Österreichischer Verfassungsgerichtshof

WI-9/79
Sammlungsnummer 9224

Datum: 05.10.1981


Norm 

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz; B-VG Art95; B-VG Art141 Abs1; B-VG Art141 Abs1 lita: MRK 1. ZP Art3; MRK Art14; StGG Art19 Abs1; Krnt LandtagswahlO 1974 §2 idF LGBl 49/1979; Krnt LandtagswahlO 1974 §2a idF LGBl 49/1979; Krnt L-VG 1974 Art7; StV Wien 1955 Art7 §4; StV Wien 1955 Art8; StV St Germain 1919 Art67; StV St Germain 1919 Art68 Abs2; VfGG §67 Abs1; VfGG §69 Abs2; VfGG §70 Abs1; 

Leitsatz

Art67 und 68 Abs2 des Staatsvertrages von St. Germain; Art7 §4 - Art8
des Staatsvertrages von Wien; Art14 MRK; Art3 des 1. ZP zur MRK;
Wertentscheidung des Verfassungsgesetzgebers zugunsten des
Minderheitenschutzes;

Ktn. Landesverfassungsgesetz 1974; keine Bedenken gegen Art7 (Zahl
der Mitglieder des Landtages);

Ktn. Landtagswahlordnung 1974; keine Bedenken gegen §§2 und 2a idF
LGBl. 49/1979 (Wahlkreiseinteilung)

Spruch
Der Anfechtung der Wahl des Landtages von Ktn. vom 7. Oktober 1979
wird nicht stattgegeben.

Begründung

                        Entscheidungsgründe:

I.1. Das Landesverfassungsgesetz vom 5. Juli 1974, LGBl. 190/1974,
mit dem die Verfassung für das Land Ktn. erlassen wird
(Landesverfassung für das Land Ktn. - L-VG), bestimmt in Art7, daß
der Landtag aus 36 Mitgliedern besteht.

Zum Zwecke der Wahl in den Landtag wird das Land gemäß der
Landtagswahlordnung 1974, LGBl. 191/1974 idF des Gesetzes
LGBl. 49/1979 - im folgenden LWO -, in folgende vier Wahlkreise
eingeteilt (§2), die in die Wahlkreisverbände Ost (gebildet aus den
Wahlkreisen 1 und 2) und West (gebildet aus den Wahlkreisen 3 und 4)
zusammengefaßt werden (§2a):

Wahlkreis 1; er umfaßt den Bereich der Landeshauptstadt Klagenfurt
und den Bereich des politischen Bezirkes Klagenfurt Land ohne den der
Politischen Expositur Feldkirchen der Bezirkshauptmannschaft
Klagenfurt;

Wahlkreis 2; er umfaßt den Bereich des politischen Bezirkes St. Veit
an der Glan, den Bereich des politischen Bezirkes Völkermarkt sowie
den Bereich des politischen Bezirkes Wolfsberg;

Wahlkreis 3; er umfaßt den Bereich der Stadt Villach und den Bereich
des politischen Bezirkes Villach Land;

Wahlkreis 4; er umfaßt den Bereich des politischen Bezirkes Hermagor
und den Bereich des politischen Bezirkes Spittal an der Drau sowie
den Bereich der Politischen Expositur Feldkirchen der
Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt.

An die Stelle des Bereiches der Politischen Expositur Feldkirchen der
Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (die schon seit 1903 besteht) tritt
mit Wirkung vom 1. Jänner 1982 der Bereich des politischen Bezirkes
Feldkirchen (Verordnung der Landesregierung LGBl. 84/1980).

Die Zahl der Abgeordneten ist auf die Wahlkreise im Verhältnis der
Bürgerzahl zu verteilen (Art95 Abs3 B-VG), und zwar auf die in §2b
LWO näher geregelte Weise.

Bei der Landtagswahl am 7. Oktober 1979 entfielen auf Grund des
Ergebnisses der Volkszählung vom 12. Mai 1971 von den 36 zu
vergebenden Mandaten auf den

Wahlkreis 1 (125.959 Staatsbürger) ...........  9 Mandate
Wahlkreis 2 (159.169 Staatsbürger) ........... 11 Mandate
Wahlkreis 3 (109.056 Staatsbürger) ...........  7 Mandate
Wahlkreis 4 (123.402 Staatsbürger) ...........  9 Mandate
             --------------------              ----------
Summe        517.586 Staatsbürger  ........... 36 Mandate

Die "Ktn. Einheitsliste - Koroska enotna lista (KEL)" hat gemäß §40
LWO rechtzeitig Wahlvorschläge für die Wahlkreise 1 bis 3 und gemäß
§48a LWO rechtzeitig Wahlvorschläge für das zweite
Ermittlungsverfahren (Verbandswahlvorschläge) für die beiden
Wahlkreisverbände Ost und West vorgelegt.

Bei der Landtagswahl am 7. Oktober 1979 entfielen auf die KEL 4.279
gültige Stimmen, sodaß sie kein Mandat erhalten konnte. In den
einzelnen Wahlkreisen zeigte sich folgendes Bild:

                  Wahlberechtigte   gültige Stimmen   KEL    Wahlzahl

Wahlkreis 1 ........  95.125             77.020      1.394    7.703
Wahlkreis 2 ........ 107.397             90.939      1.999    7.579
Wahlkreis 3 ........  79.615             64.999        886    8.125
Wahlkreis 4 ........  84.262             68.709          0    6.871
                     -----------------------------------------------
                     366.399            301.667      4.279

2. Die Wählergruppe "Ktn. Einheitsliste - Koroska enotna lista (KEL)"
ficht die Wahl in den Ktn. Landtag vom 7. Oktober 1979 gemäß Art141
B-VG wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens an.

Sie erblickt die Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens nicht in der
Vollziehung des L-VG und der LWO durch die Wahlbehörden, sondern
ausschließlich darin, daß die landesrechtlichen Bestimmungen über die
Zahl der Mitglieder des Landtages, über die Wahlkreise und über die
Wahlkreisverbände - insbesondere Art7 L-VG sowie §§2 und §2a LWO in
der Fassung der Nov. 1979 - gegen Bundesverfassungsrecht verstießen.

Die anfechtende Wählergruppe verweist auf die in Verfassungsrang
stehenden Bestimmungen des Art67 und Art68 Abs2 des Staatsvertrages
von St. Germain, StGBl. 303/1920, des Art7 §4 und Art8 des
Staatsvertrages von Wien, betreffend die Wiederherstellung eines
unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl. 152/1955, des Art3
und Art5 des (ersten) Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten in Verbindung mit Art14 dieser
Konvention, BGBl. 210/1958.

Diese Rechtsnormen verböten es, durch die Normierung einer zu
geringen Anzahl von Mandaten und durch die Grenzziehung von
Wahlkreisen und Wahlkreisverbänden ein Wahlrecht zu schaffen, welches
es der slowenischen Minderheit in Ktn. unmöglich mache, auch nur
einen einzigen der Minderheit angehörenden Vertreter in den Ktn.
Landtag zu wählen.

Keine der drei im Landtag vertretenen Parteien habe einen Angehörigen
der slowenischen Minderheit an wählbarer Stelle als Kandidaten
aufgestellt.

Die Grenzen der durch die Landtagswahlordnungs-Nov. 1979 geschaffenen
Wahlkreise und der Wahlkreisverbände seien bewußt so gezogen worden,
daß das zweisprachige Gebiet Ktn. (iS des Ausführungsgesetzes
LGBl. 44/1959 zum Minderheiten-Schulgesetz) auf alle vier Wahlkreise
aufgeteilt und so die Erreichung der Wahlzahl durch eine Liste der
Minderheit völlig unmöglich gemacht worden sei.

Dagegen lasse sich nicht einwenden, daß die anfechtende Wählergruppe
bei der Landtagswahl vom 7. Oktober 1979 auch dann kein Mandat
errungen hätte, wenn das Land Ktn. - wie vor der
Landtagswahlordnungs-Nov. 1979 - einen einzigen Wahlkreis gebildet
hätte. Durch die Zersplitterung des zweisprachigen Gebietes und die
hiedurch bewirkte völlige Aussichtslosigkeit, einen eigenen Vertreter
in den Landtag zu bringen, seien nämlich ganz offenkundig viele
Slowenen davon abgehalten worden, der anfechtenden Wählergruppe ihre
Stimme zu geben, obwohl sie KEL gewählt hätten, wenn diese eine
Erfolgschance gehabt hätte. Nur so lasse sich erklären, daß die
anfechtende Wählergruppe, die bei der Landtagswahl 1975 immerhin
6.130 Stimmen erreichen habe können, bei der Landtagswahl 1979 nur
noch 4.279 Stimmen erzielt habe.

Dazu komme, daß die Zahl der Landtagsmandate mit 36 zu niedrig
angesetzt sei, um eine Vertretung im Landtag für die Minderheit
erreichbar zu machen.

Vorbehaltlich aller Einwände gegen die Volkszählung 1971 habe die
Wohnbevölkerung der Slowenen in Ktn. nach dieser Volkszählung 17.014
(ohne Windische) bzw. 20.972 (mit Windischen) betragen. Daraus
errechne sich, wenn man die Quote der Stimmberechtigten innerhalb der
Wohnbevölkerung in der gleichen Höhe wie für ganz Ktn. annehme
(70,79Z), eine Zahl von 12.044 (ohne Windische) bzw. 14.846 (mit
Windischen) Angehörigen der slowenischen Minderheit in Ktn., die bei
der Landtagswahl 1979 stimmberechtigt gewesen seien.

Die Wahlzahlen in den einzelnen Wahlkreisen bei der Landtagswahl 1979
hätten betragen:

Wahlkreis 1 ..... Wahlzahl 7.703    Wahlkreis 3 ..... Wahlzahl 8.125
Wahlkreis 2 ..... Wahlzahl 7.579    Wahlkreis 4 ..... Wahlzahl 6.871

Diese Ziffern zeigten, daß es durchaus möglich sei, ein Wahlsystem so
zu gestalten, daß die Minderheit eine reelle Chance habe, ein Mandat
zu erreichen.

Dabei verkenne die anfechtende Wählergruppe nicht, daß seit dem
Burgenland-Erk. des VfGH G11/78 (VfSlg. 8321/1978) klargestellt sei,
daß die Bundesverfassung auch bei Landtagswahlen eine Mehrheit von
Wahlkreisen verlangt.

Es müsse dann eben durch eine entsprechende Grenzziehung der
Wahlkreise und durch eine Erhöhung der Mandatszahl, die zu einer
Senkung der Wahlzahlen führe, für eine entsprechende Vertretung der
Minderheit im Landtag vorgesorgt werden. Auf diese Weise könne in
Ktn. ein Wahlrecht geschaffen werden, das im Einklang mit der
Bundesverfassung stehe.

Die eingangs angeführten bundesverfassungsrechtlichen Normen ordneten
zwingend an, der slowenischen Minderheit in Ktn. die Möglichkeit
einer Repräsentation im Landtag durch eine entsprechende Gestaltung
des Wahlrechtes einzuräumen.

Art67 des Staatsvertrages von St. Germain gebe der Minderheit -
rechtlich und faktisch - Anspruch auf dieselbe Behandlung wie die
anderen österreichischen Staatsangehörigen. Dieser Verfassungsbefehl
lasse sich nicht durch den banalen Hinweis darauf entkräften, daß
jeder Ktn. slowenischer Zunge das gleiche aktive und passive
Wahlrecht habe "wie ein Angehöriger des Staatsvolkes". Die
Minderheitsschutzbestimmungen seien ja nicht nur dazu da, den
einzelnen vor Diskriminierung zu schützen, sondern auch dazu, der
Minderheit als solcher ihren Bestand und ihre Selbstverwirklichung im
Rahmen des Staatsganzen unter Wahrung ihrer kulturellen
Besonderheiten zu gewährleisten.

Mit voller Klarheit komme dieses Verfassungsziel in Art68 Abs2 des
Staatsvertrages von St. Germain zum Ausdruck, wonach in Städten und
Bezirken, wo eine verhältnismäßig beträchtliche Anzahl
österreichischer Staatsbürger wohne, die der Minderheit angehören,
dieser Minderheit - also der Minderheit in ihrer Gesamtheit - ein
angemessener Teil von allen Beträgen, die "etwa" - also:
beispielsweise, aber nicht ausschließlich - für Erziehungs-,
Religions- oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln in
Staats-, Gemeinde- oder anderen Budgets - also auch im Landesbudget -
ausgeworfen werden, zu Nutzen und Verwendung gesichert werde. Über
die Verwendung der Mittel des Landesbudgets entscheide der Landtag.
Stehe der Minderheit ein Anteil an der Verwendung der Landesmittel
zu, so sei sie nicht bloß Empfänger von Budgetmitteln, die die
Mehrheit vergebe, sondern sie habe einen Anspruch darauf, als
Minderheit an den Entscheidungen mitzuwirken, die der Landtag über
die Verwendung solcher Mittel treffe. Eine derartige Mitwirkung an
der Verwendung von Budgetmitteln könne und müsse der Minderheit aber
nur dadurch eingeräumt werden, daß das Landtagswahlrecht ihr die
Möglichkeit einer entsprechenden Repräsentation im Landtag als
Minderheit biete.

Wenn ferner Art8 des Staatsvertrages von Wien allen Staatsbürgern ein
freies, gleiches und allgemeines Wahlrecht sowie das Recht einräume,
ohne Unterschied etwa auch der Sprache zu einem öffentlichen Amte
gewählt zu werden, so könne diese Verfassungsnorm wiederum nicht bloß
individualistisch-formal mit dem Hinweis abgetan werden, daß jeder
einzelne Angehörige der Minderheit ohnehin das aktive und passive
Wahlrecht genieße. Aus Art7 Ziffer 5 des Staatsvertrages von Wien,
wonach die Tätigkeit von Organisationen zu verbieten sei, die darauf
abzielten, der kroatischen oder slowenischen Bevölkerung ihre
Eigenschaft und ihre Rechte als Minderheit zu nehmen, sei nämlich
ganz klar zu erkennen, daß der Staatsvertrag von Wien der
slowenischen Bevölkerung in Ktn. ihre Eigenschaft und ihre Rechte
"als Minderheit", also als Gruppe und nicht bloß jedem einzelnen von
ihnen, sichern wolle.

Nur so könne auch das in Art7 Ziffer 4 des Staatsvertrages von Wien
verankerte Recht der Minderheit in Ktn. verstanden werden, an den
kulturellen, Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen auf Grund
gleicher Bedingungen wie andere österreichische Staatsangehörige
teilzunehmen. Eine Teilnahme der Minderheit an den
Verwaltungseinrichtungen des Landes Ktn. setze eine entsprechende
Repräsentation im Landtag voraus, der die mit der Verwaltung betraute
Landesregierung zu wählen habe.

Wenn schließlich Art3 des (ersten) Zusatzprotokolls zur MRK die
Republik Österreich verpflichte, in angemessenen Zeitabständen freie
und geheime Wahlen unter Bedingungen abzuhalten, die die freie
Äußerung der Meinung des Volkes bei der Wahl der gesetzgebenden
Organe gewährleisteten, dann könne auch diese Verfassungsnorm im
Hinblick auf den durch Art5 des Zusatzprotokolls hergestellten Konnex
zu Art14 MRK sich nicht darin erschöpfen, daß die Angehörigen der
Minderheit bei der Landtagswahl Parteien wählen dürften, die keinen
einzigen Slowenen an wählbarer Stelle aufgestellt hätten, sondern es
dürfe eine Benachteiligung der Minderheit auch nicht in der Weise
stattfinden, daß ihr - im ganzen gesehen - eine Vertretung im Landtag
auch nur durch einen einzigen Abgeordneten geradezu unmöglich gemacht
werde.

Die anfechtende Wählergruppe regt an, Art7 L-VG sowie §2 und §2a LWO
in Prüfung zu ziehen und als verfassungswidrig aufzuheben, und stellt
den Antrag, die am 7. Oktober 1979 abgehaltene Wahl zum Ktn. Landtag
zur Gänze aufzuheben.

3. Die Landeswahlbehörde für das Land Ktn. hat eine Gegenschrift
erstattet, in der sie sich auf ein beigelegtes Rechtsgutachten des
Verfassungsdienstes beim Amt der Ktn. Landesregierung zur
Verfassungsmäßigkeit der Ktn. Landtagswahlordnung und der Verfassung
des Landes Ktn. bezieht, und beantragt, die Anfechtung der Wahl des
Ktn. Landtages am 7. Oktober 1979 abzuweisen.

4. Die öffentliche mündliche Verhandlung fand am 24. Juni 1980 statt
und wurde vertagt. Zur Vorbereitung der fortzusetzenden Verhandlung
wurde die Ktn. Landesregierung um die Vorlage von Unterlagen ersucht,
aus denen folgende Fragen beantwortet werden können:

"1. Welche Gesichtspunkte waren für die Einteilung des Landes Ktn. in
die 4 Wahlkreise nach §2 der Landtagswahlordnung 1974 idF
LGBl. 49/1979 und in die 2 Wahlkreisverbände nach §2a leg. cit.
maßgeblich?

2. Inwieweit ist diese Wahlkreiseinteilung (die an die bestehende
Einteilung in politische Bezirke - ausgenommen den Bereich der
Politischen Expositur Feldkirchen - anknüpft) durch historische,
geographische, sprachliche, religiöse, wirtschaftliche,
ethnographische und kulturelle Momente vorgezeichnet?

3. Inwieweit stellt das Siedlungsgebiet der slowenischen Minderheit
(das sich nach der von der anfechtenden Wählergruppe beigebrachten
Kartenskizze über alle 4 Wahlkreise erstreckt) eine Einheit in
historischer, geographischer, religiöser, wirtschaftlicher und
kultureller Hinsicht dar? Sind aus der Entwicklung der slowenischen
Minderheit für die Beantwortung dieser Frage Anhaltspunkte zu
gewinnen?"

Die Ktn. Landesregierung hat hiezu unter der Bezeichnung
"Wahlkreiseinteilung und slowenische Volksgruppe, Zur Frage der
Sachlichkeit der Wahlkreiseinteilung in der Landtagswahlordnungs-Nov.
1979" von ihrem Verfassungsdienst erarbeitete Unterlagen vorgelegt.

In Erwiderung hierauf hat die anfechtende Wählergruppe am 16. Jänner
1981 ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Theodor Veiter beigebracht.

5. In der fortgesetzten öffentlichen mündlichen Verhandlung am
24. Juni 1981 stellte der Vertreter der anfechtenden Wählergruppe
zunächst auf Befragen klar, daß das von dieser beigebrachte
Rechtsgutachten nur zum Beweis von Tatsachen angefordert worden sei
und sich das Vorbringen der Wählergruppe in rechtlicher Hinsicht auf
die Äußerungen in den Schriftsätzen beschränke. Zu den von der Ktn.
Landesregierung vorgelegten Unterlagen erklärte er ausdrücklich, daß
sich die anfechtende Wählergruppe damit "im Tatsachenbereich
weitgehend identifiziere"; im übrigen wurden die in den Unterlagen
dargelegten Tatsachen in keinem Punkt bestritten.

Als neues rechtliches Argument wurde vorgebracht, daß Art19 StGG
durch Art149 B-VG rezipiert worden sei und lediglich dem zweiten
Absatz, der die Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen
anerkannt habe, durch Art8 B-VG derogiert worden sei. Der
Staatsvertrag von St. Germain habe nach dem Einfließen dieser
Bestimmung in das B-VG keine derogatorische Wirkung haben können. Die
zum Teil auch in der Lehre vertretene Meinung, dem Art19 StGG sei
derogiert worden, stütze sich hauptsächlich auf das Erk.
VfSlg. 2459/1952, auf das auch das Erk. VfSlg. 4221/1962 hinweise.
Dagegen habe es das Erk. VfSlg. 3509/1959 ausdrücklich dahingestellt
sein lassen, ob Art19 StGG heute noch eine normative Bedeutung habe.
Art19 StGG räume den Volksstämmen Rechte, also Gruppenrechte, ein.
Auch die neuere Gesetzgebung (Volksgruppengesetz BGBl. 396/1976)
kenne den Ausdruck Volksgruppen.

Der Vertreter der Landeswahlbehörde führte aus, daß die
Minderheitenrechte nicht nur Individualrechte, sondern auch
Gruppenrechte umfaßten, daß aber die österreichische Rechtsordnung
keinen Auftrag an den Gesetzgeber enthalte, die Repräsentation von
Minderheiten zu gewährleisten.

Die Änderung der Landtagswahlordnung sei durch das Erk.
VfSlg. 8321/1978 ausgelöst worden. Schon vorher habe ein Trend zu
wenigen Wahlkreisen bestanden. Bei der Einteilung der Wahlkreise sei
von den bestehenden politischen Bezirken ausgegangen worden, deren
Grenzen nicht geschnitten werden sollten. In Ktn. sei ein stark
ausgeprägtes Bezirksbewußtsein vorhanden.

Die slowenische Volksgruppe bilde in sich keine geschlossene Einheit.
Ein gemeinsames Auftreten finde nur zur Durchsetzung
volkstumspolitischer Ziele statt. Die anfechtende Wählergruppe
repräsentiere nur einen Teil und bekomme nur von einem Teil der
slowenischen Volksgruppe ihre Stimme. Bei den Slowenen sei eine
sozialistische Mehrheit. Es fänden sich auch Slowenen auf den
Gemeinderatslisten der Sozialistischen Partei Österreichs.

Eine Zusammenfassung der von Slowenen bewohnten Gemeinden in
Südkärnten zu einem Wahlkreis würde das genaue Gegenteil einer
sachlichen Einteilung bewirken, auf diese Weise könne sich
keinesfalls ein homogener Wahlkreis gestalten lassen.

II. Der VfGH hat erwogen:

A) Gemäß §67 Abs2 VerfGG 1953 idF BGBl. 18/1958 sind zur Anfechtung
von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern jene Wählergruppen
berechtigt, die bei der Wahlbehörde Wahlvorschläge rechtzeitig
vorgelegt haben.

Die Wahlanfechtung muß gemäß §68 Abs1 VerfGG 1953, wenn nicht in dem
betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen 4
Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens eingebracht sein.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Wahlanfechtung ist zulässig.

B) Die anfechtende Wählergruppe erklärt ausdrücklich, die
Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens nicht in der Vollziehung des L-VG
und der LWO durch die Wahlbehörden zu erblicken, sondern
ausschließlich darin, daß die landesrechtlichen Bestimmungen über die
Zahl der Mitglieder des Landtages, über die Wahlkreise und über die
Wahlkreisverbände - insbesondere Art7 L-VG sowie §2 und §2a LWO -
gegen Bundesverfassungsrecht verstoßen, u. zw. sowohl gegen
staatsvertragliche, in Verfassungsrang stehende Rechtsnormen, die
zwingend anordnen, der slowenischen Minderheit in Ktn. die
Möglichkeit einer Repräsentation im Landtag durch eine entsprechende
Gestaltung des Wahlrechtes einzuräumen, wie auch gegen die
innerstaatliche Verfassungsnorm des Art19 StGG.

Der VfGH ist bei Prüfung der von der anfechtenden Wählergruppe als
verfassungswidrig bezeichneten landesrechtlichen Bestimmungen auf
ihre Verfassungsmäßigkeit nicht an das Vorbringen der
Anfechtungswerber gebunden, er kann vielmehr diese Bestimmungen in
jeder Richtung untersuchen. Aus Art141 Abs1 zweiter und dritter Satz
B-VG sowie aus den §§67 Abs1, 69 Abs2 und 70 Abs1 VerfGG 1953 (die
erstgenannte Bestimmung idF BGBl. 18/1958) ergibt sich zwar, daß der
VfGH das Wahlverfahren nur in den Grenzen der behaupteten
Rechtswidrigkeit zu überprüfen hat und daß er darüber hinaus die
Gesetzmäßigkeit des Wahlverfahrens von Amts wegen einer weiteren
Überprüfung nicht unterziehen darf (vgl. VfSlg. 1904/1950, 2937/1955,
6339/1970, 7070/1973, 8321/1978, 8700/1979). Die behauptete
Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens liegt nun darin, daß die
landesrechtlichen Bestimmungen über die Zahl der Mitglieder des
Landtages, über die Wahlkreise und über die Wahlkreisverbände
verfassungswidrig seien. Die Behauptung der Verfassungswidrigkeit,
nicht aber der Maßstab, an dem nach Meinung der anfechtenden
Wählergruppe diese Behauptung zu messen ist, begrenzt die
Prüfungsbefugnis des VfGH. Der Gerichtshof hält sich in diesen
Grenzen, wenn er die Verfassungsmäßigkeit jener Normen, in deren
Verfassungswidrigkeit die behauptete Rechtswidrigkeit des
Wahlverfahrens gesehen wird, auch an bundesverfassungsgesetzlichen
Normen mißt, die von der anfechtenden Wählergruppe nicht als Maßstab
geltend gemacht worden sind. Im Wahlverfahren ist nämlich - wie
dargelegt - die Prüfungsbefugnis des VfGH in anderer Weise als im
Gesetzesprüfungsverfahren begrenzt, in dem der VfGH die Prüfung im
Rahmen der von den Antragsberechtigten geltend gemachten Bedenken
vorzunehmen hat (VfSlg. 5636/1967, 6563/1971, 7758/1976, 8215/1977,
8253/1978).

Zunächst geht der VfGH im einzelnen auf die von der anfechtenden
Wählergruppe genannten Verfassungsnormen ein, gegen welche nach
Auffassung der Anfechtungswerberin die landesrechtlichen Bestimmungen
über die Zahl der Mitglieder das Landtages, über die Wahlkreise und
über die Wahlkreisverbände verstoßen.

1. Als derartige verfassungsrechtliche Normen werden zunächst Art67
und Art68 Abs2 des Staatsvertrages von St. Germain, StGBl. 303/1920
(in Verfassungsrang gemäß Art149 Abs1 B-VG), angesehen.

Diese lauten (in der im StGBl. kundgemachten deutschen Übersetzung;
maßgeblich ist gemäß Art381 des Vertrages der französische Text, vgl.
VfSlg. 7400/1974):

Art67: "Österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit nach
Rasse, Religion oder Sprache angehören, genießen dieselbe Behandlung
und dieselben Garantien, rechtlich und faktisch, wie die anderen
österreichischen Staatsangehörigen; insbesondere haben sie dasselbe
Recht, auf ihre eigenen Kosten Wohltätigkeits-, religiöse oder
soziale Einrichtungen, Schulen und andere Erziehungsanstalten zu
errichten, zu verwalten und zu beaufsichtigen mit der Berechtigung,
in denselben ihre eigene Sprache nach Belieben zu gebrauchen und ihre
Religion frei zu üben."

Art68 Abs2: "In Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig
beträchtliche Anzahl österreichischer Staatsangehöriger wohnt, die
einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, wird
diesen Minderheiten von allen Beträgen, die etwa für Erziehung,
Religions- oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln in
Staats-, Gemeinde- oder anderen Budgets ausgeworfen werden, ein
angemessener Teil zu Nutzen und Verwendung gesichert."

Art67 sichert österreichischen Staatsangehörigen, die einer
Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören (Les
ressortissants autrichiens, appartenant a des minorites ethniques, de
religion ou de langue), eine Gleichstellung mit anderen
österreichischen Staatsangehörigen und enthält somit das Verbot der
Minderheitendiskriminierung (VfSlg. 8145/1977, 8146/1977). Er stellt
(wie der VwGH im Erk. VwSlg. 5577 A/1961 festgestellt hat) auf
physische Personen ab. Solchen Staatsangehörigen kommt somit auch das
aktive und passive Wahlrecht in gleichem Umfang und Inhalt wie allen
anderen Staatsangehörigen zu. Es braucht hier nicht untersucht zu
werden, ob es sich bei Art67 lediglich um individuellen
Minderheitenschutz oder auch und gegebenenfalls inwieweit um einen
Schutz der Minderheiten als solche handelt. Jedenfalls ist damit
nicht eine Verpflichtung des Gesetzgebers normiert, einer Minderheit
nach Rasse, Religion oder Sprache durch besondere Vorkehrungen die
Möglichkeit einer eigenen Repräsentation im Landtag einzuräumen.

Durch Art68 Abs2 wird verhältnismäßig beträchtlichen Minderheiten
nach Rasse, Religion oder Sprache in Städten und Bezirken ein
Anspruch auf einen angemessenen Teil der aus öffentlichen Mitteln in
Staats-, Gemeinde- oder anderen Budgets zu bestimmten Zwecken etwa
ausgeworfenen Beträge (des sommes, qui pourraient etre attribuees) zu
Nutzen und Verwendung (dans le benefice et laffectation) gesichert.
Auch wenn hier den Minderheiten als solchen ein (materieller)
Anspruch eingeräumt ist (vgl. Ermacora, Handbuch der Grundfreiheiten
und der Menschenrechte, 1963, S 548; Veiter, Das Recht der
Volksgruppen und Sprachminderheiten in Österreich, 1970, S 507),
erstreckt sich dieser nur darauf, daß von den für die genannten
Zwecke in den Budgets ausgeworfenen öffentlichen Mitteln ein
angemessener Teil den Minderheiten gewährleistet ist. Aus der
Bestimmung kann aber nicht abgeleitet werden, daß damit den
Minderheiten ein (formeller) Anspruch darauf eingeräumt wäre, bei der
Erstellung der Budgets selbst mitzuwirken, also etwa - worauf die
Wahlanfechtung hinausläuft - ein Anspruch darauf, daß - da die
Erstellung des Landesvoranschlages dem Landtag obliegt (Art53 der
Landesverfassung für das Land Ktn. LGBl. 190/1974) - den Minderheiten
eine eigene Repräsentation im Landtag gewährleistet sein müsse.

2. Als weitere verfassungsrechtliche Normen, die nach Ansicht der
anfechtenden Wählergruppe zwingend anordnen, der slowenischen
Minderheit in Ktn. die Möglichkeit einer Repräsentation im Landtag
einzuräumen, werden Art7 §4 und Art8 des Staatsvertrages von Wien
betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und
demokratischen Österreich, BGBl. 152/1955 (in Verfassungsrang gemäß
BVG BGBl. 59/1964 ArtII Z3), genannt.

Diese lauten (in dem gemäß Art38 des Vertrages auch authentischen
deutschen Text):

Art7 §4: "Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und
kroatischen Minderheiten in Ktn., Burgenland und Steiermark nehmen an
den kulturellen, Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen in diesen
Gebieten auf Grund gleicher Bedingungen wie andere österreichische
Staatsangehörige teil."

Art8: "Österreich wird eine demokratische, auf geheime Wahlen
gegründete Regierung haben und verbürgt allen Staatsbürgern ein
freies, gleiches und allgemeines Wahlrecht sowie das Recht, ohne
Unterschied von Rasse, Geschlecht, Sprache, Religion oder politische
Meinung zu einem öffentlichen Amte gewählt zu werden."

Zu Art7 heißt es in den Erläuternden Bemerkungen der
Regierungsvorlage zum Staatsvertrag (II. Besonderer Teil, zu 517
BlgNR VII. GP, S 3) zunächst allgemein, daß diese Bestimmungen,
soweit sie eine Gleichstellung der Minderheiten in allen Belangen
aussprechen, nur eine Wiederholung der bereits bestehenden
allgemeinen Staatsbürgerrechte darstellen, daß aber §4 im besonderen
den österreichischen Staatsangehörigen slowenischer oder kroatischer
Minderheiten Rechte gewährleiste, die über die bisherigen
Vorschriften hinausgehen. Wie immer diese (unter der Überschrift
"Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten" stehenden)
Bestimmungen zu verstehen sind, aus der hiemit verfassungsgesetzlich
gesicherten Möglichkeit der Teilnahme "an den kulturellen,
Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen" in Ktn. als solche kann die
Sicherung einer eigenen Repräsentation der Minderheit im Landtag
keinesfalls abgeleitet werden.

Art8 verbürgt (unter der Überschrift "Demokratische Einrichtungen")
allen Staatsbürgern eine formelle Gleichberechtigung (so auch Veiter,
aaO, S 534). Auf diese Bestimmung kann ein Anspruch der Minderheit
als solcher auf eine eigene Repräsentation im Landtag nicht gegründet
werden.

3. Schließlich beruft sich die Wahlanfechtung auf Art3 und 5 des
(ersten) Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten in Verbindung mit Art14 dieser
Konvention, BGBl. 210/1968 (in Verfassungsrang gemäß BVG
BGBl. 59/1964 ArtII Z7).

Art3 und 5 des (ersten) Zusatzprotokolls lauten (in der im BGBl.
kundgemachten deutschen Übersetzung; gemäß den Schlußklauseln der
Konvention und des Zusatzprotokolls sind maßgeblich die Texte in
englischer und französischer Sprache, vgl. VfSlg. 5100/1965 und
6275/1970):

Art3: "Die Hohen Vertragschließenden Teile verpflichten sich, in
angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen unter Bedingungen
abzuhalten, die die freie Äußerung der Meinung des Volkes bei der
Wahl der gesetzgebenden Organe gewährleisten."

Art5: "Die Hohen Vertragschließenden Teile betrachten die
Bestimmungen der Artikel 1, 2, 3 und 4 dieses Protokolls als
Zusatzartikel zur Konvention; alle Vorschriften der Konvention sind
dementsprechend anzuwenden."

Gemäß Art14 der Konvention (der gemäß Art5 des Zusatzprotokolls auch
in dessen Bereich anzuwenden ist) ist der Genuß der in der Konvention
festgelegten Rechte und Freiheiten ohne Benachteiligung zu
gewährleisten, die insbesondere im Geschlecht, in der Rasse,
Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen
Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der
Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der
Geburt oder im sonstigen Status begründet ist.

Das in Art3 des Zusatzprotokolls enthaltene verfassungsgesetzliche
Gebot, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen unter
den genannten Bedingungen abzuhalten, in Zusammenhang mit dem in
Art14 der Konvention enthaltenen Verbot der Diskriminierung
nationaler Minderheiten begründet zwar eine Verpflichtung des
Gesetzgebers, für solche Wahlen entsprechende Vorsorge zu treffen,
nicht aber eine Verpflichtung, besondere Vorkehrungen dafür zu
treffen, daß einer nationalen Minderheit als solcher eine eigene
Repräsentation in dem zu wählenden gesetzgebenden Organ gewährleistet
ist.

4. Der in der mündlichen Verhandlung zusätzlich zur Stützung der in
der Wahlanfechtung enthaltenen Behauptungen herangezogene Art19 Abs1
des Staatsgrundgesetzes, RGBl. 142/1867 (in Verfassungsrang gemäß
Art149 Abs1 B-VG), lautet:

Art19 Abs1: "Alle Volksstämme des Staates sind gleichberechtigt, und
jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege
seiner Nationalität und Sprache."

Im vorliegenden Zusammenhang erübrigt es sich, auf die von der
anfechtenden Wählergruppe aufgeworfene Frage einzugehen, inwieweit
dem Art19 StGG in der Rechtsordnung der Republik Österreich ein
Anwendungsbereich zukommt (vgl. hiezu VfSlg. 2459/1952 mit 4221/1962
sowie 3509/1959). Die Frage kann deshalb offen bleiben, weil aus
Art19 StGG keinesfalls abgeleitet werden könnte, daß einer Minderheit
als solcher eine eigene Repräsentation in einer zu wählenden
Volksvertretung gewährleistet sein müsse.

5. Aus diesen Darlegungen ergibt sich, daß keine der von der
anfechtenden Wählergruppe angeführten, im Verfassungsrang stehenden
Rechtsnormen eine zwingende Anordnung enthält, der slowenischen
Minderheit in Ktn. müsse eine eigene Repräsentation im Landtag
gesichert sein.

C) Allen diesen angeführten Rechtsnormen, die jede für sich dem
Minderheitenschutz unter einem bestimmten Aspekt dienen, ist
gemeinsam, daß sie eine Wertentscheidung des Verfassungsgesetzgebers
zugunsten des Minderheitenschutzes enthalten. Auf diese sich aus der
Zusammenschau der einzelnen Verfassungsnormen ergebende
Wertentscheidung wird bei der Beurteilung einfachgesetzlicher Normen
auf ihre Verfassungsmäßigkeit unter jeglichem Gesichtspunkt Bedacht
zu nehmen sein. So insbesondere auch bei der Beurteilung der
sachlichen Rechtfertigung von Normen unter dem Gesichtspunkt des auch
den Gesetzgeber - u. zw. nicht nur im Zeitpunkt der Erlassung,
sondern während der ganzen Geltungsdauer eines Gesetzes - bindenden
Gleichheitsgebotes (vgl. aus jüngerer Zeit VfSlg. 7720/1975 S 454,
7973/1976 S 537 sowie 7844/1976 S 428). Die vom
Verfassungsgesetzgeber dem Minderheitenschutz zugemessene Bedeutung
verlangt bei Regelungen, die die Stellung einer Minderheit innerhalb
anderer gesellschaftlicher Gruppen betreffen, eine sehr
differenzierende Abwägung. Eine mehr oder minder schematische
Gleichstellung von Angehörigen der Minderheiten mit Angehörigen
anderer gesellschaftlicher Gruppen wird der verfassungsgesetzlichen
Wertentscheidung nicht immer genügen können. Je nach dem
Regelungsgegenstand kann es der Schutz von Angehörigen einer
Minderheit gegenüber Angehörigen anderer gesellschaftlicher Gruppen
sachlich rechtfertigen oder sogar erfordern, die Minderheit in
gewissen Belangen zu bevorzugen.

Von diesen grundsätzlichen Überlegungen muß der VfGH auch bei der
Prüfung der von der anfechtenden Wählergruppe für verfassungswidrig
erachteten landesrechtlichen Bestimmungen über die Zahl der
Mitglieder des Landtages (Art7 L-VG) sowie über die Wahlkreise und
die Wahlkreisverbände (§§2 und 2a LWO) ausgehen.

Der Gerichtshof hat zu untersuchen, ob die sich aus der Zusammenschau
der einzelnen in Verfassungsrang stehenden Rechtsnormen (s.
vorstehende Punkte B. 1. bis 4.) ergebende Wertentscheidung des
Verfassungsgesetzgebers zugunsten des Minderheitenschutzes die
Beurteilung der getroffenen Regelungen unter den Gesichtspunkten der
Grundsätze des Verhältniswahlrechtes und des aus dem
Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebotes zu
beeinflussen vermag.

1. Die im Land Ktn. geltenden Bestimmungen über die Zahl der
Mitglieder des Landtages sowie über die Wahlkreise und
Wahlkreisverbände stehen in folgendem rechtlichem Gesamtzusammenhang:

a) Die bundesverfassungsgesetzliche Grundlage für die Bestimmung der
Zahl der Mitglieder der Landtage ist in Art95 B-VG enthalten.

Durch die Zweite Bundes-Verfassungsnov. BGBl. 392/1929 wurde (durch
Anfügung eines neuen Abs4 in Art95 B-VG) eine Höchstzahl festgelegt,
u. zw. bei Ländern mit einer Bürgerzahl von 250.001 bis 500.000 mit
36 Mitgliedern (dazu gehörte damals Ktn.; vgl. Adamovich - Froehlich,
Die österreichischen Verfassungsgesetze des Bundes, 3. Aufl. 1931,
S 95). Durch das BVG BGBl. 37/1959 wurden die ersten beiden
Unterteilungen zusammengefaßt und die Höchstzahl bei Ländern mit
einer Bürgerzahl bis zu 500.000 mit 36 Mitgliedern und bei Ländern
mit einer Bürgerzahl bis zu 1,000.000 mit 48 Mitgliedern festgelegt.
Durch das BVG BGBl. 539/1977 wurde mit Wirkung vom 1. Jänner 1978 die
bundesverfassungsgesetzliche Festlegung einer Höchstzahl für die
Mitglieder der Landtage aufgehoben.

Ktn. hatte nach den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt
veröffentlichten Ergebnissen der Volkszählungen vom 1. Juni 1951
(Vdg. BGBl. 81/1951) eine Wohnbevölkerung von 474.764 (davon 451.124
Staatsbürger) Personen, vom 21. März 1961 (Vdg. BGBl. 20/1961) eine
Wohnbevölkerung von 495.226 (davon 487.474 Staatsbürger) Personen und
vom 12. Mai 1971 (Vdg. BGBl. 319/1970) eine Wohnbevölkerung von
525.728 (davon 517.586 Staatsbürger) Personen.

Wenn in Art7 L-VG die Zahl der Mitglieder des Landtages von Ktn. mit
36 festgelegt ist, war dies bei den Ergebnissen der Volkszählungen
von 1951 und 1961 die höchstzulässige Zahl. Erst nach den Ergebnissen
der Volkszählung von 1971 wäre bis zum 31. Dezember 1977 eine Zahl
von 48 Mitgliedern des Landtages möglich gewesen, und ab 1. Jänner
1978 hätte - ohne Bedachtnahme auf eine bestimmte Bürgerzahl - auch
eine höhere Zahl von Mitgliedern des Landtages festgelegt werden
können.

b) Bezüglich der Einteilung des Landes in Wahlkreise, die gemäß dem
Erk. VfSlg. 8321/1978, S 371, für die Wahlen zu den Landtagen
angeordnet ist, ist davon auszugehen, daß für die Wahlen zu den
Landtagen keine verfassungsrechtlich vorgebildete Gestaltung der
Wahlkreise besteht (VfSlg. 8700/1979) und daß auch die Schaffung von
Wahlkreisen verschiedener Größe verfassungsrechtlich nicht
ausgeschlossen ist (VfSlg. 8852/1980).

In der Entwicklung der republikanischen Rechtsordnung war das Land
zum Zwecke der Wahl in den Landtag zunächst in 2 Wahlkreise
(Oberkärnten und Unterkärnten) eingeteilt (Gesetz betreffend die
Wahlordnung für den verfassungsgebenden Landtag, LGBl. 21/1919 1,
Gesetz über den verfassungsgebenden Landtag von Ktn., LGBl. 36/1921,
Wahlordnung 1). Sodann bildete gemäß dem Landesverfassungsgesetz über
den Landtag von Ktn., LGBl. 56/1923, Wahlordnung 2, das Land zum
Zwecke der Vornahme der Wahl in den Landtag einen Wahlkreis. Diese
Regelung wurde beibehalten in der Landtags-Wahlordnung LGBl. 37/1949,
der Landtagswahlordnung LGBl. 57/1957, der Landtagswahlordnung
LGBl. 207/1963 und der Landtagswahlordnung 1974, LGBl. 191/1974,
jeweils 2.

Erst mit dem Gesetz, mit dem die Landtagswahlordnung 1974 geändert
wird, LGBl. 49/1979 - welches der angefochtenen Wahl vom 7. Oktober
1979 zugrunde lag -, wurde das Land zum Zwecke der Wahl in den
Landtag in 4 Wahlkreise eingeteilt. Diese in §2 LWO getroffene
Wahlkreiseinteilung knüpft - mit alleiniger Ausnahme des Gebietes der
seit 1903 bestehenden Politischen Expositur Feldkirchen der
Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt - an die historisch gewachsene
Gliederung in politische Bezirke an; jeder Wahlkreis umfaßt mehr als
eines dieser Gebiete (s. vorstehenden Punkt I.1.). Der Gesetzgeber
hat sich dabei an die Regelung in §9 des Gesetzes vom 5. September
1902, LGuVBl. 14/1902, angelehnt, nach der das Land für die Wahl der
Abgeordneten der allgemeinen Wählerklasse in vier Wahlbezirke
gegliedert war.

Die seit 1979 geltende Einteilung des Landes in 4 Wahlkreise ist
ergänzt durch eine Zusammenfassung dieser Wahlkreise in die beiden
Wahlkreisverbände Ost und West (§2a LWO).

2. Grundgedanke des Verhältniswahlrechtes ist es (vgl. die ständige
Rechtsprechung, aus jüngster Zeit die Erk. VfSlg. 8700/1979 und
8852/1980), allen politischen Gruppen des Staates eine
verhältnismäßige, dh. ihrer ziffernmäßigen Stärke entsprechende
Vertretung zu sichern, wobei es für das Verhältniswahlrecht auch
charakteristisch ist, eine solche Vertretung nur Wählergruppen
(Parteien) von zahlenmäßig erheblicher Bedeutung zu sichern. Dem VfGH
obliegt es (vgl. das erstgenannte Erk.), die vom einfachen
Gesetzgeber vorgenommene Gestaltung des Wahlrechtes dahin zu prüfen,
ob es in seiner Gesamtheit - in seinen einzelnen Komponenten und in
dem Zusammenspiel dieser Komponenten (Wahlkreiseinteilung, Zuweisung
der Mandate an die Wahlkreise, Zuteilung der Mandate an die
Parteien) - in einer Weise geregelt ist, daß diesem Grundgedanken des
Verhältniswahlrechtes entsprochen ist. Minderheiten welcher Art immer
sind unter diesen Gesichtspunkten nur insoweit beachtlich, als sie in
Form von Wählergruppen (Parteien) in Erscheinung treten. Dies gilt
auch für die slowenische Minderheit.

Der VfGH kommt auf Grund der nachstehenden Überlegungen zu der
Auffassung, daß die in Art7 L-VG und in §§2 und 2a LWO enthaltenen
Regelungen über die Zahl der Mitglieder des Landtages und die
Einteilung des Landes in Wahlkreise und Wahlkreisverbände
verfassungsrechtlich unbedenklich sind.

a) Für die Beurteilung eines als Verhältniswahl deklarierten
Wahlsystems ist davon auszugehen, daß die Zahl der Mitglieder des zu
wählenden Vertretungskörpers und die Gliederung des Gebietes, für das
der Vertretungskörper bestimmt ist, in Wahlkreise in einer
untrennbaren Wechselbeziehung stehen. Der VfGH hat im Erk.
VfSlg. 8700/1979 darauf hingewiesen, daß, je kleiner die Zahl der in
einem Wahlkreis zu wählenden Abgeordneten ist, desto größer die
Disproportion zwischen Wählerstimmen und Mandaten werden kann, sodaß
die Auswirkung schließlich auf einen Systemwechsel von der
Verhältniswahl zur Mehrheitswahl hinauslaufen kann.

Es ist also an sich nicht undenkbar, daß eine im Hinblick auf die
Zahl der Repräsentierten zu geringe Zahl von Repräsentanten -
insbesondere auch unter Gesichtspunkten des Minderheitenschutzes - in
Extremfällen den Grundsätzen der Verhältniswahl widersprechen kann.
Die im L-VG getroffene Festlegung einer Zahl von 36 Mitgliedern des
Landtages von Ktn. bei einer Bürgerzahl in der Größenordnung von rund
500.000 gibt aber zu derartigen Bedenken nicht den geringsten Anlaß.
Die von der anfechtenden Wählergruppe aufgestellte Behauptung, diese
Zahl sei zu gering, um der slowenischen Minderheit eine
Repräsentation im Landtag zu sichern, kann daher nur im Zusammenhalt
mit der Art der Gliederung des Landes in Wahlkreise und
Wahlkreisverbände beurteilt werden.

b) Bei der Einteilung des Landes in Wahlkreise (§2 LWO) ist der
Landesgesetzgeber dem Erk. VfSlg. 8321/1978 nachgekommen, gemäß dem
durch Art95 Abs3 B-VG für die Wahlen zu den Landtagen die Teilung des
Landesgebietes in mehrere Wahlkreise angeordnet ist. Da auch ein
zweites Ermittlungsverfahren eingeführt wurde und der Gesetzgeber aus
dem genannten Erk. in Verbindung mit der Judikatur zum Begriff der
Wahlkreise (insbesondere VfSlg. 1381/1931 und 6563/1971) ableitete,
daß hiezu die Gliederung des Landes in mindestens zwei
Wahlkreisverbände erforderlich sei (erst im Erk. VfSlg. 8700/1979
wurde die Rechtslage bezüglich der Wahlkreisverbände in anderem Sinne
klargestellt), hielt er es für notwendig, für das erste
Ermittlungsverfahren mindestens vier Wahlkreise einzurichten (s. die
dem VfGH vorgelegten Erläuterungen zur Landtagswahlordnungsnovelle).

Der Landesgesetzgeber hat nun an die Gliederung des Landes in
politische Bezirke angeknüpft, die auf die im Gefolge der
Reichsverfassung RGBl. 150/1849 geschaffene Verwaltungsgliederung
(LGuRBl. 36/1850) zurückgeht. Mit Verordnung des Ministers des
Inneren, RGBl. 101/1868, wurden auf Grund des Gesetzes RGBl. 44/1868
ua. für Ktn. mit Wirksamkeit vom 31. August 1868 die noch heute
bestehenden Bezirkshauptmannschaften geschaffen; daneben bildete
Klagenfurt als Stadt mit einer eigenen Gemeindeordnung (LGuRBl.
355/1850 und LGuVBl. 15/1895), die als Statut iS des ArtXXII des
Reichsgemeindegesetzes RGBl. 18/1862 zu gelten hatte, einen eigenen
Verwaltungssprengel. Seit 1903 besteht die Expositur der
Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt in Feldkirchen (LGuVBl. 30/1903).
Eine Änderung der Grenzen politischer Bezirke in Ktn. brachten die
durch den Staatsvertrag von St. Germain, StGBl. 303/1920,
geschaffenen Änderungen der Staatsgrenzen mit sich. 1932 schließlich
wurde die Stadt Villach Statutarstadt und damit eigener politischer
Bezirk (LGBl. 50/1931).

Es sind keine Anhaltspunkte für die Annahme gegeben, daß diese
seinerzeitige Gliederung des Landes in politische Bezirke von
Überlegungen beeinflußt gewesen wäre, die auf eine Benachteiligung
von Minderheiten (Volksstämmen, Volksgruppen) hinausgelaufen wären.
Wenn nun der Gesetzgeber bei der Gliederung des Landes in Wahlkreise
an die Gliederung in 9 politische Bezirke und 1 politische Expositur
(die ab 1. Jänner 1982 ein eigener politischer Bezirk wird) anknüpft,
kann dieser Umstand für sich zu keinen Bedenken Anlaß geben. Es ist
also nur zu untersuchen, ob gegen Einzelheiten dieser Anknüpfung
Bedenken bestehen.

Bezüglich der tatsächlichen Feststellungen, auf die im folgenden
Bezug genommen wird, stützt sich der VfGH auf die von der Ktn.
Landesregierung vorgelegten, im Verfahren unbestritten gebliebenen
und im übrigen auch unbedenklichen Unterlagen.

Die mehr als ein Jahrhundert alte Gliederung des Landes in Bezirke
hat in der Folge, sofern sie nicht überhaupt auf schon bestehenden
Regionaliserungsansätzen aufbaute, zu einer Regionsbildung mit der
Bezirkshauptstadt als natürlichem Zentrum und zur Ausbildung eines
"Bezirksbewußtseins" geführt; die Bezirkseinteilung ist so mehr als
eine bloß administrative Gliederung geworden. Es haben auch andere
staatliche Behörden und andere als staatliche Einrichtungen und
Organisationen, deren Betätigungsfeld sich über das ganze Land
erstreckt, ihre territoriale Organisation überwiegend der
Bezirkseinteilung angepaßt.

Zu dieser regionalen Gliederung kommt hinzu die historisch noch
ältere Zweiteilung des Landes in einen westlichen und einen östlichen
Teil. Diese fußt auf der geographischen Struktur Ktn., die durch die
Teilung in das gebirgige und in Talschaften gegliederte Oberkärnten
und in das in Beckenlandschaften gegliederte Unterkärnten
gekennzeichnet ist. Die darauf beruhende Zweiteilung reicht im
kirchlichen Bereich in das 13. Jahrhundert (Archidiakonate) und im
weltlichen Bereich in das 14. Jahrhundert zurück; sie findet in der
Josefinischen Verwaltungsreform mit der Schaffung zweier Kreise - dem
Villacher und dem Klagenfurter - ihren Ausdruck, deren Grenze über
die napoleonische Zeit bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bestehen
blieb. Auf diese Zweiteilung ist auch bei der Einrichtung der
Agrarbezirksbehörden in Klagenfurt und Villach durch die
Landesgesetze LGBl. 31/1926 und 3/1932, jetzt LGBl. 13/1950,
zurückgegriffen worden. Im wirtschaftlichen Bereich kommt sie in der
Verflechtung um die beiden Hauptzentren des Landes Klagenfurt und
Villach zum Ausdruck.

Das Siedlungsgebiet der slowenischen Volksgruppe im Südkärntner Raum
erstreckt sich auf die beiden Statutarstädte Klagenfurt und Villach
und auf die politischen Bezirke Hermagor, Klagenfurt-Land,
Villach-Land und Völkermarkt, wobei der Umstand bedeutsam ist, daß
die slowenische Volksgruppe in unterschiedlicher Dichte, in
räumlicher Verzahnung mit der deutschen Volksgruppe und größtenteils
in Streulage siedelt (vgl. im allgemeinen auch Unkart, Ein Beitrag
zur Auslegung des Art7 des Staatsvertrages 1955, ÖJZ 1974, S 94).

In wirtschaftlicher Hinsicht ist der gemischtsprachige Raum keine
Einheit: er ist stark agrarisch orientiert, in den letzten
Jahrzehnten wurde aber eine beachtliche Anzahl von Industriebetrieben
angesiedelt, der Fremdenverkehr hat wie im übrigen Ktn. eine große
Bedeutung. Es zeigt sich im übrigen eine sehr starke Verflechtung mit
den beiden Hauptzentren des Landes Klagenfurt und Villach. Auch in
kultureller Beziehung zeigen sich im gemischtsprachigen Raum starke
interne Differenzierungen mit Durchdringungen der deutschen und
slowenischen Bevölkerungsteile.

Bei Abwägung und Gewichtung aller bei der Einteilung des Landes in
Wahlkreise und Wahlkreisverbände zu berücksichtigenden tatsächlichen
Gegebenheiten - deren eine der Bestand der Minderheiten ist -, hat
der Gesetzgeber einen rechtspolitischen Spielraum, der es durchaus
erlaubt, verschiedene Lösungen zu treffen, die alle im Bereich der
verfassungsrechtlich gesetzten Grenzen liegen.

Unter den gegebenen Verhältnissen hat es der Gesetzgeber für sinnvoll
gehalten, bei der Einteilung des Landes in Wahlkreise und
Wahlkreisverbände (von denen jeder gemäß Art95 Abs3 B-VG idF
BGBl. 392/1929 und 244/1932 ein geschlossenes Gebiet umfassen muß)
die bestehenden, gewachsenen Regionen - die Bezirke - nicht zu
durchschneiden, sondern so zusammenzufassen, daß eine möglichste
Ausgewogenheit der Bevölkerungszahl und -struktur erreicht wird.

Die in den §§2 und 2a LWO enthaltene Regelung bietet keinen
Anhaltspunkt, der zu Bedenken Anlaß gäbe, daß mit dieser Regelung in
Anbetracht der zu berücksichtigenden Umstände rechtlicher und
tatsächlicher Art - auch angesichts der vom Verfassungsgesetzgeber
zugunsten der Minderheiten getroffenen Wertentscheidung (s.
vorstehende Einleitung zu Punkt C) - gegen die Grundsätze der
Verhältniswahl oder gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz
erfließende Sachlichkeitsgebot verstoßen worden wäre.

Die vorstehenden Darlegungen erweisen zugleich, daß sich auch aus dem
Zusammenhalt der Bestimmungen über die Gliederung des Landes in
Wahlkreise und Wahlkreisverbände mit den Bestimmungen über die Zahl
der Mitglieder des Landtages (s. vorstehenden Punkt C.2.a) kein
Anhaltspunkt bietet, der zu Bedenken Anlaß gäbe, daß die Festlegung
dieser Zahl mit 36 gegen die genannten verfassungsrechtlichen
Grundsätze verstieße.

Geben aber die im Land Ktn. wegen des Bestandes der slowenischen
Minderheit gegebenen besonderen Verhältnisse keinen Anlaß zu Bedenken
gegen die von der anfechtenden Wählergruppe für verfassungswidrig
erachteten Bestimmungen des L-VG und der LWO, so ist abschließend nur
allgemein zu bemerken (s. auch dazu das erwähnte Erk.
VfSlg. 8700/1979 S 377), daß eine Regelung, welche die bei der
angefochtenen Wahl erzielte Verteilung der Mandate zur Folge hatte
(s. vorstehenden Punkt I.1.), im Rahmen des Systems der
Verhältniswahl liegt.

D) Im Verfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß die von der
anfechtenden Wählergruppe für verfassungswidrig erachteten
Bestimmungen des L-VG und der LWO aus einem anderen Grunde bedenklich
wären.

E) Da nach den vorstehenden Darlegungen die in der behaupteten
Verfassungswidrigkeit der Regelungen über die Zahl der Mitglieder des
Landtages, über die Wahlkreise und über die Wahlkreisverbände -
insbesondere des Art7 L-VG sowie der §§2 und 2a LWO - liegende
Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens nicht gegeben ist, war der
Wahlanfechtung nicht stattzugeben.

Quelle: www.ris.bka.gv.at