zugewiesen ist; die oberwähnten anderen Staaten haften in keiner
Weise für diesen Teil der Kriegsschuld.
Die Bestimmungen dieses Artikels finden keine Anwendung auf die
Titres der österreichischen Regierung, welche durch die bei der
Oesterreichisch-Ungarischen Bank als Deckung für die von dieser Bank
ausgegebenen Noten hinterlegt worden sind.
Die gegenwärtige österreichische Regierung hat allein für die
während des Krieges von der ehemaligen österreichischen Regierung
aufgenommenen Schulden aufzukommen, die nicht durch die im
gegenwärtigen Vertrage ausdrücklich bezeichneten Rententitel,
Gutscheine, Obligationen, Wertpapiere und Noten repräsentiert sind.
Artikel 206.
1. Innerhalb einer zweimonatigen Frist nach Inkraftsetzung des
gegenwärtigen Vertrages haben die Staaten, denen ein Gebiet der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen wurde
oder die aus dem Zerfall dieser Monarchie entstanden sind,
einschließlich Österreichs und des gegenwärtigen Ungarn, wenn sie es
noch nicht getan haben, die auf ihren Gebieten befindlichen Noten
der Oesterreichisch-Ungarischen Bank mit einem besonderen Stempel
abzustempeln.
2. Innerhalb einer zwölfmonatigen Frist nach Inkraftsetzung des
gegenwärtigen Vertrages haben die Staaten, denen ein Gebiet der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen wurde
oder die aus dem Zerfall dieser Monarchie entstanden sind,
einschließlich Österreichs und des gegenwärtigen Ungarn, die nach
der obigen Bestimmung abgestempelten Noten zu den von ihnen selbst
festzusetzenden Bedingungen durch ihr eigenes Geld oder durch neues
Geld zu ersetzen.
3. Die Regierungen der Staaten, welche die Konversion der Noten
der Oesterreichisch-Ungarischen Bank, sei es durch Abstemplung, sei
es durch Emission eigener oder neuer Geldzeichen, bereits
durchgeführt haben und die hierbei alle oder einen Teil dieser Noten
aus dem Verkehr gezogen haben, ohne sie abzustempeln, haben die so
eingezogenen Noten entweder abzustempeln oder sie zur Verfügung des
Wiedergutmachungsausschusses zu halten.
4. Innerhalb einer vierzehnmonatigen Frist nach Inkraftsetzung des
gegenwärtigen Vertrages haben die Regierungen, welche gemäß den
Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages die Noten der
Oesterreichisch-Ungarischen Bank gegen eigene oder neue Geldzeichen
umgetauscht haben, diese anläßlich des Umtausches aus dem Verkehr
gezogenen Noten der Oesterreichisch-Ungarischen Bank, abgestempelt
oder nicht, dem Wiedergutmachungsausschusse zu übergeben.
5. Der Wiedergutmachungsausschuß verfügt über die ihm in Ausführung
des gegenwärtigen Artikels übergebenen Noten gemäß den Bestimmungen
der nachstehenden Anlage.
6. Die Liquidierungstätigkeit der Oesterreichisch-Ungarischen Bank
wird von dem der Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrages
nachfolgenden Tag datieren.
7. Die Liquidation wird durch Kommissäre durchgeführt, die vom
Wiedergutmachungsausschusse ernannt werden. Bei dieser Liquidation
haben die Kommissäre die Statuten und im allgemeinen die geltenden
auf den Betrieb der Bank bezughabenden Vorschriften zu beobachten,
ohne daß hierbei die Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels
verletzt werden. Falls sich über die Auslegung der durch die
Bankstatuten festgesetzten Liquidationsnormen Zweifel ergeben, wird
die Meinungsverschiedenheit dem Wiedergutmachungsausschusse oder
einem von ihm ernannten Schiedsrichter unterbreitet. Die
Entscheidung ist inappellabel.
8. Die von der Bank nach dem 27. Oktober 1918 ausgegebenen Noten
sind ausschließlich durch die bei der Bank zur Deckung dieser Noten
hinterlegten Schuldverschreibungen der ehemaligen oder gegenwärtigen
österreichischen und ungarischen Regierung gedeckt. Dagegen steht
den Inhabern dieser Noten kein Recht auf die übrigen Aktiven der
Bank zu.
9. Die Inhaber der von der Bank bis einschließlcih
27. Oktober 1918 ausgegebenen Noten, soweit diese Noten nach den
Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels den Voraussetzungen für die
Zulassung zur Liquidation entsprechen, haben ein gleiches Recht auf
das gesamte Aktivum der Bank; die von der ehemaligen oder
gegenwärtigen österreichischen und ungarischen Regierung zur Deckung
der verschiedenen Notenemissionen ausgegebenen und hinterlegten
Titres werden nicht als Bestandteil dieses Aktivums angesehen.
10. Die seitens der ehemaligen oder gegenwärtigen österreichischen
und ungarischen Regierung zur Deckung der bis einschließlich
27. Oktober 1918 ausgegebenen Noten bei der Bank erlegten Titres
werden für ungültig erklärt, so weit sie Noten entsprechen, die auf
dem Gebiete der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, in
ihrem Bestande vom 28. Juli 1914, seitens solcher Staaten
konvertiert wurden, denen solches Gebiet übertragen wurde oder die
aus dem Zerfall dieser Monarchie entstanden sind, einschließlich
Österreichs und des gegenwärtigen Ungarn.
11. Die seitens der ehemaligen oder gegenwärtigen österreichischen
und der ungarischen Regierung zur Deckung der bis einschließlich
27. Oktober 1918 emittierten Noten hinterlegten Titres, die nicht
gemäß § 10 des gegenwärtigen Artikels annulliert worden sind, haften
weiter bis zu einem entsprechenden Betrag für die Noten dieser
Emissionen, welche sich am 15. Juli 1919 außerhalb der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie befanden. Dazu gehören mit
Ausschluß aller anderen Noten: 1. die seitens der Sukzessionsstaaten
in in ihrem außerhalb der ehemaligen Monarchie gelegenen Gebiete
gesammelten und dem Wiedergutmachungsausschuß gemäß § 4 übergebenen
Noten; 2. die von irgendeinem anderen Staate gesammelten und gemäß
den Bestimmungen der nachstehenden Anlage den Liquidationskommissären
der Bank präsentierten Noten.
12. Die Inhaber aller übrigen bis einschließlich 27. Oktober 1918
ausgegebenen Noten haben keinerlei Recht weder auf die seitens der
ehemaligen oder gegenwärtigen Notendeckung erlegten
Schuldverschreibungen noch überhaupt auf das Aktivum der Bank. Die
Titres, welche auf Grund der Bestimmungen der §§ 10 und 11 weder
vernichtet noch verwendet wurden, werden annulliert.
13. Die Regierungen Österreichs und des gegenwärtigen Ungarn
übernehmen allein für ihre Anteile, mit Ausschluß aller anderen
Staaten, die Haftung für die ehemalige oder gegenwärtige
österreichische und ungarische Regierung als Notendeckung bei der
Bank hinterlegten Titres, so weit diese nicht annulliert wurden.
14. Die Inhaber der Noten der Oesterreichisch-Ungarischen Bank
haben für Verluste, die sie etwa bei der Liquidation der Bank
erleiden, keinen Anspruch gegen die Regierung Österreichs und des
gegenwärtigen Ungarn oder gegen irgendeine andere Regierung.
Artikel 207.
Bezüglich der auf seinem Gebiete befindlichen Scheidemünzen der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie hat jeder der
Staaten, denen ein Gebiet der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie übertragen wurde, oder die aus dem Zerfall dieser
Monarchie entstanden sind, einschließlich Österreichs, volle
Gebarungsfreiheit.
Keinesfalls können diese Staaten wegen der bei ihnen befindlichen
Scheidemünzen auf eigene Rechnung oder auf Rechnung ihrer
Staatsangehörigen irgendwelche Ansprüche gegen andere Staaten
stellen.
Artikel 208.
Die Staaten, denen ein Gebiet der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen wurde oder die aus
dem Zerfall dieser Monarchie entstanden sind, erwerben alles Gut und
alles Eigentum das der ehemaligen oder der gegenwärtigen
österreichischen Regierung gehörte und auf ihren Gebieten gelegen
ist.
Im Sinne des gegenwärtigen Artikels gehören zum Besitz und
Eigentum der ehemaligen oder gegenwärtigen österreichischen
Regierung: das Vermögen des ehemaligen österreichischen
Kaiserreiches, der Anteil dieses Reiches an dem gemeinsamen Besitz
der österreichisch-ungarischen Monarchie, alle Krongüter sowie das
Privatvermögen der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Herrscherfamilie.
Auf die außerhalb ihrer Gebiete befindlichen Vermögenschaften und
Eigentumsobjekte der ehemaligen oder gegenwärtigen österreichischen
Regierung können jedoch diese Staaten keinerlei Anspruch erheben.
Der Wiedergutmachungsausschuß bestimmt den Wert des seitens der
verschiedenen Staaten, ausschließlich Österreichs, erworbenen
Besitzes und Eigentums; diese Werte werden dem übernehmenden Staate
angelastet und der Republik Österreich in Anrechnung auf die
Wiedergutmachungsschuld gutgeschrieben. Vom Werte des solcherart
erworbenen öffentlichen Besitzes hat der Wiedergutmachungsausschuß
weiters einen Betrag abzuziehen, welcher dem Beitrag entspricht, den
Provinzen, Gemeinden oder andere lokale Selbstverwaltungskörper für
diesen Besitz in Geld, Grund und Boden oder Materialien unmittelbar
geleistet haben.
Wenn ein Staat gemäß dem gegenwärtigen Artikel etwas übernimmt, so
wird unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 203 über die
sichergestellte Schuld von dem Österreich gutgeschriebenen und
diesem Staate nach dem vorangehenden Absatze angelasteten Betrag
diejenige Quote der diesem Staate gemäß Artikel 203 angelasteten
nicht sichergestellten Schuld der alten österreichischen Regierung
abgezogen, der nach Ermessen des Wiedergutmachungsausschusses den
auf die übernommenen Besitztümer und Eigentumsobjekte gemachten
Aufwendungen entspricht. Der Wiedergutmachungsausschuß wird die Höhe
des Abzuges nach billigem Ermessen bestimmen.
Unter Besitz und Eigentum der ehemaligen oder gegenwärtigen
österreichischen Regierung ist ein Anteil des wie immer Namen
habenden Immobiliarbesitzes in Bosnien-Herzegowina zu rechnen, für
welchen die Regierung der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie gemäß Artikel 5 des Abkommens vom 26. Februar 1909
2 1/2 Millionen türkische Pfund an die ottomanische Regierung
gezahlt hat. Dieser Anteil hat dem Beitrage des ehemaligen
Kaisertums Österreich zu der bezeichneten Zahlung zu entsprechen.
Der vom Wiedergutmachungsausschuß eingeschätzte Wert dieses Anteils
ist Österreich auf Wiedergutmachungskonto gutzuschreiben.
Abweichend von obigen Bestimmungen sind ohne Bezahlung zu
übertragen:
1. Besitz und Eigentum der Länder Gemeinden und anderen lokalen
Selbstverwaltungskörper der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie sowie der Besitz und das Eigentum in Bosnien-Herzegowina,
die nicht dieser Monarchie gehörten.
2. Die der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie
gehörenden Schulen und Spitäler.
3. Die dem ehemaligen Königreich Polen gehörenden Waldungen.
Außerdem können mit Ermächtigung des Wiedergutmachungsausschusses
die im ersten Absatz bezeichneten Staaten, denen Gebiete übertragen
wurden, alle Immobilien oder andere in den betreffenden Gebieten
gelegene Güter, welche früher den Königreichen Böhmen, Polen oder
Kroatien-Slawonien-Dalmatien oder Bosnien-Herzegowina oder den
Republiken Ragusa oder Venedig oder den Fürstbistümern Trient oder
Brixen gehörten, ohne Zahlung erwerben, sofern ihr hauptsächlicher
Wert in historischen Erinnerungen besteht, die sich an das Objekt
knüpfen.
Artikel 209.
Österreich verzichtet für sein Teil auf jedwede Vertretung oder
Beteiligung bei der Verwaltung und Beaufsichtigung von Kommissionen,
staatlichen Vertretungen und Staatsbanken und jede Vertretung oder
Beteiligung bei sonstigen internationalen finanziellen und
wirtschaftlichen Aufsichts- oder Verwaltungseinrichtungen in
irgendeinem der alliierten und assoziierten Staaten, in Deutschland,
in Ungarn, in Bulgarien oder in der Türkei oder in den Besitzungen
und zugehörigen Gebieten der genannten Staaten sowie im ehemaligen
russischen Kaiserreich, die ihm oder seinen Staatsangehörigen durch
Verträge, Übereinkommen oder Abmachungen irgendwelcher Art bislang
zugesichert waren.
Artikel 210.
1. Österreich verpflichtet sich, innerhalb eines Monats nach
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages, die bei der
Oesterreichisch-Ungarischen Bank auf den Namen des Verwaltungsrates
der ottomanischen Staatsschuldenverwaltung als Unterlage für die
erste Papiergeldausgabe der türkischen Regierung in Gold hinterlegte
Summe den von den alliierten und assoziierten Hauptmächten zu
bezeichnenden Behörden auszuantworten.
2. Österreich verzichtet seinerseits auf alle Vorteile an den
Bestimmungen der Verträge von Bukarest und Brest-Litowsk und der
ihrer Zusatzverträge. Die Vorschrift des Artikel 244, X. Teil
(Wirtschaftliche Bestimmungen), des gegenwärtigen Vertrages bleibt
unberührt.
Es verpflichtet sich, alles, was es an Zahlungsmitteln, Bargeld,
Werten, begebbaren Handelspapieren oder Erzeugnissen auf Grund der
vorgenannten Verträge erhalten hat, je nachdem auf Rumänien oder auf
die alliierten und assoziierten Hauptmächte zu übertragen.
3. Die Art und Wiederverwendung aller auf Grund der Bestimmungen
des gegenwärtigen Artikels zu zahlenden Barbeträge und die zu
liefernden oder zu übertragenden Zahlungsmittel, Werte und
Erzeugnisse aller Art wird von den alliierten und assoziierten
Hauptmächten später bestimmt.
4. Österreich verpflichtet sich, die im Artikel 259, Absatz 5, des
am 28. Juni 1919 zu Versailles zwischen den verbündeten und
assoziierten Mächten und Deutschland geschlossenen Friedensvertrages
vorgesehenen Goldübertragungen sowie im Artikel 261 desselben
Vertrages behandelten Übertragungen von Forderungen anzuerkennen.
Artikel 211.
Unbeschadet des durch Österreich auf Grund anderer Bestimmungen
des gegenwärtigen Vertrages ausgesprochenen Verzichtes auf eigene
Rechte oder auf Rechte seiner Staatsangehörigen kann der
Wiedergutmachungsausschuß binnen einem Jahre nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages fordern, daß Österreich alle Rechte oder
Beteiligungen seiner Staatsangehörigen an allen Unternehmungen von
öffentlichem Interesse oder an allen Konzessionen in Rußland, in der
Türkei, in Deutschland, Ungarn oder Bulgarien, oder in den
Besitzungen und zugehörigen Gebieten dieser Staaten, oder in einem
Gebiete, das früher zu Österreich oder seinen Verbündeten gehört hat
und auf Grund eines mit den alliierten und assoziierten Mächten
geschlossenen Vertrages von Österreich oder seinen Verbündeten
abgetreten oder unter die Verwaltung eines Mandatars treten muß,
erwerbe. Andrerseits muß Österreich innerhalb einer Frist von sechs
Monaten nach Geltendmachung dieser Forderung die Gesamtheit dieser
Rechte und Beteiligungen sowie alle ähnlichen Rechte und
Beteiligungen, die die ehemalige oder jetzige österreichische
Regierung etwa selbst besitzt, dem Wiedergutmachungsausschuß
übertragen.
Österreich übernimmt die Verpflichtung, seine auf diese Weise
enteigneten Staatsangehörigen zu entschädigen. Der
Wiedergutmachungsausschuß setzt den Wert der übertragenen Rechte und
Beteiligungen fest und schreibt Österreich die entsprechenden Summen
auf die Wiedergutmachungsschuld gut. Österreich hat dem
Wiedergutmachungsausschuß binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten
des gegenwärtigen Vertrages eine Liste aller in Betracht kommenden
Rechte und Beteiligungen zu übermitteln, einerlei, ob die Rechte und
Beteiligungen bereits erworben oder nur Anwartschaften oder noch
nicht ausgeübt sind, und zugunsten der verbündeten und assoziierten
Regierungen sowohl in seinem eigenen Namen wie in dem seiner
Staatsangehörigen auf alle obigen Rechte und Beteiligungen, die in
der vorgenannten Liste etwa nicht verzeichnet sind, zu verzichten.
Artikel 212.
Österreich verpflichtet sich, die deutsche, ungarische,
bulgarische oder türkische Regierung bei der Erwerbung aller Rechte
und Beteiligungen von deutschen, ungarischen, bulgarischen oder
türkischen Staatsangehörigen an einem öffentlichen Unternehmen oder
an einer Konzession in Österreich, die vom Wiedergutmachungsausschuß
auf Grund der zwischen den alliierten und assoziierten Mächten und
der deutschen, ungarischen, bulgarischen oder türkischen Regierung
abgeschlossenen Friedensverträge, Verträge oder ergänzende Abkommen
etwa in Anspruch genommen werden könnten, in keiner Weise zu
behindern.
Artikel 213.
Österreich verpflichtet sich, auf die alliierten und assoziierten
Mächte seine gesamten Forderungen oder Rechte auf Wiedergutmachungen
zugunsten der ehemaligen oder der gegenwärtigen österreichischen
Regierung gegenüber Deutschland, Ungarn, Bulgarien oder der Türkei
und insbesondere alle Forderungen oder Rechte auf
Wiedergutmachungen, die sich aus der Erfüllung der seit dem
28. Juli 1914 bis zum Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
eingegangenen Verpflichtungen ergeben oder ergeben werden, zu
übertragen.
Der Wert dieser Forderungen oder Rechte auf Wiedergutmachung wird
vom Wiedergutmachungsausschuß festgestellt und Österreich auf
Rechnung der aus dem Titel der Wiedergutmachungen geschuldeten
Beträge gutgeschrieben werden.
Artikel 214.
Abgesehen von gegenteiligen Bestimmungen des gegenwärtigen
Vertrages oder ergänzender Verträge und Abkommen ist jede
Barzahlungsverpflichtung aus dem gegenwärtigen Vertrage in
österreichisch-ungarischen Goldkronen nach Wahl des Gläubigers zu
erfüllen in Pfund Sterling zahlbar London, Golddollars der
Vereinigten Staaten von Amerika zahlbar New York, Goldfranken
zahlbar Paris oder Goldlire zahlbar Rom.
Bei Ausführung des gegenwärtigen Artikels bestimmt sich Gewicht
und Feingehalt für die oben genannten Münzen jeweils nach den am
1. Jänner 1914 in Geltung gewesenen gesetzlichen Vorschriften.
Artikel 215.
Alle finanziellen Regelungen, die durch die Zerstückelung der
früheren österreichisch-ungarischen Monarchie und durch die
Reorganisation der Staatsschulden und der Währung auf Grund der in
den vorgesehenen Artikeln vorgehenden Bestimmungen notwendig
geworden sind, werden durch ein Übereinkommen der verschiedenen
beteiligten Regierungen so geregelt werden, daß die bestmögliche und
gerechteste Behandlung aller Teile sichergestellt wird. Diese
Regelungen betreffen unter anderen die Banken,
Versicherungsanstalten, Sparkassen, Postsparkassen,
Bodenkreditanstalten, Hypothekarinstitute und alle anderen ähnlichen
Institute, die auf dem Gebiete der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie ihre Tätigkeit ausüben. Im
Falle als die erwähnten Regierungen zu keiner Übereinkunft über
diese Finanzprobleme gelangen könnten oder als eine Regierung der
Ansicht wäre, daß ihre Staatsangehörigen einer unbilligen Behandlung
ausgesetzt sind, wird der Wiedergutmachungsausschuß über Ersuchen
einer der beteiligten Regierungen einen oder mehrere Schiedsrichter
ernennen, gegen deren Entscheidung eine Berufung nicht stattfindet.
Artikel 216.
Die Bezugsberechtigten von Zivil- oder Militärpensionen des
ehemaligen österreichischen Staates, die auf Grund des gegenwärtigen
Vertrages, sei es als Staatsangehörige eines anderen Staates als
Österreichs anerkannt sind, sei es zu solchen Staatsangehörigen
werden, können aus dem Titel ihrer Pension keine Ansprüche an die
österreichische Regierung stellen.
Teil X.
Wirtschaftliche Bestimmungen.
Abschnitt I.
Handelsbeziehungen.
Kapitel I.
Zollregelung, Zollabgaben und Zollbeschränkungen.
Artikel 217.
Österreich verpflichtet sich, die Waren, Natur- oder
Gewerbserzeugnisse irgendeines der alliierten oder assoziierten
Staaten bei der Einfuhr in das österreichische Gebiet ohne Rücksicht
auf den Abgangsort keinen anderen oder höheren Gebühren oder
Abgaben, einschließlich der inneren Steuern, zu unterwerfen als
denen, welchen die gleichen Waren, Natur- oder Gewerbserzeugnisse
irgendeines anderen der genannten Staaten oder irgendeines anderen
fremden Landes unterworfen sind.
Österreich darf gegen die Einfuhr von Waren, Natur- oder
Gewerbserzeugnissen der Gebiete irgendeines der alliierten oder
assoziierten Staaten bei der Einfuhr in das österreichische Gebiet,
ohne Rücksicht auf den Abgangsort, keinerlei Verbote oder
Beschränkungen beibehalten oder erlassen, die sich nicht in gleicher
Weise auf die Einfuhr der gleichen Waren, Natur- oder
Gewerbserzeugnisse irgendeines anderen der genannten Staaten oder
irgendeines anderen fremden Landes erstrecken.
Artikel 218.
Österreich verpflichtet sich ferner, in seinen Grundsätzen für die
Regelung der Einfuhr keine unterschiedliche Behandlung zum Nachteil
des Handels irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten
gegenüber irgendeinem anderen der genannten Staaten oder irgendeinem
anderen fremden Lande eintreten zu lassen, auch nicht mittelbar etwa
durch seine Zollverwaltungs- oder Zollabfertigungsvorschriften,
seine Untersuchungs- oder Analysiermethoden, seine
Zahlungsvorschriften für die Gebühren, seine Tarifierungs- oder
Tarifauslegungsgrundsätze oder durch Monopole.
Artikel 219.
Was die Ausfuhr betrifft, so verpflichtet sich Österreich, Waren,
Natur- oder Gewerbserzeugnisse bei der Ausfuhr aus dem
österreichischen Gebiet nach den Gebieten irgendeines der alliierten
oder assoziierten Staaten keinen anderen oder höheren Gebühren oder
Abgaben, einschließlich der inneren Steuern, zu unterwerfen als
denen, die für die gleichen Waren bei der Ausfuhr nach irgendeinem
anderen der genannten Staaten oder nach irgendeinem fremden Lande
entrichtet werden.
Österreich darf gegen die Ausfuhr irgendwelcher Waren aus dem
österreichischen Gebiete nach irgendeinem der alliierten oder
assoziierten Staaten keinerlei Verbote oder Beschränkungen
beibehalten oder erlassen, die sich nicht in gleicher Weise auf die
Ausfuhr der gleichen Waren, Natur- oder Gewerbserzeugnisse nach
irgendeinem anderen der genannten Staaten oder nach irgendeinem
anderen fremden Lande erstrecken.
Artikel 220.
Alle Beschränkungen, Befreiungen oder Vorzugsrechte in bezug auf
die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr von Waren, die von Österreich
irgendeinem der alliierten oder assoziierten Staaten oder
irgendeinem anderen fremden Lande eingeräumt werden, treten
gleichzeitig und bedingungslos ohne besonderen Antrag und ohne
Gegenleistung für sämtliche alliierten oder assoziierten Staaten in
Geltung.
Artikel 221.
Entgegen den Bestimmungen des Artikels 286 des XII. Teiles (Häfen,
Wasserwege und Eisenbahnen) des gegenwärtigen Vertrages und während
eines Zeitraumes von drei Jahren, vom Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages an gerechnet, genießen die durch Häfen, die
sich vor dem Kriege auf den Gebieten der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie befanden, nach Österreich
eingeführten Waren Zollermäßigungen in proportionellem Verhältnis zu
den auf diese Waren nach dem österreichisch-ungarischem Zolltarif
vom 13. Februar 1906 bei ihrer Einfuhr über die genannten Häfen zur
Anwendung gelangten Ermäßigungen.
Artikel 222.
Ungeachtet der Bestimmungen der Artikel 219 bis 220 erklären die
verbündeten und assoziierten Mächte, sich nicht auf diese
Bestimmungen berufen zu wollen, um sich die Vorteile aus einem
etwaigen Sonderübereinkommen zwischen der österreichischen Regierung
einerseits und jener Ungarns oder des tschecho-slowakischen Staates
andrerseits zu sichern, welches ein besonderes Zollregime zugunsten
gewisser in diesem Übereinkommen spezifizierter Naturprodukte oder
gewerblicher Erzeugnisse, die aus diesen Ländern stammen und aus
ihnen herkommen, errichtet, sofern die Dauer dieses Übereinkommens
nicht mehr als fünf Jahre, von dem Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages an gerechnet, beträgt.
Artikel 223.
Während einer Frist von sechs Monaten nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages dürfen die von Österreich auf die Einfuhr
der alliierten und assoziierten Mächte gelegten Abgaben nicht höher
sein als die vorteilhaftesten Sätze, die für die Einfuhr in die
ehemalige österreichisch-ungarische Monarchie am 28. Juli 1914 in
Anwendung waren.
Diese Bestimmung bleibt noch während eines weiteren Zeitraumes von
30 Monaten nach Ablauf der ersten sechs Monate ausschließlich für
die Einfuhr von frischen und trockenen Früchten, frischen Gemüsen,
Olivenöl, Eiern, von Schweinen und Selchwaren und von lebendem
Geflügel in Anwendung, und zwar in dem Ausmaß, als diese Erzeugnisse
im vorbenannten Zeitpunkt (28. Juli 1914) durch mit den alliierten
oder assoziierten Mächten geschlossene Verträge festgesetzte
Vertragstarife genossen.
Artikel 224.
1. Die Tschecho-Slowakei und Polen verpflichten sich, während der
Dauer von 15 Jahren vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an
die Ausfuhr der Erzeugnisse der auf ihren Gebieten gelegenen
Kohlenbergwerke nach Österreich mit keinerlei Ausfuhrzöllen noch mit
irgendwelchen anderen oder höheren Abgaben oder
Ausfuhrbeschränkungen zu belasten, als denen, die derselben Ausfuhr
nach irgendeinem anderen Lande auferlegt werden.
2. Besondere Vereinbarungen werden zwischen der Tschecho-Slowakei,
Polen und Österreich, betreffend die gegenseitige Lieferung von
Kohlen und Rohstoffen geschlossen werden.
3. Die Tschecho-Slowakei und Polen verpflichten sich bis zum
Abschluß dieser Übereinkommen, keinesfalls aber länger als für drei
Jahre nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages, die
Ausfuhr von Stein- und Braunkohlen nach Österreich bis zu einer
Höchstmenge, die, mangels eines Übereinkommens zwischen den
beteiligten Staaten, durch den Wiedergutmachungsausschuß bestimmt
werden wird, mit keinerlei Ausfuhrzoll zu belegen und keinerlei
Beschränkungen irgendwelcher Art zu unterwerfen. Bei der Bestimmung
dieser Menge wird der Wiedergutmachungsausschuß alle Momente
einschließlich jener Mengen von Stein- und Braunkohle in Rechnung
ziehen, die vor dem Kriege den Ländern des jetzigen Österreich aus
Oberschlesien und aus den gemäß dem vorliegenden Vertrage an die
Tschecho-Slowakei und an Polen abgetretenen Gebieten des ehemaligen
Kaisertums Österreich geliefert wurden und die dermalen in diesen
Ländern für die Ausfuhr verfügbar sind. Österreich wird nach dem
Grundsatze der Gegenseitigkeit der Tschecho-Slowakei und Polen die
vom Wiedergutmachungsausschuß festgesetzten Mengen der im Punkt 2
genannten Rohstoffe zu liefern haben.
4. Die Tschecho-Slowakei und Polen verpflichten sich weiters,
während des gleichen Zeitraumes alle notwendigen Vorkehrungen zu
treffen, um den in Österreich wohnenden Käufern die Erwerbung dieser
Produkte unter gleich günstigen Bedingungen zu sichern wie sie
hinsichtlich des Verkaufes gleichartiger und an denselben
Lagerstellen befindlichen Produkte für in der Tschecho-Slowakei oder
in Polen wohnhafte Käufer in ihren bezüglichen Ländern oder in
irgendeinem anderen Lande bestehen.
5. Im Falle von Differenzen bei der Ausführung oder Auslegung
einer der vorerwähnten Bestimmungen hat der
Wiedergutmachungsausschuß zu entscheiden.
Kapitel II.
Behandlung der Schiffahrt.
Artikel 225.
Die Hohen vertragschließenden Teile sind sich darüber einig, die
Flagge der Schiffe jedes nicht über Meeresküsten verfügenden
vertragschließenden Teiles anzuerkennen, wenn die Schiffe an einem
einzigen bestimmten, auf seinem Gebiet gelegenen Ort eingetragen
sind; dieser Ort gilt als Registerhafen der Schiffe.
Kapitel III.
Unlauterer Wettbewerb.
Artikel 226.
Österreich verpflichtet sich alle erforderlichen Gesetzgebungs-
oder Verwaltungsmaßnahmen zu treffen, um die Natur- oder
Gerwerbserzeugnisse einer jeden alliierten oder assoziierten Macht
gegen jede Art von unlauterem Wettbewerb im Handelsverkehr zu
schützen.
Österreich verpflichtet sich, durch Beschlagnahme und durch alle
anderen geeigneten Strafmaßnahmen die Ein- und Ausfuhr, sowie für
das Inland die Herstellung, den Umlauf, den Verkauf und das
Feilbieten aller Erzeugnisse oder Waren zu unterdrücken und zu
verbieten, die auf sich selbst oder ihrer unmittelbaren Aufmachung
oder ihrer äußeren Verpackung irgendwelche Marken, Namen,
Aufschriften oder Zeichen tragen, welche unmittelbar oder mittelbar
falsche Angaben über Ursprung, Gattung, Art oder charakteristische
Eigenschaften dieser Erzeugnisse oder Waren darstellen.
Artikel 227.
Österreich verpflichtet sich, unter der Bedingung der
Gegenseitigkeit auf diesem Gebiete, die in einem alliierten oder
assoziierten Lande geltenden und Österreich durch die zuständigen
Behörden regelrecht bekanntgegebenen Gesetze und in Übereinstimmung
mit diesen Gesetzen ergangenen Verwaltungs- oder
Gerichtsentscheidungen zu beobachten, wodurch das Recht auf eine
Gegendbezeichnung für die Weine oder geistigen Getränke bestimmt
oder geregelt wird, die in dem Lande, zu dem die Gegend gehört,
erzeugt sind, oder wodurch die Bedingungen bestimmt oder geregelt
werden, an welche die Erlaubnis zum Gebrauch einer Gegendbezeichnung
geknüpft ist. Die Ein- und Ausfuhr, die Herstellung, der Umlauf, der
Verkauf oder das Feilbieten von Erzeugnissen oder Waren, die den
obengenannten Gesetzen oder Entscheidungen zuwiderlaufende
Gegendbezeichnungen tragen, sind von Österreich zu untersagen und
durch die im vorhergehenden Artikel vorgeschriebenen Maßnahmen zu
unterdrücken.
Kapitel IV.
Behandlung der Staatsangehörigen der
alliierten und assoziierten Mächte.
Artikel 228.
Österreich verpflichtet sich:
a) die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte
hinsichtlich der Ausübung von Handwerk, Beruf, Handel und
Gewerbe keiner Ausschlußmaßregel zu unterwerfen, die nicht in
gleicher Weise und ausnahmslos für alle Ausländer gilt;
b) die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte
keinen Vorschriften oder Beschränkungen hinsichtlich der in
Absatz a) bezeichneten Rechte zu unterwerfen, soweit sie
unmittelbar oder mittelbar den Bestimmungen des genannten
Absatzes widersprechen oder soweit sie von anderer Art oder
ungünstiger sind als diejenigen, die für die der
meistbegünstigten Nation angehörenden Ausländer gelten;
c) die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte,
deren Eigentum, Rechte oder Interessen, ebenso wie der
Gesellschaften oder Vereinigungen, an denen sie beteiligt sind,
keinen anderen oder höheren direkten oder indirekten Gebühren,
Abgaben oder Steuern zu unterwerfen, als sie den eigenen
Angehörigen oder deren Eigentum, Rechten oder Interessen
auferlegt sind oder etwa auferlegt werden;
d) den Staatsangehörigen irgendeiner der alliierten und
assoziierten Mächte keinerlei Beschränkung aufzuerlegen, die
nicht am 28. Juli 1914 auf die Staatsangehörigen dieser Mächte
anwendbar war, sofern nicht seinen eigenen Angehörigen dieselbe
Beschränkung gleichfalls auferlegt wird.
Artikel 229.
Die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte
sollen auf österreichischem Gebiete für ihre Person, Güter, Rechte
und Interessen ständigen Schutz genießen und freien Zutritt zu den
Gerichten haben.
Artikel 230.
Österreich verpflichtet sich, die neue Staatsangehörigkeit, die
von seinen Angehörigen gemäß den Gesetzen der alliierten und
assoziierten Mächte und gemäß den Entscheidungen der zuständigen
Behörden dieser Mächte, sei es auf dem Wege der Einbürgerung, sei es
auf Grund einer Vertragsbestimmung etwa erworben ist oder erworben
wird, anzuerkennen und auf Grund der neuerworbenen
Staatsangehörigkeit diese Staatsangehörigen in jeder Richtung von
jeder Pflicht gegenüber ihrem ursprünglichen Heimatstaate zu
entbinden.
Artikel 231.
Die alliierten und assoziierten Mächte dürfen in den Städten und
Häfen Österreichs Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und
Konsularagenten ernennen. Österreich verpflichtet sich, die
Ernennung dieser Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und
Konsularagenten, deren Namen ihm bekanntgegeben werden, gutzuheißen
und sie zur Ausübung ihrer Tätigkeit nach Maßgabe der üblichen Regeln
und Gebräuche zuzulassen.
Kapitel V.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 232.
Die Österreich durch Kapitel I auferlegten Verpflichtungen
erlöschen fünf Jahre nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages,
sofern sich nicht aus dem Wortlaut das Gegenteil ergibt oder sofern
nicht der Rat des Völkerbundes mindestens zwölf Monate vor Ablauf
dieser Frist entscheidet, daß diese Verpflichtungen mit oder ohne
Abänderung für einen weiteren Zeitraum aufrechterhalten bleiben
sollen.
Es besteht jedoch Einverständnis darüber, daß - außer im Falle
einer gegenteiligen Entscheidung des Völkerbundes - die Österreich
in den Artikeln 217, 218, 219 oder 220 auferlegten Verpflichtungen
nach Ablauf einer dreijährigen Frist vom Inkraftreten des
vorliegenden Vertrages ab von keiner alliierten oder assoziierten
Macht in Anspruch genommen werden können, die nicht Österreich die
Gegenseitigkeit hierfür gewährt.
Der Artikel 228 bleibt, mit oder ohne Abänderung, nach Ablauf
dieser fünf Jahre in Kraft, wenn dies die Mehrheit des Rates des
Völkerbundes beschließt; der Beschluß setzt zugleich die Dauer der
Verlängerung fest, die indes fünf Jahre nicht übersteigen darf.
Artikel 233.
Treibt die österreichische Regierung internationalen Handel, so
soll sie in dieser Hinsicht keinerlei Rechte, Vorrechte und
Freiheiten der Souveränität haben, auch nicht so angesehen werden,
als ob sie solche hätte.
Abschnitt II.
Staatsverträge.
Artikel 234.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an und unter
Vorbehalt der darin enthaltenen Bestimmungen gelten lediglich die
nachstehend und in den folgenden Artikeln aufgezählten, von der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie abgeschlossenen
Kollektivverträge, -übereinkommen und -abmachungen wirtschaftlicher
oder technischer Art zwischen Österreich und denjenigen alliierten
und assoziierten Mächten, die daran als Vertragschließende beteiligt
sind:
1. Übereinkommen vom 14. März 1884, vom 1. Dezember 1886 und vom
23. März 1887 sowie Schlußprotokoll vom 7. Juli 1887 zum Schutz der
Unterseekabel;
2. Übereinkommen vom 11. Oktober 1909, betreffend den
internationalen Verkehr mit Kraftfahrzeugen;
3. Abmachung vom 15. Mai 1886, betreffend die Plombierung der der
Zollbesichtigung unterliegenden Waggons und Protokoll vom
18. Mai 1907;
4. Abmachung vom 15. Mai 1886, betreffend die technische Einheit
im Eisenbahnwesen;
5. Übereinkommen vom 5. Juli 1890, betreffend die Veröffentlichung
der Zolltarife und die Organisation einer internationalen
Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife;
6. Übereinkommen vom 25. April 1907, betreffend die Erhöhung der
türkischen Zolltarife;
7. Übereinkommen vom 14. März 1857, betreffend die Ablösung des
Zolles im Sund und in den Belten;
8. Übereinkommen vom 22. Juni 1861, betreffend Ablösung des
Elbzolles;
9. Übereinkommen vom 16. Juli 1863, betreffend Ablösung des
Scheldezolles;
10. Übereinkommen vom 29. Oktober 1888, betreffend Festsetzung
einer endgültigen Regelung zur Sicherung der freien Benutzung des
Suezkanales;
11. Übereinkommen vom 23. September 1910 betreffend die
Vereinheitlichung gewisser Regeln über den Zusammenstoß von
Schiffen, die Hilfeleistung und Bergung in Seenot;
12. Übereinkommen vom 21. Dezember 1904, betreffend Befreiung der
Lazarettschiffe von Hafenabgaben und -taxen;
13. Übereinkommen vom 26. September 1906 zur Unterdrückung der
Nachtarbeit der Frauen;
14. Übereinkommen vom 18. Mai 1904, 4. Mai 1910, zur Bekämpfung
des Mädchenhandels;
15. Übereinkommen vom 4. Mai 1910 zur Bekämpfung der Verbreitung
unzüchtiger Veröffentlichungen;
16. Sanitätsübereinkommen vom 3. Dezember 1903 sowie die
vorhergehenden Abkommen vom 30. Jänner 1892, 15. April 1893,
3. April 1894 und 19. März 1897;
17. Übereinkommen vom 20. Mai 1875, betreffend die Einigung und
Vervollkommnung des metrischen Systems;
18. Übereinkommen vom 29. November 1906, betreffend die
Vereinheitlichung pharmazeutischer Formeln für starkwirkende
Medikamente;
19. Übereinkommen vom 16. und 19. November 1885, betreffend die
Herstellung einer Normalstimmgabel;
20. Übereinkommen vom 7. Juni 1905, betreffend die Schaffung eines
internationalen Ackerbauinstituts in Rom;
21. Übereinkommen vom 3. November 1881 und vom 15. April 1889,
betreffend Maßregeln gegen die Reblaus;
22. Übereinkommen vom 19. März 1902 zum Schutz für die der
Landwirtschaft nützlichen Vögel;
23. Übereinkommen vom 12. Juni 1902 zur Regelung der Vormundschaft
über Minderjährige.
Artikel 235.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages ab lassen die Hohen
vertragschließenden Teile die im folgenden aufgeführten Verträge und
Übereinkommen, soweit sie davon betroffen werden, wieder gelten,
wobei Österreich sich verpflichtet, die im vorliegenden Artikel
enthaltenen besonderen Bestimmungen zu beobachten.
Postliche Übereinkommen:
Verträge und Übereinkommen des Weltpostvereines, unterzeichnet in
Wien am 4. Juli 1891;
Verträge und Übereinkommen des Weltpostvereines, unterzeichnet in
Washington am 15. Juni 1897;
Verträge und Übereinkommen des Weltpostvereines, unterzeichnet in
Rom am 26. Mai 1906.
Telegraphenverträge:
Internationaler Telegraphenvertrag, unterzeichnet in
St. Petersburg am 10./22. Juli 1875;
Reglements und Tarife der internationalen Telegraphenkonferenz von
Lissabon vom 11. Juni 1908.
Österreich verpflichtet sich, seine Einwilligung zum Abschlusse
von solchen Sonderübereinkünften mit den neuen Staaten nicht zu
verweigern, die in den Übereinkommen und Abmachungen, betreffend den
Weltpostverein und den zwischenstaatlichen Telegraphenverein, denen
diese neuen Staaten angehören oder beitreten werden, vorgesehen
sind.
Artikel 236.
Vom Inkraftreten des gegenwärtigen Vertrages ab lassen die Hohen
vertragschließenden Teile das Internationale
Funkentelegraphenübereinkommen vom 5. Juli 1912, soweit sie davon
betroffen werden, wieder gelten, wobei Österreich sich verpflichtet,
die ihm von seiten der alliierten und assoziierten Mächte
mitzuteilenden vorläufigen Bestimmungen zu beobachten.
Wird binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages an Stelle des Übereinkommens vom 5. Juli 1912 ein neues
Übereinkommen zur Regelung des zwischenstaatlichen
Funkentelegraphenverkehres geschlossen, so ist dieses neue
Übereinkommen für Österreich bindend, selbst wenn dieses sich
geweigert haben sollte, bei dessen Ausarbeitung mitzuwirken oder es
zu unterzeichnen.
Ein solches neues Übereinkommen tritt zugleich an Stelle der in
Kraft gesetzten vorläufigen Bestimmungen.
Artikel 237.
Das in Washington am 2. Juni 1911 überprüfte zwischenstaatliche
Pariser Übereinkommen vom 20. März 1883 zum Schutze des gewerblichen
Eigentums und die Vereinbarung vom 14. April 1891, betreffend die
zwischenstaatliche Eintragung von Fabriks- und Handelsmarken, werden
vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an in dem Maße
Anwendung finden, als sie nicht durch die aus dem genannten Vertrage
hervorgehenden Ausnahmen und Einschränkungen betroffen und
abgeändert werden.
Artikel 238.
Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an lassen die Hohen
vertragschließenden Teile, soweit sie davon betroffen werden, das
Haager Abkommen vom 17. Juli 1905 über den Zivilprozeß gelten, doch
bleibt es gegenüber Frankreich, Portugal und Rumänien unwirksam.
Artikel 239.
Österreich verpflichtet sich, in der vorgeschriebenen Form vor
Ablauf einer Frist von 12 Monaten nach dem Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages dem in Berlin am 13. November 1908
revidierten, durch das Zusatzprotokoll von Bern am 20. März 1914
ergänzten internationalen Berner Übereinkommen vom 9. September 1886
zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst beizutreten.
Bis zu seinem Beitritte zum erwähnten Abkommen verpflichtet sich
Österreich, die literarischen und künstlerischen Werke der
Angehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte anzuerkennen und
durch tatsächliche, gemäß den Grundsätzen des internationalen
Übereinkommens getroffene Verfügungen zu schützen.
Außerdem und unabhängig von dem erwähnten Beitritt verpflichtet
sich Österreich, fortgesetzt die Anerkennung und den Schutz aller
Werke der Literatur und Kunst der Angehörigen einer jeden der
alliierten und assoziierten Mächte mindestens im gleichen Umfange
wie am 28. Juli 1914 und unter denselben Bedingungen zu sichern.
Artikel 240.
Österreich verpflichtet sich, den nachstehend angeführten
Übereinkommen beizutreten:
1. dem Übereinkommen vom 26. September 1906 zur Unterdrückung der
Anwendung von Weißphosphor bei der Streichholzfabrikation;
2. dem Übereinkommen vom 31. Dezember 1913, betreffend die
Vereinheitlichung der Handelsstatistiken.
Artikel 241.
Getreu dem Geiste der allgemeinen Grundsätze oder der besonderen
Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages wird jede der alliierten
oder assoziierten Mächte Österreich die mit der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie abgeschlossenen zweiseitigen
Abkommen jeder Art mitteilen, deren Beobachtung sie fordern wird.
Die in diesem Artikel vorgesehene Mitteilung ergeht entweder
unmittelbar oder durch Vermittlung einer anderen Macht. Österreich
wird deren Empfang schriftlich bestätigen; das Datum des
Wiederauflebens ist das der amtlichen Mitteilung.
Die alliierten oder assoziierten Mächte verpflichten sich
untereinander, Österreich gegenüber nur diejenigen Übereinkommen in
Anwendung zu bringen, die mit den Bestimmungen des gegenwärtigen
Vertrages in Einklang stehen.
Die Mitteilung bezeichnet gegebenfalls diejenigen Bestimmungen
dieser Übereinkommen, die, da sie den Bestimmungen des gegenwärtigen
Vertrages nicht entsprechen, nicht wiederaufleben sollen.
Bei Meinungsverschiedenheiten wird der Völkerbund um seine
Entscheidung angegangen.
Den alliierten oder assoziierten Mächten wird für die Mitteilung
eine Frist von 6 Monaten nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages gewährt.
Nur diejenigen zweiseitigen Übereinkommen, die den Gegenstand
einer solchen Mitteilung bilden, leben zwischen den alliierten und
assoziierten Mächten und Österreich wieder auf.
Die vorstehenden Bestimmungen finden auf alle zweiseitigen
Übereinkommen Anwendung, die zwischen irgendeiner der zu den
Signaturmächten des gegenwärtigen Vertrages gehörenden alliierten und
assoziierten Mächten und Österreich bestehen, selbst wenn sie sich
mit Österreich nicht im Kriegszustand befunden haben.
Artikel 242.
Österreich erklärt, alle Verträge, Übereinkommen oder
Übereinkünfte, die von ihm oder der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie mit Deutschland, Ungarn,
Bulgarien oder der Türkei seit dem 1. August 1914 bis zum
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages geschlossen worden sind,
als unwirksam anzuerkennen.
Artikel 243.
Österreich verpflichtet sich, die alliierten und assoziierten
Mächte sowie deren Beamte und Staatsangehörige ohne weiteres in den
Genuß aller Rechte und Vorteile aller Art treten zu lassen, die es
selbst oder die ehemalige österreichisch-ungarische Monarchie
Deutschland, Ungarn, Bulgarien oder der Türkei oder den Beamten und
Angehörigen dieser Staaten vor dem 1. August 1914 durch Verträge,
Übereinkommen oder Abmachungen eingeräumt hat, und zwar solange
diese Verträge, Übereinkommen oder Abmachungen in Kraft bleiben.
Die alliierten und assoziierten Mächte behalten sich das Recht vor,
den Genuß dieser Rechte und Vorteile für sich in Anspruch zu nehmen
oder nicht.
Artikel 244.
Österreich erklärt, alle von ihm oder von der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie mit Rußland oder mit
irgendeinem Staate oder irgendeiner Regierung, deren Gebiet früher
einen Teil Rußlands bildete sowie mit Rumänien vor dem 28. Juli 1914
oder seit diesem Datum bis zum Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages geschlossenen Verträge, Übereinkommen oder Abmachungen als
unwirksam anzuerkennen.
Artikel 245.
Falls seit dem 28. Juli 1914 eine alliierte oder assoziierte
Macht, Rußland oder ein Staat oder eine Regierung, deren Gebiet
früher einen Teil Rußlands bildete, infolge einer militärischen
Besetzung oder mit anderen Mitteln oder aus anderen Gründen genötigt
worden ist, Österreich, der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie oder einem österreichischen Staatsangehörigen durch eine
von irgendeiner öffentlichen Behörde ausgehende Maßnahme
Konzessionen, Vorrechte und Begünstigungen irgend welcher Art zu
gewähren zu lassen, so werden diese Konzessionen, Vorrechte und
Begünstigungen durch den gegenwärtigen Vertrag ohne weiteres
hinfällig.
Alle hieraus möglicherweise entspringenden Lasten oder
Schadenersatzansprüche werden unter keinen Umständen weder von den
alliierten und assoziierten Mächten, noch von den Mächten, Staaten,
Regierungen oder öffentlichen Behörden getragen, die dieser Artikel
von ihren Verpflichtungen entbindet.
Artikel 246.
Mit Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages verpflichtet sich
Österreich, soweit es in Betracht kommt, die alliierten und
assoziierten Mächte sowie ihre Staatsangehörigen an allen Rechten
und Vorteilen jeder Art, die es oder die ehemalige
österreichisch-ungarische Monarchie seit dem 28. Juli 1914 bis zum
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages durch Verträge,
Übereinkommen oder Abmachungen nicht kriegführenden Staaten oder
deren Staatsangehörigen eingeräumt hat, ohne weiteres teilnehmen zu
lassen, solange diese Verträge, Abmachungen und Übereinkommen in
Österreich in Kraft bleiben.
Artikel 247.
Diejenigen der Hohen vertragschließenden Teile, die das Haager
Opiumabkommen vom 23. Jänner 1912 noch nicht unterzeichnet oder nach
der Unterzeichnung noch nicht ratifiziert haben, erklären sich damit
einverstanden, das Abkommen in Kraft zu setzen und zu diesem Zwecke
sobald als möglich und spätestens binnen 12 Monaten nach dem
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages die nötigen Gesetze zu
erlassen.
Die Hohen vertragschließenden Teile kommen außerdem überein, daß
für diejenigen von ihnen, die das genannte Übereinkommen noch nicht
ratifiziert haben, die Ratifikation des gegenwärtigen Vertrages in
jeder Hinsicht einer solchen Ratifikation und der Unterzeichnung des
Spezialprotokolls gleichkommen soll, das im Haag gemäß den
Beschlüssen der dritten im Jahre 1914 zur Inkraftsetzung dieses
Übereinkommens abgehaltenen Opiumkonferenz aufgenommen worden ist.
Die Regierung der französischen Republik wird der Regierung der
Niederlande eine beglaubigte Abschrift des Protokolls über die
Hinterlegung der Ratifikationen des gegenwärtigen Vertrages
übermitteln und sie ersuchen, diese Urkunde als Hinterlegung der
Ratifikationen des Abkommens vom 23. Jänner 1912 und als
Unterzeichnung des Zusatzprotokolls von 1914 entgegenzunehmen und
anzuerkennen.
Abschnitt III.
Schulden.
Artikel 248.
Durch Vermittlung von Prüfungs- und Ausgleichsämtern, die von
jedem der Hohen vertragschließenden Teile binnen drei Monaten nach
der in dem nachstehenden Absatz e vorgesehenen Mitteilung
einzusetzen sind, werden folgende Arten von Geldverbindlichkeiten
geregelt:
1. Vor dem Kriege fällig gewordene Schulden, deren Zahlung von
Staatsangehörigen einer der vertragschließenden Mächte, die im
Gebiete dieser Macht wohnen, an die Staatsangehörigen einer
gegnerischen Macht, die in deren Gebiet wohnen, zu leisten ist.
2. Während des Krieges fällig gewordene Schulden, welche an die im
Gebiete einer der vertragschließenden Mächte wohnenden
Staatsangehörigen dieser Macht zu zahlen sind und aus Geschäften
oder Verträgen mit den im Gebiete einer gegnerischen Macht wohnenden
Staatsangehörigen dieser Macht herrühren, sofern die Ausführung
dieser Geschäfte oder Verträge ganz oder teilweise infolge des
Kriegszustandes ausgesetzt worden ist.
3. Die vor dem Kriege oder während des Krieges fällig gewordenen
und den Staatsangehörigen einer der vertragschließenden Mächte
geschuldeten Zinsen von Werten, die von einer gegnerischen Macht
ausgegeben oder übernommen worden sind, es sei denn, daß die Zahlung
dieser Zinsen an die Staatsangehörigen dieser Macht oder an die
Neutralen während des Krieges ausgesetzt worden ist;
4. Die vor oder im Kriege rückzahlbar gewordenen, an die
Staatsangehörigen einer der vertragschließenden Mächte zu
entrichtenden Kapitalverträge der von einer gegnerischen Macht
ausgegebenen Werte, es sei denn, daß die Zahlung eines solchen
Kapitalbetrages an die Staatsangehörigen dieser Macht oder an die
Neutralen während des Krieges ausgesetzt worden ist.
Bei den Zinsen oder Kapitalien, die für von der Regierung der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie ausgegebene oder
übernommene (emis ou repris) Titres zu zahlen sind, wird der von
Österreich gutzuschreibende und zu zahlende Betrag lediglich
derjenige Zinsen- und Kapitalienbetrag sein, welcher der Schuld
entspricht, die Österreich gemäß den Bestimmungen des IX. Teiles
(Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrages und den von
der Wiedergutmachungskommission festgesetzten Grundsätzen zufällt.
Die Erlöse aus der Liquidation der in Abschnitt IV und seiner
Anlage bezeichneten feindlichen Güter, Rechte und Interessen werden
von den Prüfungs- und Ausgleichsämtern in der nachstehend in Absatz d
vorgesehenen Währung und zu dem dort bezeichneten Kurse übernommen.
Sie treffen darüber nach Maßgabe der in dem genannten Abschnitt und
seiner Anlage vorgesehenen Bedingungen Bestimmung.
Die in diesem Artikel bezeichnete Abwicklung vollzieht sich nach
folgenden Grundsätzen und gemäß zu diesem Abschnitt:
a) Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an verbietet
jeder der Hohen vertragschließenden Teile alle Zahlungen,
Zahlungsannahmen, überhaupt jeden auf die Regelung der
genannten Schulden bezüglichen Verkehr zwischen den
Beteiligten, sofern er nicht durch Vermittlung der oben
bezeichneten Prüfungs- und Ausgleichsämter erfolgt.
b) Jeder der in Betracht kommenden Hohen vertragschließenden Teile
haftet für die Bezahlung der genannten Schulden seiner
Staatsangehörigen, es sei denn, daß der Schuldner sich vor dem
Kriege im kaufmännischen oder nicht kaufmännischen Konkurse
oder im Zustande erklärter Zahlungseinstellung befand, oder daß
die Begleichung der Schuld einer Gesellschaft oblag, deren
Geschäfte während des Krieges auf Grund der
Ausnahmegesetzgebung des Krieges liquidiert worden sind.
c) Die den Staatsangehörigen einer der vertragschließenden Mächte
von den Staatsangehörigen einer gegnerischen Macht geschuldeten
Summen werden dem Prüfungs- und Ausgleichsamt des Landes des
Schuldners zur Last geschrieben und dem Gläubiger durch das Amt
seines Landes ausbezahlt.
d) Die Schulden werden in der Währung der jeweils beteiligten
alliierten oder assoziierten Macht (einschließlich der Kolonien
und Protektorate der alliierten Mächte, der britischen Dominien
und Indiens) bezahlt oder gutgeschrieben. Lauten die Schulden
auf irgendeine andere Währung, so sind sie in der Währung der
beteiligten alliierten oder assoziierten Macht (der Kolonie,
des Protektorats, des britischen Dominiums oder Indiens) zu
bezahlen oder gutzuschreiben. Die Umwandlung erfolgt zu dem vor
dem Kriege geltenden Umrechnungskurse.
Als Umrechnungskurs vor dem Kriege im Sinne dieser Bestimmung
gilt der Durchschnittskurs der Drahtüberweisungen der
beteiligten alliierten oder assoziierten Macht während des
Monats, der der Eröffnung der Feindseligkeiten zwischen dieser
Macht und Österreich-Ungarn unmittelbar vorherging.
Bestimmt ein Vertrag ausdrücklich einen festen Umrechnungskurs
für die Umwandlung aus der Währung, auf welche die
Schuldverbindlichkeit lautet, in die Währung der beteiligten
alliierten und assoziierten Macht, so findet die obige
Vorschrift über den Umrechnungskurs keine Anwendung.
Für die neugebildeten Mächte Polen und Tschecho-Slowakei
bestimmt der im Teil VIII vorgesehene Wiedergutmachungsausschuß
die für die Zahlung oder Gutschrift maßgebende Währung und den
dabei anzuwendenden Umrechnungskurs, es sei denn, daß die
beteiligten Staaten vorher zu einem die schwebenden Fragen
regelnden Einvernehmen gelangt wären.
e) Die Bestimmungen dieses Artikels und der beigefügten Anlage
finden keine Anwendung im Verhältnis zwischen Österreich
einerseits und irgendeiner der alliierten oder assoziierten
Mächte, ihren Kolonien oder Protektoraten oder irgendeinem der
britischen Dominien oder Indien andrerseits, sofern nicht
binnen einem Monat nach der Hinterlegung der Ratifikation des
gegenwärtigen Vertrages durch die in Frage stehenden Mächte,
oder sofern es sich um ein britisches Dominium oder um Indien
handelt, nach der mit Wirkung für dieses Dominium oder für
Indien erfolgten Ratifikation eine entsprechende Mitteilung an
Österreich, je nach der Sachlage, entweder seitens der
Regierung jener alliierten oder assoziierten Macht oder des
betreffenden britischen Dominiums oder Indiens ergeht.
f) Die alliierten und assoziierten Mächte, die diesem Artikel und
der beigefügten Anlage beigetreten sind, können unter sich
deren Anwendung auf ihre in ihrem Gebiete ansässigen
Staatsangehörigen vereinbaren, soweit die Beziehungen zwischen
diesen Staatsangehörigen und den österreichischen
Staatsangehörigen in Frage kommen. Geschieht dies, so werden
die gemäß der gegenwärtigen Bestimmung bewirkten Zahlungen
zwischen den beteiligten Prüfungs- und Ausgleichsämtern der
beteiligten alliierten und assoziierten Mächte geregelt.
Abschnitt IV.
Güter, Rechte und Interessen.
Artikel 249.
Die Frage der privaten Güter, Rechte und Interessen im Feindesland
findet ihre Lösung gemäß den Grundsätzen dieses Abschnittes und den
Bestimmungen der beigefügten Anlage.
a) Die auf dem Gebiete des ehemaligen Kaisertums Österreich
getroffenen, in § 3 der beigefügten Anlage näher bestimmten
außerordentlichen Kriegsmaßnahmen und Übertragungsanordnungen,
betreffend die Güter, Rechte und Interessen von
Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte
einschließlich der Gesellschaften und Vereine, an denen diese
Staatsangehörigen beteiligt waren, werden, wenn die Liquidation
dieser Güter, Rechte und Interessen nicht vollendet ist, sofort
aufgehoben oder eingestellt. Die Berechtigten werden in die
fraglichen Güter, Rechte und Interessen wieder eingesetzt.
b) Soweit der gegenwärtige Vertrag nicht ein anderes bestimmt,
behalten sich die alliierten oder assoziierten Mächte das Recht
vor, alle Angehörigen des ehemaligen Kaisertums Österreich oder
den von ihnen abhängigen Gesellschaften im Zeitpunkt des
Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrags gehörenden Güter,
Rechte und Interessen innerhalb ihrer Gebiete, Kolonien,
Besitzungen und Protektoratsländer, einschließlich der Gebiete,
die ihnen durch den gegenwärtigen Vertrag abgetreten werden
oder welche unter der Kontrolle der genannten Mächte stehen,
zurückzubehalten und zu liquidieren.
Die Liquidation erfolgt nach den Gesetzen des beteiligten
alliierten oder assoziierten Staates, ohne dessen Zustimmung
der Eigentümer auch weder über diese Güter, Rechte und
Interessen verfügen noch sie belasten darf.
Im Sinne des gegenwärtigen Paragraphen werden die Personen,
welche innerhalb von sechs Monaten vom Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages an gerechnet nachweisen, daß sie ohne
weiters, in Gemäßheit der Bestimmungen des gegenwärtigen
Vertrages die Staatsbürgerschaft einer verbündeten oder
assoziierten Macht erworben haben, einschließlich derer,
welcher auf Grund der Artikel 72 oder 76 diese
Staatsbürgerschaft mit der Zustimmung der kompetenten Behörden
erlangen oder welche auf Grund der Artikel 74 und 77 diese
Staatsbürgerschaft zufolge ihrer früheren Zuständigkeit
(pertinenza) erwerben, nicht als österreichische
Staatsangehörige betrachtet.
c) Der Kaufpreis oder der Betrag der Entschädigung für die
Ausübung des in Absatz b) bestimmten Rechtes wird gemäß den
Abschätzungs- und Liquidierungsgrundsätzen der Gesetzgebung
desjenigen Landes festgestellt, in welchem das Gut
zurückbehalten oder liquidiert worden ist.
d) Im Verhältnis zwischen den alliierten oder assoziierten Mächten
oder deren Staatsangehörigen einerseits und den Angehörigen des
ehemaligen Kaisertums Österreich andrerseits sowie zwischen
Österreich einerseits und zwischen den alliierten und
assoziierten Mächten und deren Staatsangehörigen andrerseits
werden alle außerordentlichen Kriegsmaßnahmen oder
Übertragungsanordnungen oder kraft solcher Maßnahmen
vorgenommene oder vorzunehmende Handlungen, so wie sie in den
§§ 1 und 3 der beigefügten Anlage näher bestimmt sind, als
endgültig und für jedermann bindend angesehen, soweit der
gegenwärtige Vertrag nicht anderes bestimmt.
e) Die Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte
haben Anspruch auf eine Entschädigung für den Schaden oder
Nachteil, welcher auf dem Gebiete des ehemaligen Kaisertums
Österreich, ihren Gütern, Rechten oder Interessen,
einschließlich ihrer Interessen an Gesellschaften oder
Vereinigungen, durch Anwendung der in den §§ 1 und 3 der
beigefügten Anlage bezeichneten außerordentlichen
Kriegsmaßnahmen und Übertragungsanordnungen zugefügt ist. Die
aus diesem Anlaß von den betreffenden Angehörigen erhobenen
Ersatzansprüche werden geprüft und die Höhe der Entschädigung
wird durch den im Abschnitt VI vorgesehenen Gemischten
Schiedsgerichtshof oder durch einen von dem genannten Gericht
bezeichneten Schiedsrichter festgesetzt; die Entschädigungen
gehen zu Lasten Österreichs und dürfen aus den Vermögenschaften
der Angehörigen des ehemaligen Kaisertums Österreich oder der
von ihnen abhängigen Gesellschaften, wie dies im Paragraphen b)
ausgeführt ist, die sich auf dem Gebiet oder unter der Aufsicht
des Staates der ansprucherhebenden Person befinden, vorweg
gedeckt werden. Diese Vermögenschaften dürfen unter den durch
§ 4 der beigefügten Anlage festgesetzten Bedingungen für die
feindlichen Verpflichtungen zum Pfande genommen werden. Die
Bezahlung dieser Entschädigungen kann durch die alliierte oder
assoziierte Macht erfolgen und der Betrag Österreich zur Last
geschrieben werden.
f) In jedem Falle, wo der Staatsangehörige einer alliierten oder
assoziierten Macht als Inhaber eines Gutes, Rechtes oder
Interesses, das auf dem Gebiete des ehemaligen Kaisertums
Österreich von einer Übertragungsanordnung betroffen ist, dies
verlangt, wird der in Absatz e) vorgesehene Anspruch durch
Rückerstattung des erwähnten Gutes befriedigt, wenn es noch in
Natur vorhanden ist.
In diesem Falle hat Österreich alle erforderlichen Maßnahmen
zu treffen, um dem Eigentümer, dem der Besitz des Gutes
entzogen ist, es wieder frei von allen Lasten oder
Dienstbarkeiten, mit denen es nach der Liquidation belegt
worden ist, zurückzuerstatten und jeden Dritten zu
entschädigen, der durch die Rückgabe einen Nachteil erleidet.
Kann die in diesem Absatz vorgesehene Rückerstattung nicht
stattfinden; so kann durch Vermittlung der beteiligten Mächte
oder der in der Anlage zu Abschnitt III bezeichneten Prüfungs-
und Ausgleichsämter eine private Abmachung herbeigeführt
werden, die dem Staatsangehörigen der alliierten oder
assoziierten Macht durch Zuwendung eines ihm als Abfindung für
die entzogenen Güter, Rechte oder Interessen genehmen
gleichwertigen Gegenstandes oder Vorteils Ersatz des im
Absatz e) bezeichneten Schadens sichert.
Findet in Gemäßheit dieses Artikels Zurückerstattung statt, so
mindern sich die in Anwendung des Absatzes e) festgesetzten
Preise oder Entschädigungen um den derzeitigen Wert des
zurückerstatteten Gutes unter Berechnung einer Entschädigung für
entgangene Nutznießung oder für Verschlechterung.
g) Die im Absatz f) vorgesehene Befugnis bleibt den Eigentümern
vorbehalten, welche Staatsangehörige solcher alliierten oder
assoziierten Mächte sind, auf deren Gebiete gesetzliche
Maßnahmen zwecks Anordnung der allgemeinen Liquidation der
feindlichen Güter, Rechte oder Interessen vor der
Unterzeichnung des Waffenstillstandes nicht in Anwendung waren.
h) Mit Ausnahme des Falles, wo durch Anwendung des Absatzes f)
Zurückerstattung in Natur erfolgt ist, wird mit dem Reinerlös
der entweder auf Grund der außerordentlichen Kriegsgesetzgebung
oder in Gemäßheit dieses Artikels erfolgten Liquidationen der
feindlichen Güter, Rechte und Interessen, gleichviel wo
gelegen, und überhaupt mit allen feindlichen Barguthaben
anderer Art als dem Erlös von Eigentumsliquidationen oder als
den Barguthaben, die in den alliierten oder assoziierten
Ländern den im letzten Absatz des Paragraphen b) bezeichneten
Personen gehören, wie folgt verfahren:
1. Soweit die Mächte dem Abschnitt III nebst Anlage beitreten,
werden die erwähnten Erlöse und Guthaben der Macht, welcher der
Eigentümer angehört, durch Vermittlung des im genannten
Abschnitt und seiner Anlage eingesetzten Prüfungs- und
Ausgleichungsamtes gutgeschrieben; mit jedem Überschuß zugunsten
Österreichs wird gemäß Artikel 189 des VIII. Teiles
(Wiedergutmachung) des gegenwärtigen Vertrages verfahren.
2. Soweit die Mächte dem Abschnitt III nebst Anlage nicht
beitreten, sind der Erlös der von Österreich zurückbehaltenen
Güter, Rechte und Interessen sowie die einbehaltenen
Barguthaben der Staatsangehörigen der alliierten und
assoziierten Mächte unverzüglich an den Berechtigten oder an
seine Regierung auszuzahlen. Jede alliierte oder assoziierte
Macht kann über den Erlös der von ihr beschlagnahmten Güter,
Rechte und Interessen sowie über die solchermaßen
beschlagnahmten Barguthaben, die Staatsangehörigen des
ehemaligen Kaisertums Österreich oder den von ihnen abhängigen
Gesellschaften gehört haben, wie dies im Paragraphen b) gesagt
wurde, in Gemäßheit ihrer Gesetze und Verordnungen verfügen und
sie zur Bezahlung der in diesem Artikel oder in § 4 der
beigefügten Anlage näher bestimmten Ansprüche und Forderungen
verwenden. Jedes Gut, Recht oder Interesse, beziehungsweise
jeder Erlös aus der Liquidation eines solchen Gutes oder jedes
Barguthaben, über welche nicht nach dem vorstehenden verfügt
wird, kann von der genannten alliierten oder assoziierten Macht
zurückbehalten werden. In diesem Falle wird mit seinem Geldwert
nach Artikel 189 des VIII. Teiles (Wiedergutmachung) des
gegenwärtigen Vertrages verfahren.
i) Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 267 ist bei
durchgeführten Liquidationen in den neuen Staaten, die als
alliierte und assoziierte Mächte den gegenwärtigen Vertrag
unterzeichnen, oder bei Liquidationen in den Staaten, die an
den von Österreich zu zahlenden Wiedergutmachungen keinen
Anteil haben, der Erlös aus den von den genannten Staaten
vorgenommenen Liquidationen unmittelbar an die Eigentümer zu
zahlen; dabei bleiben jedoch die dem Wiedergutmachungsausschuß
nach dem Artikel 181 des VIII. Teiles (Wiedergutmachung) und
dem Artikel 211 des IX. Teiles (Finanzielle Bestimmungen),
zustehenden Rechte vorbehalten. Weist der Eigentümer vor dem im
Abschnitt VI des gegenwärtigen Teiles vorgesehenen Gemischten
Schiedsgerichtshof oder vor einem von diesem Gerichte ernannten
Schiedsrichter nach, daß die Verkaufsbedingungen oder
irgendwelche von der Regierung des betreffenden Staates
außerhalb seiner allgemeinen Gesetzgebung ergriffene Maßnahmen
den Preis unbillig beeinträchtigt haben, so ist der Gerichtshof
oder der Schiedsrichter befugt, dem Berechtigten eine
angemessene Entschädigung zuzubilligen, die ihm der genannte
Staat zu zahlen hat.
j) Österreich verpflichtet sich, seine Angehörigen wegen der
Liquidation oder Einbehaltung ihrer Güter, Rechte oder
Interessen in den alliierten oder assoziierten Ländern zu
entschädigen.
k) Der Betrag der Abgaben und Steuern auf das Kapital, die von
Österreich auf die Güter, Rechte und Interessen der
Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte seit
dem 3. November 1918 bis zum Ablauf von drei Monaten nach
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages oder, falls es sich
um Güter, Rechte und Interessen handelt, die Gegenstand
außerordentlicher Kriegsmaßnahmen gewesen sind, bis zu ihrer
gemäß den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages erfolgenden
Rückerstattung erhoben worden sind oder erhoben werden sollten,
ist an die Berechtigten zurückzuzahlen.
Artikel 250.
Österreich verpflichtet sich, in Ansehung der Güter, Rechte und
Interessen, die gemäß Artikel 249 Absatz a) oder f), den
Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte,
einschließlich der Gesellschaften und Vereinigungen, an denen solche
Staatsangehörige beteiligt waren, zurückerstattet werden,
a) vorbehaltlich der im gegenwärtigen Vertrag ausdrücklich
vorgesehenen Ausnahmen, die Güter, Rechte und Interessen der
Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte in
die rechtliche Lage zu versetzen und darin zu erhalten, in der,
kraft der vor dem Kriege geltenden Gesetze, die Güter, Rechte
und Interessen der Staatsangehörigen des ehemaligen Kaisertums
Österreich sich befanden;
b) die Güter, Rechte oder Interessen der Staatsangehörigen der
alliierten oder assoziierten Staaten keinerlei in das
Eigentumsrecht eingreifenden Maßnahmen zu unterwerfen, die
nicht gleichermaßen auf Güter, Rechte oder Interessen der
österreichischen Staatsangehörigen Anwendung finden, und, im
Falle, daß solche Maßnahmen getroffen werden, angemessene
Entschädigungen zu zahlen.
Abschnitt V.
Verträge, Verjährung, Urteile.
Artikel 251.
a) Verträge zwischen Feinden gelten als mit dem Zeitpunkte
aufgehoben, an dem zwei der Beteiligten Feinde geworden sind.
Dies gilt nicht für Schulden und andere Geldverpflichtungen,
die aus der Vornahme einer in einem solchen Vertrage
vorgesehenen Handlung oder der Leistung einer dort vorgesehenen
Zahlung entspringen. Vorbehalten bleiben ferner die nachstehend
oder in der beigefügten Anlage vorgesehenen Ausnahmen und
Sonderregeln für bestimmte Verträge oder Vertragsgattungen.
b) Nicht betroffen von der Aufhebung im Sinne dieses Artikels
werden diejenigen Verträge, deren Ausführung die Regierungen
der alliierten oder assoziierten Mächte, denen eine der
Vertragsparteien angehört, binnen sechs Monaten nach
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages im allgemeinen
Interesse verlangen.
Bringt die Ausführung der demgemäß aufrechterhaltenen Verträge
für eine der Parteien infolge veränderter Handelsverhältnisse
einen erheblichen Nachteil mit sich, so kann der im Abschnitt VI
vorgesehene Gemischte Schiedsgerichtshof der geschädigten Partei
eine angemessene Entschädigung zubilligen.
c) Mit Rücksicht auf die Vorschriften der Verfassung und des
Rechtes der Vereinigten Staaten von Amerika, Brasiliens und
Japans findet weder dieser Titel, noch Artikel 252, noch die
Anlage auf Verträge, die von Staatsangehörigen des ehemaligen
Kaisertums Österreich geschlossen worden sind, Anwendung.
Desgleichen findet Artikel 257 keine Anwendung auf die
Vereinigten Staaten von Amerika oder deren Staatsangehörige.
d) Dieser Artikel und seine Anlage finden keine Anwendung auf
Verträge, deren Parteien dadurch Feinde geworden sind, daß eine
von ihnen Einwohner eines Gebietes war, das unter eine andere
Souveränität tritt, falls diese Partei durch Anwendung des
gegenwärtigen Vertrages die Staatsangehörigkeit einer
alliierten oder assoziierten Macht erwirbt. Das gleiche gilt
für Verträge zwischen Staatsangehörigen der alliierten und
assoziierten Mächte, zwischen denen der Handel deshalb verboten
war, weil einer der Vertragschließenden sich in einem vom
Feinde besetzten Gebiet einer alliierten oder assoziierten
Macht befand.
e) Keine Vorschrift dieses Artikels und seiner Anlage darf zur
Ungültigkeitserklärung eines Geschäftes führen, das in
gesetzmäßiger Weise auf Grund eines mit Genehmigung einer der
kriegführenden Mächte abgeschlossenen Vertrages zwischen
Feinden vorgenommen worden ist.
Artikel 252.
a) Auf dem Gebiete der Hohen vertragschließenden Teile sind im
Verhältnis zwischen Feinden alle Verjährungs-, Ausschluß- und
Verfallfristen für die Kriegsdauer gehemmt, gleichviel ob sie
vor oder nach Kriegsausbruch zu laufen begonnen haben. Sie
beginnen frühestens drei Monate nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages wieder zu laufen. Diese Bestimmung
findet auch Anwendung auf die Vorlegungsfristen für Zinsen-
oder Dividendenabschnitte und die Vorlegungsfristen für
Wertpapiere, die auf Grund erfolgter Auslosung oder aus
irgendeinem anderen Grund auszahlbar sind.
b) Sind infolge Versäumung einer Handlung oder Nichtwahrung einer
Formvorschrift während des Krieges Vollstreckungsmaßnahmen auf
dem Gebiete des ehemaligen Kaisertums Österreich zum Nachteil
eines Staatsangehörigen einer alliierten oder assoziierten
Macht vorgenommen, so wird der Einspruch dieses
Staatsangehörigen vor den in Abschnitt VI vorgesehenen
Gemischten Schiedsgerichtshof gebracht, es sei denn, daß der
betreffende Fall zur Zuständigkeit eines Gerichts einer
alliierten oder assoziierten Macht gehört.
c) Auf den Antrag des beteiligten Staatsangehörigen der alliierten
oder assoziierten Macht erkennt der Gemischte
Schiedsgerichtshof auf Wiederherstellung des durch die im
Absatz b) erwähnten Vollstreckungsmaßnahmen beeinträchtigten
Rechtszustandes in allen Fällen, in denen dies nach dem
besonderen Tatbestand billig und möglich ist.
Ist die Wiederherstellung ungerecht oder unmöglich, so kann
der Gemischte Schiedsgerichtshof der benachteiligten Partei
eine Entschädigung zubilligen, die der österreichischen
Regierung zur Last fällt.
d) Ist ein Vertrag zwischen Feinden für aufgehoben erklärt, und
zwar entweder weil eine der Parteien eine Vertragsbestimmung
nicht ausgeführt hat oder infolge Ausübung eines im Vertrage
ausbedungenen Rechtes, so steht der benachteiligten Partei
frei, sich an den Gemischten Schiedsgerichtshof zu wenden, um
Abhilfe zu erlangen. Der Gerichtshof hat in diesem Falle die im
Absatz c) vorgesehenen Befugnisse.
e) Haben Staatsangehörige der alliierten und assoziierten Mächte
durch Maßnahmen der obenerwähnten Art, die durch die Behörden
der ehemaligen österreichischen Regierung in dem Krieg
überzogenen oder besetzten Gebiet vorgenommen wurden, Schaden
erlitten, so finden die Bestimmungen der vorstehenden Absätze
dieses Artikels Anwendung, falls diese Staatsangehörigen nicht
anderweitig entschädigt worden sind.
f) Österreich hat jeden Dritten schadlos zu halten, der durch eine
von dem Gemischten Schiedsgerichtshof gemäß den vorstehenden
Absätzen dieses Artikels zuerkannte Rechtswiederherstellung
oder Wiedereinsetzung in den früheren Rechtszustand
benachteiligt wird.
g) Die in Absatz a) vorgesehene dreimonatige Frist beginnt für
Handelspapiere mit dem Tage, an dem die Ausnahmevorschriften,
die in den Gebieten der beteiligten Macht bezüglich der
Handelspapiere erlassen worden sind, endgültig außer Kraft
getreten sind.
Artikel 253.
Im Verhältnis zwischen Feinden darf kein vor dem Kriege
ausgestelltes Handelspapier lediglich wegen versäumter
fristgerechter Vorlegung zwecks Annahme oder zwecks Zahlung, wegen
versäumter Benachrichtigung der Aussteller oder Giranten von der
Nichtannahme oder Nichtzahlung, wegen versäumten Protestes, wegen
Versäumung der Erfüllung irgendeiner Formvorschrift für verfallen
gelten, wenn die Versäumung während des Krieges erfolgt ist.
Ist die Frist zur Vorlegung eines Handelspapieres zwecks Annahme
oder zwecks Zahlung oder die Frist zur Benachrichtigung des
Ausstellers oder der Giranten von der Nichtannahme oder der
Nichtzahlung oder die Frist zur Erhebung des Protestes während des
Krieges abgelaufen und hat die vorlegungs-, protest- oder
benachrichtigungspflichtige Partei während des Krieges die
betreffende Handlung versäumt, so steht ihr für die nachträgliche
Vorlegung, nachträgliche Benachrichtigung von Nichtannahme oder
Nichtzahlung oder nachträgliche Protesterhebung mindestens eine
Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages zu.
Artikel 254.
Soweit nach dem gegenwärtigen Vertrage die Zuständigkeit der
Gerichte einer alliierten oder assoziierten Macht reicht, werden
ihre Urteile in Österreich als rechtskräftig anerkannt und sind ohne
weitere Vollstreckbarkeitserklärung vollstreckbar.
Ist, gleichviel in welcher Art von Angelegenheiten, während des
Krieges von einem Gericht des ehemaligen Kaisertums Österreich gegen
den Staatsangehörigen einer alliierten oder assoziierten Macht oder
gegen eine Gesellschaft oder Vereinigung, an welcher ein solcher
Staatsangehöriger beteiligt war, in einem Rechtsstreit ein Urteil
ergangen oder eine Exekutionsmaßregel angeordnet worden, ohne daß
der Staatsangehörige oder die Gesellschaft in der Lage war, sich zu
verteidigen, so ist der hierdurch benachteiligte Staatsangehörige
der alliierten der assoziierten Macht berechtigt, einen
Schadensersatz zu verlangen, der von dem im Abschnitt VI
vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof festgesetzt wird.
Auf Antrag des Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten
Macht kann der oben erwähnte Schadensersatz nach Anordnung des
gemischten Gerichtshofes, wo dies möglich ist, dadurch herbeigeführt
werden, daß er die Parteien in die Lage zurückversetzt, in der sie
sich befanden, bevor das Urteil des österreichischen Gerichtes
gefällt wurde.
Der oben erwähnte Schadensersatz kann ebenso vor dem Gemischten
Schiedsgerichtshof von Staatsangehörigen der alliierten oder
assoziierten Mächte, die durch richterliche Maßnahmen in den mit
Krieg überzogenen oder besetzten Gebieten Nachteile erlitten haben,
beansprucht werden, wenn sie nicht schon anderweitig entschädigt
worden sind.
Artikel 255.
Im Sinne der Abschnitte III, IV, V und VII bedeutet der Ausdruck
"während des Krieges" für jede alliierte oder assoziierte Macht der
Zeitraum zwischen dem Eintritt des Kriegszustandes zwischen dieser
Macht und der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie und
dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages.
Abschnitt VI.
Gemischter Schiedsgerichtshof.
Artikel 256.
a) Binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages wird zwischen jeder alliierten und assoziierten Macht
einerseits und Österreich andrerseits ein Gemischter
Schiedsgerichtshof gebildet. Jeder Schiedsgerichtshof besteht
aus drei Mitgliedern. Jede der beteiligten Regierungen ernennt
eines dieser Mitglieder. Der Vorsitzende wird auf Grund einer
Vereinbarung zwischen den beiden beteiligten Regierungen
ausgewählt.
Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, so ernennt der
Rat des Völkerbundes oder bis zu dem Zeitpunkt der Errichtung
des Völkerbundes Herr Gustav Ador, falls er dazu bereit ist,
den Vorsitzenden des Schiedsgerichtshofes sowie zwie weitere
Personen, die den Vorsitzenden gegebenenfalls vertreten. Diese
Personen müssen den Mächten angehören, die im Laufe des Krieges
neutral geblieben sind.
Sorgt eine Regierung nicht innerhalb eines Monats für die oben
vorgesehene Ernennung eines Mitgliedes des Schiedsgerichtshofes
auf eine unbesetzte Stelle, so wird das fehlende Mitglied von
der gegnerischen Regierung aus den beiden oben außer dem
Vorsitzenden genannten Personen ausgewählt.
Der Schiedsgerichtshof entscheidet mit Stimmenmehrheit.
b) Die gemäß Absatz a errichteten Gemischten Schiedsgerichtshöfe
befinden über die Streitfragen, die laut Abschnitt III, IV, V
und VII zu ihrer Zuständigkeit gehören.
Außerdem regelt der gemischte Schiedsgerichtshof alle
Streitfragen bezüglich der vor Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages zwischen Staatsangehörigen der alliierten und
assoziierten Mächte und österreichischen Staatsangehörigen
geschlossenen Verträge. Eine Ausnahme gilt für die
Streitfragen, die nach den Gesetzen der alliierten,
assoziierten oder neutralen Mächte zur Zuständigkeit der
Landesgerichte dieser Mächte gehören. Derartige Streitfragen
werden von den Landesgerichten unter Ausschluß des Gemischten
Schiedsgerichtshofes entschieden. Dem beteiligten
Staatsangehörigen einer alliierten oder assoziierten Macht
steht es jedoch frei, die Sache vor den Gemischten
Schiedsgerichtshof zu bringen, sofern sein Landesgesetz dem
nicht entgegensteht.
c) Wenn die Anzahl der Sachen es erfordert, sind weitere
Mitglieder zu ernennen, damit sich jeder Gemischte
Schiedsgerichtshof in mehrere Abteilungen gliedern kann. Jede
dieser Abteilungen wird entsprechend den obigen Vorschriften
besetzt.
d) Jeder Gemischte Schiedsgerichtshof ordnet sein Verfahren
selbst, soweit es nicht durch die Bestimmungen der Anlage zu
diesem Artikel geregelt ist. Er hat das Recht, die von der
verlierenden Partei an Kosten und Auslagen zu zahlenden Beträge
festzusetzen.
e) Jede Regierung bezahlt die Bezüge des von ihr ernannten
Mitgliedes des Gemischten Schiedsgerichtshofes und jedes
Beauftragten, den sie bezeichnet, um sie vor dem Gerichtshof zu
vertreten. Die Bezüge des Vorsitzenden werden durch besondere
Vereinbarung zwischen den beteiligten Regierungen festgesetzt;
diese Bezüge werden ebenso wie die gemeinsamen Ausgaben jedes
Gerichtes je zur Hälfte von den beiden Regierungen getragen.
f) Die Hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, durch
ihre Gerichte und Behörden den Gemischten Schiedsgerichtshöfen
jede irgend mögliche Rechtshilfe, insbesondere bei Übermittlung
von Zustellungen und bei der Beweiserhebung gewähren zu lassen.
g) Die Hohen vertragschließenden Teile kommen überein, die
Entscheidungen des Gemischten Schiedsgerichtshofes als
endgültig anzusehen und sie für ihre Staatsangehörigen
verbindlich zu machen.
Artikel 257.
Hat ein zuständiges Gericht in einer unter Abschnitt III, IV oder
VII fallenden Angelegenheit ein Urteil gefällt oder fällt es ein
Urteil, das mit den Vorschriften der genannten Abschnitte nicht im
Einklang steht, so hat die dadurch geschädigte Partei ein Recht auf
Wiedergutmachung, die durch den Gemischten Schiedsgerichtshof näher
bestimmt wird. Auf Antrag des Staatsangehörigen einer alliierten
oder assoziierten Macht kann der Gemischte Schiedsgerichtshof diese
Wiedergutmachungen, sofern das möglich ist, in der Form eintreten
lassen, daß er die Parteien in die Lage zurückversetzt, in der sie
sich vor dem von dem Gericht des ehemaligen Kaisertums Österreich
gefällten Urteil befanden.
Abschnitt VII.
Gewerbliches Eigentum.
Artikel 258.
Die Rechte des gewerblichen, literarischen oder künstlerischen
Eigentums, wie dieses Eigentum durch die in den Artikeln 237 und 239
bezeichneten zwischenstaatlichen Übereinkommen von Paris und von
Bern bestimmt ist, werden unter Vorbehalt der Bestimmungen des
gegenwärtigen Vertrages zugunsten der Personen, die bei Beginn des
Kriegszustandes in ihrem Genuß standen, oder zugunsten ihrer
Rechtsnachfolger vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an in
den Gebieten der Hohen vertragschließenden Teile wieder in Kraft
gesetzt oder wiederhergestellt. Desgleichen werden Rechte, die, wenn
es nicht zum Kriege gekommen wäre, während des Krieges zufolge eines
Gesuches zum Schutz gewerblichen Eigentums oder zufolge
Veröffentlichung eines literarischen oder künstlerischen Werkes
hätten erlangt werden können, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages an zugunsten der Personen, die sie zu beanspruchen gehabt
hätten, anerkannt und begründet.
Anordnungen, die auf Grund der während des Krieges durch eine
gesetzgebende, ausführende oder verwaltende Stelle einer alliierten
oder assoziierten Macht hinsichtlich der Rechte der
Staatsangehörigen des ehemaligen Kaisertums Österreich auf dem
Gebiete des gewerblichen, literarischen oder künstlerischen
Eigentums ergriffenen Sondermaßnahmen getroffen worden sind,
behalten indes weiterhin ihre Gültigkeit und volle Wirksamkeit.
Wegen der Ausnutzung von gewerblichen, literarischen oder
künstlerischen Eigentumsrechten, die während des Krieges durch die
Regierung einer alliierten oder assoziierten Macht oder durch
irgendeine Person für Rechnung oder mit Zustimmung dieser Regierung
erfolgt ist, sowie wegen des Verlaufes, des Feilbietens oder des
Gebrauches irgendwelcher Erzeugnisse, Geräte, Sachen oder
Gegenstände, die unter diese Rechte fielen, stehen weder Österreich
oder seinen Staatsangehörigen noch den Staatsangehörigen des
ehemaligen Kaisertums Österreich oder in ihrem Namen Ersatzansprüche
oder Klagen zu.
Geldbeträge, die im Hinblick auf das Eigentum der im Artikel 249b
bezeichneten Personen auf Grund irgendeiner in Ausführung der in
Absatz 2 des gegenwärtigen Artikels genannten Sondermaßnahmen
getroffenen Anordnung oder Maßregel geschuldet werden oder gezahlt
worden sind, werden, falls die bei der Unterzeichnung des
gegenwärtigen Vertrages geltende Gesetzgebung einer der alliierten
oder assoziierten Mächte nicht anders darüber verfügt hat, in
gleicher Weise wie die anderen Forderungen der genannten Personen
nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages verwendet; die
Geldbeträge, die durch besondere, von der Regierung des ehemaligen
Kaisertums Österreich hinsichtlich des gewerblichen, literarischen
oder künstlerischen Eigentums von Staatsangehörigen der alliierten
oder assoziierten Mächte ergriffene Maßnahmen aufgebracht worden
sind, werden wie alle übrigen Schulden der österreichischen
Staatsangehörigen angesehen und behandelt.
Haben österreichische Staatsangehörige nach der Gesetzgebung einer
alliierten oder assoziierten Macht vor dem Kriege oder in seinem
Verlaufe gewerbliche, literarische oder künstlerische
Eigentumsrechte erworben oder erwerben sie solche künftig, so bleibt
der betreffenden alliierten oder assoziierten Macht die Befugnis
vorbehalten, diese Rechte (soweit es sich dabei nicht um Fabriks-
oder Handelsmarken handelt) in der für notwendig erkannten Weise zu
begrenzen, an Bedingungen zu knüpfen oder einzuschränken. Solche
Beschränkungen dürfen im Interesse der Landesverteidigung oder um
des Gemeinwohls willen oder zu dem Zwecke auferlegt werden, auf
österreichischer Seite eine gerechte Behandlung der gewerblichen,
literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechte der betreffenden
fremden Staatsangehörigen auf österreichischem Gebiet
sicherzustellen; ferner auch zu dem Zwecke, die vollständige
Erfüllung aller Verpflichtungen aus diesem Vertrage durch Österreich
zu verbürgen. Die gedachten Beschränkungen erfolgen in der Form, daß
die betreffende alliierte oder assoziierte Macht die eingangs
bezeichneten österreichischen Rechte entweder selbst ausübt oder
Lizenzen für ihre Ausübung erteilt oder die Ausübung weiterhin unter
ihrer Überwachung hält oder in sonst einer anderen Form. Bei den
nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages erworbenen
gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechten
darf die vorstehend den alliierten und assoziierten Mächten
vorbehaltene Befugnis nur ausgeübt werden, wenn die Begrenzungen,
Bedingungen oder Beschränkungen im Interesse der Landesverteidigung
oder des Gemeinwohls erforderlich erscheinen.
Gelangen die vorstehenden Vorschriften durch die alliierten und
assoziierten Mächte zur Anwendung, so werden angemessene
Entschädigungen oder Vergütungen gewährt, die in der gleichen Weise
wie alle anderen den österreichischen Staatsangehörigen geschuldeten
Summen gemäß den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages verwendet
werden.
Jeder der alliierten oder assoziierten Mächte behält sich die
Befugnis vor, jede seit dem 28. Juli 1914 vollzogene und jede
künftige Abtretung oder Teilabtretung oder jede Einräumung
gewerblicher, literarischer oder künstlerischer Eigentumsrechte, die
die Anwendung des gegenwärtigen Artikels vereiteln könnte, als null
und nichtig anzusehen.
Die Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels finden auf die
gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechte von
Gesellschaften oder Unternehmungen, deren Liquidierung von den
alliierten oder assoziierten Mächten entsprechend den
Kriegsausnahmegesetzen vorgenommen worden ist oder auf Grund des
Artikels 249, Absatz b, noch vorgenommen wird, keine Anwendung.
Artikel 259.
Soweit Staatsangehörige eines jeden der Hohen vertragschließenden
Teile bereits am 28. Juli 1914 gewerbliche Eigentumsrechte besaßen
oder solche, wenn es nicht zum Kriege gekommen wäre, auf Grund eines
vor oder im Verlauf des Krieges angebrachten Gesuches seitdem hätten
erwerben können, wird ihnen zur Erhaltung oder zum Erwerb dieser
Rechte eine Mindestfrist von einem Jahre vom Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrags an gewährt, um ohne jeden Aufschlag oder
irgendwelche Strafgebühr jede Handlung vorzunehmen, jede
Förmlichkeit zu erfüllen, jede Gebühr zu entrichten, überhaupt jeder
Verpflichtung zu genügen, die die Gesetze oder
Verwaltungsverordnungen des einzelnen Staates vorschreiben. Das
gleiche gilt für die Geltendmachung eines Widerspruchs gegen solche
Rechte. Indessen verleiht dieser Artikel kein Recht auf die
Wiedereröffnung eines Interferenzverfahrens in den Vereinigten
Staaten von Amerika, in dem die Schlußverhandlung stattgefunden hat.
Gewerbliche Eigentumsrechte, die infolge der Nichtvornahme einer
Handlung, der Nichterfüllung einer Förmlichkeit oder der
Nichtbezahlung einer Gebühr verfallen sind, treten wieder in Kraft.
Haben jedoch dritte Personen Patente oder Muster, während sie
verfallen waren, verwertet oder benutzt, so bleibt jeder alliierten
oder assoziierten Macht die Befugnis vorbehalten, die Anordnungen zu
treffen, die sie zur Wahrung der Rechte dieser dritten Personen
billigerweise für geboten erachtet. Ferner unterliegen die Patente
oder Muster, welche österreichischen Staatsangehörigen zustehen und
hiernach wieder in Kraft treten, hinsichtlich der Lizenzbewilligung
auch weiterhin den Vorschriften, die während des Krieges auf sie
Anwendung fanden, sowie allen Bestimmungen des gegenwärtigen
Vertrages.
Der Zeitraum zwischen dem 28. Juli 1914 und dem Zeitpunkte des
Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrages wird auf die für die
Ausübung eines Patentes oder für den Gebrauch von Fabriks- oder
Handelsmarken oder von Mustern vorgesehene Frist nicht angerechnet;
auch wird vereinbart, daß ein Patent, eine Fabriks- oder
Handelsmarke oder ein Muster, das am 28. Juli 1914 noch in Kraft
war, wegen bloßer Nichtausübung oder bloßen Nichtgebrauchs nicht vor
Ablauf einer Frist von zwei Jahren vom Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages an verfällt oder für ungültig erklärt werden
darf.
Artikel 260.
Die Prioritätsfristen, die im Artikel 4 des im Jahre 1911 in
Washington revidierten internationalen Pariser Übereinkommen vom
20. März 1883 oder in irgendeinem anderen geltenden Übereinkommen
oder Gesetze für die Einreichung oder Eintragung der Gesuche um
Verleihung von Patenten, um Schutz von Gebrauchsmustern Fabriks-
oder Handelsmarken, Mustern und Modellen vorgesehen sind und die am
28. Juli 1914 noch nicht abgelaufen waren, sowie diejenigen, die
während des Krieges begonnen haben oder, wenn es nicht zum Kriege
gekommen wäre, hätten beginnen können, werden durch jeden der Hohen
vertragschließenden Teile zugunsten aller Staatsangehörigen der
anderen Hohen vertragschließenden Mächte bis zum Ablauf einer Frist
von sechs Monaten vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
verlängert.
Diese Fristverlängerung läßt jedoch die Rechte jeder Hohen
vertragschließenden Macht oder jeder Person unberührt, die sich bei
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages im gutgläubigen Besitze
von gewerblichen Eigentumsrechten befindet, welche mit den unter
Beanspruchung der Prioritätsfrist nachgesuchten Rechten in
Widerspruch stehen; sie behalten den Genuß ihrer Rechte für ihre
Person oder in der Person von Vertretern oder Lizenzinhabern, denen
sie diese Rechte vor dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
eingeräumt haben, und dürfen dieserhalb in keiner Weise als
Nachahmer in Anspruch genommen oder verlangt werden.
Artikel 261.
Staatsangehörige des ehemaligen Kaisertums Österreich oder auf dem
Gebiete des ehemaligen Kaisertums Österreich wohnende oder dort ihr
Gewerbe treibende Personen einerseits und Staatsangehörige der
alliierten oder assoziierten Mächte oder im Gebiete dieser Mächte
wohnende oder dort ihr Gewerbe treibende Personen andrerseits sowie
Dritte, denen diese Staatsangehörigen etwa während des Krieges ihre
Rechte abgetreten haben, können auf Grund von Vorgängen auf dem
Gebiete des anderen Teiles in der Zeit zwischen dem Zeitpunkte des
Kriegszustandes und dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages,
in denen Verletzungen der während des Krieges geltenden oder der
gemäß den vorstehenden Artikeln 259 und 260 wiederhergestellten
gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechte
erblickt werden könnten, keine Klage erheben und keinerlei Anspruch
geltend machen.
Sind des ferneren in der Zeit zwischen dem Zeitpunkte des
Kriegszustandes und dem Zeitpunkte der Unterzeichnung des
gegenwärtigen Vertrages Erzeugnisse oder Gegenstände hergestellt
oder literarische oder künstlerische Werke veröffentlicht worden, so
gibt weder deren Erwerb noch ihre Benutzung oder Verwendung den
vorbezeichneten Personen jemals ein Klagerecht wegen Verletzung von
gewerblichen oder künstlerischen Eigentumsrechten; auch der Verkauf
und das Feilbieten begründet ein solches Klagerecht nicht, wenn
dieser Verkauf und dieses Feilbieten während eines Jahres nach der
Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrages in den Gebieten der
alliierten oder assoziierten Mächte einerseits oder Österreichs
andrerseits stattfindet. Diese Bestimmung findet jedoch keine
Anwendung, wenn die Berechtigten ihren Wohnsitz oder ihre
gewerbliche oder Handelsniederlassung in den von den
österreichisch-ungarischen Armeen im Laufe des Krieges besetzten
Gebieten hatten.
Dieser Artikel gilt nicht im Verhältnis zwischen den Vereinigten
Staaten von Amerika einerseits und Österreich andrerseits.
Artikel 262.
Lizenzverträge über Ausübung von Rechten des gewerblichen
Eigentums oder über Vervielfältigung von literarischen oder
künstlerischen Werken, die vor dem Kriegszustande zwischen
Staatsangehörigen der alliierten oder assoziierten Mächte oder in
ihrem Gebiete wohnenden oder dort ihr Gewerbe treibenden Personen
einerseits und Staatsangehörigen des ehemaligen Kaisertums
Österreich andrerseits geschlossen sind, gelten vom Zeitpunkte des
Kriegszustandes zwischen der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie und der alliierten oder assoziierten Macht an als
aufgelöst. In allen Fällen hat jedoch der auf Grund eines solchen
Vertrages ursprünglich Lizenzberechtigte das Recht, binnen einer
Frist von sechs Monaten vom Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages an von dem Inhaber der Rechte die Einräumung einer neuen
Lizenz zu verlangen. Die Bedingungen der neuen Lizenz werden mangels
einer Einigung zwischen den Parteien von dem zuständigen Gerichte
des Landes, unter dessen Gesetzgebung die Rechte erworben sind,
festgesetzt, es sei denn, daß die Lizenzen auf Rechten beruhen, die
unter der Gesetzgebung des ehemaligen Kaisertums Österreich erworben
sind; in diesem Falle werden die Bedingungen durch den im
Abschnitt VI des gegenwertigen Teiles vorgesehenen Gemischten
Schiedsgerichtshof festgesetzt. Das Gericht kann alsdann
gegebenfalls den Betrag der ihm angebracht erscheinenden Vergütung
für die Ausnutzung der Rechte während des Krieges festsetzen.
Lizenzen für gewerbliche, literarische oder künstlerische
Eigentumsrechte, die kraft der besonderen Kriegsgesetzgebung einer
alliierten oder assoziierten Macht verliehen sind, werden von der
Fortdauer einer schon vor dem Kriege bestehenden Lizenz nicht
berührt, sondern behalten ihre volle Gültigkeit und Wirksamkeit. Ist
eine solche Lizenz dem auf Grund eines vor dem Kriege
abgeschlossenen Lizenzvertrages ursprünglich Lizenzberechtigten
verliehen, so gilt sie als an die Stelle der früheren Lizenz
getreten.
Sind auf Grund eines vor dem Krieg abgeschlossenen, auf
Ausübung von Rechten des gewerblichen Eigentums oder
Vervielfältigung oder Aufführung literarischer, dramatischer oder
künstlerischer Werke gerichteten Vertrages oder auf Grund einer vor
dem Krieg erteilten Lizenz solchen Inhaltes während des Krieges
bezüglich des Eigentums der im Artikel 249b genannten Personen
Geldsummen gezahlt worden, so finden sie die gleiche Verwendung wie
dem gegenwärtigen Vertrag zufolge die sonstigen Schulden oder
Forderungen der genannten Personen.
Dieser Artikel gilt nicht im Verhältnis zwischen den Vereinigten
Staaten von Amerika einerseits und Österreich andrerseits.
Abschnitt VIII.
Sonderbestimmungen für übertragene Gebiete.
Artikel 263.
Von denjenigen physischen und juristischen Personen, welche früher
Angehörige des ehemaligen Kaisertums Österreich einschließlich
Bosniens und der Hercegovina waren, werden diejenigen, welche durch
den vorliegenden Vertrag ohne weiteres die Staatsangehörigkeit einer
verbündeten oder assoziierten Macht erlangen, in den folgenden
Bestimmungen als "Angehörige des ehemaligen Kaisertums Österreichs",
die Übrigen als "österreichische Staatsangehörige" bezeichnet.
Artikel 264.
Die Bewohner der kraft des gegenwärtigen Vertrages übertragenen
Gebiete behalten, dieser Übertragung und des sich daraus ergebenden
Wechsels der Staatsangehörigkeit ungeachtet, in Österreich den
vollen und ganzen Genuß aller Rechte des gewerblichen, literarischen
und künstlerischen Eigentums, deren Inhaber sie nach der im
Zeitpunkte der genannten Übertragung in Kraft stehenden Gesetzgebung
waren.
Artikel 265.
Die Fragen bezüglich jener Angehörigen des ehemaligen Kaisertums
Österreich sowie der österreichischen Staatsangehörigen, ihrer
Rechte, Vorrechte und ihres Eigentums, welche weder im gegenwärtigen
Vertrage behandelt sind, noch in dem Vertrage, welcher gewisse
unmittelbare Beziehungen zwischen jenen Staaten regeln soll, denen
ein Gebiet der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie
übertragen wurde, oder welche aus der Auflösung dieser Monarchie
entstanden sind, werden Gegenstand von besonderen Vereinbarungen
zwischen den beteiligten Staaten einschließlich Österreichs bilden,
wobei selbstverständlich ist, daß diese Vereinbarungen in keiner
Weise mit den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages in
Widerspruch stehen dürfen.
In diesem Zwecke herrscht Übereinstimmung dahingehend, daß binnen
drei Monaten vom Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrages eine
Konferenz zwischen den Delegierten der beteiligten Mächte
stattfinden wird.
Artikel 266.
Die österreichische Regierung wird unverzüglich die Angehörigen
des ehemaligen Kaisertumes Österreich wieder in den Besitz ihres auf
österreichischem Gebiete gelegenen Eigentums, ihrer Rechte und ihrer
Interessen einsetzen.
Der Betrag der Steuern und Abgaben auf das Kapital, welche vom
Eigentum, den Rechten und Interessen Angehöriger des ehemaligen
Kaisertums Österreich seit dem 3. November 1918 eingehoben oder
erhöht worden sind, oder welche bis zu ihrer gemäß den Bestimmungen
des gegenwärtigen Vertrages erfolgten Wiedererstattung oder - falls
es sich um Eigentum, Rechte oder Interessen handelt, die nicht den
Gegenstand außerordentlicher Kriegsmaßnahmen gebildet haben - bis
zum Ablauf einer dreimonatigen Frist nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages eingehoben oder erhöht werden sollten, wird
den Berechtigten zurückerstattet.
Was an Eigentum, Rechten und Interessen zurückerstattet ist, wird
von dem Augenblick an, in dem es aus Österreich weggebracht oder dort
nicht mehr ausgeübt wird, keiner Abgabe unterworfen sein, die
derselben Person mit Rücksicht auf ihr sonstiges Vermögen oder auf
eine andere Unternehmung auferlegt wurde.
Falls irgendwelche Gebühren für aus Österreich weggebrachtes
Eigentum, Rechte oder Interessen im vornhinein gezahlt wurden, so
wird der auf die Zeit nach der Wegbringung dieses Eigentums, der
Rechte und Interessen entfallende vorausbezahlte Teilbetrag dieser
Gebühren den Berechtigten zurückerstattet werden.
Die Bestimmungen des Artikels 248d und 272 des gegenwärtigen
Vertrages bezüglich der Währung, in welcher die Zahlung zu leisten
ist, sowie des Umrechnungskurses, sind in den Fällen, auf welche sie
sich beziehen, auf die Rückzahlung der Guthaben, von denen im ersten
Absatz des gegenwärtigen Artikels die Rede ist, anwendbar.
In der gewesenen Monarchie begründete oder geschaffene und für
Angehörige des ehemaligen Kaisertums Österreich bestimmte
Vermächtnisse, Schenkungen, Stipendien und Stiftungen aller Art sind
von Österreich, soweit sie sich auf dessen Gebiet befinden,
derjenigen alliierten oder assoziierten Macht, deren
Staatsangehörige die betreffenden Personen jetzt sind, in dem
Zustand zur Verfügung zu stellen, in welchem diese Stiftungen am
28. Juli 1914 waren, wobei die für den Zweck der Stiftung erfolgten
ordnungsgemäßen Zahlungen zu berücksichtigen sind.
Artikel 267.
Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 249 und der Anlage zu
Abschnitt IV unterliegen das auf den Gebieten der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie gelegene Eigentum, Rechte und
Interessen der österreichischen Staatsangehörigen oder der von
solchen kontrollierten Gesellschaften nicht der in diesen
Bestimmungen vorgesehenen Beschlagnahme oder Liquidierung.
Dieses Eigentum, diese Rechte und Interessen werden den
Berechtigten frei von jeder derartigen Maßnahme oder von jeder
anderen Verfügung bezüglich Enteignung, Zwangsverwaltung oder
Sequester, die seit dem 3. November 1918 und bis zum Inkrafttreten
des gegenwärtigen Vertrages getroffen wurden, zurückgestellt werden.
Sie werden in dem Zustande zurückerstattet werden, in dem sie sich
vor Anwendung der in Frage stehenden Maßnahmen befunden haben.
Die Vermögen, Rechte und Interessen, von denen der vorliegende
Artikel handelt, umfassen nicht jenes Eigentum, das unter den
Artikel 208 des Teiles IX (Finanzielle Klauseln) fällt.
Die Bestimmungen der Anlage III des Abschnittes I des Teiles VIII
(Wiedergutmachungen) in bezug auf das Eigentum österreichischer
Staatsangehöriger an Schiffen und Booten werden durch den
vorliegenden Artikel nicht berührt.
Artikel 268.
Alle Verträge über den Verkauf von auf dem Seewege zu liefernden
Waren, die vor dem 1. Jänner 1917 zwischen Angehörigen des
ehemaligen Kaisertums Österreich einerseits und den
Verwaltungsbehörden der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie, Österreichs, Bosniens und der Herzegowina oder
österreichischen Staatsangehörigen andrerseits geschlossen wurden,
werden annulliert, ausgenommen Schulden und andere
Geldverpflichtungen, die aus dem Vollzug irgend einer in diesen
Verträgen vorgesehenen Operation oder Zahlung erwachsen. Alle
übrigen Verträge zwischen denselben Kontrahenten, die vor dem
1. November 1918 geschlossen wurden und zu jenem Zeitpunkte
Gültigkeit hatten, bleiben aufrecht.
Artikel 269.
Die Bestimmungen der Artikel 252 und 253 über Verjährung,
Präklusion und Erlöschung werden in den abgetrennten Gebieten
angewendet, wobei der Ausdruck "Kriegsbeginn" durch den Ausdruck:
"jener von jeder einzelnen alliierten oder assoziierten Macht
administrativ zu bestimmende Tag, an dem die Beziehungen zwischen
den Vertragsteilen tatsächlich oder rechtlich unmöglich wurden",
ferner der Ausdruck "Kriegsdauer" durch den Ausdruck: "Zeitraum
zwischen diesem Tag und dem Inkrafttreten des vorliegenden
Vertrages" zu ersetzen ist.
Artikel 270.
Österreich verpflichtet sich, in keiner Weise zu verhindern, daß
Eigentum, Rechte und Interessen einer nach den Gesetzen der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie gegründeten
Gesellschaft, an welcher Angehörige der alliierten und assoziierten
Mächte interessiert sind, an eine gemäß den Gesetzen irgendeiner
anderen Macht gegründete Gesellschaft übertragen werden, es
verpflichtet sich, alle Maßnahmen, die zur Durchführung dieser
Übertragung notwendig sind, zu erleichtern und die von ihm eventuell
angesprochene Unterstützung zu erteilen zur Rückerstattung ihrer in
Österreich oder in abgetretenen Gebieten gelegenen Eigentumsrechte,
Rechte und Interessen an Angehörige der alliierten oder assoziierten
Staaten oder an Gesellschaften, an welchen diese interessiert sind.
Artikel 271.
Abschnitt III, ausgenommen Artikel 248d, findet keine Anwendung
auf Schulden, die zwischen österreichischen Staatsangehörigen und
Angehörigen des ehemaligen österreichischen Kaisertums eingegangen
wurden.
Unter Vorbehalt der besonderen Bestimmungen, die in Artikel 248d
für die neugeschaffenen Staaten vorgesehen sind, sind die Schulden,
von denen im 1. Absatze des gegenwärtigen Artikels die Rede ist, in
derjenigen Währung zu zahlen, die im Zeitpunkte der Zahlung in dem
Staate, dessen Angehöriger der Angehörige des ehemaligen
österreichischen Kaisertums geworden ist, gesetzlichen Zahlungskurs
hat. Der auf diese Regelung anzuwendende Umrechnungskurs ist der
durchschnittliche Kurs der Genfer Börse während der zwei Monate, die
dem 1. November 1918 vorausgegangen sind.
Artikel 272.
Die Versicherungsanstalten, die ihren Hauptsitz in den Gebieten
hatten, die früher einen Teil der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie bildeten, werden das Recht
haben, während eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Inkrafttreten
des gegenwärtigen Vertrages ihre Tätigkeit auf österreichischem
Gebiet auszuüben, ohne daß die Änderung der Nationalität die
Rechtslage, in der sie sich früher befanden, irgendwie beeinflussen
könnte.
Während dieses Zeitraumes können die Geschäfte der erwähnten
Anstalten von Österreich keiner höheren Gebühr oder Last unterworfen
werden, als sie von Geschäften der einheimischen Anstalten
eingehoben werden. Ihr Eigentum darf durch keine Maßnahme
beeinträchtigt werden, die nicht in gleicher Weise auf das Eigentum,
die Rechte oder Interessen der einheimischen Versicherungsanstalten
angewendet wird; im Falle der Anwendung solcher Maßnahmen werden
angemessene Entschädigungen bezahlt werden.
Die gegenwärtigen Bestimmungen sind nur insoweit anwendbar, als den
österreichischen Versicherungsanstalten, welche früher ihre
Geschäftstätigkeit in den abgetrennten Gebieten ausübten, in
reziproker Weise das gleiche Recht eingeräumt wird, ihre Tätigkeit in
den erwähnten Gebieten auch in dem Falle auszuüben, wenn ihr
Hauptsitz außerhalb dieser Gebiete gelegen war.
Nach Ablauf der erwähnten zehnjährigen Frist werden die
bezeichneten Versicherungsanstalten, die einem der alliierten oder
assoziierten Staaten angehören, die im Artikel 228 dieses Teiles des
gegenwärtigen Vertrages festgesetzte Behandlung genießen.
Artikel 273.
Die Verteilung von Gütern, die Vereinigungen oder
öffentlich-rechtlichen juristischen Personen gehören, welche ihre
Tätigkeit auf Gebieten, die durch den gegenwärtigen Vertrag
zerschnitten werden, ausgeübt haben, wird durch Sonderabkommen
geregelt werden.
Artikel 274.
Die Staaten, denen ein Gebiet der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen wurde oder die aus
dem Zerfall dieser Monarchie hervorgegangen sind, werden die Rechte
des gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentums
anerkennen, die im Zeitpunkte des Überganges dieser Gebiete unter
ihre Souveränität in diesen in Kraft waren oder die durch Anwendung
des Artikels 258 des gegenwärtigen Vertrages wieder in Kraft gesetzt
oder wiederhergestellt werden. Diese Rechte werden während des
Zeitraumes, der ihnen auf Grund der Gesetzgebung der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie gewährt werden wird, in Kraft
bleiben.
Alle Fragen betreffend die Archive, Register und Pläne, die sich
auf den Dienst des gewerblichen, literarischen und künstlerischen
Eigentums beziehen, sowie ihre allfällige Übersendung oder
Mitteilung seitens der Ämter der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie an die Ämter der Staaten,
welche Gebiete der genannten Monarchie übernommen haben oder an die
Ämter der neugebildeten Staaten, wird durch ein Sonderabkommen
geregelt werden.
Artikel 275.
Unbeschadet der anderen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages
verpflichtet sich die österreichische Regierung, soweit es sie
betrifft, einer jeden Macht, an die Gebiete der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen werden oder die aus
dem Zerfall dieser Monarchie entstanden ist, jenen Bruchteil der von
den Regierungen oder Verwaltungen der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie oder von den unter ihrer
Kontrolle tätigen öffentlichen oder privaten Körperschaften
angesammelten Reserven zu übergeben, der für das Funktionieren aller
sozialen und staatlichen Versicherungen auf diesen Gebieten bestimmt
ist.
Die Mächte, denen diese Gelder übergeben werden, sind gehalten,
sie zur Erfüllung der aus diesen Versicherungen hervorgehenden
Verpflichtungen zu verwenden.
Die Bedingungen dieser Übergabe werden durch besondere zwischen
der österreichischen Regierung und den beteiligten Regierungen zu
schließende Übereinkommen geregelt werden.
Falls diese besonderen Übereinkommen nicht dem vorhergehenden
Absatze gemäß innerhalb drei Monaten vom Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages abgeschlossen sind, werden die Bedingungen
der Übergabe in jedem einzelnen Falle einem Ausschuß von fünf
Mitgliedern unterbreitet werden, von denen eines durch die
österreichische Regierung, eines durch die andere beteiligte
Regierung und drei durch den Verwaltungsrat des internationalen
Arbeitsamtes aus den Angehörigen der anderen Staaten ernannt werden.
Dieser Ausschuß muß mit Stimmenmehrheit innerhalb dreier Monate von
seiner Konstituierung Vorschläge annehmen, die dem Rate des
Völkerbundes zu unterbreiten sind; die Entscheidungen des Rates sind
von Österreich und vom anderen interessierten Staate sofort als
endgültig anzusehen.
Artikel 283.
Die durch die vorstehenden Bestimmungen auferlegten
Verpflichtungen bleiben bis zum 1. Jänner 1923 in Kraft, sofern
nicht Österreich zu einem früheren Zeitpunkt in den Völkerbund
aufgenommen ist oder von den alliierten und assoziierten Mächten die
Zustimmung zum Beitritt zu dem von ihnen abgeschlossenen
Übereinkommen über die Luftschiffahrt erhalten hat.
Teil XII.
Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen.
Abschnitt I.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 284.
Österreich verpflichtet sich, dem Personen-, Güter-, Schiffs-,
Boots-, Eisenbahnwagen- und Postverkehr von oder nach den
angrenzenden oder nicht angrenzenden Gebieten irgendeiner der
alliierten und assoziierten Mächte freien Durchgang durch sein
Gebiet auf den für den zwischenstaatlichen Durchgangsverkehr
geeignetsten Wegen, auf Eisenbahnen, schiffbaren Wasserläufen oder
Kanälen zu gewähren.
Der Personen-, Waren-, Schiffs-, Boots-, Eisenbahnwagen- und
Postverkehr wird keinen Durchgangszöllen und keinen unnützen
Verzögerungen oder Beschränkungen unterworfen und hat in Österreich
in bezug auf Gebühren und Verkehrserleichterungen sowie in jeder
anderen Hinsicht ein Anrecht auf gleiche Behandlung wie der
innerösterreichische Verkehr.
Die Durchgangsgüter bleiben von allen Zoll- oder ähnlichen Abgaben
frei.
Alle den Durchgangsverkehr belastenden Gebühren oder Abgaben
müssen den Verkehrsverhältnissen entsprechend mäßig berechnet
werden. Die Person des Eigentümers oder die Staatszugehörigkeit des
Schiffes oder der sonstigen Beförderungsmittel, die auf irgendeinem
Teil der gesamten Durchgangsstrecke benutzt worden sind oder benutzt
werden sollen, dürfen für die Abgaben, Verkehrserleichterungen oder
Beschränkungen weder unmittelbar noch mittelbar ausschlaggebend
sein.
Artikel 285.
Österreich verpflichtet sich, über Auswanderungsunternehmungen,
welche Auswanderer- oder Rückwandererverkehr durch sein Gebiet
leiten, keine staatliche Aufsicht einzurichten oder beizubehalten,
es sei denn zum Zweck der Feststellung, daß die Reisenden
tatsächlich sich im Durchgangsverkehr befinden; wird zu letzterem
Zweck ein Verwaltungsdienst eingerichtet, so darf Österreich keine
am Verkehr interessierte Schiffahrtsgesellschaft oder andere
Körperschaft, Gesellschaft oder Privatperson irgendwie daran
teilnehmen lassen oder ihr einen unmittelbaren oder mittelbaren
Einfluß in dieser Hinsicht einräumen.
Artikel 286.
Österreich begibt sich des Rechtes, bei seinen Ein- und
Ausfuhrzöllen, -abgaben und -verboten unmittelbar oder mittelbar
eine unterschiedliche oder Vorzugsbehandlung nach folgenden
Gesichtspunkten eintreten zu lassen: Nach der Ein- oder
Ausgangsgrenze, nach der Art, den Eigentumsverhältnissen oder der
Flagge des Beförderungsmittels (einschließlich Luftverkehrsmittels),
nach dem ursprünglichen oder letzten Abgangsort des Schiffes,
Bootes, Eisenbahnwagens, Luftschiffes oder sonstigen
Beförderungsmittels, nach seinem endgültigen oder
Zwischenbestimmungsort, nach dem eingeschlagenen Reiseweg oder den
Umladeplätzen, nach dem Umstand, ob die Waren unmittelbar über einen
österreichischen Hafen oder mittelbar über einen ausländischen Hafen
ein- oder ausgeführt werden, oder nach dem Umstand, ob die Ein- oder
Ausfuhr der Waren zu Wasser, zu Lande oder durch die Luft erfolgt.
Das gleiche gilt vorbehaltlich der Sondervorschriften des
gegenwärtigen Vertrages für die Beförderungsbedingungen und -kosten
für Güter oder Personen, die in sein Gebiet eintreten oder aus
diesem austreten.
Österreich begibt sich namentlich des Rechtes, zum Nachteil der
Häfen, Schiffe oder Boote irgendeiner alliierten oder assoziierten
Macht Zuschlagsgebühren oder unmittelbare oder mittelbare Prämien
auf die Ein- oder Ausfuhr über österreichische oder
nichtösterreichische Häfen oder auf österreichischen oder
nichtösterreichischen Schiffen und Booten, besonders in Form von
gemeinschaftlichen Tarifen festzusetzen. Ferner verzichtet es
darauf, Personen oder Waren, die über einen Hafen der alliierten und
assoziierten Mächte ihren Weg nehmen oder ein Schiff oder Boot
dieser Mächte benutzen, Förmlichkeiten oder Weiterungen zu
unterwerfen, die nicht statthätten, wenn sie über einen
österreichischen Hafen oder über den Hafen einer anderen Macht ihren
Weg nähmen oder ein österreichisches Schiff oder Boot oder ein Boot
einer anderen Macht benutzten.
Artikel 287.
Um den Übergang der Waren über die österreichische Grenze nach
Möglichkeit abzukürzen und um von der Grenze ab ihre Abfertigung und
Weiterbeförderung unter denselben sachlichen Bedingungen - besonders
hinsichtlich der Schnelligkeit und der Sorgfalt der Beförderung -,
wie sie Waren gleicher Art auf österreichischem Gebiet unter
ähnlichen Beförderungsbedingungen genießen würden, sicherzustellen,
sind alle zweckdienlichen Verwaltungs- und technischen Maßnahmen zu
treffen, und zwar ohne Unterschied, ob die Waren aus den Gebieten
der alliierten und assoziierten Mächte kommen oder dorthin gehen
oder Durchgangswaren aus diesen Gebieten oder für diese Gebiete
sind.
Insbesondere sind leicht verderbliche Waren schnell und regelmäßig
zu befördern und die Zollförmlichkeiten so abzuwickeln, daß die
unmittelbare Weiterführung der Warensendung mit den Anschlußzügen
ermöglicht wird.
Artikel 288.
Die Seehäfen der alliierten und assoziierten Mächte genießen alle
Vorteile und Tarifermäßigungen, die auf den österreichischen
Eisenbahnen oder Schiffahrtsstraßen zugunsten irgendeines Hafens
einer anderen Macht gewährt werden.
Artikel 289.
Österreich darf seine Teilnahme an Tarifen oder Tarifverbänden
nicht verweigern, die den Häfen einer der alliierten und
assoziierten Mächte ähnliche Vorteile, wie es den Häfen einer
anderen Macht gewährt, sichern.
Abschnitt II.
Schiffahrt.
Kapitel I.
Freiheit der Schiffahrt.
Artikel 290.
Die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte
genießen ebenso wie ihr Eigentum, ihre Schiffe und Boote in allen
österreichischen Häfen und auf allen österreichischen
Binnenwasserstraßen in jeder Hinsicht die gleiche Behandlung wie die
österreichischen Staatsangehörigen, Güter, Schiffe und Boote.
Insbesondere sind die Schiffe und Boote jeder alliierten und
assoziierten Macht berechtigt, Waren jeder Art und Reisende von und
nach allen Häfen oder Plätzen Österreichs, zu denen die
österreichischen Schiffe und Boote Zugang haben, zu keinen
ungünstigeren Bedingungen zu befördern als sie bei Schiffen und
Booten des Landes zur Anwendung gelangen. Sie sind auf dem Fuße der
Gleichberechtigung mit den Schiffen und Booten des Landes zu
behandeln, soweit es sich um Benutzung der Hafen- und
Ladestraßeneinrichtungen sowie um Hafen- und Ladestraßenabgaben
jeder Art handelt. Es fallen darunter die Anlege-, Ladungs- und
Löschungseinrichtungen, die Tonnengelder und -gebühren, die
Ladestraßen-, Lotsen-, Leuchtturm-, Quarantäne- und alle ähnlichen
Abgaben und Gebühren aller Art, die im Namen und für Rechnung der
Regierung oder im Namen und für Rechnung von öffentlichen Beamten,
Privatpersonen, Körperschaften oder Anstalten aller Art erhoben
werden.
Gesteht Österreich irgendeiner alliierten und assoziierten oder
irgendeiner anderen fremden Macht eine Vorzugsbehandlung zu, so
tritt diese Behandlung unverzüglich und bedingungslos für alle
alliierten und assoziierten Mächte in Kraft.
Der Personen- und Schiffsverkehr unterliegt keinen anderen
Beschränkungen als denen, die sich aus den Zoll- und
Polizeivorschriften, aus den Vorschriften über das Gesundheitswesen,
sowie über Aus- und Einwanderung, endlich aus Ein- und
Ausfuhrverboten ergeben. Solche Bestimmungen müssen billig und
einheitlich sein und dürfen den Handel nicht unnötig behindern.
Kapitel II.
Bestimmungen über die Donau.
1. Gemeinsame Bestimmungen für die als
international erklärten Flußnetze.
Artikel 291.
Es werden für international erklärt: die Donau von Ulm ab und
jeder schiffbare Teil dieses Flußgebietes, der mehr als einem Staat
als natürlicher Zugang zum Meere, mit oder ohne Umladung von einem
Schiff in ein anderes, dient, desgleichen der Teil des Laufes der
March und der Thaya, welcher die Grenze zwischen der
Tschecho-Slowakei und Österreich bildet, ebenso wie die Seitenkanäle
und Fahrtrinnen, die zur Verdoppelung oder Verbesserung der von
Natur aus schiffbaren Abschnitte des genannten Flußgebietes oder zur
Verbindung zweier von Natur aus schiffbaren Abschnitte des gleichen
Wasserlaufes gebaut werden.
Das Gleiche gilt für den Schiffahrtsweg Rhein-Donau im Fall, daß
dieser Wasserweg unter den im Artikel 308 festgesetzten Bedingungen
gebaut wird.
Zufolge einer zwischen den Uferstaaten geschlossenen Vereinbarung
kann die zwischenstaatliche Verwaltung auf jeden Teil des
obbezeichneten Flußgebietes ausgedehnt werden, der nicht in der
allgemeinen Erklärung inbegriffen ist.
Artikel 292.
Auf den im vorstehenden Artikel als international erklärten
Wasserstraßen werden die Staatsangehörigen, das Gut und die Flaggen
aller Mächte auf dem Fuße vollkommener Gleichheit behandelt werden,
so daß kein Unterschied zum Nachteile der Staatsangehörigen, des
Gutes und der Flagge irgendeiner dieser Mächte zwischen diesen und
den Staatsangehörigen, dem Gute und der Flagge des Uferstaates
selbst oder desjenigen Staates gemacht wird, dessen Angehörige,
Güter und Flagge die Meistbegünstigung genießen.
Artikel 293.
Österreichische Schiffe dürfen indes regelmäßige
Schiffsverbindungen für Reisende und Güter zwischen den Häfen einer
alliierten oder assoziierten Macht nur mit deren besonderer
Ermächtigung unterhalten.
Artikel 294.
Von den Schiffen, die den Schiffahrtsweg oder seine Zugänge
benutzen, dürfen Abgaben erhoben werden und diese Abgaben dürfen auf
den verschiedenen Flußabschnitten verschieden bemessen werden,
beides soweit sich aus einem bestehenden Abkommen nicht das
Gegenteil ergibt. Die Abgaben sollen ausschließlich zur angemessenen
Deckung der Kosten für die Schiffbarerhaltung oder Verbesserung des
Flusses und seiner Zugänge oder zur Bestreitung von Ausgaben im
Interesse der Schiffahrt dienen. Ihr Tarif wird nach diesen Ausgaben
berechnet und in den Häfen ausgehängt. Diese Abgaben werden so
festgesetzt, daß eine ins einzelne gehende Untersuchung der Ladung
nicht nötig ist, es sei denn, daß Verdacht des Schmuggels oder einer
Übertretung besteht.
Artikel 295.
Der Durchgangsverkehr der Reisenden, Schiffe und Waren vollzieht
sich nach den im Abschnitt I festgesetzten allgemeinen Grundsätzen.
Gehören beide Ufer eines internationalen Flusses demselben Staat
an, so können Durchgangsgüter unter Zollverschluß gebracht oder
unter die Aufsicht von Zollbeamten gestellt werden. Wenn der Fluß
die Grenze bildet, so bleiben Durchgangsgüter und -reisende von
jeder Zollformalität befreit. Die Ein- und Ausladung der Waren sowie
die Ein- und Ausschiffung der Reisenden darf nur in den von dem
Uferstaate bezeichneten Häfen ausgeführt werden.
Artikel 296.
Auf dem Laufe, wie an der Mündung der erwähnten Schiffahrtswege
dürfen andere Abgaben irgendwelcher Art, als die in diesem Teile
festgesetzten, nicht erhoben werden.
Diese Bestimmung läßt das Recht der Uferstaaten zur Erhebung von
Zöllen, Orts- oder Verbrauchsabgaben unberührt. Das gleiche gilt
hinsichtlich der Einführung angemessener und gleichartiger Abgaben,
die in den Häfen nach öffentlichen Tarifen für Benutzung der Krane,
Aufzüge, Ladestraßen, Speicher und anderen derartigen Einrichtungen
erhoben werden.
Artikel 297.
Mangels einer besonderen Ordnung für die Ausführung der Arbeiten
zur Unterhaltung und Verbesserung des internationalen Teiles eines
schiffbaren Wasserstraßengebietes ist jeder Uferstaat verpflichtet,
in angemessenem Umfange die notwendigen Vorkehrungen zur Beseitigung
aller Schiffahrtshindernisse und -gefahren und zur Erhaltung guter
Schiffahrtsverhältnisse zu treffen.
Kommt ein Staat dieser Verpflichtung nicht nach, so kann jeder
Uferstaat oder jeder in dem internationalen Ausschuß vertretene
Staat den zu diesem Zwecke vom Völkerbund eingesetzten Gerichtshof
anrufen.
Artikel 298.
Das gleiche gilt für den Fall, daß ein Uferstaat Arbeiten
unternimmt, die geeignet sind, der Schiffahrt in dem internationalen
Abschnitt Abbruch zu tun. Der in dem vorigen Artikel erwähnte
Gerichtshof kann die Aussetzung oder die Einstellung dieser Arbeiten
anordnen; er hat bei seinen Entschließungen den Rechten bezüglich
der Berieselung, der Wasserkraft, der Fischerei und der anderen
nationalen Interessen Rechnung zu tragen, welche im Falle des
Einverständnisses aller Uferstaaten oder aller in dem
internationalen Ausschuß vertretenen Staaten den Erfordernissen der
Schiffahrt vorzugehen haben.
Die Berufung an den Gerichtshof des Völkerbundes hat keine
aufschiebende Wirkung.
Artikel 299.
An Stelle der in den Artikeln 292 und 294 bis 298 festgesetzten
Ordnung wird als Ersatz eine andere treten, die in einem von den
alliierten und assoziierten Mächten entworfenen und vom Völkerbund
genehmigten allgemeinen Übereinkommen über die schiffbaren
Wasserstraßen, deren internationalen Charakter dieses Übereinkommen
anerkennen würde, niedergelegt wird. Dieses Übereinkommen wird
besonderes auf die Gesamtheit oder einen Teil des obenerwähnten
Flußgebietes der Donau, ebenso wie auf die anderen Bestandteile des
gedachten Flußgebietes Anwendung finden können, die mit ihm unter
einen allgemeinen Gesichtspunkt zusammengefaßt werden können.
Österreich verpflichtet sich, gemäß den Bestimmungen des
Artikels 331, dem gedachten allgemeinen Übereinkommen beizutreten.
Artikel 300.
Österreich tritt den beteiligten alliierten und assoziierten
Mächten längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Aufforderung
einen Teil der Schlepper und Boote ab, die nach Abzug des zur
Wiederherstellung oder Wiedergutmachung abgegebenen Materials in den
Häfen des im Artikel 291 erwähnten Flußgebietes eingetragen bleiben.
Österreich tritt gleichfalls das Material jeder Art ab, dessen die
beteiligten alliierten und assoziierten Mächte für die Ausnutzung
dieses Flußnetzes bedürfen.
Die Zahl der abzutretenden Schlepper und Boote, die Menge des
abzutretenden Materials und die Verteilung werden durch einen oder
mehrere Schiedsrichter festgesetzt, die von den Vereinigten Staaten
von Amerika bestimmt werden. Hierbei wird den berechtigten
Bedürfnissen der beteiligten Parteien Rechnung getragen und
besonders der Schiffahrtsverkehr in den letzten fünf Jahren vor dem
Kriege als Grundlage genommen.
Alle abgetretenen Fahrzeuge müssen mit ihrem Zubehör und ihrer
Ausrüstung versehen, in gutem Zustand und zur Güterbeförderung
geeignet sein und aus den letzten Neubauten ausgewählt werden.
Sobald die im gegenwärtigen Artikel vorgesehenen Abtretungen eine
Eigentumsübertragung notwendig machen, setzt der Schiedsrichter oder
setzen die Schiedsrichter die Rechte der früheren Eigentümer unter
Zugrundelegung des 15. Oktober 1918 und die Höhe der ihnen zu
zahlenden Entschädigung, sowie, in jedem einzelnen Falle, die Art
der Leistung dieser Entschädigung fest. Wenn der oder die
Schiedsrichter erkennen, daß die ganze oder ein Teil der
Entschädigung unmittelbar oder mittelbar Staaten zukommt, die zu
Wiedergutmachungen verhalten sind, bestimmen sie die Summe, die auf
Grund dieses Postens den genannten Staaten gutzuschreiben ist.
Was die Donau anbelangt, so unterliegen gleichfalls dem
Schiedspruche des oder der oberwähnten Schiedsrichter alle Fragen,
die sich auf die endgültige Verteilung der Schiffe, deren Eigentum
oder Nationalität zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen Staaten
Anlaß geben könnte, und auf die Bedingungen dieser Verteilung
beziehen.
Ein aus den Vertretern der Vereinigten Staaten von Amerika, des
Britischen Reiches, Frankreichs und Italiens gebildeter Ausschuß ist
bis zur endgültigen Verteilung mit der Aufsicht über diese Schiffe
betraut. Dieser Ausschuß wird einstweilen das Notwendige verfügen,
um die Verwertung dieser Schiffe im allgemeinen Interesse durch
irgend eine lokale Organisation sicherzustellen, oder er wird
anderenfalls selbst den Betrieb übernehmen, ohne jedoch der
endgültigen Verteilung vorzugreifen.
Diese vorläufige Verwertung wird soweit als möglich auf
kaufmännischen Grundlagen eingerichtet werden und die
Gesamteinnahmen des erwähnten Ausschusses aus der Schiffsvermietung
werden auf eine von dem Wiedergutmachungsausschuß anzugebende Weise
verwendet werden.
2. Sonderbestimmungen für die Donau.
Artikel 301.
Die Europäische Donaukommission übt von neuem die Befugnisse aus,
die sie vor dem Kriege hatte. Vorläufig wird diese Kommission jedoch
lediglich von den Vertretern Großbritanniens, Frankreichs, Italiens
und Rumäniens gebildet.
Artikel 302.
Von der Stelle ab, wo die Zuständigkeit der Europäischen
Kommission aufhört, tritt das im Artikel 286 bezeichnete Flußgebiet
der Donau unter die Verwaltung eines internationalen Ausschusses,
der sich wie folgt zusammensetzt:
aus 2 Vertretern der deutschen Uferstaaten,
aus je 1 Vertreter der anderen Uferstaaten,
aus je 1 Vertreter der in Zukunft in der Europäischen Kommission
vertretenen Nichtuferstaaten.
Können einige dieser Vertreter bei Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages nicht ernannt werden, so sind die Entschließungen des
Ausschusses trotzdem gültig.
Artikel 303.
Der im vorstehenden Artikel vorgesehene internationale Ausschuß
tritt so bald wie möglich nach Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages zusammen und übernimmt bis zur Festsetzung einer
endgültigen Donauordnung durch die von den alliierten und
assoziierten Mächten bezeichneten Mächte vorläufig die Verwaltung
des Flusses in Gemäßheit der Bestimmungen der Artikel 292 und 294
bis 298.
Die Entscheidungen dieses internationalen Ausschusses werden mit
Stimmenmehrheit getroffen. Die Gehälter der Ausschußmitglieder
werden von ihren betreffenden Ländern festgesetzt und bezahlt.
Vorläufig wird ein eventuell sich ergebendes Defizit, das sich bei
den Auslagen der Verwaltung des internationalen Ausschusses ergeben
sollte, zu gleichen Teilen von den im Ausschuß vertretenen Staaten
bestritten werden.
Insbesondere wird es dem Ausschuß obliegen, die Zuerkennung von
Lotsenlizenzen und die Lotsengelder zu regeln und den Dienst der
Lotsen zu kontrollieren.
Artikel 304.
Österreich verpflichtet sich zur Anerkennung der Donauordnung, die
durch eine Tagung der von den alliierten und assoziierten Mächten
bestimmten Mächte festgesetzt wird; diese Tagung, bei der Vertreter
Österreichs zugegen sein dürfen, tritt binnen eines Jahres nach
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages zusammen.
Artikel 305.
Der durch Artikel 57 des Berliner Vertrages vom 13. Juli 1878
Österreich-Ungarn erteilte und von diesem auf Ungarn übertragene
Auftrag zur Ausführung der Arbeiten am Eisernen Tor wird aufgehoben.
Der mit der Verwaltung dieses Stromabschnittes betraute Ausschuß
regelt vorbehaltlich der finanziellen Bestimmungen des gegenwärtigen
Vertrages die Schlußrechnung. Die etwa erforderlichen Abgaben werden
keinesfalls seitens Ungarns eingehoben.
Artikel 306.
Für den Fall, daß die Tschecho-Slowakei, der
serbo-kroatisch-slowenische Staat oder Rumänien nach erfolgter
Ermächtigung oder im Auftrage des internationalen Ausschusses
Herrichtungs-, Verbesserungs-, Stau- oder andere Arbeiten auf einem
die Grenze bildenden Abschnitt des Flußgebietes unternehmen, steht
diesen Staaten die Inanspruchnahme sowohl des gegenüberliegenden
Ufers wie des außerhalb ihres Gebietes gelegenen Flußbetteiles in
dem für die Vorarbeiten, die Ausführung und die Instandhaltung
dieser Arbeiten bedingten Umfang zu.
Artikel 307.
Österreich ist der Europäischen Donaukommission gegenüber zu allen
Wiederherstellungen, Wiedergutmachungen und Entschädigungen für die
von dieser Kommission während des Krieges erlittenen Verluste
verpflichtet.
Artikel 308.
Im Falle des Baues eines Großschiffahrtsweges Rhein-Donau
verpflichtet sich Österreich, auf diesen Schiffahrtsweg die in den
Artikeln 292 und 294 bis 299 des gegenwärtigen Vertrages
niedergelegte Ordnung zur Anwendung zu bringen.
Kapitel III.
Wasserrechtliche Fragen.
Artikel 309.
Falls infolge der Neuregelung einer Grenze die Lösung einer
wasserrechtlichen Frage (Kanalisation, Überschwemmung, Bewässerung,
Drainage oder ähnliches) in einem Staat von Arbeiten abhängt, die
auf dem Gebiete eines anderen Staates ausgeführt werden, oder falls
auf Grund von vor dem Kriege schon bestehenden Gewohnheiten von
einem Staate Gewässer oder eine Wasserkraft, die ihren Ursprung auf
dem Gebiete eines anderen Staates besitzen, benutzt werden, muß,
wenn nicht gegenteilige Bestimmungen bestehen, zwischen den
interessierten Staaten ein Übereinkommen getroffen werden zum Zwecke
des Schutzes der Interessen und Rechte, die einer dieser Staaten
erworben hat.
Mangels einer Einigung wird ein vom Rate des Völkerbundes
bestellter Schiedsrichter entscheiden.
Artikel 310.
Wenn in einem Staate für Gemeinde- oder Privatzwecke Elektrizität
oder Wasser benutzt wird, deren Quelle sich infolge der Neuregelung
der Grenze auf dem Gebiete eines anderen Staates befindet, muß,
sofern nicht gegenteilige Bestimmungen bestehen, zwischen den
interessierten Staaten zum Schutze der von einem jeden von ihnen
erworbenen Interessen und Rechte ein Übereinkommen getroffen werden.
Bis zum Zustandekommen dieser Übereinkunft sind die
Elektrizitätszentralen und die zur Lieferung von Wasser bestimmten
Einrichtungen verpflichtet, auf den Grundlagen, die den am
3. November 1918 in Kraft gestandenen Bedingungen und Verträgen
entsprechen, weiterzuliefern.
Mangels eines Übereinkommens obliegt die Festsetzung einem vom
Rate des Völkerbundes bezeichneten Schiedsrichter.
Abschnitt III.
Eisenbahnen.
Kapitel 1.
Freiheit der Durchfuhr für Österreich
gegen das Adriatische Meer.
Artikel 311.
Der freie Zugang zum Adriatischen Meer wird Österreich zugestanden
und es wird ihm zu diesem Behuf die Freiheit der Durchfuhr über die
Gebiete und zu den Häfen, welche von der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie abgetrennt wurden, zuerkannt.
Die Freiheit der Durchfuhr entspricht jener im Artikel 284
festgesetzten bis zu dem Zeitpunkt, wo diesbezüglich ein allgemeines
Übereinkommen zwischen den verbündeten und assoziierten Mächten
abgeschlossen sein wird, worauf die Bestimmungen des neuen
Übereinkommens an deren Stelle treten werden.
Sonderübereinkommen zwischen den beteiligten Staaten oder
Verwaltungen werden die Bedingungen der Ausübung der oben
zugestandenen Befugnis bestimmen und werden insbesondere die Art der
Benutzung der Häfen und der in ihnen befindlichen Freigebiete sowie
auch der üblicherweise zu denselben führenden Eisenbahnlinien, die
Einrichtung internationaler (gemeinsamer) Dienste und Tarife,
einschließlich durchgehender Fahrkarten und Frachtbriefe, und die
Aufrechterhaltung der Bestimmungen des Berner Abkommens vom
14. Oktober 1890 und der ergänzenden Bestimmungen bis zu deren
Ersetzung durch ein neues Abkommen regeln.
Die Freiheit der Durchfuhr umfaßt auch den Post-, Telegraphen- und
Fernsprechdienst.
Kapitel II.
Bestimmungen über zwischenstaatliche Beförderung.
Artikel 312.
Die aus den Gebieten der alliierten oder assoziierten Mächte
kommenden und für Österreich bestimmten Güter sowie die durch
Österreich von oder nach den Gebieten der alliierten oder
assoziierten Mächte durchgeführten Güter genießen von Rechts wegen
auf den österreichischen Eisenbahnen bezüglich der Gebühren (unter
Berücksichtigung aller Vergütungen und Rückvergütungen), bezüglich
der Verkehrserleichterungen und in jeder anderen Hinsicht die
günstigste Behandlung, die für Güter gleicher Art gilt, welche auf
irgendeiner österreichischen Strecke im Binnenverkehr oder zum Zweck
der Aus-, Ein- oder Durchfuhr unter ähnlichen Bedingungen
insbesondere bezüglich der Länge der durchlaufenen Strecken,
befördert werden. Das Gleiche gilt auf Verlangen einer oder mehrerer
alliierter oder assoziierter Mächte für alle von ihnen namentlich
bezeichneten Güter, die aus Österreich kommen und für ihre Gebiete
bestimmt sind.
Auf ein an Österreich gerichtetes Verlangen einer alliierten oder
assoziierten Macht müssen zwischenstaatliche, nach den Sätzen des
vorigen Absatzes aufgestellte Gebührensätze mit
Durchgangsfrachtbriefen geschaffen werden.
Österreich verpflichtet sich jedoch, unbeschadet der Bestimmungen
der Artikel 288 und 289 auf seinen eigenen Linien die vor dem Kriege
für den Verkehr der adriatischen Häfen und der Schwarzenmeerhäfen
bestandene Art der Tarifbildung aus dem Gesichtspunkte ihres
Wettbewerbs mit den deutschen Nordseehäfen aufrecht zu erhalten.
Artikel 313.
Mit Wirkung vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an
erneuern die Hohen vertragschließenden Teile nach Maßgabe ihrer
Beteiligung und unter den im zweiten Absatz des gegenwärtigen
Artikels bezeichneten Vorbehalten die in Bern am 14. Oktober 1890,
20. September 1893, 16. Juli 1895, 16. Juni 1898 und 19. September
1906 unterzeichneten Übereinkommen und Vereinbarungen über den
Eisenbahnfrachtverkehr.
Wird binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages ein neues Übereinkommen über die Eisenbahnbeförderung von
Personen, Gepäck und Gütern an Stelle des Berner Übereinkommens vom
14. Oktober 1890 und ihrer oben genannten Nachträge geschlossen, so
ist dieses neue Übereinkommen samt den auf ihm beruhenden
Zusatzbestimmungen über den zwischenstaatlichen Eisenbahnverkehr für
Österreich verbindlich, und zwar auch dann, wenn diese Macht sich
weigert, an der Vorbereitung des Übereinkommens mitzuwirken oder ihm
beizutreten. Bis zum Abschluß eines neuen Übereinkommens hat
Österreich die Bestimmungen des Berner Übereinkommens, der oben
genannten Nachträge und der Zusatzbestimmungen zu befolgen.
Artikel 314.
Österreich ist verpflichtet, bei der Einrichtung eines
durchgehenden Fahrscheinverkehrs für Reisende und ihr Gepäck
mitzuwirken, der von einer oder mehreren der alliierten und
assoziierten Mächte zur Herstellung von Eisenbahnverbindungen dieser
Mächte untereinander oder mit anderen Ländern durch das
österreichische Gebiet hindurch verlangt wird; zu diesem Zweck hat
Österreich insbesondere die aus dem Gebiet der alliierten und
asssoziierten Mächte kommenden Züge und Wagen zu übernehmen und sie
mit einer Schnelligkeit weiterzuleiten, die mindestens der seiner
besten Fernzüge auf denselben Strecken gleichkommt. Keinesfalls
dürfen die Fahrpreise für diesen durchgehenden Verkehr höher sein
als die im inneren österreichischen Verkehr auf derselben Strecke
bei gleicher Geschwindigkeit und Bequemlichkeit geltenden.
Bei gleicher Geschwindigkeit und Bequemlichkeit dürfen die Tarife
für die Beförderung von Auswanderern auf den österreichischen
Eisenbahnen nach oder von Häfen der alliierten und assoziierten
Mächte keinen höheren Kilometersatz zugrundelegen, als den der
günstigsten Tarife (unter Berücksichtigung aller Vergütungen und
Rückvergütungen), die auf den genannten Bahnen Auswanderern nach
oder von irgendwelchen anderen Häfen zustatten kommen.
Artikel 315.
Österreich verpflichtet sich, für den im vorigen Artikel
vorgesehenen durchgehenden Verkehr oder für die Beförderung von
Auswanderern nach oder von den Häfen der alliierten oder
assoziierten Mächte keine technischen, fiskalischen oder
Verwaltungs-Sondermaßnahmen, wie zum Beispiel Zollrevision,
allgemeinpolizeiliche, gesundheitspolizeiliche oder
Überwachungsmaßnahmen zu treffen, die eine Erschwerung oder
Verzögerung dieses Verkehrs zur Folge hätten.
Artikel 316.
Bei Beförderungen, die teils mit der Eisenbahn, teils auf
Binnenwasserstraßen, mit oder ohne Durchgangsfrachtbrief erfolgen,
finden die vorstehenden Bestimmungen auf den Teil der Strecke
Anwendung, der mit der Eisenbahn zurückgelegt wird.
Kapitel III.
Rollendes Material.
Artikel 317.
Österreich verpflichtet sich, die österreichischen Wagen mit
Einrichtungen zu versehen, die es ermöglichen:
1. sie in die Güterzüge auf den Strecken der alliierten und
assoziierten Mächte, die Mitglieder an dem am 18. Mai 1907
abgeänderten Berner Übereinkommen vom 15. Mai 1886 sind,
einzustellen, ohne die Wirkung der durchgehenden Bremse zu
behindern, die in den ersten zehn Jahren nach Inkrafttreten des
gegenwärtgen Vertrages in jenen Ländern etwa eingeführt wird;
2. die Wagen dieser Mächte in alle Güterzüge einzustellen, die auf
den österreichischen Strecken verkehren.
Das rollende Material der alliierten und assoziierten Mächte
erfährt hinsichtlich der Ablösung der Unterhaltung und der
Instandsetzung auf den österreichischen Strecken dieselbe Behandlung
wie das österreichische.
Kapitel IV.
Übertragung von Eisenbahnlinien.
Artikel 318.
Unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen über die Übertragung der
Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen in den Kraft des gegenwärtigen
Vertrages abgetretenen Gebieten und unter Vorbehalt der finanziellen
Bestimmungen bezüglich der Konzessionsinhaber und der
Ruhegehaltsbezüge der Bahnangestellten erfolgt die Übertragung der
Eisenbahnen unter folgenden Bedingungen:
1. Sämtliche Eisenbahnanlagen und -einrichtungen müssen
vollständig und im guten Zustand übergeben werden.
2. Wird ein Eisenbahnnetz mit eigenem Wagenpark als ganzes von
Österreich an eine der alliierten und assoziierten Mächte
abgetreten, so ist dieser Wagenpark vollständig nach der letzten
Bestandaufnahme vor dem 3. November 1918, und zwar in normalem
Unterhaltungszustand abzuliefern.
3. Für Strecken ohne eigenen Wagenpark wird die Aufteilung des
Wagenparks des Eisenbahnnetzes, zu dem diese Strecken gehören, von
Sachverständigenausschüssen bestimmt, die durch die alliierten und
assoziierten Mächte ernannt werden und in denen Österreich vertreten
ist. Diese Ausschüsse haben dabei die Größe des für diese Strecken
bei der letzten Bestandaufnahme vor dem 3. November 1918
verzeichneten Wagenparks, die Länge der Strecken einschließlich der
Nebengeleise, die Art und den Umfang des Verkehres zu
berücksichtigen. Desgleichen haben sie die Lokomotiven, Personen-
und Güterwagen zu bestimmen, die in jedem einzelnen Falle abzutreten
sind, die Übernahmebedingungen festzusetzen und die einstweiligen
Anstalten zu ihrer Instandsetzung in den österreichischen
Werkstätten zu treffen.
4. Vorräte, bewegliche Einrichtungsgegenstände und Werkzeuge sind
unter denselben Bedingungen wie der Wagenpark abzuliefern.
Die Bestimmungen der obigen Nummern 3 und 4 finden Anwendung auf
die Strecken des ehemaligen Russisch-Polen, die von den
österreichisch-ungarischen Behörden auf normale Spurweite umgenagelt
sind; diese Strecken gelten als abgezweigter Teil des
österreichischen und des ungarischen Staatseisenbahnnetzes.
Kapitel V.
Bestimmungen über einzelne Eisenbahnlinien.
Artikel 319.
Durchquert infolge der Festsetzung neuer Grenzen eine
Eisenbahnverbindung zwischen zwei Teilen desselben Landes ein
anderes Land oder verläuft eine Zweiglinie aus einem Land in ein
anderes, so werden vorbehaltlich der Sonderbestimmungen des
gegenwärtigen Vertrages die Betriebsverhältnisse in einem Abkommen
zwischen den beteiligten Eisenbahnverwaltungen geregelt. Können
diese Verwaltungen sich über die Bedingungen dieses Abkommens nicht
einigen, so werden die Streitfragen gegebenenfalls durch
Sachverständigenausschüsse entschieden, die nach den Bestimmungen
des vorstehenden Artikels gebildet werden.
Die Einrichtung aller neuen Grenzbahnhöfe zwischen Österreich und
den angrenzenden alliierten und assoziierten Staaten sowie die
Betriebsführung auf den Linien zwischen diesen Bahnhöfen werden
durch Vereinbarungen geregelt werden, die in der gleichen Weise
abzuschließen sind.
Artikel 320.
Um die Regelmäßigkeit der Betriebsführung auf den Privatbahnnetzen
der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie sicherzustellen,
die infolge der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages auf den
Gebieten mehrerer Staaten gelegen sind, wird die administrative und
technische Reorganisation der gedachten Bahnnetze für jedes Netz
durch ein Übereinkommen geregelt werden, das zwischen der
Gesellschaft, die Konzessionärin ist, und den territorial
beteiligten Staaten abzuschließen sein wird.
Streitpunkte, in denen eine Einigung nicht zustande kommt,
einschließlich aller Fragen über die Auslegung der Verträge
betreffend die Einlösung der Linien, werden Schiedsrichtern
unterbreitet werden, die der Rat des Völkerbundes bestimmen wird.
Bezüglich der österreichischen Südbahngesellschaft wird dieser
Schiedsspruch sowohl von dem Verwaltungsrat wie auch von der
Gesellschaft, welche die Prioritätenbesitzer vertritt, angerufen
werden können.
Artikel 321.
1. Innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages kann Italien den Bau oder die Ausgestaltung
der neuen Alpenbahnen über den Reschen und Predilpaß auf
österreichischem Gebiete verlangen. Sofern Österreich nicht
beabsichtigen sollte, diese Arbeiten selbst zu bezahlen, werden
die Kosten des Baues oder der Ausgestaltung von Italien vorgestreckt
werden. Einem vom Rate des Völkerbundes zu bestimmenden
Schiedsrichter wird es nach Ablauf einer gleichfalls vom Rate des
Völkerbundes festzusetzenden Frist obliegen, den Teil der Bau- oder
Ausgestaltungskosten zu bestimmen, die im Hinblick auf die
Ertragssteigerung, die der Betrieb des österreichischen Bahnnetzes
infolge dieser Arbeiten erfahren wird, von Österreich an Italien zu
vergüten sein werden.
2. Österreich hat an Italien unentgeltlich die Pläne samt Zugehör
für den Bau der folgenden Eisenbahnlinien abzutreten:
der Bahn von Tarvis über Raibl, Plezzo, Caporetto, Canale, Görz
nach Triest;
der Lokalbahn von Santa Lucia de Tolmino nach Caporetto;
der Bahn (neuer Entwurf) Tarvis-Plezzo;
der Reschenbahn (Verbindung Landeck-Mals).
Artikel 322.
Im Hinblick auf die Wichtigkeit, die der freie Verkehr mit der
Adria für den tschecho-slowakischen Staat hat, erkennt Österreich
dem tschecho-slowakischen Staate das Recht zu, seine Züge über die
auf österreichischem Gebiet gelegenen Teilstrecken folgender Linien
zu führen:
1. von Preßburg (Bratislava) nach Fiume über Ödenburg (Sopron),
Steinamanger (Szombathely) und Mura-Keresztur und Abzweigung von
Mura-Keresztur nach Pragerhof;
2. von Budweis (Budejovice) nach Triest über Linz, Sankt Michael,
Klagenfurt und Aßling und Abzweigung von Klagenfurt nach Tarvis.
Auf Verlangen des einen oder anderen Vertragsteiles können die
Linien, auf denen obiges Recht ausgeübt wird, zeitweilig oder
dauernd durch ein Abkommen zwischen der tschecho-slowakischen
Eisenbahnverwaltung und der Verwaltung jener Eisenbahnen, auf denen
das Durchzugsrecht ausgeübt werden würde, abgeändert werden.
Artikel 323.
Die Züge, für die das Durchzugsrecht in Anspruch genommen wird,
dürfen den Binnenverkehr nur auf Grund eines Einvernehmens zwischen
dem Durchzugs- und dem tschecho-slowakischen Staate besorgen.
Dieses Durchzugsrecht wird besonders das Recht in sich begreifen,
Maschinenschuppen und Werkstätten für kleinere Ausbesserungen am
rollenden Material zu errichten und Vertreter für die Überwachung
des Dienstes der tschecho-slowakischen Züge zu bestellen.
Artikel 324.
Die technischen, administrativen und finanziellen Bedingungen,
unter denen das Durchzugsrecht seitens des tschecho-slowakischen
Staates ausgeübt werden wird, werden durch ein Übereinkommen
zwischen der Bahnverwaltung dieses Staates und jener der in
Österreich benutzten Bahnen festgesetzt werden. Wenn diese
Verwaltungen sich über die Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht
einigen können, so werden jene Punkte, über die ein Zwiespalt
besteht, durch einen Schiedsrichter entschieden, der von der
britischen Regierung ernannt wird; die Entscheidungen dieses
Schiedsrichters werden für beide Teile verbindlich sein.
Im Falle der Nichtübereinstimmung über die Auslegung des
Übereinkommens oder im Falle von Schwierigkeiten, die durch dieses
Übereinkommen nicht vorgesehen sein sollten, wird durch ein
Schiedsgericht in denselben Formen entschieden werden, solange der
Völkerbund nicht eine andere Art des Verfahrens einführt.
Kapitel VI.
Übergangsbestimmungen.
Artikel 325.
Österreich hat den Beförderungsanweisungen einer im Namen der
alliierten und assoziierten Mächte handelnden Behörde nachzukommen,
und zwar:
1. hinsichtlich der Beförderung von Truppen in Ausführung des
gegenwärtigen Vertrages sowie hinsichtlich der Beförderung von
Gerät, Munition und Verpflegungsvorräten für den Heeresbedarf;
2. vorläufig hinsichtlich der Beförderung von Nahrungsmitteln für
bestimmte Gegenden, hinsichtlich möglichst schneller
Wiederherstellung geregelter Beförderungsverhältnisse und
hinsichtlich der Einrichtung des Post- und Telegraphendienstes.
Kapitel VII.
Telegraph und Fernsprecher.
Artikel 326.
Ungeachtet entgegenstehender Bestimmungen der bestehenden
Übereinkommen verpflichtet sich Österreich, dem Telegraphenverkehr
und den Ferngesprächen, die aus den Gebieten irgendeiner der
alliierten und assoziierten Mächte, mögen diese benachbart sein oder
nicht, herrühren oder dorthin bestimmt sind, auf den für den
zwischenstaatlichen Verkehr geeignetsten Linien und in Gemäßheit der
in Kraft stehenden Gebührensätze die Freiheit des Durchlaufes zu
gewähren. Dieser Verkehr und die Gespräche werden keiner unnötigen
Verzögerung oder Beschränkung unterworfen werden; sie werden in
Österreich die Gleichbehandlung mit dem inländischen
Telegraphenverkehr und mit Gesprächen hinsichtlich aller
Erleichterungen und insbesondere hinsichtlich der Schnelligkeit der
Übermittlung genießen. Keine Gebühr, Erleichterung oder
Einschränkung darf unmittelbar oder mittelbar von der
Staatszugehörigkeit des Absenders oder Empfängers abhängen.
Artikel 327.
Mit Rücksicht auf die geographische Lage des tschecho-slowakischen
Staates nimmt Österreich die folgenden Abänderungen des
zwischenstaatlichen Telegraphen- und Fernsprechübereinkommens, auf
die sich der Artikel 235 des X. Teiles (Wirtschaftliche
Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrages bezieht, an:
1. Über Ersuchen des tschecho-slowakischen Staates wird Österreich
durchlaufende Telegraphenlinien über österreichisches Gebiet
einrichten und erhalten.
2. Die vom tschecho-slowakischen Staate für jede dieser Linien zu
bezahlende jährliche Gebühr wird in Übereinstimmung mit den
Bestimmungen der erwähnten Übereinkommen berechnet werden und wird,
abgesehen vom Falle eines gegenteiligen Übereinkommens, nicht
geringer sein als die Summe, welche auf Grund der erwähnten
Übereinkommen für jene Anzahl von Telegrammen zu bezahlen wäre, die
nach den erwähnten Übereinkommen das Recht begründet, eine neue
durchlaufende Linie zu verlangen, wobei als Grundlage der
herabgesetzte Gebührensatz angenommen wird, der im Artikel 23, § 5,
des zwischenstaatlichen Telegraphenübereinkommens vorgesehen ist
(Überprüfung von Lissabon).
3. Solange der tschecho-slowakische Staat die jährliche
Mindestgebühr, welche nach obigem für eine durchlaufende Linie
vorgesehen ist, bezahlt, wird
a) diese Linie ausschließlich für den Verkehr vom und zum
tschecho-slowakischen Staat vorbehalten sein;
b) das Recht, welches Österreich auf Grund des Artikels 8 des
internationalen Telegraphenvertrages vom 22. Juli 1875 hat, den
zwischenstaatlichen Telegraphendienst auszusetzen, auf diese
Linie nicht anwendbar sein.
4. Ähnliche Bestimmungen sind auf die Einrichtung und die
Erhaltung durchlaufender Fernsprechleitungen anzuwenden. Die vom
tschecho-slowakischen Staate für eine durchlaufende
Fernsprechleitung zu bezahlende Gebühr wird, abgesehen vom Falle
einer gegenteiligen Übereinkunft, das Doppelte der für eine
durchlaufende Telegraphenlinie zu bezahlenden Gebühr betragen.
5. Die einzelnen zu errichtenden Linien werden ebenso wie die
notwendigen administrativen, technischen und finanziellen
Bedingungen, die in den bestehenden zwischenstaatlichen
Übereinkommen oder im gegenwärtigen Artikel nicht vorgesehen sind,
durch ein späteres Übereinkommen zwischen den beteiligten Staaten
festgestellt werden. Falls eine Übereinkunft nicht zustande kommt;
wird die Feststellung durch einen Schiedsrichter, den der Rat des
Völkerbundes ernennt, erfolgen.
6. Die Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels werden jederzeit
durch eine Vereinbarung zwischen Österreich und der
Tschecho-Slowakei abgeändert werden können. Nach Ablauf einer Frist
von zehn Jahren vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages können
die Bedingungen, unter denen der tschecho-slowakische Staat die ihm
durch den vorliegenden Artikel übertragenen Rechte genießt, im Falle
ein Einvernehmen zwischen den Beteiligten nicht erzielt werden kann,
auf Ersuchen des einen oder anderen von ihnen durch einen vom Rate
des Völkerbundes zu bestimmenden Schiedsrichter abgeändert werden.
7. Falls sich eine Meinungsverschiedenheit zwischen den
Beteiligten bezüglich der Auslegung, sei es des gegenwärtigen
Artikels, sei es des im § 5 vorgesehenen übereinkommens ergeben
sollte, so wird sie dem vom Völkerbund zu errichtenden ständigen
zwischenstaatlichen Gerichtshofe zur Entscheidung vorgelegt werden.
Abschnitt IV.
Entscheidung von Streitigkeiten und Nachprüfung der Bestimmungen
mit dauernder Geltung.
Artikel 328.
Streitfragen, die zwischen den beteiligten Mächten über die
Auslegung und Anwendung der Bestimmungen im vorliegenden Teile des
gegenwärtigen Vertrages entstehen, werden in der von dem Völkerbund
vorgesehenen Weise geregelt.
Artikel 329.
Der Völkerbund kann jederzeit die Nachprüfung der vorstehenden
Artikel, die sich auf ein dauerndes Verwaltungsverhältnis beziehen,
anregen.
Artikel 330.
Die Bestimmungen der Artikel 284-290, 293, 312, 314-316 und 326
dürfen nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages jederzeit von dem Rate des Völkerbundes
nachgeprüft werden.
Mangels einer solchen Nachprüfung kann nach Ablauf der im
vorstehenden Absatz vorgesehenen Frist keine der alliierten und
assoziierten Mächte den Vorteil irgendeiner der Bestimmungen, die in
den vorstehend aufgezählten Artikeln enthalten sind, zugunsten
eines Teiles ihrer Gebiete, für den sie keine Gegenseitigkeit
gewährt, beanspruchen. Die dreijährige Frist, während der keine
Gegenseitigkeit gefordert werden darf, kann vom Rate des
Völkerbundes verlängert werden.
Jene Staaten, welchen ein Teil der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen wurde, oder welche
aus dem Zerfall dieser Monarchie entstanden sind, werden der
Vorteile obiger Bestimmungen nur unter der Bedingung teilhaftig, daß
sie auf dem Kraft des gegenwärtigen Vertrages unter ihre
Staatsgewalt übergegangenen Gebiete Österreich gegenüber eine die
Gegenseitigkeit verbürgende Vorgangsweise einführen.
Abschnitt V.
Sonderbestimmung.
Artikel 331.
Unbeschadet der besonderen Verpflichtungen, die Österreich
zugunsten der alliierten und assoziierten Mächte durch den
gegenwärigen Vertrag auferlegt sind, verpflichtet sich Österreich,
jedem allgemeinen Übereinkommen über die zwischenstaatliche Regelung
des Durchgangsverkehrs, der Schiffahrtswege, Häfen und Eisenbahnen
beizutreten, das zwischen den alliierten und assoziierten Mächten
mit Zustimmung des Völkerbundes binnen fünf Jahren nach
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages geschlossen wird.
XIII. Teil.
Arbeit.
Abschnitt I.
Organisation der Arbeit.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Kapitel I.
Organisation.
Artikel 332.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 333.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 334.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 335.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 336.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 337.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 338.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 339.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 340.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 341.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 342.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 343.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 344.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Kapitel II.
Verfahren.
Artikel 345.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 346.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 347.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 348.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 349.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 350.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 351.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 352.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 353.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 354.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 355.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 356.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 357.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 358.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 359.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 360.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 361.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 362.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 363.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 364.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 365.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Kapitel III.
Allgemeine Vorschriften.
Artikel 366.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 367.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 368.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Kapitel IV.
Übergangsbestimmungen.
Artikel 369.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 370.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Artikel 371.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Abschnitt II.
Allgemeine Grundsätze.
Artikel 372.
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
XIV. Teil
Verschiedene Bestimmungen.
Artikel 373.
Österreich verpflichtet sich, die von den alliierten und
assoziierten Mächten oder einigen unter ihnen mit einer anderen
Macht abgeschlossenen oder abzuschließenden Übereinkommen und
Ergänzungs- oder Abänderungsabkommen zu denselben anzuerkennen,
welche sich auf den Handel mit Waffen und geistigen Getränken und
auf die übrigen in den Generalakten d. d. Berlin, 26. Februar 1885
und d. d. Brüssel, 2. Juli 1890 behandelten Materien beziehen.
Artikel 374.
Die Hohen vertragschließenden Teile haben, wie sie hiermit
anerkennen und beurkunden, von dem Vertrage zwischen der Regierung
der französischen Republik und Seiner Durchlaucht dem Fürsten von
Monaco am 17. Juli 1918 über des Verhältnis zwischen Frankreich und
dem Fürstentume Kenntnis genommen.
Artikel 375.
Die Hohen vertragschließenden Teile erkennen zwar die zugunsten
der Schweiz in den Verträgen von 1815 und besonders in der Akte vom
20. November 1815 niedergelegten Zusicherungen, die internationale
Verbindlichkeiten zur Aufrechterhaltung des Friedens darstellen, an;
sie stellen indessen fest, daß die Bestimmungen dieser Verträge und
Übereinkommen, Erläuterungen und sonstigen Zusatzakte, die sich auf
die neutralisierte Zone Savoyens beziehen, so wie sie durch
Artikel 92, Absatz 1 der Schlußakte des Wiener Kongresses und durch
Artikel 3, Absatz 2 des Vertrages von Paris vom 20. November 1815
festgelegt wird, durch die Verhältnisse überholt sind. Infolgedessen
nehmen die Hohen vertragschließenden Teile die Abrede zwischen der
französischen und der schweizerischen Regierung, betreffend die
Aufhebung der sich auf diese Zone beziehenden Bestimmungen, die
abgeschafft sind und bleiben sollen, zur Kenntnis.
Ebenso erkennen die Hohen vertragschließenden Teile an, daß die
Bestimmungen der Verträge von 1815 und der sonstigen Zusatzakte,
betreffend die Freizonen Hoch-Savoyens und des Gebiets von Gex,
durch die Verhältnisse überholt sind und daß es Sache Frankreichs
und der Schweiz ist, im Wege der Einigung unter einander die
Rechtslage dieser Gebiete zu regeln so, wie beide Länder es für
zweckmäßig erachten.
Artikel 376.
Die alliierten und assoziierten Mächte kommen überein, daß, soweit
österreichische Gesellschaften oder österreichische Personen auf
ihrem oder ihrer Regierung gemäß dem gegenwärtigen Vertrag
anvertrautem Gebiet religiöse christliche Missionen unterhalten
haben, das Eigentum solcher Missionen oder Missionsgesellschaften
einschließlich des Eigentums von Handelsgesellschaften, deren Ertrag
der Unterhaltung dieser Missionen dient, weiter für Missionszwecke
verwendet werden soll. Um die gehörige Ausführung dieser
Verpflichtung zu sichern, werden die alliierten und assoziierten
Regierungen das bezeichnete Eigentum Verwaltungsräten ausantworten,
die sie ernennen oder bestätigen und welche das religiöse Bekenntnis
der Mission teilen, um deren Eigentum es sich handelt.
Die alliierten und assoziierten Regierungen üben weiterhin eine
vollständige Aufsicht über die Leiter dieser Missionen aus und
wahren die Interessen dieser Missionen.
Österreich nimmt von den vorstehenden Verpflichtungen Vermerk,
erklärt seine Zustimmung zu jeder Anordnung, welche die beteiligten
alliierten und assoziierten Regierungen zwecks Erfüllung des Werkes
der genannten Missionen oder Handelsgesellschaften erlassen haben
oder erlassen, und verzichtet auf jeden Einwand dagegen.
Artikel 377.
Vorbehaltlich der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages
verpflichtet sich Österreich, weder unmittelbar noch mittelbar gegen
eine der diesen Vertrag unterzeichnenden alliierten und assoziierten
Mächte, irgendeinen Geldanspruch wegen einer vor dem Inkrafttreten
des gegenwärtigen Vertrages liegenden Tatsache geltend zu machen.
Diese Bestimmung bedeutet vollen und endgültigen Verzicht auf alle
derartigen Ansprüche; diese sind von nun an erloschen, gleichviel
wer daran beteiligt ist.
Artikel 378.
Österreich nimmt und erkennt alle von irgend einem Prisengericht
einer alliierten oder assoziierten Macht erlassenen Entscheidungen
und Anordnungen, betreffend österreichisch-ungarische Handelsschiffe
und österreichische Waren, als gültig und verbindlich an, ebenso
alle derartigen Entscheidungen und Anordnungen über die Zahlung von
Kosten. Es verpflichtet sich, wegen dieser Entscheidungen oder
Anordnungen keinerlei Beschwerden im Namen seiner Angehörigen
vorzubringen.
Die alliierten und assoziierten Mächte behalten sich das Recht
vor, unter den Bedingungen, die sie festsetzen werden, die von den
österreichisch-ungarischen Prisengerichten erlassenen Entscheidungen
und Anordnungen nachzuprüfen, gleichviel, ob diese Entscheidungen
und Anordnungen die Eigentumsrechte von Staatsangehörigen der
genannten Mächte oder von neutralen Staatsangehörigen treffen.
Österreich sagt zu, Abschriften aller Urkunden zu liefern, aus denen
das Aktenstück des Einzelfalles besteht, einschließlich der
ergangenen Entscheidungen und Anordnungen; ferner verpflichtet sich
Österreich, die Anregungen anzunehmen und auszuführen, die ihm nach
dieser Prüfung des Einzelfalles übermittelt werden.
Artikel 379.
Die Hohen vertragschließenden Teile kommen dahin überein, daß in
jedem durch den gegenwärtigen Vertrag eingesetzten Ausschuß bei
Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag geben
soll, es sei denn, daß durch spätere Vereinbarung ein anderes
bestimmt wird.
Artikel 380.
Sofern der gegenwärtige Vertrag nichts Gegenteiliges bestimmt, ist
und bleibt es in allen jenen Fällen, wo der genannte Vertrag die
Ordnung einer bestimmten Staaten eigentümlichen Frage im Wege einer
zwischen den interessierten Staaten abzuschließenden Abmachung
vorsieht, zwischen den Hohen vertragschließenden Teilen ausgemacht,
daß die Schwierigkeiten, welche in dieser Hinsicht entstehen
könnten, durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte geregelt
werden, bis Österreich als Mitglied des Völkerbundes zugelassen
wird.
Artikel 381.
Der im gegenwärtigen Vertrag gebrauchte Ausdruck "ehemaliges
Kaisertum Österreich" umfaßt Bosnien und Herzegowina, insoweit als
der Wortlaut nicht das Gegenteil anzeigt. Diese Bestimmung berührt
nicht die Rechte und Verpflichtungen Ungarns gegenüber diesen zwei
Gebieten.
Der gegenwärtige Vertrag, welcher in französischer, englischer und
italienischer Sprache abgefaßt ist, wird ratifiziert werden. Im
Falle von Abweichungen ist der französische Text maßgebend, mit
Ausnahme des Teiles I (Vertrag über den Völkerbund) und des
Teiles XIII (Arbeit), in welchen der französische und der englische
Text die gleiche Authentizität haben.
Die Niederlegung der Ratifikationsurkunden soll so bald wie
möglich in Paris erfolgen.
Den Mächten mit Regierungssitz außerhalb Europas steht es frei,
sich auf die Mitteilung an die Regierung der französischen Republik
durch ihren diplomatischen Vertreter in Paris zu beschränken, daß
ihre Ratifikation erteilt ist. In diesem Falle sollen sie die
Ratifikationsurkunde darüber so schnell wie möglich übermitteln.
Ein erstes Protokoll über die Niederlegung der
Ratifikationsurkunden wird errichtet, sobald der Vertrag von der
Republik Österreich einerseits und von drei alliierten und
assoziierten Hauptmächten andrerseits ratifiziert ist.
Mit der Errichtung dieses ersten Protokolls tritt der Vertrag
zwischen den Hohen vertragschließenden Teilen, die ihn auf diese
Weise ratifiziert haben, in Kraft.
Dieser Zeitpunkt gilt zugleich als der Zeitpunkt des
Inkrafttretens bei Berechnung aller in dem gegenwärtigen Vertrage
vorgesehenen Fristen.
In jeder anderen Hinsicht tritt der Vertrag für jede Macht mit der
Niederlegung ihrer Ratifikationsurkunde in Kraft.
Die französische Regierung wird allen Signatarmächten eine
beglaubigte Abschrift der einzelnen Protokolle über die Niederlegung
der Ratifiaktionsurkunden übermitteln.
Zu Urkund dessen haben die eingangs genannten Bevollmächtigten
diesen Vertrag unterzeichnet.
Geschehen zu Saint-Germain, den zehnten September
Eintausendneunhundertneunzehn in einem einzigen Exemplare, das im
Archiv der Regierung der französischen Republik niedergelegt bleibt
und wovon authentische Ausfertigungen jeder der Signatarmächte
übermittelt werden sollen.
Anlage.
-----------
§ 1.
Bei der Übergabe aller im Sinne des Artikels 206 aus dem Verkehre
gezogenen Noten der Oesterreichisch-Ungarischen Bank haben die
betreffenden Regierungen dem Wiedergutmachungsausschuß auch alle
Akten über die Art und Höhe der durchgeführten Konvertierungen zu
übergeben.
§ 2.
Nach Prüfung dieser Akten wird der Wiedergutmachungsausschuß den
genannten Regierungen Zertifikate übergeben, welche getrennt den
Gesamtbetrag der Noten ausweisen, welche sie
a) innerhalb der Grenzen der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie in ihrem Bestande vom 28. Juli 1914;
b) irgendwo anders
konvertiert haben.
Mit diesen Zertifikaten können die Inhaber bei den
Liquidationskommissären der Bank die Rechte geltend machen, welche
den derart ausgetauschten Noten bei der Aufteilung des Bankaktivums
zukommen.
§ 3.
Nach Beendigung der Liquidation der Bank hat der Ausschuß die
derart eingezogenen Noten zu vernichten.
§ 4.
Die bis einschließlich 27. Oktober 1918 begebenen Noten geben nur
insoweit ein Anrecht auf das Bankaktivum, als sie von der Regierung
des Landes präsentiert werden, in dem sie sich befinden.
Anlage I.
-------------
Gemäß obigem Artikel 178 kann von Österreich Ersatz für jeglichen
Schaden gefordert werden, der unter eine der folgenden Gattungen
fällt:
1. Schäden, die, wo auch immer es sei, Zivilpersonen an ihrer
Person oder ihrem Leben und den ihnen gegenüber
unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen durch irgendwelche
Kriegshandlungen, einschließlich der Beschießungen und sonstiger
Land-, See- und Luftangriffe sowie durch die unmittelbaren Folgen
dieser Kriegsoperationen oder die Folgen irgendwelcher
Kriegshandlungen der beiden kriegführenden Gruppen zugefügt worden
sind.
2. Schäden, die, wo auch immer es sei, von Österreich oder seinen
Verbündeten Zivilpersonen oder den ihnen gegenüber
unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen durch Grausamkeiten,
Gewalttätigkeiten oder Mißhandlungen zugefügt sind, darunter fällt
auch Schädigung an Leben oder Gesundheit infolge von
Gefangensetzung, Verschickung, Internierung, Abschiebung, Aussetzung
auf See und Zwangsarbeit.
3. Schäden, die von Österreich oder seinen Verbündeten auf
eigenem Gebiet oder im besetzten oder mit Krieg überzogenem Gebiet
Zivilpersonen oder den ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten
Hinterbliebenen durch Verletzung von Gesundheit, Arbeitsunfähigkeit
oder Ehre zugefügt sind.
4. Schäden, aus jeder Art schlechter Behandlung von
Kriegsgefangenen.
5. Als Schaden, der den Völkern der alliierten und assoziierten
Mächte zugefügt ist, alle Pensionen und gleichwertigen Vergütungen
an die militärischen Opfer des Krieges (Landheer, Marine und
Luftstreitkräfte), Verstümmelte, Verwundete, Kranke oder Invalide
und an Personen, deren Ernährer diese Opfer waren; als Betrag dieser
den alliierten und assoziierten Regierungen geschuldeten Summen
kommt für jede dieser Regierungen der kapitalisierte Wert der
bezeichneten Pensionen und Vergütungen in Anschlag. Bei der
Umrechnung auf den Kapitalswert werden der Zeitpunkt des
Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrages und die in Frankreich am
1. Mai 1919 geltenden Tarife zugrunde gelegt.
6. Die Kosten der Unterstützung, die von den Regierungen der
alliierten und assoziierten Mächte den Kriegsgefangenen, ihren
Familien und den Personen, deren Ernährer sie waren, gewährt worden
ist.
7. Die Zuwendungen der Regierungen der alliierten und assoziierten
Mächte an die Familien der Mobilisierten und aller im Heer Gedienten
und an die ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten Personen; der
Betrag der ihnen für jedes Jahr der Dauer der Feindseligkeiten
zustehenden Summen wird für jede der genannten Regierungen auf der
Grundlage des in Frankreich in dem betreffenden Jahre für Zahlungen
dieser Art geltenden Durchschnittstarifes errechnet.
8. Die den Zivilpersonen von Österreich oder seinen Verbündeten
durch Heranziehung zur Arbeit ohne angemessene Vergütung zugefügten
Schäden.
9. Schäden an allem Eigentum, gleichviel wo gelegen, das einer der
alliierten oder assoziierten Mächte oder ihren Staatsangehörigen
zusteht (ausgenommen Anlagen und Material des Heeres oder der
Marine) und durch die Maßnahmen Österreichs oder seiner Verbündeten
zu Lande, zu Wasser oder in der Luft weggeführt, beschlagnahmt,
beschädigt oder zerstört worden ist, oder Schäden, die unmittelbar
aus den Feindseligkeiten oder irgendwelchen Kriegshandlungen
erwachsen sind.
10. Schäden, die der Zivilbevölkerung in Form von Auflagen,
Geldstrafen oder ähnlichen Beitreibungen seitens Österreichs oder
seiner Verbündeten zugefügt sind.
Anlage.
-----------
(Anm.: Siehe nunmehr Verfassung der internationalen
Arbeitsorganisation, BGBl. Nr. 223/1949, Datenbank 6.)
Protokoll.
Unter den hohen vertragschließenden Teilen besteht Einverständnis,
daß behufs genauerer Feststellung der Bedingungen, unter denen
gewisse Bestimmungen des unter dem heutigen unterzeichneten
Vertrages durchgeführt werden sollen,
1. die Liste der Personen, die Österreich gemäß Artikel 173,
Absatz 2, an die alliierten und assoziierten Mächte wird ausliefern
müssen, der österreichischen Regierung innerhalb des auf die
Inkraftsetzung des Vertrages folgenden Monates übermittelt werden
wird;
2. daß die im Artikel 186 und in den §§ 2, 3 und 4 des Anhanges IV
vorgesehene Wiedergutmachungskommission sowie die im Artikel 179
vorgesehene Spezialsektion nicht die Verlautbarung von
Fabrikationsgeheimnissen oder anderer vertraulicher Informationen
fordern kann;
3. daß Österreich gleich nach Unterfertigung des Vertrages und
innerhalb der vier folgenden Monate die Möglichkeit haben wird, den
verbündeten und assoziierten Mächten Schriftstücke und Anträge zur
Prüfung zu unterbreiten, um die auf die Wiedergutmachungen
bezügliche Arbeit zu beschleunigen, dadurch die Untersuchung
abzukürzen und die Entscheidungen rascher herbeizuführen;
4. daß gegen Personen, welche strafbare Handlungen hinsichtlich
der Liquidation österreichischer Vermögen begangen haben sollten,
die Verfolgung eingeleitet werden wird, und daß die alliierten und
assoziierten Mächte die Informationen und Beweise, welche die
östereichische Regierung diesbezüglich wird liefern können, erhalten
werden.
Ausgefertigt in französischer, englischer und italienischer
Sprache, wobei der französische Text im Falle von Abweichungen
maßgebend ist, in Saint-Germain-en-Laye am zehnten September
eintausendneunhundertneunzehn.
Anlage.
-----------
§ 1.
Stirbt ein Mitglied des Gerichtshofes, legt es sein Amt nieder
oder wird es aus irgendeinem Grund an der Ausübung seines Amtes
behindert, so erfolgt keine Ersetzung nach dem Verfahren, das für
seine Ernennung galt.
§ 2.
Der Gerichtshof ordnet sein Verfahren nach Grundsätzen der
Gerechtigkeit und Billigkeit. Er bestimmt Reihenfolge und Fristen
für das Vorbringen der Parteien und regelt die Förmlichkeiten der
Beweisaufnahme.
§ 3.
Die Anwälte und Bestände der Parteien sind befugt, ihre
Ausführungen und Gegenausführungen mündlich oder schriftlich dem
Gerichtshof vorzutragen.
§ 4.
Der Gerichtshof bewahrt die schriftlichen Unterlagen der ihm
vorgelegten Sachen und Streitigkeiten sowie des darauf bezüglichen
Verfahrens unter Beifügung der Daten auf.
§ 5.
Jede beteiligte Macht kann einen Sekretär ernennen. Diese
Sekretäre bilden das gemischte Sekretariat des Gerichtshofes und
sind diesem unterstellt. Der Gerichtshof kann einen oder mehrere
Beamte ernennen und verwenden, die zur Mitwirkung bei der Erfüllung
seiner Aufgabe nötig sind.
§ 6.
Der Gerichtshof entscheidet über alle ihm unterbreiteten Fragen
und Fälle auf Grund der Beweismittel, Zeugenaussagen und Unterlagen,
die von den beteiligten Parteien beigebracht werden können.
§ 7.
Die Hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, dem
Gerichtshof jedes zur Durchführung seiner Untersuchungen
erforderliche Entgegenkommen zu erweisen und alle erforderliche
Unterlagen zu liefern.
§ 8.
Die Sprache, in der das Verfahren geführt wird, ist mangels
gegenteiliger Abmachung je nach der von der beteiligten alliierten
oder assoziierten Macht getroffenen Bestimmung die englische,
französische, italienische oder japanische.
§ 9.
Der Vorsitzende des Gerichtshofes bestimmt Ort und Zeit der
Gerichtssitzungen.
Anhang.
----------
I.
Der Schweizer Bundesrat hat der französischen Regierung unter dem
5. Mai 1919 mitgeteilt, daß er sich nach dem Ergebnis seiner in dem
gleichen Geiste aufrichtiger Freundschaft erfolgten Prüfung der
Bestimmung des Artikels 435 der Deutschland von den aliierten und
assoziierten Mächten überreichten Friedensbedingungen zu seiner
Befriedigung in der Lage ist, ihr mit folgenden Bemerkungen und
Vorbehalten zuzustimmen.
1. Neutralisierte Zone von Hoch-Savoyen;
a) Es herrscht Einverständnis darüber, daß, so lange die
Eidgenössischen Kammern die Abrede zwischen den beiden
Regierungen, betreffend die Abschaffung der Bestimmungen über
die Neutralitätszone Savoyens noch nicht ratifiziert haben,
bezüglich dieses Gegenstandes beiderseits noch keine endgültige
Bindung besteht;
b) Die Zustimmung der Schweizer Regierung zur Abschaffung der oben
erwähnten Bestimmungen setzt, entsprechend dem angenommenen
Wortlaut, die Anerkennung der zugunsten der Schweiz in den
Verträgen von 1815, und besonders in der Erklärung vom
20. November 1815, niedergelegten Zusicherungen voraus;
c) Die Abrede zwischen der französischen und Schweizer Regierung
über die Aufhebung der oben erwähnten Bestimmungen gilt nur
dann als wirksam, wenn der Friedensvertrag den Artikel in
seiner gegenwärtigen Fassung enthält, in der er redigiert
worden ist. Außerdem müssen die den Friedensvertrag
abschließenden Mächte die Zustimmung derjenigen Signatarmächte
der Verträge von 1815 und der Erklärung vom 20. November 1815
nachsuchen, die nicht Unterzeichner des gegenwärtigen
Friedensvertrages sind;
2. Freizone von Hoch-Savoyen und dem Gebiet von Gex:
a) Der Bundesrat erklärt seinen ausdrücklichsten Vorbehalt
hinsichtlich der Auslegung der im letzten Absatz des
vorstehenden, in den Friedensvertrag aufzunehmenden Artikels
enthaltenen Erklärung, in der es heißt, daß "die Bestimmungen
der Verträge von 1815 und der anderen Ergänzungsakte,
betreffend die Freizonen von Hoch-Savoyen und im Gebiete von
Gex von den Verhältnissen überholt sind." Der Bundesrat wünscht
keinesfalls, daß aus seiner Zustimmung zu dieser Fassung
geschlossen werden könnte, er stimme der Abschaffung einer
bewährten Einrichtung zu, die dazu dient, einander benachbarten
Gebieten den Vorteil einer besonderen, ihrer geographischen und
wirtschaftlichen Lage angepaßten Behandlung zu verschaffen.
Nach Auffassung des Bundesrates kann es sich nicht darum
handeln, das Zollsystem der Zonen, so wie es durch die oben
erwähnten Verträge festgesetzt worden ist, abzuändern, sondern
einzig darum, die Art und Weise des Güteraustausches zwischen
den beteiligten Gebieten in einer den jetzigen wirtschaftlichen
Bedingungen besser angepaßten Form zu regeln. Zu den
vorstehenden Bemerkungen sieht sich der Bundesrat durch den
Inhalt des der Note der französischen Regierung vom 26. April
beigefügten Entwurfes eines Abkommens, betreffend die
zukünftige Gestaltung der Zonen, veranlaßt. Unbeschadet der
oben erwähnten Vorbehalte erklärt sich der Bundesrat bereit, im
freundschaftlichsten Geiste alle Vorschläge zu prüfen, welche
die französische Regierung ihm diesbezüglich machen zu sollen
glaubt.
b) Es besteht Einverständnis, daß die Bestimmungen der Verträge
von 1815 und anderer Zusatzakte über die Freizonen bis zu dem
Zeitpunkt in Kraft bleiben, in welchem eine neue Abmachung zur
Regelung der Rechtslage dieser Gebiete zwischen der Schweiz und
Frankreich zustande kommt.
II.
Die französische Regierung hat am 18. Mai 1919 an die
schweizerische Regierung nachstehende Note als Antwort auf die
vorstehend wiedergegebene Mitteilung gerichtet:
In einer Note vom 5. Mai l. J. hat die schweizerische
Gesandtschaft in Paris der Regierung der französischen Republik die
Zustimmung der Bundesregierung zu dem vorgeschlagenen Artikel
mitgeteilt, der in den zwischen den alliierten und assoziierten
Regierungen einesteils und Deutschland andernteils abzuschließenden
Friedensvertrag aufgenommen werden soll.
Mit Befriedigung hat die französische Regierung von dem so
erzielten Einverständnis Kenntnis genommen und der von den
Alliierten und Assoziierten angenommene Entwurf des fraglichen
Artikels ist auf ihr Ersuchen in die den deutschen Bevollmächigten
überreichten Friedensbedingungen eingefügt worden.
In ihrer diese Frage betreffenden Note vom 5. Mai hat die
schweizerische Regierung verschiedene Erwägungen und Vorbehalte zum
Ausdruck gebracht.
Hinsichtlich derjenigen dieser Bemerkungen, welche die Freizonen
von Hoch-Savoyen und dem Gebiete von Gex betreffen, hat die
französische Regierung die Ehre, darauf hinzuweisen, daß die
Bestimmung des letzten Absatzes des Artikels 435 so klar ist, daß
kein Zweifel hinsichtlich ihrer Tragweite insbesondere hinsichtlich
der Tatsache aufkommen dürfte, daß danach in Zukunft keine anderen
Mächte als Frankreich und die Schweiz an dieser Frage mehr beteiligt
sind.
Die Regierung der Republik, die ihrerseits auf den Schutz der
Interessen der in Frage stehenden französischen Gebiete bedacht ist
und deren besondere Lage berücksichtigt, verliert nicht aus dem
Auge, daß die Einführung eines geeigneten Zollsystems für sie und
eine den gegenwärtigen Verhältnissen besser entsprechende Regelung
des Austauschverkehres zwischen diesen Gebieten und den benachbarten
schweizerischen Gebieten unter Beachtung der gegenseitigen
Interessen sich empfiehlt.
Selbstverständlich darf dies in keiner Weise das Recht Frankreichs
berühren, in dieser Gegend seine Zollinie mit seiner politischen
Grenze zusammenfallen zu lassen, wie dies bei anderen Teilen seiner
Landesgrenzen der Fall ist und wie dies die Schweiz selbst schon
seit langem mit ihren eigenen Grenzen getan hat.
Mit Befriedigung nimmt in dieser Hinsicht die Regierung der
Republik von der freundschaftlichen Bereitwilligkeit Kenntnis, mit
der die schweizerische Regierung sich zur Prüfung aller
französischen Vorschläge über das an Stelle der gegenwärtigen
Rechtsordnung der bezeichneten Freizonen zu setzende Abkommen bereit
erklärt hat; die französische Regierung wird diese Vorschläge in dem
gleichen freundschaftlichen Sinne ausstellen.
Andrerseits zweifelt die Regierung der Republik nicht, daß die
vorläufige Beibehaltung der Rechtsordnung von 1815, betreffend die
Freizonen, auf die dieser Absatz der Note der schweizerischen
Gesandtschaft vom 5. Mai hinweist und die offensichtlich die
Überleitung des gegenwärtigen Zustandes in den vertragsmäßigen
Zustand vermitteln soll, keineswegs eine Verzögerung der Einführung
des von beiden Regierungen für notwendig erkannten neuen Zustandes
mit sich bringen darf. Die gleiche Bemerkung gilt für die
Ratifikation durch die eidgenössischen Kammern, die im § 1,
Absatz A, der schweizerischen Note vom 5. Mai unter der Überschrift
"Neutralisierte Zone von Hoch-Savoyen" vorgesehen ist.
Anlage I.
-------------
Toskana.
Die Kronjuwelen (d. h. der nach ihrer Zerstreuung verbliebene
Rest).
Die Privatjuwelen der Kurprinzessin von Medici, die zur Erbschaft
des Hauses Medici gehörigen Medaillen und andere
Wertgegenstände - alles Hauseigentum kraft vertragsmäßiger
Übereinkommen und testamentarischer Bestimmungen - die im Verlaufe
des XVIII. Jahrhunderts nach Wien gebracht worden sind.
Das Mobiliar und Silbergerät der Medici und die Gemme des Aspasios
(auf Rechnung von Schulden des Hauses Österreich an die Krone
Toskana).
Die alten astronomischen und physikalischen Instrumente der
Academia del Cimento, die vom Hause Lothringen weggebracht und als
Geschenk für die Vettern der kaiserlichen Familie nach Wien
geschickt wurden.
Modena.
Eine "Jungfrau" von Andrea del Sarto und vier Zeichnungen von
Correggio, aus der Pinatothek von Modena, die 1859 vom Herzog
Franz V. weggebracht wurden.
Die drei Handschriften der Bibliothek von Modena: Biblia Vulgata
(cod. lat. 422-23), Brevarium romanum (cod. lat. 424) und das
Officium Beatae Virginis (cod. lat. 262), die 1859 von Franz V.
weggebracht wurden.
Die unter den gleichen Umständen 1859 weggebrachten Bronzen.
Einige, darunter zwei Bilder von Salvatore Rosa und ein Bildnis von
Dosso Dossi, die 1868 beansprucht wurden, und andere Gegenstände,
die bis 1872 unter den gleichen Umständen ausgeliefert worden sind.
Palermo.
Die Gegenstände, welche die normannischen Könige im Laufe des
XII. Jahrhunderts in Palermo verfertigen ließen und welche bei den
Kaiserkrönungen verwendet wurden; die genannten Gegenstände wurden
aus Palermo weggebracht und befinden sich gegenwärtig in Wien.
Neapel.
Achtundneunzig Handschriften, die 1718 auf österreichische
Anordnung aus der Bibliothek von San Giovanni in Carbonara und aus
anderen Bibliotheken Neapels weggeschafft und nach Wien gebracht
wurden.
Einige zu verschiedentlichen Zeitpunkten aus den Staatsarchiven
von Mailand, Mantua, Venedig, Modena und Florenz weggebrachte
Urkunden.
Anlage.
-----------
I. Allgemeine Vorschriften.
§ 1.
Im Sinne der Artikel 251, 252 und 253 gelten Vertragsparteien dann
als Feinde, wenn der Handel zwischen ihnen verboten worden oder
infolge von Gesetzen, Verordnungen oder Vorschriften, denen eine der
Parteien unterworfen war, gesetzwidrig geworden ist. Der maßgebende
Zeitpunkt ist der Tag, an dem der Handel verboten worden oder an dem
er sonstwie gesetzwidrig geworden ist.
§ 2.
Unbeschadet der Rechte aus Artikel 249, Absatz b), des
Abschnittes IV unter Vorbehalt ferner der Anwendung der während des
Krieges von den alliierten oder assoziierten Mächten erlassenen
Gesetze, Verordnungen oder inneren Vorschriften, schließlich unter
Vorbehalt abweichender Vertragsbestimmungen, bleiben von der
Aufhebung durch Artikel 251 ausgenommen und in Kraft:
a) Verträge zum Zwecke der Übertragung von Eigentum, Gütern oder
von beweglichen oder unbeweglichen Werten, wenn das Eigentum
übertragen oder der Gegenstand ausgehändigt worden ist, bevor
die Parteien Feinde wurden;
b) Mietverträge, Mieten und Mietversprechen;
c) Verträge über Hypotheken, Verpfändungen und Sicherstellungen;
d) Konzessionen, betreffend Bergwerke und Gruben, Steinbrüche oder
Lagerstätten;
e) Verträge zwischen Privaten einerseits und Staaten, Provinzen,
Gemeinden oder anderen ähnlichen Verwaltungskörperschaften
andrerseits sowie Konzessionen, die von Staaten, Provinzen,
Gemeinden oder anderen ähnlichen Verwaltungskörperschaften
verliehen sind.
§ 3.
Sind gemäß Artikel 251 Bestimmungen eines Vertrages teilweise
aufgehoben, lassen sich aber die aufgehobenen von den übrigen
Vorschriften des Vertrages trennen, so bleiben die übrigen
Vorschriften des Vertrages, vorbehaltlich der Anwendung der im § 2
bezeichneten Gesetze, Verordnungen und inneren Vorschriften, in
Kraft. Lassen sie sich nicht trennen, so gilt der Vertrag als in
seiner Gesamtheit aufgehoben.
II. Besondere Vorschriften über bestimmte Vertragsgattungen.
Verträge an der Effekten- und Produktenbörse.
§ 4.
a) Bestimmungen, die während des Krieges von einer anerkannten
Effekten- oder Produktenbörse bezüglich Abwicklung der von
einer feindlichen Privatperson vor dem Kriege eingegangenen
börsenmäßigen Verpflichtungen erlassen worden sind, werden
durch die Hohen vertragschließenden Teile bestätigt, ebenso wie
die in Anwendung dieser Bestimmungen getroffenen Maßnahmen,
vorausgesetzt:
1. daß das Geschäft ausdrücklich in Gemäßheit der
Bestimmungen der betreffenden Börse abgeschlossen worden
war;
2. daß die Bestimmungen für alle Beteiligten verbindlich
waren;
3. daß die Abwicklungsbedingungen gerecht und vernünftig
waren.
b) Der vorstehende Absatz findet auf Maßnahmen, die von Börsen in
den vom Feinde besetzten Gebieten während der Besetzung
erlassen worden sind, keine Anwendung.
c) Die Abwicklung der am 31. Juli 1914 abgeschlossenen
Termingeschäfte über Baumwolle, gemäß Entscheidung der
Baumwollreinigung in Liverpool, wird bestätigt.
Verpfändung.
§ 5.
Ist ein als Sicherheit für die Schuld eines Feindes bestelltes
Pfand wegen mangelnder Zahlung verkauft worden, so soll selbst dann,
wenn der Eigentümer nicht hat benachrichtigt werden können, der
Verkauf als gültig angesehen werden, sofern der Gläubiger in gutem
Glauben und mit Sorgfalt und Vorsicht gehandelt hat. In diesem Falle
steht dem Eigentümer kein Ersatzanspruch auf Grund des Pfandverkaufs
zu.
Diese Bestimmung findet auf Pfandverkäufe, die in den mit Krieg
überzogenen oder vom Feind besetzten Gebieten während der Besetzung
von einem Feinde vorgenommen worden sind, keine Anwendung.
Handelspapiere.
§ 6.
Soweit Mächte in Betracht kommen, die den Abschnitt III und seine
Anlage angenommen haben, werden die Geldverbindlichkeiten zwischen
Feinden aus der Ausstellung von Handelspapieren in Gemäßheit der
genannten Anlage durch Vermittlung der Prüfungs- und Ausgleichsämter
geregelt. Auf diese geht das Recht des Inhabers mit den
verschiedenen ihm zustehenden Rechtsbehelfen über.
§ 7.
Hat sich jemand auf Grund der Zusage eines anderen vor oder
während des Krieges zur Zahlung eines Handelspapiers verpflichtet
und ist der andere später für ihn Feind geworden, so bleibt ihm
trotz der Eröffnung der Feindseligkeiten der Rückgriff gegen den
andern erhalten.
III. Versicherungsverträge.
§ 8.
Versicherungsverträge zwischen Personen, die später Feinde
geworden sind, werden in Gemäßheit der folgenden Paragraphen
geregelt:
Feuerversicherungen.
§ 9.
Verträge zur Versicherung von Eigentum gegen Feuersgefahr zwischen
einer an dem Eigentum beteiligten Person und einer anderen, die
später Feind geworden ist, gelten nicht durch die Eröffnung der
Feindseligkeiten oder dadurch, daß die betreffende Person Feind
geworden ist, oder deshalb, weil während des Krieges oder dreier
Monate danach einer der Vertragschließenden eine Vertragsbestimmung
nicht erfüllt hat, als aufgehoben. Sie werden aber mit Wirkung vom
ersten, nach Ablauf einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten
des gegenwärtigen Vertrages eintretenden Fälligkeitstag der
Jahresprämie aufgehoben.
Bezüglich der während des Krieges fällig gewordenen, unbezahlt
gebliebenen Prämien oder der Ansprüche aus Schadensfällen, die
während des Krieges eingetreten sind, findet eine besondere Regelung
statt.
§ 10.
Ist eine vor dem Kriege abgeschlossene Feuerversicherung durch
eine Verwaltungs- oder gesetzgeberische Maßnahme während des Krieges
von dem ursprünglichen auf einen anderen Versicherer übertragen
worden, so wird die Übertragung anerkannt; die Haftung des
ursprünglichen Versicherers gilt seit dem Tage der Übertragung als
erloschen. Der ursprüngliche Versicherer bleibt indessen berechtigt,
auf Verlangen volle Auskunft über die Bedingungen der Übertragung zu
erhalten. Ergibt sich, daß diese Bedingungen unbillig sind, so sind
sie soweit abzuändern, daß sie den Ansprüchen der Billigkeit
genügen.
Mit Zustimmung des ursprünglichen Versicherers ist ferner der
Versicherte berechtigt, den Vertrag auf den ursprünglichen
Versicherer mit Wirkung vom Zeitpunkt der Stellung des bezüglichen
Antrages ab zurückzuübertragen.
Lebensversicherungen.
§ 11.
Lebensversicherungsverträge zwischen einem Versicherer und einer
Person, die später Feind geworden ist, gelten weder durch die
Kriegserklärung noch durch die Tatsache, daß die Person Feind
geworden ist, als aufgehoben.
Jeder Vertrag, der während des Krieges auf Grund eines nach dem
vorstehenden Absatz als nicht aufgehoben geltenden Vertrages fällig
geworden ist, ist nach dem Kriege zuzüglich fünf vom Hundert
jährlicher Zinsen vom Tage der Fälligkeit bis zum Berichtigungstage
zahlbar.
Ist der Vertrag während des Krieges mangels Prämienzahlung
hinfällig oder infolge der Nichterfüllung von Vertragsbestimmungen
unwirksam geworden, so sind der Versicherte oder seine Vertreter
oder Rechtsnachfolger jederzeit berechtigt, binnen zwölf Monaten
nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages vom Versicherer den
Wert der Polizze am Tage ihres Hinfälligwerdens oder ihrer
Unwirksamkeit zu fordern.
Beruht das Hinfälligwerden des Vertrages während des Krieges
mangels Prämienzahlung auf der Anwendung von Kriegsmaßnahmen, so
sind der Versicherte oder seine Vertreter oder Rechtsnachfolger
berechtigt, ihn binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages dadurch wieder in Kraft zu setzen, daß sie
die gegebenenfalls verfallenen Prämien zuzüglich fünf vom Hundert
jährlicher Zinsen bezahlen.
§ 12.
Sind Lebensversicherungsverträge von der Zweigstelle einer
Versicherungsgesellschaft geschlossen, deren Hauptniederlassung sich
in einem in der Folge feindlich gewordenen Lande befindet, so
unterliegt der Vertrag, falls er nicht selbst eine gegenteilige
Bestimmung enthält, dem Gesetz des Ortes. Sind indes auf Ansprüche,
die im Widerspruch zu den Bestimmungen des Vertrages selbst und den
zur Zeit seines Abschlusses geltenden Gesetzen und Abkommen auf
Grund von Kriegsmaßnahmen erhoben oder durchgesetzt sind, Zahlungen
erfolgt, so ist der Versicherer berechtigt, deren Erstattung von dem
Versicherten oder seinem Vertretern zu verlangen.
§ 13.
Sieht das auf den Vertrag anzuwendende Gesetz vor, daß der
Versicherer trotz der Nichtzahlung der Prämien an den Vertrag
gebunden bleibt, bis dem Versicherten von der Hinfälligkeit des
Vertrages Mitteilung gemacht worden ist, so ist er in den Fällen, in
denen er infolge des Krieges diese Mitteilung nicht machen konnte,
berechtigt, von dem Versicherten die nicht bezahlten Prämien
zuzüglich fünf vom Hundert jährlicher Zinsen zu fordern.
§ 14.
Als Lebensversicherungsverträge im Sinne der §§ 11 bis 13 gelten
Versicherungsverträge dann, wenn die Berechnung der gegenseitigen
Verpflichtungen beider Parteien auf der Wahrscheinlichkeit der
menschlichen Lebensdauer verbunden mit dem Zinsfuß beruht.
Seeversicherungen.
§ 15.
Seeversicherungsverträge unter Einschluß von Zeit- und
Reisepolizzen, zwischen einem Versicherer und einer Person, die in
der Folgezeit Feind wurde, gelten von diesem Augenblick an als
aufgelöst, es sei denn, daß die im Vertrage vorgesehene Gefahr vor
diesem Zeitpunkte begonnen hatte.
Hatte die Gefahr nicht begonnen, so hat der Versicherer die in
Form von Prämien oder anderswie gezahlten Summen zu erstatten.
Hatte die Gefahr begonnen, so gilt der Vertrag als
rechtsbeständig, obwohl die eine Partei Feind wurde; die Beträge,
die auf Grund der Vertragsbestimmungen, sei es als Prämien, sei es
für Seeschäden, zu zahlen sind, können nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages eingefordert werden.
Kommt es zu einem Übereinkommen über die Verzinsung der vor dem
Kriege an feindliche Staatsangehörige oder von ihnen geschuldeten
nach dem Kriege zur Zahlung gelangenden Summen, so sollen solche
Zinsen bei Verlusten, die auf Grund von Seeversicherungsverträgen zu
ersetzen sind, nach Ablauf eines Jahres vom Tage des Verlustes an
laufen.
§ 16.
Kein Seeversicherungsvertrag mit einem Versicherten, der in der
Folgezeit Feind wurde, begründet eine Haftung für Verluste durch
Kriegshandlungen der Macht, der der Versicherer angehört, oder einer
mit ihr alliierten oder assoziierten Macht.
§ 17.
Erweist es sich, daß jemand, der vor dem Kriege einen
Seeversicherungsvertrag mit einem in der Folge Feind gewordenen
Versicherer eingegangen ist, nach Eröffnung der Feindseligkeiten
einen neuen Vertrag geschlossen hat, der dieselbe Gefahr bei einem
nicht feindlichen Versicherer deckt, so tritt von dem Tage des
Abschlusses an der neue Vertrag an die Stelle des ursprünglichen.
Die verfallenen Prämien werden nach dem Grundsatz berechnet, daß der
ursprüngliche Versicherer aus dem Vertrag nur bis zu dem Zeitpunkt
haftet, wo der neue Vertrag geschlossen wurde.
Andere Versicherungen.
§ 18.
Solche vor dem Kriege zwischen einem Versicherer und einer Person,
welche in der Folge Feind wurde, abgeschlossene
Versicherungsverträge, die nicht unter §§ 9-17, fallen, erfahren in
jeder Hinsicht dieselbe Behandlung, wie sie nach den genannten
Paragraphen, Feuerversicherungsverträgen zwischen denselben Parteien
zuteil würde.
Rückversicherungen.
§ 19.
Alle Rückversicherungsverträge mit einer Person, die Feind
geworden ist, gelten als durch diese bloße Tatsache aufgehoben;
jedoch bleibt im Falle der Haftung für eine Lebens- oder
Seeversicherungsgefahr, die schon vor dem Kriege begonnen hatte, das
Recht unberührt, nach dem Kriege die Zahlung der aus der Haftung für
diese Gefahren geschuldeten Summen zu verlangen.
War es indessen infolge feindlichen Einfalls dem Rückversicherten
unmöglich, einen anderen Rückversicherer zu finden, so bleibt der
Vertrag bis zum Ablauf von drei Monaten seit Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages in Geltung.
Wird ein Rückversicherungsvertrag auf Grund dieses Paragraphen
hinfällig, so findet zwischen beiden Parteien eine Abrechnung statt,
die einerseits die bezahlten und zu bezahlenden Prämien, andrerseits
die Ersatzpflicht für erlittene Verluste aus der Haftung für die vor
dem Kriege in Lauf gekommenen Lebens- und Seeversicherungsgefahren
berücksichtigt. Bei anderen als den in §§ 11-17 erwähnten Gefahren
gilt als Stichtag für die Abrechnung der Zeitpunkt, an dem beide
Parteien Feinde wurden; Ersatzansprüche für seitdem eingetretene
Verluste bleiben außer Betracht.
§ 20.
Hat ein Versicherter in einem Versicherungvertrag die Haftung für
besondere Gefahren übernommen, die keine Lebens- oder
Seeversicherungsgefahren sind, so erstrecken sich die Bestimmungen
des vorstehenden Paragraphen gleichfalls auf die entsprechenden
Rückversicherungen, die an dem Tage bestanden, wo die
vertragschließenden Parteien Feinde geworden sind.
§ 21.
Die Rückversicherungen eines Lebensversicherungsvertrages, die auf
Grund eines besonderen Vertrages, die auf Grund eines besonderen
Vertrages abgeschlossen worden und nicht in einem allgemeinen
Rückversicherungsvertrag enthalten ist, bleibt in Kraft.
§ 22.
Ist vor dem Kriege ein Seeversicherungsvertrag rückversichert
worden, so bleibt die Übertragung der Gefahr auf den Rückversicherer
gültig, wenn diese Gefahr vor Eröffnung der Feindseligkeiten
begonnen hatte; der Vertrag bleibt trotz der Eröffnung der
Feindseligkeiten in Kraft. Nach dem Kriege kann die Zahlung der auf
Grund des Rückversicherungsbetrages geschuldeten Beträge für Prämien
oder erlittene Verluste verlangt werden.
§ 23.
Die Vorschriften der §§ 16 und 17 und der letzte Absatz des § 15
finden auf Rückversicherungsverträge für Seeversicherungsgefahr
Anwendung.
Anlage.
-----------
§ 1.
Gemäß Artikel 249, Absatz d), wird die Gültigkeit aller
Eigentumsübertragungen, aller Liquidationsanordnungen gegen
Unternehmungen oder Gesellschaften und aller anderen Verfügungen,
Verordnungen, Entscheidungen oder Anweisungen bestätigt, die von
einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde eines der Hohen
vertragschließenden Teile in Anwendung der Kriegsgesetzgebung über
feindliche Güter, Rechte oder Interessen ausgegangen oder erlassen
gelten. Das Interesse aller Personen, deren Güter von Verordnungen,
Verfügungen, Entscheidungen oder Anweisungen betroffen worden ist,
gilt als in denselben rechtsgültig gewahrt, gleichviel ob dies
Interesse in den besagten Verordnungen, Verfügungen, Entscheidungen
oder Anweisungen ausdrücklich berücksichtigt ist oder nicht. Es
findet keinerlei Beanstandung statt bezüglich der Ordnungsmäßigkeit
einer kraft der obenerwähnten Verordnungen, Verfügungen,
Entscheidungen oder Anweisungen vollzogenen Übertragung von Gütern,
Rechten oder Interessen. Ebenso wird, soweit Gerichte oder
Verwaltungsbehörden eines der Hohen vertragschließenden Teile in
Anwendung der außerordentlichen Kriegsgesetzgebung über feindliche
Güter, Rechte und Interessen Verfügungen, Anordnungen,
Entscheidungen oder Anweisungen getroffen, erlassen oder vollstreckt
haben, oder soweit es so anzusehen ist als sei dies geschehen, die
Gültigkeit der in Ausführung solcher Schritte der Gerichte oder
Verwaltungsbehörden hinsichtlich eines Eigentumsrechtes, einer
Unternehmung oder Gesellschaft getroffenen Maßnahmen bestätigt, mag
es sich um Untersuchungen, Sequestration, Zwangsverwaltung,
Gebrauch, Requisition, Überwachung oder Liquidation, Verkauf oder
Verwaltung von Eigentum, Rechten und Interessen, Einziehung oder
Bezahlung von Schulden, Bezahlung von Kosten, Gefällen, Auslagen
oder um irgendwelche sonstige Maßnahmen handeln. Jedoch gilt der
Vorbehalt, daß die Bestimmungen dieses Paragraphen den
Eigentumsrechten, die von Staatsangehörigen der alliierten und
assoziierten Mächte in gutem Glauben und zu gerechtem Preise vorher,
gemäß dem Rechte des Ortes der belegenen Sache, erworben worden
sind, keinen Eintrag tun zu dürfen.
Die Bestimmungen dieses Paragraphen finden keine Anwendung auf
Maßnahmen der obenerwähnten Art, die von der ehemaligen
österreichisch-ungarischen Regierung in den mit Krieg überzogenen
oder besetzten Gebieten getroffen worden sind, noch auf vorstehend
aufgezählte Maßnahmen, die nach dem 3. November 1918 getroffen
wurden; alle diese Maßnahmen bleiben ungültig.
§ 2.
Wegen Handlungen oder Unterlassungen in bezug auf Güter, Rechte
oder Interessen der österreichischen Staatsangehörigen während des
Krieges oder zur Vorbereitung des Krieges ist jeglicher Ausspruch
und jegliche Klage sowohl seitens Österreichs oder seiner
Staatsangehörigen, wie seitens der Angehörigen des ehemaligen
Kaisertums Österreich, oder in ihrem Namen gleichviel wo sie
ansässig sind, gegen eine alliierte oder assoziierte Macht oder
gegen irgendeine Person, die im Namen oder nach den Weisungen einer
Gerichts- oder Verwaltungsbehörde dieser Macht gehandelt hat,
unzulässig. Gleichfalls unzulässig ist jeglicher Anspruch und
jegliche Klage gegen irgendeine Person wegen einer Handlung oder
Unterlassung, die auf den außerordentlichen Kriegsmaßnahmen,
Gesetzen oder Verordnungen einer der alliierten oder assoziierten
Mächte beruht.
§ 3.
Im Artikel 249 und in dieser Anlage fallen unter den Begriff der
"außerordentlichen Kriegsmaßnahmen" Maßnahmen jeder Art, Maßnahmen
der Gesetzgebung, der Verwaltung, der Rechtsprechung und sonstige
bezüglich der feindlichen Güter bereits getroffene oder erst
nachträglich zu treffende, deren Zweck ist oder sein wird, dem
Eigentümer die Verfügungsbefugnis über seine Güter zu entziehen,
ohne das Eigentum selbst anzutasten; namentlich also Überwachungs-,
Zwangsverwaltungs-, Sequestrationsmaßnahmen oder Maßnahmen mit dem
Zweck, die feindlichen Guthaben zu beschlagnahmen, zu verwerten oder
zu sperren. Der Grund, die Form, der Ort des Vorgehens sind ohne
Belang. Als in Ausführung dieser Maßnahmen vorgenommene Handlungen
gelten alle Urteile, Weisungen, Befehle oder Verfügungen der
Verwaltungsbehörden oder Gerichte, die diese Maßnahmen auf das
feindliche Vermögen anwenden, sowie alle Handlungen solcher
Personen, welchen die Verwaltung oder die Überwachung der
feindlichen Güter, zum Beispiel die Schuldentilgung, Einziehung von
Außenständen, Bezahlung von Kosten, Gefällen oder Auslagen,
Einziehung von Vergütungen, übertragen ist.
"Übertragungsanordnungen" sind solche Anordnungen, die das
Eigentum an feindlichen Gütern betroffen haben oder betreffen werden,
indem sie es ohne Zustimmung des feindlichen Eigentümers ganz oder
teilweise auf eine andere Person als ihn selbst übertragen,
insbesondere die Maßnahmen, welche den Verkauf, die Liquidation, den
Eigentumsübergang kraft Gesetzes an feindlichem Vermögen die
Nichtigkeitserklärung von verbrieften Ansprüchen oder Wertpapieren
anordnen.
§ 4.
Die Güter, Rechte und Interessen der Staatsangehörigen des
ehemaligen Kaisertums Österreich auf dem Gebiete einer alliierten
oder assoziierten Macht sowie der Reinerlös ihres Verkaufes, ihrer
Liquidation oder der sonstigen Verfügungen darüber können durch
diese Macht belastet werden: an erster Stelle mit der Bezahlung von
Schadensbeträgen, die auf Grund von Ansprüchen ihrer eigenen
Staatsangehörigen mit Bezug auf ihre auf dem Gebiet des ehemaligen
Kaisertums Österreich gelegenen Güter, Rechte und Interessen
einschließlich ihrer Betätigung an Gesellschaften oder Vereinigungen
oder auf Forderungen gegen österreichische Staatsangehörige
geschuldet werden; ebenso mit der Bezahlung von Ersatzansprüchen,
die auf Handlungen der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Regierung oder irgendeiner österreichischen Behörde gegründet
werden, die nach dem 28. Juli 1914 und vor dem Eintritt der
beteiligten alliierten und assoziierten Macht in den Krieg begangen
sind. Die Höhe solcher Ersatzansprüche kann von einem Schiedsrichter
festgesetzt werden, der von Herrn Gustav Ador, falls er dazu bereit
ist, oder sonst durch den im Abschnitt VI vorgesehenen Gemischten
Gerichtshof ernannt wird. An zweiter Stelle können sie belastet
werden mit Zahlungen von Schadensbeträgen auf Ersatzansprüche ihrer
eigenen Staatsangehörigen einer solchen alliierten und assoziierten
Macht, die auf ihre im Gebiete der anderen feindlichen Mächte
gelegenen Güter, Rechte und Interessen Bezug haben; dies gilt indes
nur soweit, als diese Schadloshaltung nicht auf andere Weise erfolgt
ist.
§ 5.
Hatte eine in einem alliierten oder assoziierten Staate gesetzlich
zugelassene Gesellschaft unmittelbar vor dem Beginn des Krieges
gemeinschaftlich mit einer von ihr abhängigen und in Österreich
gesetzlich zugelassenen Gesellschaft Verwertungsrechte mit Bezug auf
Fabriks- oder Handelsmarken für andere Länder oder befand sie sich
zusammen mit dieser Gesellschaft im Besitz ausschließlicher
Herstellungsverfahren von Waren oder Gegenständen zum Verkauf in
anderen Ländern, so hat ohne Rücksicht auf die Bestimmungen des
Artikels 249 künftig die erste Gesellschaft unter Ausschluß der
österreichischen Gesellschaft allein das Recht, diese Fabriksmarken
in anderen Ländern zu verwerten. Die gemeinschaftlichen
Herstellungsverfahren werden der ersten Gesellschaft überlassen,
ungeachtet entgegenstehender, auf der Kriegsgesetzgebung der
österreichisch-ungarischen Monarchie beruhender Maßnahmen in
Ansehung der zweiten Gesellschaft oder ihrer Interessen, ihres
Geschäftsvermögens oder ihrer Aktien. Jedoch hat die erste
Gesellschaft, wenn sie darum angegangen wird, der zweiten
Gesellschaft die Modelle zu übergeben, die die weitere Herstellung
von Waren für den Gebrauch in Österreich ermöglichen.
§ 6.
Soweit Güter, Rechte und Interessen von Staatsangehörigen der
alliierten oder assoziierten Mächte, einschließlich der
Gesellschaften und Vereinigungen, an denen diese Staatsangehörigen
beteiligt waren, durch Österreich einer außerordentlichen
Kriegsmaßnahme unterworfen worden sind, ist Österreich bis zu dem
Zeitpunkt, der gemäß § 249 durchzuführenden Zurückerstattung für die
Erhaltung verantwortlich.
§ 7.
Die alliierten oder assoziierten Mächte haben binnen eines Jahres
nach Inkraftreten des gegenwärtigen Vertrages das Eigentum, die
Rechte und Interessen bekanntzugeben, in Ansehung derer sie das im
Artikel 249, Absatz f), vorgesehene Recht auszuüben gedenken.
§ 8.
Die im Artikel 249 vorgesehenen Zurückerstattungen erfolgen auf
Anordnung der österreichischen Regierung oder der sie vertretenden
Behörden. Auf Antrag der Beteiligten haben die österreichischen
Behörden ihnen ins Einzelne gehende Auskunft über die
Geschäftsführung der Verwalter zu geben. Der Antrag wird mit
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages zulässig.
§ 9.
Güter, Rechte und Interessen der österreichischen Staatsbürger
unterliegen weiterhin bis zur Durchführung der im Artikel 249,
Absatz b, vorgesehenen Liquidationen den im Hinblick auf die
getroffenen oder zu treffenden außerordentlichen Kriegsmaßnahmen.
§ 10.
Österreich übermittelt binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages jeder alliierten oder assoziierten Macht
alle in Händen seiner Angehörigen befindlichen Verträge,
Bescheinigungen, Urkunden und sonstigen Eigentumstitel, die sich auf
Güter, Rechte und Interessen auf dem Gebiete der betreffenden
alliierten oder assoziierten Macht beziehen. Unter letztere fallen
auch Aktien, Schuldverschreibungen und sonstige Wertpapiere aller
durch die Gesetzgebung dieser Macht zugelassenen Gesellschaften.
Österreich erteilt jederzeit auf Verlangen der beteiligten
alliierten oder assoziierten Macht jegliche Auskunft über Güter,
Rechte und Interessen der österreichischen Staatsangehörigen im
Gebiet der beteiligten alliierten und assoziierten Macht sowie über
die geschäftliche Verfügungen, die seit dem 1. Juli 1914 in bezug
auf jene Güter, Rechte und Interessen stattgefunden haben.
§ 11.
Der Ausdruck "Barguthaben" umfaßt alle vor oder nach dem
Kriegszustande angelegten Gelder oder Deckungen; er umfaßt ferner
alle Guthaben, die aus Geldanlagen, Einkünften oder Gewinnen
stammen, welche Verwalter, Sequester oder andere aus angelegtem Geld
oder sonstwie eingezogen haben; er umfaßt nicht irgendeine
Geldsumme, die den alliierten und assoziierten Mächten oder ihren
einzelnen Staaten, Provinzen oder Gemeinden zusteht.
§ 12.
Soweit durch die für die Verwaltung feindlichen Vermögens
verantwortlichen Personen oder die Aufsichtspersonen für diese
Verwaltung Barguthaben der Staatsangehörigen der Hohen
vertragschließenden Teile, einschließlich Barguthaben von
Gesellschaften oder Vereinigungen, an denen diese Staatsangehörigen
beteiligt sind, angelegt worden sind, gleichviel wo die Anlage
erfolgt ist oder soweit dies auf Anordnung der oben gedachten
Personen oder irgendeiner Behörde geschehen ist, wird die Anlage
hinfällig; die Regelung des Barguthabens erfolgt ohne Rücksicht auf
sie.
§ 13.
Soweit Eigentum, Rechte und Interessen von Staatsangehörigen einer
alliierten oder assoziierten Macht oder, was darunter fällt, von
Gesellschaften oder Vereinigungen, an denen solche Staatsangehörigen
beteiligt waren, auf dem Gebiete des ehemaligen Kaisertums
Österreich oder in den von ihm oder seinen Verbündeten besetzten
Gebieten Gegenstand einer außerordentlichen Kriegsmaßnahme oder
einer Übertragungsanordnung waren, übermittelt Österreich den
alliierten oder assoziierten Mächten, einer jeden für ihr Teil,
binnen einem Monat nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
oder auf Verlangen zu irgendeiner späteren Zeit alle einschlägigen
Abrechnungen oder Rechnungsbelege, Archive, Urkunden und Auskünfte
jeglicher Art, die sich auf seinem Gebiet befinden.
Die Aufsichts- und Überwachungspersonen, Geschäftsführer,
Verwalter, Zwangsverwalter, Liquidatoren und Pfleger sind unter
Bürgschaft der österreichischen Regierung persönlich für die
unverzügliche vollständige Übermittlung und die Richtigkeit dieser
Rechnungen und Urkunden verantwortlich.
§ 14.
Auf Schulden, Guthaben und Abrechnungen finden die Bestimmungen
des Artikels 249 und dieser Anlage, betreffend Güter, Rechte und
Interessen in Feindesland und den Erlös ihrer Liquidation,
Anwendung; Abschnitt III regelt nur die Art und Weise der Zahlung.
Soweit von den alliierten und assoziierten Mächten, ihren Kolonien
oder Protektoraten oder einem der englischen Dominien oder Indien
die Erklärung nicht abgegeben wird, daß sie den Abschnitt III
annehmen, finden zwischen Österreich und ihnen und zwischen den
beiderseitigen Staatsangehörigen bei Regelung der von Artikel 249
betroffenen Fragen die Bestimmungen des Abschnittes III über die
Währung, in der die Bezahlung stattfinden soll, und über den
Umrechnungskurs und den Zinsfuß Anwendung, es sei denn, daß die
Regierung der beteiligten alliierten oder assoziierten Macht
Österreich binnen sechs Monaten nach Inkraftreten des gegenwärtigen
Vertrages mitteilt, daß eine oder mehrere der erwähnten Bestimmungen
nicht zur Anwendung gelangen sollen.
§ 15.
Erstreckt sich die Anwendung der außerordentlichen
Kriegsgesetzgebung durch die alliierten oder assoziierten Mächte
oder die in Anwendung der Bestimmungen des Artikels 249, Absatz b),
vorgenommene Liquidation von Eigentum, Rechten, Interessen,
Gesellschaften oder Unternehmungen auf Rechte des gewerblichen,
literarischen oder künstlerischen Eigentums, so finden die
Vorschriften des Artikels 249 und der gegenwärtigen Anlage
Anwendung.
Anlage.
-----------
§ 1.
Binnen drei Monaten nach der im Artikel 248, Absatz e vorgesehenen
Mitteilung errichtet jeder der Hohen vertragschließenden Teile ein
Prüfungs- und Ausgleichungsamt für die Zahlung und die Einziehung
der feindlichen Schulden.
Es dürfen örtliche Ämter für einen Teil der Gebiete der Hohen
vertragschließenden Teile errichtet werden. Solche Ämter üben
innerhalb dieser Gebiete ihre Tätigkeit wie ein Zentralamt aus. Mit
einem Amt im gegnerischen Land verkehren sie indessen nur durch die
Vermittlung des Zentralamtes.
§ 2.
Im Sinne dieser Anlage sind "feindliche Schulden" die im ersten
Absatz des Artikels 248 genannten Geldverbindlichkeiten, "feindliche
Schuldner" die Personen, die diese Summen schuldig sind, "feindliche
Gläubiger" die Personen, denen sie geschuldet werden. Im Sinne
dieser Anlage ist "Gläubigeramt" das Prüfungs- und Ausgleichsamt im
Lande des Gläubigers, "Schuldneramt" das Prüfungs- und
Ausgleichungsamt im Lande des Schuldners.
§ 3.
Die Hohen vertragschließenden Teile belegen Zuwiderhandlungen
gegen die Bestimmungen des Paragraph a des Artikels 248 mit den
gegenwärtig in ihrer Gesetzgebung für Handel mit dem Feinde
vorgesehenen Strafen. Ebenso untersagen sie auf ihrem Gebiet jedes
auf Zahlung der feindlichen Schulden abzielende gerichtliche
Vorgehen. Eine Ausnahme gilt für die in dieser Anlage vorgesehenen
Fälle.
§ 4.
Die im Paragraph b des Artikels 248 vorgesehene Haftung der
Regierung tritt ein, sobald die Schuld sich aus irgendeinem Grunde
als uneinbringlich erweist, es sei denn, daß nach der Gesetzgebung
des Landes des Schuldners die Schuld im Zeitpunkt der Kriegserklärung
verjährt war oder daß der Schuldner sich in diesem Zeitpunkt im
Konkurs, in Zahlungsunfähigkeit oder im Zustand erklärter
Zahlungseinstellung befand oder daß die Begleichung der Schuld der
Ausnahmegesetzgebung des Krieges liquidiert worden sind. In diesem
Falle findet das in der gegenwärtigen Anlage vorgesehene Verfahren
Anwendung auf die Zahlung der Ausschüttungssummen.
Die Ausdrücke "im Konkurs", " in Zahlungsunfähigkeit" sind im
technisch-juristischen Sinne der einschlägigen Gesetzgebung zu
verstehen. Der Ausdruck "im Zustand erklärter Zahlungseinstellung"
hat die Bedeutung, die ihm im englischen Rechte zukommt.
§ 5.
Die Gläubiger melden bei dem Gläubigeramt binnen sechs Monaten
nach seiner Errichtung ihre Forderungen an und liefern diesem Amte
alle ihnen abgeforderten Urkunden und Auskünfte.
Die Hohen vertragschließenden Teile treffen alle geeigneten
Maßnahmen, um betrügerische Einverständnisse zwischen feindlichen
Gläubigern und Schuldnern zu verfolgen und zu bestrafen. Die Ämter
teilen einander alle zur Entdeckung und Bestrafung derartiger
Einverständnisse dienlichen Anhaltspunkte und Unterlagen mit.
Die Hohen vertragschließenden Teile erleichtern auf Kosten der
Parteien und durch Vermittlung der Ämter soweit wie möglich die
Post- und telegraphische Verbindung zwischen Schuldnern und
Gläubigern, die sich über den Betrag der Schuld verständigen wollen.
Das Gläubigeramt teilt dem Schuldneramt alle bei ihm angemeldeten
Forderungen mit. Das Schuldneramt gibt dem Gläubigeramt binnen
angemessener Frist bekannt, welche Forderungen anerkannt und welche
bestritten worden sind. Im letzteren Falle hat das Schuldneramt die
Gründe für die Nichtanerkennung der Forderung anzugeben.
§ 6.
Wird eine Forderung ganz oder teilweise anerkannt, so schreibt das
Schuldneramt den anerkannten Betrag sogleich dem Gläubigeramt gut
und gibt ihm gleichzeitig Nachricht von der Gutschrift.
§ 7.
Eine Forderung gilt als völlig anerkannt und ihr Betrag wird
alsbald dem Gläubigeramt gutgeschrieben, sofern das Schuldneramt
nicht binnen drei Monaten seit Empfang der an dieses Amt gerichteten
Mitteilung die Nichtanerkennung der Schuld anzeigt (es sei denn, daß
das Gläubigeramt eine Verlängerung der Frist bewilligt).
§ 8.
Wird die Forderung ganz oder teilweise nicht anerkannt, so prüfen
die beiden Ämter die Angelegenheit gemeinsam und versuchen, eine
gütliche Einigung der Parteien herbeizuführen.
§ 9.
Das Gläubigeramt zahlt den einzelnen Gläubigern die ihm
gutgeschriebenen Summen aus den durch die Regierung seines Landes
ihm zur Verfügung gestellten Mitteln und unter den durch diese
Regierung festgesetzten Bedingungen, insbesondere mit einem
entsprechenden Abzug für Ausfälle, Kosten und Vermittlungsgebühren.
§ 10.
Wer einen Anspruch auf Zahlung einer feindlichen Schuld erhebt,
der sich ganz oder teilweise als unbegründet erweist, bezahlt dem
Amte zur Strafe fünf v. H. Zinsen auf den nicht begründeten Teil des
Anspruches. Wer ohne zureichenden Grund die Anerkennung des
Gesamtbetrages oder eines Teiles des gegen ihn erhobenen Anspruches
verweigert hat, zahlt zur Strafe gleichfalls fünf v. H. Zinsen von
dem Betrag, bezüglich dessen seine Weigerung sich als unbegründet
erweist.
Diese Zinsen laufen vom Tage des Endes der im § 7 vorgesehenen
Frist bis zu dem Tage, an dem der Anspruch als ungerechtfertigt
erkannt oder die Schuld bezahlt worden ist.
Die obengenannten Strafen werden durch die jeweils zuständigen
Ämter eingezogen, die für den Fall der Uneinbringlichkeit
verantwortlich sind.
Die Strafen werden dem gegnerischen Amte gutgeschrieben, welches
sie als Beitrag zu den Kosten der Durchführung der gegenwärtigen
Bestimmungen einbehält.
§ 11.
Die Abrechnung zwischen den Ämtern erfolgt jeden Monat und der
Saldo wird binnen einer Woche von dem Schuldnerstaate durch bare
Zahlung beglichen.
Indessen werden Salden zu Lasten einer oder mehrerer der
alliierten oder assoziierten Mächte bis zur völligen Bezahlung der
den alliierten und assoziierten Mächten oder ihren Staatsangehörigen
aus Anlaß des Krieges geschuldeten Summen einbehalten.
§ 12.
Um den Meinungsaustausch zwischen den Ämtern zu erleichtern, hat
jedes von ihnen einen Vertreter in der Stadt, in der das andere
tätig ist.
§ 13.
Von begründeten Ausnahmen abgesehen werden die Verhandlungen
soweit wie möglich in den Diensträumen des Schuldneramtes geführt.
§ 14.
Gemäß Artikel 248, Absatz b, haften die Hohen vertragschließenden
Teile für die Zahlung der feindlichen Schulden, die ihren
Staatsangehörigen zur Last fallen.
Demgemäß hat das Schuldneramt dem Gläubigeramt alle anerkannten
Schulden gutzuschreiben, selbst dann, wenn die Einziehung vom
Privatschuldner sich als unmöglich erweist. Die Regierungen geben
ihrem Amt nichtsdestoweniger jede benötigte Vollmacht, um die
Einziehung der anerkannten Forderungen zu betreiben.
§ 15.
Jede Regierung bestreitet die Kosten des in ihrem Gebiete
arbeitenden Amtes, einschließlich der Bezüge des Personals.
§ 16.
Können sich zwei Ämter über das tatsächliche Bestehen einer Schuld
nicht einigen oder kommt es zwischen dem feindlichen Schuldner und
dem feindlichen Gläubiger außerhalb der Ämter zum Streit, so wird
der Fall entweder einem Schiedsgericht unterbreitet (dies gilt, wenn
die Parteien zustimmen, und es sind dafür dann die Bedingungen
maßgebend, auf die sich einigen) oder vor den im nachstehenden
Abschnitt VI vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof gebracht.
Doch kann auf Ansuchen des Gläubigeramtes der Fall auch der
Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte am Wohnort des Schuldners
unterbreitet werden.
§ 17.
Die von dem Gemischten Schiedsgerichtshof, den ordentlichen
Gerichten oder dem Schiedsgericht zugesprochenen Summen werden durch
Vermittlung der Ämter in der gleichen Weise eingezogen, wie wenn
diese Summen durch das Schuldneramt als geschuldet anerkannt worden
wären.
§ 18.
Die beteiligten Regierungen bestimmen einen Vertreter, dem die
Einleitung der Verfahren beim Gemischten Schiedsgerichtshof für das
Amt seines Landes obliegt. Diesem Vertreter steht die allgemeine
Aufsicht über die Bevollmächtigten oder Anwälte der
Staatsangehörigen seines Landes zu.
Der Gerichtshof urteilt auf Grund der Akten. Doch kann er die
Parteien anhören, wenn sie persönlich erscheinen, oder sich nach
ihrem Belieben entweder durch von beiden Regierungen zugelassene
Bevollmächtigte oder durch den oben genannten Vertreter vertreten
lassen, welcher das Recht hat, sich bei der Partei anzuschließen,
sowie auch das Recht, den von der Partei aufgegebenen Anspruch
wieder aufzunehmen und aufrecht zu erhalten.
§ 19.
Die beteiligten Ämter liefern dem Gemischten Schiedsgerichtshof
alle in ihrem Besitze befindlichen Auskünfte und Urkunden, damit der
Gerichtshof über die ihm unterbreiteten Angelegenheiten rasch
entscheiden kann.
§ 20.
Legt eine der beiden Parteien gegen die gemeinsame Entscheidung
der beiden Ämter Berufung ein, so hat der Berufungskläger eine
Sicherheit zu leisten, die nur zurückgezahlt wird, wenn die erste
Entscheidung zugunsten des Berufungsklägers abgeändert wird, und nur
in dem Verhältnis, in dem er Erfolg hat. In diesem Falle wird sein
Gegner im gleichen Verhältnis zur Tragung der Kosten und Auslagen
verurteilt. Die Sicherheitsleistung kann durch eine von dem
Gerichtshof angenommene Bürgschaft ersetzt werden.
In allen dem Gerichtshof unterbreiteten Angelegenheiten wird auf
den Betrag der Streitsumme eine Gebühr von fünf v. H. erhoben. Diese
Abgabe fällt dem verlierenden Teile zur Last, es sei denn, daß der
Gerichtshof ein anderes bestimmt. Diese Gebühr tritt zu der oben
erwähnten Sicherheitsleistung hinzu, wie sie auch von der
Bürgschaftsleistung unabhängig ist.
Der Gerichtshof kann einer der Parteien Entschädigung bis zur Höhe
ihrer Prozeßkosten zubilligen.
Jede auf Grund dieses Paragraphen geschuldete Summe wird dem Amte
der gewinnenden Partei gutgeschrieben und dort besonders verrechnet.
§ 21.
Zwecks schneller Abwicklung der Geschäfte wird bei der Besetzung
der Ämter und des Gemischten Schiedsgerichtshofes auf Kenntnis der
Sprache des beteiligten gegnerischen Landes Rücksicht genommen.
Die Ämter haben freien schriftlichen Verkehr miteinander und
können sich Urkunden in ihrer Sprache übermitteln.
§ 22.
Vorbehaltlich anderweitiger Abmachungen zwischen den beteiligten
Regierungen werden die Schulden gemäß nachstehenden Bedingungen
verzinst:
Auf Summen, die als Dividenden, Zinsen oder sonstige
wiederkehrende, eine Kapitalverzinsung darstellende Zahlungen
geschuldet werden, sind keine Zinsen zu zahlen.
Der Zinsfuß beträgt fünf vom Hundert für das Jahr, es sei denn,
daß der Gläubiger auf Grund Vertrages, Gesetzes oder örtlichen
Gewohnheitsrechtes Zinsen zu einem anderen Zinsfuß zu beanspruchen
hatte. In diesem Falle hat dieser Zinsfuß Geltung.
Die Zinsen laufen vom Tage der Eröffnung der Feindseligkeiten an
oder, wenn die zu zahlende Schuld im Laufe des Krieges fällig
geworden ist, vom Fälligkeitstage an bis zu dem Tage, an dem der
Betrag der Schuld dem Gläubigeramte gutgeschrieben worden ist.
Soweit Zinsen geschuldet werden, gelten sie durch die Ämter
anerkannte Schulden und werden unter denselben Bedingungen wie diese
dem Gläubigeramt gutgeschrieben.
§ 23.
Fällt gemäß einer Entscheidung der Ämter oder des Gemischten
Schiedsgerichtshofes ein Anspruch nicht unter die im Artikel 248
vorgesehenen Fälle, so kann der Gläubiger seine Forderung vor den
ordentlichen Gerichten oder auf jedem anderen Wege Rechtens geltend
machen.
Die Anmeldung der Forderung bei dem Amt unterbricht die
Verjährung.
§ 24.
Die Hohen vertragschließenden Teile vereinbaren, die
Entscheidungen des Gemischten Schiedsgerichtshofs als endgültig
anzuerkennen und sie für ihre Staatsangehörigen verbindlich zu
machen.
§ 25.
Weigert sich ein Gläubigeramt, einem Schuldneramt einen Anspruch
mitzuteilen oder eine Verfahrenshandlung vorzunehmen, die in dieser
Anlage zur gänzlichen oder teilweisen Geltendmachung einer bei ihm
gehörig angemeldeten Forderung vorgesehen ist, so ist es
verpflichtet, dem Gläubiger eine Bescheinigung auszustellen, die den
Betrag der beanspruchten Summe angibt. Der betreffende Gläubiger
kann alsdann seine Forderung vor den ordentlichen Gerichten oder auf
jedem anderen Wege Rechtens geltend machen.
Anlage.
-----------
Die Schuld, welche auf die in Artikel 203 angegebene Weise zu
verteilen ist, ist die nicht sichergestellte, durch Titres
repräsentierte ehemalige österreichische Staatsschuld nach dem
Stande vom 28. Juli 1914. Es ist jedoch davon der Teil der Schuld
abzuziehen, für den die Regierung des ehemaligen Königreiches Ungarn
gemäß dem durch das österreichisch-ungarische Gesetz vom
30. Dezember 1907, R. G. Bl. Nr. 278, genehmigten
Zusatzübereinkommen aufzukommen hatte und die den Betrag der Länder
der heiligen ungarischen Krone an der allgemeinen Schuld Österreich-
Ungarns darstellt.
Innerhalb einer dreimonatigen Frist nach Inkraftsetzung des
gegenwärtigen Vertrages werden die Staaten, welche die nicht
sichergestellte ehemalige österreichische Staatsschuld übernehmen,
wenn sie es nicht schon getan haben, mit besonderen Stempeln alle
Titres dieser Schuld, die sich auf ihrem Gebiet befinden,
abzustempeln. Die Nummern der so gestempelten Titres werden
festgestellt und dem Wiedergutmachungsausschuß mit den anderen auf
diese Abstempelung bezüglichen Akten übermittelt werden.
Die Inhaber von Titres, die sich auf dem Gebiete eines
abstempelungspflichtigen Staates befinden, werden mit dem Tage des
Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrages Gläubiger des
betreffenden Staates im Wertbetrag der Titres und haben keinen
Anspruch gegen einen anderen Staat.
Wenn die Abstempelung ergibt, daß die Summe der aus einer Emission
des ehemaligen österreichischen Staates herrührenden, nicht
sichergestellten Titres, die sich im Gebiete eines Staates befinden,
niedriger ist als der Teil dieser Emission, welcher diesem Staate
durch den Wiedergutmachungsausschuß angelastet wurde, wird dieser
Staat dem Ausschuß neue Titres in der Höhe des konstatierten
Differenzbetrages zu übergeben haben. Der Wiedergutmachungsausschuß
wird die Form dieser neuen Titres und die Höhe der einzelnen
Abschnitte festzustellen haben. Diese neuen Titres werden in bezug
auf die Verzinsung und Tilgung die gleichen Rechte geben wie die
alten Titres, die sie ersetzen. Ihre anderen Merkmale sind mit
Genehmigung des Wiedergutmachungsausschusses festzulegen.
Wenn der ursprüngliche Titre auf österreichisch-ungarisches
Papiergeld lautete, so wird der neue Titre, der ihn ersetzen soll,
auf die Währung des Emissionsstaates lauten. Für diese Konversion
wird derjenige Kurs maßgebend sein, zu dem der Emissionsstaat zuerst
die österreichisch-ungarischen Kronennoten gegen seine eigene
Währung umgetauscht hat. Die Basis der Umwandlung der
österreichisch-ungarischen Kronennoten in die Währung, auf welche
die Titres lauten werden, unterliegt der Genehmigung des
Wiedergutmachungsausschusses, welcher, wenn er es für angezeigt
findet, verlangen kann, daß der Staat, welcher die Umwandlung
vornimmt, deren Bedingungen modifiziert. Eine solche Modifikation
wird nur verlangt werden, wenn der Ausschuß der Ansicht ist, daß der
Wert der Währung oder der Währungen, welche der Nominalwährung der
alten Titres zu substituieren sind, nach den Wechselkursen zum
Zeitpunkte der Konversion erheblich niedriger ist, als der Wert der
ursprünglichen Währung.
Wenn der ursprüngliche Titre auf eine oder mehrere ausländische
Währungen lautet, hat auch der neue Titre auf dieselbe oder
dieselben Währungen zu lauten. Wenn der ursprüngliche Titre auf
österreichisch-ungarische Goldeinheiten lautet, so hat der neue
Titre auf äquivalente Beträge in Gold-Sterlingspfunden und
Golddollars der Vereinigten Staaten von Amerika zu lauten, wobei der
Gleichwert nach dem Gewichte und Feingehalt der drei Währungsmünzen
gemäß dem am 1. Jänner 1914 in Geltung gestandenen Gesetzen
ermittelt wird.
In dem Falle, als die alten Titres ausdrücklich oder
stillschweigend die Wahl eines bestimmten Umrechnungskurses
freistellen oder irgend ein anderes Umrechnungsrecht einräumen,
haben die neuen Titres die gleichen Vorteile zu bieten.
Wenn die Abstempelung ergibt, daß die Summe der aus einer Emission
des ehemaligen österreichischen Staates hervorgehenden nicht
sichergestellten Titres die sich im Gebiete eines Staates befinden,
höher ist als der Teil dieser Emission, welche diesem Staat durch
den Wiedergutmachungsauschuß angelastet wurde, muß der betreffende
Staat von diesem Ausschuß einen entsprechenden Teil jeder einzelnen
im Sinne dieser Anlage ausgegebenen neuen Emission erhalten.
Die Inhaber von Titres der nicht sichergestellten ehemaligen
österreichischen Staatsschuld, die sich außerhalb der Staaten
befinden, denen Gebiet der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie übertragen wurde oder die aus dem Zerfall dieser Monarchie
hervorgegangen sind (einschließlich Österreichs), werden durch
Vermittlung ihrer Regierungen dem Wiedergutmachungsausschuß ihre
Titres übergeben. Dafür wird ihnen dieser Ausschuß Zertifikate
ausfolgen, die ihnen das Anrecht geben auf einen verhältnismäßigen
Teil jeder der neuen Titresemissionen, die behufs Eintausches
betreffenden Titres begeben und nach den Bestimmungen dieser Anlage
übergebenen Titres begeben wurden.
Die Staaten oder Inhaber, welche auf einen Teil der dem
gegenwärtigen Anhange zufolge begebenen neuen Titres Anrecht haben,
erhalten einen solchen Teil des Gesamtbetrages der Titres jeder
dieser Emissionen, der dem Verhältnis des Betrages an Titres der
alten Emission zum Gesamtbetrage der dem Wiedergutmachungsausschuß
zum Zwecke des Umtausches in Gemäßheit der gegenwärtigen Anlage
präsentierten Titres der alten Emission entspricht. Die beteiligten
Staaten oder Inhaber erhalten auch einen entsprechenden Teil der
Titres, die nach den Bestimmungen des Vertrages mit Ungarn für den
von dieser Macht nach dem Zusatzabkommen vom Jahre 1907 übernommenen
Teil der nicht sichergestellten österreichischen Staatsschuld
ausgegeben werden.
Der Wiedergutmachungsausschuß kann, wenn er es für opportun hält,
mit den Inhabern der in Ausführung der gegenwärtigen Anlage
begebenen neuen Titres Arrangements bezüglich der Begebung von
Unifizierungsanleihen durch jeden der Schuldnerstaaten abschließen.
Die Titres dieser Anleihen werden gegen die gemäß der gegenwärtigen
Anlage begebenen Titres zu den Bedingungen ausgetauscht werden, die
nach Einvernehmen zwischen dem Ausschuß und den Inhabern festgesetzt
werden.
Der Staat, welcher die Haftung für einen Titre der ehemaligen
österreichischen Regierung übernimmt, nimmt auch die Coupons oder
die Tilgungsannunitäten dieses Titres auf sich, die nach dem
Inkrafttreten dieses Vertrages fällig geworden, aber etwa nicht
bezahlt worden sein mögen.
Erklärung.
Um die durch die Versenkung von Schiffen und Ladungen im Laufe des
Krieges erwachsenen Schäden auf das Mindestmaß zurückzuführen und um
die Wiedererlangung der Schiffe und Ladungen, die geborgen werden
können, sowie die Regelung der darauf bezüglichen privaten
Reklamationen zu erleichtern, verpflichtet sich die österreichische
Regierung, alle in ihrem Besitze befindlichen Informationen zu
liefern, die den Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte
oder den Staatsangehörigen von Nutzen sein könnten, was die durch
die österreichischen Seestreitkräfte während des Zeitraumes der
Feindseligkeiten versenkten oder beschädigten Schiffe anbelangt.
Gegenwärtige Erklärung wurde in französischer, englischer und
italienischer Sprache ausgefertigt, wobei der französische Text im
Falle von Abweichungen maßgebend ist, und unterzeichnet zu
Saint-Gemain-en-Laye am zehnten September
eintausendneunhundertneunzehn.
Anlage II.
--------------
§ 1.
Der im Artikel 179 vorgesehene Ausschuß erhält die Bezeichnung
"Wiedergutmachungsausschuß"; in den folgenden Artikeln wird er kurz
als "Der Ausschuß" bezeichnet.
§ 2.
Die Mitglieder des Ausschusses werden ernannt von den Vereinigten
Staaten von Amerika, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan,
Belgien, Griechenland, Polen, Rumänien, vom
serbisch-kroatisch-slowenischen Staat und der Tschecho-Slowakei. Die
Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien, Frankreich,
Italien, Japan und Belgien ernennen je einen Delegierten. Die fünf
anderen Mächte ernennen einen gemeinsamen Delegierten unter den in
§ 3, Absatz 3, vorgesehenen Modalitäten. Gleichzeitig mit der
Ernennung jedes Delegierten wird die Ernennung je eines
Ersatzdelegierten erfolgen, der den Delegierten im Falle seiner
Erkrankung oder unfreiwilligen Abwesenheit ersetzt, aber sonst nur
das Recht hat, den Verhandlungen beizuwohnen, ohne in sie
einzugreifen.
Mehr als fünf der oben genannten Delegierten sind in keinem Falle
zur Teilnahme an den Ausschußberatungen und zur Stimmenabgabe
berechtigt. Die Delegierten der Vereinigten Staaten von Amerika,
Großbritanniens, Frankreichs und Italiens haben immer dieses Recht.
Der Vetreter Belgiens hat dieses Recht in allen anderen Fällen als
in den nachstehend genannten. Der Vertreter Japans hat dieses Recht
in allen Fällen, in denen Fragen der Seeschäden geprüft werden. Der
gemeinsam von den oben erwähnten fünf anderen Mächten ernannte
Delegierte hat dieses Recht, wenn Fragen zur Verhandlung stehen, die
sich auf Österreich, Ungarn oder Bulgarien beziehen.
Jeder im Ausschuß vertretenen Regierung steht es frei, aus ihm
auszuscheiden, dem Ausschuß hat sie zwölf Monate vorher eine
entsprechende Ankündigung zugehen zu lassen. Diese ursprüngliche
Ankündigung muß im Laufe des sechsten Monats nach ihrer Zustellung
bestätigt werden.
§ 3.
Werden Interessen einer der alliierten und assoziierten Mächte
verhandelt, so ist sie berechtigt, einen Delegierten zu ernennen,
der jedoch nur dann anwesend sein und als Beisitzer mitwirken darf,
wenn Ansprüche und Interessen seines Staates untersucht oder
erörtert werden; ein Stimmrecht steht diesem Delegierten nicht zu.
Die vom Ausschuß in Ausführung des Artikels 179 des gegenwärtigen
Teiles zu bestellende Sektion wird die Vertreter folgender Mächte
umfassen: Vereinigte Staaten von Amerika, Großbritannien,
Frankreich, Italien, Griechenland, Polen, Rumänien,
serbisch-kroatisch-slowenischer Staat und die Tschecho-Slowakei,
ohne daß diese Zusammensetzung der Zulassung von Reklamationen
irgendwie präjudiziert. Wenn die Sektion Voten abgibt, werden die
Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritanniens,
Frankreichs und Italiens je zwei Stimmen haben.
Die Vertreter der fünf anderen oben erwähnten Mächte ernennen
einen gemeinsamen Delegierten, der unter den Bedingungen, wie sie im
§ 2 der gegenwärtigen Anlage bezeichnet sind, im
Wiedergutmachungsausschuß seinen Sitz einnimmt. Dieser Vertreter der
auf je ein Jahr ernannt wird, wird abwechselnd aus den Angehörigen
jeder der oben bezeichneten fünf Mächte gewählt.
§ 4.
Falls ein Delegierter, Ersatzdelegierter oder Beisitzer stirbt,
zurücktritt oder abberufen wird, so ist sobald als möglich ein
Nachfolger zu ernennen.
§ 5.
Der Ausschuß hat seine ständige Hauptgeschäftsstelle in Paris und
tritt zum ersten Mal in kürzester Frist nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages in Paris zusammen; späterhin tritt er
jeweils an dem Orte und zu der Zeit zusammen, die er für geeignet
erachtet und die zur schnellsten Durchführung seiner Aufgabe
notwendig sind.
§ 6.
In seiner ersten Sitzung wählt der Ausschuß aus den oben genannten
Delegierten einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden
Vorsitzenden, die ein Jahr lang im Amte bleiben und wiederwählbar
sind. Wird das Amt des Vorsitzenden oder des stellvertretenden
Vorsitzenden während der einjährigen Amtsdauer frei, so hat der
Ausschuß unverzüglich zu einer Neuwahl für den Rest des genannten
Zeitraumes zu schreiten.
§ 7.
Der Ausschuß ist berechtigt, die zur Erfüllung seiner
Obliegenheiten erforderlichen Beamten, Beauftragten und Angestellten
zu ernennen, ihre Vergütungen festzusetzen, Sektionen oder
Sonderausschüsse zu bilden, deren Mitglieder nicht dem Ausschusse
selbst anzugehören brauchen, und alle Ausführungsmaßnahmen zur
Durchführung seiner Aufgaben zu treffen, endlich seine Amtsbefugnisse
und Vollmachten auf seine Beamten, Beauftragten, Sektionen und
Sonderausschüsse zu übertragen.
§ 8.
Alle Beratungen des Ausschusses sind geheim, soweit er nicht im
Einzelfall aus besonderen Gründen ein anderes bestimmt.
§ 9.
Auf Antrag der österreichischen Regierung hat der Ausschuß alle
Gründe und Beweise anzuhören, die von Österreich hinsichtlich aller
seine Zahlungsfähigkeit betreffenden Fragen vorgebracht werden; die
Fristen für dies Vorbringen setzt sie von Zeit zu Zeit fest.
§ 10.
Der Ausschuß prüft die Ansprüche und gewährt der österreichischen
Regierung Gehör nach Billigkeit, ohne daß dieser jedoch irgendein
Anteil an den Beschlüssen des Ausschusses zusteht. In gleicher Weise
gewährt der Ausschuß Österreichs Bundesgenossen Gehör, wenn deren
Interessen nach seiner Ansicht in Frage kommen.
§ 11.
Der Ausschuß ist an keine Gesetzgebung, keine bestimmten
Gesetzbücher, auch nicht an besondere Vorschriften über die
Untersuchung und das Verfahren gebunden; er läßt sich von der
Gerechtigkeit, der Billigkeit und von Treu und Glauben leiten. Der
Ausschuß hat bei seinen Entscheidungen für gleichliegende Fälle
einheitliche Gesichtspunkte und Regeln zugrunde zu legen. Er regelt
das Beweisverfahren für die Schadensersatzansprüche. Er kann jede
ordnungsmäßige Berechnungsart anwenden.
§ 12.
Der Ausschuß hat alle Vollmachten und übt alle Befugnisse aus, die
ihm der gegenwärtige Vertrag zuweist.
Allgemein stehen dem Ausschuß hinsichtlich der Frage der
Wiedergutmachung, wie sie im gegenwärtigen Teil behandelt ist, die
weitestgehenden Überwachungs- und Ausführungsbefugnisse sowie die
Ermächtigung zur Auslegung der Bestimmungen dieses Teiles zu. Der
Ausschuß bildet im Rahmen der Bestimmungen des gegenwärtigen
Vertrages die alleinige Vertretung der Gesamtheit der in §§ 2 und 3
genannten alliierten und assoziierten Regierungen, und zwar einer
jeden, soweit sie beteiligt ist, zur Empfangnahme, zum Verkauf, zur
Verwahrung und zur Verteilung der von Österreich gemäß den
Bestimmungen des gegenwärtigen Vertragsteiles für Wiedergutmachung
zu leistenden Zahlungen. Es gelten für ihn folgende Gesichtspunkte
und Bestimmungen:
a) Soweit Österreich einen Teil des Gesamtbetrages der
festgestellten Forderung nicht in Gold, Schiffen, Wertpapieren,
Waren oder sonstwie berichtigt, hat es als Sicherheit Deckung
durch Hingabe eines entsprechenden Betrages von Anweisungen,
Schuldverschreibungen oder anderen Papieren als Anerkennung der
rückständigen Teilschuld zu leisten; die näheren Bedingungen
bestimmt der Ausschuß.
b) In regelmäßiger Wiederkehr schätzt der Ausschuß die
Zahlungsfähigkeit Österreichs ab und prüft das österreichische
Steuersystem, und zwar: 1. Damit alle Einkünfte Österreichs,
einschließlich der für den Zinsendienst und die Tilgung aller
inneren Anleihen bestimmten, vorzugsweise zur Abtragung der
Wiedergutmachungsschuld verwendet werden; 2. um die Gewißheit
zu erlangen, daß das österreichische Steuersystem im
allgemeinen im Verhältnis vollkommen ebenso schwer ist, als
dasjenige irgendeiner der im Ausschuß vertretenen Mächte.
Der Wiedergutmachungsausschuß wird Vorschriften enthalten, die
ihn anweisen werden, insbesondere zu berücksichtigen: 1. die
tatsächliche volkswirtschaftliche und finanzielle Lage des
österreichischen Gebietes, wie es durch den gegenwärtigen
Vertrag abgegrenzt wird; und 2. die Verminderung seiner
Hilfsquellen und seiner Zahlungsfähigkeit, die sich aus den
Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages ergibt. - Solange die
Lage Österreichs keine Veränderung erfährt, wird der Ausschuß
diese Tatsachen bei Bestimmung des endgültigen Betrages der
Verpflichtungen Österreichs, der Zahlungen durch welche dieses
Land sich zu entlasten hat und der Stundungen aller
Zinsenzahlungen, die es in Anspruch nehmen sollte,
mitzuberücksichtigen haben.
c) Der Ausschuß wird sich, wie es im Artikel 181 vorgesehen ist,
von Österreich als Sicherstellung und Kenntnisnahme seiner
Schuld Anweisungen auf den Inhaber in Gold, frei von Steuern
und Abgaben jeder Art, die von der österreichischen Regierung
oder den von ihnen nachgeordneten Behörden eingeführt sind oder
eingeführt werden, ausfolgen lassen; diese Ausweisungen sind zu
Zeitpunkten, die der Ausschuß geeignet erachtet, und in drei
Raten zu überweisen, deren jeweiliges Ausmaß vom Ausschusse in
gleicher Weise bestimmt wird (die Krone Gold zahlbar gemäß
Artikel 213, Teil IX, "Finanzielle Bestimmungen", des
gegenwärtigen Vertrages):
1. Eine erste Ausgabe von Gutscheinen, die auf den Inhaber
lauten, zahlbar ohne Zinsen bis 1. Mai 1921; die Tilgung
dieser Gutscheine erfolgt besonders aus den Zahlungen, zu
deren Leistung sich Österreich gemäß Artikel 181 des
gegenwärtigen Teiles verpflichtet hat, nach Abzug der zum
Ersatz der Unterhaltskosten des Besatzungsheeres und zur
Begleichung der Ausgaben für Österreichs Lebensmittel- und
Rohstoffversorgung bestimmten Summen; die Gutscheine, die bis
zum 1. Mai 1921 nicht eingelöst sein sollten, sind alsdann in
neue Gutscheine der nachstehend (§ 12, c, 2) genannten Art
umzutauschen.
2. Eine zweite Ausgabe von Gutscheinen, die auf den Inhaber
lauten, mit 2 1/2 v. H. (fünf vom Hundert) sowie 1 v. H.
(eins vom Hundert) auf den Gesamtbetrag der Emission, als
Aufschlag zur Tilgung, ab 1926.
3. Eine schriftliche Verpflichtung, zwecks weiterer Zahlung
auf den Inhaber lautende Gutscheine auszugeben, die 5 v. H.
(fünf vom Hundert) Zinsen tragen. Diese Ausgabe erfolgt nur,
wenn der Ausschuß die Überzeugung gewinnt, daß Österreich den
Zinsen- und Tilgungsdienst zu gewährleisten in der Lage sein
wird; Zeit und Art der Zahlung für Kapital und Zinsen wird
vom Ausschuß bestimmt.
Die Fälligkeitstage der Zinsen, die Verwendungsart der
Tilgungssummen sowie alle ähnlichen Fragen die sich auf die
Ausgabe, die Verwaltung und die Regelung der Ausgabe der
Gutscheine beziehen, werden vom Ausschuß, und zwar von Zeit
zu Zeit geregelt.
Neue Ausgaben können als Anerkenntnis und Sicherstellung unter
den Bedingungen, welche der Ausschuß späterhin von Zeit zu Zeit
festsetzt, gefordert werden.
Im Falle als der Wiedergutmachungsausschuß zur endgültigen und
nicht bloß vorläufigen Feststellung des Betrages gelangt,
welcher den auf Österreich entfallenden Teil der gemeinsamen
Lasten aus dem Titel der Forderungen der alliierten und
assoziierten Mächte ausmacht, wird der Ausschuß sofort alle
Gutscheine annullieren, welche über diesen Betrag hinaus
ausgegeben worden sein sollten.
d) In dem Fall, daß die von Österreich als Sicherstellung oder
Anerkenntnis seiner Wiedergutmachungsschuld ausgegebenen
Gutscheine, Obligationen oder andere Schuldanerkenntnisse
anderen Personen als den verschiedenen Regierungen, zu deren
Gunsten der Betrag der Wiedergutmachungsschuld Österreichs
ursprünglich festgesetzt worden war, endgültig und nicht nur
als Sicherheit übertragen werden sollten, gilt die genannte
Schuld diesen Regierungen gegenüber als erloschen, und zwar in
der Höhe des Nennwertes der solcherart endgültig übertragenen
Gutscheine; Österreichs Verpflichtung aus diesen Gutscheinen
beschränkt sich auf die Verbindlichkeit, die in ihnen zum
Ausdruck kommt.
e) Die Kosten, die durch die Wiederherstellung und den
Wiederaufbau der Anwesen einschließlich ihrer Wiederausstattung
mit Hausrat, Maschinen und allem Gerät in den mit Krieg
überzogenen und verwüsteten Gegenden entstehen, werden mit dem
Preis berechnet, den die Wiederherstellung und der Wiederaufbau
zur Zeit der Ausführung der Arbeiten erfordert.
f) Die Entscheidungen des Ausschusses, die sich auf einen ganzen
oder teilweisen Erlaß des Kapitals oder der Zinsen jeder
festgestellten Schuld Österreichs beziehen, müssen mit Gründen
versehen sein.
§ 13.
Hinsichtlich der Abstimmung gelten für den Ausschuß folgende
Regeln:
Faßt der Ausschuß einen Beschluß, so werden die Stimmen aller
stimmberechtigten Delegierten oder in ihrer Abwesenheit die ihrer
Ersatzdelegierten zu Protokoll genommen. Stimmenthaltung gilt als
Ablehnung des zur Erörterung stehenden Vorschlages. Die Beisitzer
haben kein Stimmrecht.
Bei folgenden Fragen ist Einstimmigkeit notwendig:
a) Fragen, die die Souveränität eines der alliierten und
assoziierten Staaten oder die den völligen oder teilweisen
Erlaß der Schuld oder der Verpflichtungen Österreichs
betreffen;
b) Fragen über den Betrag und die Bedingungen der Gutscheine oder
Schuldverschreibungen der österreichischen Regierung und über
die Festsetzung des Zeitpunktes und der Art und Weise ihres
Verlaufes, ihrer Begebung oder Verteilung;
c) jeder völlige oder teilweise Aufschub der zwischen dem
1. Mai 1921 und Ende 1926 einschließlich fällig werdenden
Zahlungen über das Jahr 1930 hinaus;
d) jeder völlige oder teilweise Aufschub der nach 1926 fällig
werdenden Zahlungen für eine Dauer von mehr als drei Jahren;
e) Fragen der Anwendung einer bestimmten Berechnungsart bei der
Schadensabschätzung in einem Einzelfall, wenn diese
Berechnungsart von der in einem früheren, gleichliegenden Fall
befolgten abweicht;
f) Fragen der Auslegung der Bestimmungen dieses Teiles des
gegenwärtigen Vertrages.
Alle andere Fragen werden mit Stimmenmehrheit entschieden.
Ergibt sich unter den Delegierten eine Meinungsverschiedenheit
über die Frage, ob eine bestimmte Angelegenheit zu denen gehöre,
deren Entscheidung Einstimmigkeit erfordert und kann diese
Meinungsverschiedenheit nicht durch Berufung an ihre Regierungen
beigelegt werden, so verpflichten sich die alliierten und
assoziierten Regierungen, die Meinungsverschiedenheit unverzüglich
dem Schiedsspruch einer unparteiischen Persönlichkeit zu
unterbreiten, über deren Wahl sie sich einigen werden und deren
Entscheidung sie sich anzunehmen verpflichten.
§ 14.
Die Beschlüsse des Ausschusses im Rahmen der ihm übertragenen
Befugnisse sind sofort vollstreckbar und ohne weitere Förmlichkeit
alsbald anwendbar.
§ 15.
Der Ausschuß übersendet in einer von ihm festzusetzenden Form
jeder beteiligten Macht:
1. eine Bescheinigung darüber, daß er für Rechnung der genannten
Macht Gutscheine der oben erwähnten Ausgaben bereit hält; die
genannte Bescheinigung kann auf Antrag der betreffenden Macht in
Abschnitte zerlegt werden, jedoch nicht in mehr als fünf;
2. von Zeit zu Zeit Bescheinigungen darüber, daß er für Rechnung
der genannten Macht sonstige Güter bereit hält, die von Österreich
auf seine Wiedergutmachungsschuld in Zahlung gegeben sind.
Diese Bescheinigungen lauten auf Namen und können nach
Benachrichtigung des Ausschusses durch Indossament übertragen
werden.
Werden Gutscheine zwecks Verkaufs oder Begebung ausgegeben oder
Güter vom Ausschuß geliefert, so sind Bescheinigungen in
entsprechendem Betrage einzuziehen.
§ 16.
Vom 1. Mai 1921 ab werden der österreichischen Regierung auf ihre
vom Ausschusse festgestellte Schuld, abzüglich der durch Zahlung in
bar oder entsprechenden Werten oder in an die Order des Ausschusses
oder emittierten Gutscheinen gemäß Artikel 189 geleisteten Summen
Zinsen angelastet.
Der Zinsfuß beträgt fünf vom Hundert, sofern nicht der Ausschuß in
der Folge zu der Ansicht gelangt, daß die Umstände eine Änderung des
Zinsfußes rechtfertigen.
Wenn der Ausschuß zum 1. Mai 1921 den Gesamtbetrag der
österreichischen Schuld festsetzt, kann er die für den Zeitraum
vom 11. November 1918 bis 1. Mai 1921 von jenen Summen geschuldeten
Zinsen, die auf die Wiedergutmachung des Sachschadens entfallen,
mitberücksichtigen.
§ 17.
Kommt Österreich irgendeiner seiner Verpflichtungen aus diesem
Teile des gegenwärtigen Vertrages nicht nach, so zeigt der Ausschuß
diese Nichterfüllung unverzüglich jeder der beteiligten Mächte an
und teilt ihr gleichzeitig seine Vorschläge über die im Hinblick auf
diese Nichterfüllung angebracht scheinenden Maßnahmen mit.
§ 18.
Die Maßnahmen, zu denen die alliierten und assoziierten
Regierungen, falls Österreich vorsätzlich seinen Verpflichtungen
nicht nachkommt, berechtigt sind und die Österreich sich
verpflichtet, nicht als feindselige Handlungen zu betrachten, können
in wirtschaftlichen und finanziellen Sperr- und
Vergeltungsmaßregeln, überhaupt in solchen Maßnahmen bestehen,
welche die genannten Regierungen als durch die Umstände geboten
erachten.
§ 19.
Zahlungen, die als Anzahlung auf festgestellte
Schadenersatzansprüche der alliierten und assoziierten Mächte in
Gold oder entsprechenden Werten zu leisten sind, können vom
Ausschusse jederzeit in Form von beweglichen und unbeweglichen
Gütern, Waren, Unternehmungen, Rechten und Konzessionen auf
österreichischem oder nichtösterreichischem Gebiet von Schiffen,
Schuldverschreibungen, Aktien, Wertpapieren jeder Art und
österreichischen oder nicht österreichischen Geldsorten angenommen
werden; ihr Wert als Ersatz für Goldzahlung wird vom Ausschusse nach
einem gerechten und billigen Satze festgesetzt.
§ 20.
Wenn der Ausschuß Zahlungen festsetzt oder annimmt, die durch
Übergabe von Gütern oder bestimmten Rechten zu leisten sind, hat er
dabei die wohlbegründeten Rechte und Interessen der alliierten und
assoziierten oder neutralen Mächte und ihrer Staatsangehörigen daran
zu berücksichtigen.
§ 21.
Kein Mitglied des Ausschusses kann für eine Handlung oder
Unterlassung im Rahmen seiner Amtspflichten zur Verantwortung
gezogen werden, es sei denn von der Regierung, die es ernannt hat.
Keine der alliierten und assoziierten Regierungen haftet für
irgendeine andere Regierung.
§ 22.
Vorbehaltlich der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages kann
diese Anlage durch einstimmigen Beschluß der im Ausschuß vertretenen
Regierungen abgeändert werden.
§ 23.
Der Ausschuß wird aufgelöst, wenn Österreich und seine Verbündeten
alle Summen, die von ihnen auf Grund des gegenwärtigen Vertrages
oder der Beschlüsse des Ausschusses geschuldet werden, getilgt haben
und wenn alle empfangenen Summen oder der entsprechende Wert unter
die beteiligten Mächte verteilt sind.
Anlage II.
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I. Das Triptychon des heiligen Ildefons von Rubens, das aus der
Abtei Saint Jacques sur Coudenberg in Brüssel stammt und im
Jahre 1777 gekauft und nach Wien gebracht wurde.
II. Gegenstände und Urkunden, welche im Jahre 1794 aus Belgien
nach Österreich überführt wurden, um dort in Sicherheit verwahrt zu
werden:
a) Die Waffen, Rüstungen und anderen aus dem ehemaligen Arsenal
von Brüssel stammenden Gegenstände;
b) der Schatz des goldenen Vließes, der ehemals in der Hofkapelle
zu Brüssel aufbewahrt war;
c) die von Theodor van Berckel verfertigten Stempel von Münzen,
Medaillen und Jetons, die einen wesentlichen Bestandteil des
Archives der in Brüssel bestandenen Rechenkammer bildeten;
d) Die handschriftlichen Originalausfertigungen der "Carte
chorographique" der österreichischen Niederlande, die in den
Jahren 1770 bis 1777 durch den Generalleutnant Grafen Jas de
Ferraris bearbeitet wurden.
Anlage III.
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Ein Gegenstand, der aus Gebietsteilen Polens (seit der ersten
Teilung von 1772) weggeführt wurde:
Die Goldschale des Königs Wladislaw IV., Nr. 1.114 des Hofmuseums
zu Wien.
Anlage III.
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§ 1.
Österreich erkennt das Recht der alliierten und assoziierten
Mächte auf Ersatz aller durch Kriegsereignisse verlorenen oder
beschädigten Handelsschiffe und Fischereifahrzeuge, Tonne für Tonne
(Bruttovermessung) und Klasse für Klasse an.
Indes soll das vorstehend anerkannte Recht auf die
österreichischen Schiffe und Boote unter folgenden Bedingungen
ausgeübt werden, obwohl der heute vorhandene Tonnengehalt der
österreichischen Schiffe und Boote hinter dem von den alliierten und
assoziierten Mächten infolge des Angriffs seitens Österreichs und
seiner Verbündeten verlorenen Tonnengehalt erheblich zurückbleibt:
Die österreichische Regierung überträgt in ihrem Namen und mit
verbindlicher Wirkung für und gegen alle anderen Beteiligten den
alliierten und assoziierten Regierungen das Eigentum an allen den
Angehörigen des ehemaligen österreichischen Staates gehörigen
Handelsschiffen und -booten und Fischereifahrzeugen.
§ 2.
Die österreichische Regierung hat binnen zwei Monaten nach
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages alle im § 1 bezeichneten
Schiffe und Boote dem Wiedergutmachungsausschusse auszuliefern.
§ 3.
Zu den im § 1 bezeichneten Schiffen und Booten gehören alle jene
Schiffe und Fahrzeuge, die:
a) die österreichisch-ungarische Handelsflagge führen oder zu führen
das Recht haben, die in einem Hafen des ehemaligen österreichischen
Staates registriert sind; oder b) die einer Person, Gesellschaft oder
Vereinigung, welche Angehörige des ehemaligen österreichischen
Staates ist, oder einer Gesellschaft oder Vereinigung gehören, welche
einem anderen nicht alliierten oder assoziierten Lande angehört und
unter der Kontrolle oder der Leitung von Staatsangehörigen des
ehemaligen Österreich steht; oder c) die gegenwärtig im Bau sind, und
zwar: 1. auf dem Gebiete des ehemaligen österreichischen Staates, 2.
in anderen als den verbündeten oder assoziierten Ländern für Rechnung
einer Person, Gesellschaft oder Vereinigung, die Angehörige des
ehemaligen österreichischen Staates ist.
§ 4.
Zwecks Beschaffung von Eigentumstiteln für jedes der solchermaßen
auszuliefernde Schiff hat die österreichische Regierung
a) für jedes Schiff dem Wiedergutmachungsausschusse auf Verlangen
eine Verkaufsurkunde oder irgendeinen sonstigen Eigentumstitel
zu übermitteln, der den Übergang des vollen Eigentums frei von
allen Vorrechten, Pfandrechten und sonstigen Lasten an dem
Schiffe auf den genannten Ausschuß ergibt,
b) alle vom Wiedergutmachungsausschuß angegebenen Maßnahmen zur
Sicherstellung der Ausantwortung dieser Schiffe an den Ausschuß
zu ergreifen.
§ 5.
Österreich verpflichtet sich, binnen zwei Monaten nach
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages gemäß einem vom
Wiedergutmachungsausschuß aufzustellenden Verfahren den alliierten
und assoziierten Mächten alle Flußschiffe und anderen Fahrzeuge der
Flußschiffahrt, die seit dem 28. Juli 1914 unter irgend welchem
Rechtstitel in seinen oder seiner Staatsangehörigen Besitz gelangt
sind und deren Identität festgestellt werden kann, in Natur und in
einem normalen Erhaltungszustand zurückgegeben.
Zum Ausgleich für die Verluste an Flußschiffahrtstonnengehalt,
welche die alliierten und assoziierten Mächte aus irgendeinem Grunde
während des Krieges erlitten haben und die durch oben
vorgeschriebene Rückgabe nicht ersetzt werden können, verpflichtet
sich Österreich, dem Wiedergutmachungsausschusse einen Teil seines
Flußfahrzeugparks, und zwar bis zur Höhe dieser Verluste abzutreten,
höchstens jedoch 20 vom Hundert des gesamten Parks nach seinem
Bestande vom 3. November 1918.
Die Einzelheiten dieser Abtretung werden durch die im Artikel 300,
Teil XII des gegenwärtigen Vertrags (Häfen, Wasserstraßen und
Eisenbahnen) bezeichneten Schiedsrichter geregelt, die damit betraut
sind, die Schwierigkeiten aus der Verteilung des
Flußschiffahrtstonnengehalts infolge der internationalen Neuordnung
gewisser Flußgebiete oder infolge der Gebietsveränderungen in diesen
Flußgebieten zu schlichten.
§ 6.
Österreich verpflichtet sich zur Ergreifung aller Maßregeln, die
ihm vom Wiedergutmachungsausschusse zu dem Zwecke angegeben werden,
um volles Eigentumsrecht an allen Schiffen zu erhalten, die ohne
Zustimmung der alliierten und assoziierten Regierungen während des
Krieges unter neutrale Flagge gestellt worden sind oder deren
Stellung unter neutrale Flagge in die Wege geleitet ist.
§ 7.
Österreich verzichtet auf jeden Anspruch gleich viel welcher Art
gegen die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre
Angehörigen aus der Zurückhaltung oder Benutzung aller
österreichischen Schiffe und Boote und aus allen Verlusten oder
Schäden, die diese Schiffe und Boote erlitten haben.
§ 8.
Österreich verzichtet auf jeden Anspruch für seine Schiffe oder
Ladungen, die durch Einwirkung zur See oder ihre Folgen zunächst
versenkt, dann gerettet worden sind und an denen einer der
alliierten oder assoziierten Regierungen oder ihre Staatsangehörigen
als Eigentümer, Befrachter, Versicherer oder anderswie beteiligt
sind, ohne Rücksicht auf alle auf Einziehung lautenden Urteile, die
von einem Prisengericht der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie oder eines ihrer Bundesgenossen etwa gefällt worden sind.
Besondere Erklärung.
Die österreichische Regierung verpflichtet sich für den Fall, daß
die Regierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens,
Frankreichs und Italiens es verlangen sollten, die Ein-, Aus- und
Durchfuhr aller Artikel zwischen Österreich und Ungarn wirksam
untersagen und dieses Verbot bis zum Zeitpunkte der formellen
Annahme der von den alliierten und assoziierten Regierungen
vorgelegten Friedensbedingungen durch die ungarische Regierung
aufrechtzuerhalten.
Die gegenwärtige Erklärung wurde in französischer, englischer und
italienischer Sprache ausgefertigt, wobei der französische Text im
Falle von Abweichungen maßgebend ist, und unterzeichnet zu
Saint-Gemain-en-Laye am zehnten September
eintausendneunhundertneunzehn.
Anlage IV.
--------------
1. Die von dem tschecho-slowakischen Staat beanspruchten Urkunden,
historischen Aufzeichnungen, Handschriften, Karten usw., die auf
Anordnung Maria Theresias durch Taulow von Rosenthal weggebracht
worden sind.
2. Die aus der königlich böhmischen Hofkanzlei und aus der
böhmischen Hofrechenkammer stammenden Urkunden sowie
Kunstgegenstände, welche einen Teil der Einrichtung des königlichen
Schlosses zu Prag und anderer königlicher Schlösser in Böhmen
bildeten, durch die Kaiser Matthias, Ferdinand II., Karl VI.
(um 1718, 1723 und 1737) und Franz Joseph I. weggebracht wurden und
sich gegenwärtig in den Archiven, kaiserlichen Schlössern, Museen
und anderen öffentlichen Zentralinstituten in Wien befinden.
Anlage IV.
--------------
§ 1.
Die alliierten und assoziierten Mächte fordern und Österreich sagt
zu, daß es, in teilweiser Erfüllung seiner durch diesen Teil
festgesetzten Verpflichtungen entsprechend den nachstehenden näheren
Bestimmungen seine wirtschaftlichen Hilfsmittel unmittelbar der
Wiederherstellung in Natur der mit Krieg überzogenen Gebietsteile
der alliierten und assoziierten Mächte dienstbar macht und zwar in
dem von diesen Mächten zu bestimmenden Ausmaß.
§ 2.
Die Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte behändigen
dem Wiedergutmachungsausschuß Verzeichnisse, enthaltend:
a) die Tiere, Maschinen und deren Zubehör, Drehbänke und alle
ähnlichen im Handel erhältlichen Gegenstände, die von
Österreich beschlagnahmt, verbraucht oder zerstört worden sind
oder die unmittelbar durch militärische Maßnahmen zerstört
worden sind und die die genannten Regierungen zur Befriedigung
unmittelbarer und dringender Bedürfnisse durch gleichartige
Tiere oder Gegenstände ersetzt zu sehen wünschen, die auf
österreichischem Gebiete bei Inkrafttreten des gegenwärtigen
Vertrages vorhanden sind;
b) die Stoffe zum Wiederaufbau (Steine, Backsteine, feuerfeste
Steine, Dachziegel, Bauholz, Fensterglas, Stahl, Kalk, Zement
usw.), Maschinen, Heizeinrichtungen, Möbel und alle im Handel
erhältlichen Gegenstände, die die genannten Regierungen in
Österreich erzeugt und hergestellt und an sie zur
Wiederherstellung der mit Krieg überzogenen Gebietsteile
geliefert zu sehen wünschen.
§ 3.
Die Verzeichnisse der in § 2a oben erwähnten Gegenstände werden
binnen sechzig Tagen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
zugestellt.
Die Verzeichnisse der oben in § 2b erwähnten Gegenstände werden
spätestens am 31. Dezember 1919 zugestellt.
Die Verzeichnisse enthalten alle in den Verträgen des Handels
üblichen Einzelheiten über die betreffenden Gegenstände
einschließlich genauer Beschreibung, Lieferfrist (höchstens vier
Jahre) und Lieferungsort, aber weder Preise noch veranschlagten
Wert; diese werden, wie weiter unten ausgeführt, vom Ausschusse
festgesetzt.
§ 4.
Unmittelbar nach Eingang der Verzeichnisse prüft der Ausschuß,
inwieweit die Lieferung der in ihnen aufgeführten Stoffe und Tiere
von Österreich gefordert werden kann. Bei seiner Entscheidung trägt
der Ausschuß den inneren Bedürfnissen Österreichs soweit Rechnung,
wie es zur Aufrechterhaltung des sozialen und wirtschaftlichen
Lebens Österreichs notwendig ist; er berücksichtigt ferner die
Preise und die Zeiten, zu denen gleiche Gegenstände in den
alliierten und assoziierten Ländern erhältlich sind und vergleicht
sie mit denen, die für die österreichischen Gegenstände gelten
sollen; er berücksichtigt schließlich das allgemeine Interesse der
alliierten und assoziierten Regierungen daran, daß das gewerbliche
Leben Österreichs nicht so zerrüttet wird, daß seine Fähigkeit,
seinen anderen Wiedergutmachungsverpflichtungen zu genügen, in Frage
gestellt wird.
Jedoch dürfen von Österreich Maschinen und deren Zubehör,
Maschinenantriebe (Transmissionen) und ähnliche im Handel
erhältliche Gegenstände, sofern sie augenblicklich in gewerblichen
Betrieben verwendet werden, nur gefordert werden, wenn kein Vorrat
von diesen Gegenständen verfügbar und verkäuflich ist; zudem dürfen
Forderungen dieser Art 30 v. H. der Mengen jeden Gegenstandes nicht
überschreiten, die in einem österreichischen Unternehmen oder
Betrieb verwendet werden.
Der Ausschuß gibt den Vertretern der österreichischen Regierung
Gelegenheit, sich binnen bestimmter Frist darüber zu äußern, wieweit
es ihr möglich ist, die genannten Stoffe, Tiere und Gegenstände zu
liefern.
Die Entscheidung des Ausschusses wird dann möglichst schnell der
österreichischen Regierung und den verschiedenen beteiligten
alliierten und assoziierten Regierungen bekanntgeben.
Die österreichische Regierung sagt zu, die in dieser Mitteilung
näher bestimmten Materialien, Gegenstände und Tiere zu liefern, und
die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen sagen, jede
für ihr Teil, zu, diese Lieferungen anzunehmen, sofern sie der
gegebenen näheren Beschreibung entsprechen und nach Ansicht des
Ausschusses zur Verwendung beim Wiederaufbau nicht ungeeignet sind.
§ 5.
Der Ausschuß bestimmt den Wert der Materialien, Gegenstände und
Tiere, die, wie oben bestimmt, geliefert werden, und die alliierten
und assoziierten Regierungen, welche diese Lieferungen empfangen,
sind damit einverstanden, daß sie mit deren Werte belastet werden
und erkennen an, daß die entsprechende Summe als eine von Österreich
geleistete Zahlung gilt, die entsprechend Artikel 183 des
gegenwärtigen Vertrages zu erteilen ist.
In den Fällen, wo das Recht ausgeübt wird, Wiederherstellung in
Natur zu den oben festgesetzten Bedingungen zu fordern, hat sich
der Ausschuß zu vergewissern, daß die Österreich gutgeschriebene
Summe den normalen Wert der von ihm geleisteten Arbeit oder der von
ihm gelieferten Stoffe darstellt, und daß unter Berücksichtigung der
teilweisen Wiedergutmachung der Schadensersatzanspruch der
beteiligten Macht im Verhältnis des so gelieferten Beitrages zur
Wiedergutmachung sich mindert.
§ 6.
Als sofortige Abschlagslieferung auf die in § 2 obenerwähnten
Tiere sagt Österreich zu, binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des
gegenwärtigen Vertrages, die nachstehenden Mengen an lebenden Tieren
zu liefern, und zwar monatlich ein Drittel von jeder Art:
1. An die italienische Regierung:
4000 Milchkühe von 3 bis 5 Jahren,
1000 Jungkühe,
50 Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren,
1000 Kälber,
1000 Zugochsen,
2000 Mutterschweine.
2. An die serbisch-kroatisch-slowenische Regierung:
1000 Milchkühe von 3 bis 5 Jahren,
500 Jungkühe,
25 Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren,
1000 Kälber,
500 Zugochsen,
1000 Zugpferde,
1000 Schafe.
3. An die rumänische Regierung:
1000 Milchkühe von 3 bis 5 Jahren,
500 Jungkühe,
25 Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren,
1000 Kälber,
500 Zugochsen,
1000 Zugpferde,
1000 Schafe.
Die gelieferten Tiere müssen gesund und von normaler
Beschaffenheit sein.
Der Wert der so gelieferten Tiere wird entsprechend den
Bestimmungen des § 5 dieser Anlage auf Österreichs
Wiedergutmachungsschuld angerechnet, es sei denn, daß von den Tieren
festgestellt wird, daß sie zu den weggeführten oder beschlagnahmten
gehören.
§ 7.
Als sofortigen Vorschuß und Abschlagslieferung auf die im
vorstehenden § 2 erwähnten Gegenstände verpflichtet sich Österreich,
innerhalb der sechs dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages
folgenden Monate, und zwar monatlich zu einem Sechstel, jene Mengen
von Möbeln aus hartem und weichem Holz, die in Österreich zum
Verkauf bestimmt sind, zu liefern, welche die verbündeten und
assoziierten Mächte Monat für Monat durch den
Wiedergutmachungsausschuß ansprechen werden und welche dieser
Ausschuß einerseits durch die im Laufe des Krieges auf dem Gebiete
der genannten Mächte erfolgten Wegführungen und Zerstörungen als
gerechtfertigt und andrerseits als im Verhältnis zu den in
Österreich verfügbaren Mengen stehen ansieht. Der Preis der so
gelieferten Artikel wird Österreich im Sinne der Bestimmungen des
§ 5 dieses Anhanges gutgeschrieben werden.
Anlage V.
-------------
§ 1.
Österreich gibt jeder der verbündeten und assoziierten Regierungen
aus dem Titel der teilweisen Wiedergutmachung innerhalb der auf das
Inkrafttreten dieses Vertrages folgenden fünf Jahre eine Option auf
jährliche Lieferung der unten angeführten Rohprodukte in Mengen, die
zu den aus Österreich-Ungarn vor dem Kriege stammenden Einfuhrmengen
der gleichen Erzeugnisse in demselben Verhältnisse stehen, wie die
Hilfsquellen Österreichs innerhalb der vom gegenwärtigen Vertrag
festgesetzten Grenzen zu den Hilfsquellen der
österreichisch-ungarischen Monarchie vor dem Kriege:
Bauholz und Holzprodukte,
Eisen und Eisenlegierungen,
Magnesit.
§ 2.
Der Preis für die im vorhergehenden Paragraphen bezeichneten
Erzeugnisse ist derselbe, den die österreichischen Staatsangehörigen
zahlen. Die Berechnung der Verpackung und des Versands bis an die
österreichische Grenze erfolgt zu den vorteilhaftesten Bedingungen,
die für gleiche Erzeugnisse den österreichischen Staatsangehörigen
gewährt werden.
§ 3.
Die Bezugsrechte auf Grund dieser Anlage werden durch Vermittlung
des Wiedergutmachungsausschusses geltend gemacht. Der Ausschuß ist
ermächtigt, zwecks Durchführung obiger Bestimmungen über alle
Fragen, betreffend das Verfahren sowie betreffend die Beschaffenheit
und die Menge der Lieferungen, die Fristen und Art der Lieferung und
Zahlung zu treffen. Die Anforderungen, welchen die zweckdienlichen
Einzelangaben beizufügen sind, müssen Österreich hundertzwanzig Tage
vor dem Lieferungstermin bekanntgegeben werden, soweit es sich um
Lieferungen vom 1. Jänner 1920 ab handelt, und dreißig Tage von
jenem Termine bei Lieferung zwischen dem Zeitpunkte des
Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrages und dem 1. Jänner 1920.
Wenn der Ausschuß sich dahin schlüssig wird, daß die vollständige
Erfüllung der Anforderungen die österreichischen eigenen
gewerblichen Bedürfnisse übermäßig beeinträchtigen würde, so kann er
Fristen für diese Anforderungen bewilligen oder sie völlig fallen
lassen und auf diese Weise zugleich die Reihenfolge der Lieferungen
bestimmen.
Anlage VI.
--------------
Österreich verzichtet im eigenen Namen und im Namen seiner
Staatsangehörigen, zugunsten Italiens auf alle Rechte, Ansprüche
oder Vorrechte jeder Art, die es auf die Unterseekabel oder Teile
solcher Kabel besitzt, welche italienische Gebiete einschließlich
jener Gebiete, die durch den gegenwärtigen Vertrag an Italien fallen,
miteinander verbinden.
Österreich verzichtet gleichfalls, im eigenen Namen und im Namen
seiner Angehörigen, zugunsten der alliierten und assoziierten
Hauptmächte auf alle Rechte, Ansprüche oder Vorrechte jeder Art, die
es auf die Kabel oder Teile von Kabeln besitzt, welche von
Österreich im Sinne dieses Vertrages an die verschiedenen
verbündeten und assoziierten Mächte abgetretene Gebiete
untereinander verbinden.
Die beteiligten Staaten haben für die Landstation (atterrissage)
und das Funktionieren dieser Kabel zu sorgen.
Was das Kabel Triest - Korfu betrifft, wird die italienische
Regierung in ihrem Verhältnisse zu der dieses Kabel besitzenden
Gesellschaft in dieselbe Rechtsstellung gelangen, wie sie die
österreichisch-ungarische Monarchie besaß.
Der Wert der in den ersten beiden Absätzen dieses Anhanges
erwähnten Kabel oder Kabelteile wird auf Grundlage der
ursprünglichen Anlagekosten mit einer angemessenen Abschreibung für
Abnutzung Österreich auf die Wiedergutmachungsschuld gutgeschrieben.