Typ

VfGH Beschluß

Datum

19851122

Sammlungsnummer

10671

Geschäftszahl

B478/85

 

Index

10    Verfassungsrecht

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

 

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb Ausübung nicht erfolgte;

StV Wien 1955 Art7 Z2;

 

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; Entfernung zweisprachiger Beschriftung im Inneren

eines Schulgebäudes - keine Ausübung unmittelbarer

verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegenüber einem

Schüler

 

 

 

 

 

 

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

 

Begründung

                             Begründung:

 

1. Das Kind S H wendet sich mit seiner an den VfGH gerichteten

Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG der Sache nach gegen die als Akt

der Befehls- und Zwangsgewalt bezeichnete, auf einem Beschluß des

Gemeinderates der Gemeinde Sittersdorf (Bezirk Völkermarkt,

Bundesland Ktn.) vom 3. Juni 1985 beruhende "faktische Entfernung"

der (zweisprachigen) Beschriftung im Inneren des Gebäudes der

Sittersdorfer Volksschule, bei der es zum zweisprachigen Unterricht

angemeldet ist.

 

2. Über die Beschwerde wurde erwogen:

 

2.1. Der Gemeinderat der Gemeinde Sittersdorf faßte in seiner Sitzung

vom 3. Juni 1985 ua. folgenden Beschluß:

 

"Mit 16 gegen 3 Stimmen (EL-Gemeinderäte) beschließt der Gemeinderat

der Gemeinde Sittersdorf, daß dem Antrag der Österreichischen

Volkspartei, betreffend die Entfernung der widerrechtlich

angebrachten zweisprachigen Aufschriften in der Volksschule

Sittersdorf, stattgegeben wird. Die Aufschriften sind demnach zu

entfernen."

 

Demgemäß wurden die in Rede stehenden Aufschriften - im Auftrag der

Gemeinde - entfernt.

 

2.2.1. Nach Art144 Abs1 Satz 2 B-VG idF BGBl. 302/1975 erkennt der

VfGH über Beschwerden "gegen die Ausübung unmittelbarer

verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine

bestimmte Person". Dabei muß es sich jedenfalls um einen Verwaltungs-

(hier: Zwangs-)Akt handeln, der gegen eine individuell feststehende

Person gerichtet ist (zB VfSlg. 7346/1974).

 

Im gegebenen Fall treffen diese Voraussetzungen - unbeschadet der

nicht weiter nachzugehenden Frage nach der Rechtsnatur der bekämpften

Maßnahme überhaupt - allein schon deshalb nicht zu, weil es nach dem

Beschwerdevorbringen um eine - das bf. Kind keinem wie immer

gearteten physischen Zwang unterwerfende - bloße Ausgestaltung des

Schulgebäudes geht, welche die subjektiven Rechtssphären der zum

Unterricht angemeldeten Schüler nicht zu berühren vermag:

Insbesondere kann die Art der Beschriftung im Schulhaus mit dem von

der Bf. relevierten Anspruch auf Elementarunterricht in slowenischer

Sprache (Art7 Z2 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955) in

keinerlei Zusammenhang gebracht werden.

 

2.2.2. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde als unzulässig

zurückzuweisen.

 

Schlagworte

Schulen, Minderheiten, Volksgruppen, Ausübung unmittelbarer Befehls-

und Zwangsgewalt, Amtssprache

 

 

Dokumentnummer

JFT/10148878/85B00478